A STAR IS BORN (2018)

Bradley Coopers Bearbeitung des vielfach verfilmten Stoffes

Der Rockstar Jackson Maine (Bradley Cooper) schafft seine Auftritte nur noch mit der Hilfe von Pillen, nach seinen Shows braucht er Alkohol, um runter zu kommen.

Eines Nachts geht ihm nach der Show der Stoff aus und er bittet seinen Fahrer, an einer Bar zu halten. Er merkt nicht, daß er in einer Drag-Bar gelandet ist, wo Ally (Lady Gaga) auftritt, die hier Chansons für das begeisterte Publikum singt. Maine ist sofort von ihrer Stimme überzeugt und bittet Ramon (Anthony Ramos), der mit Ally befreundet ist, ihn mit ihr bekannt zu machen.

Die beiden verbringen die Nacht miteinander, fahren herum, sitzen auf Parkplätzen und tauschen sich über ihre Leben aus und schließlich singt Ally Maine Fragmente eines Songs vor, den sie geschrieben hat. Sie sagt ihm aber auch, daß sie sich wegen ihres Aussehens, ihrer zu großen Nase und gedrungenen Gestalt nicht traue, mit ihrem eigenen Material auf die Bühne zu gehen.

Am folgenden Tag taucht morgens der Fahrer von Maine an ihrem Elternhaus auf, wo Ally mit ihrem Vater Lorenzo (Andrew Dice Clay) lebt. Er erklärt ihr, Maine habe ihn beauftragt, sie zu seinem Konzert zu bringen. Sie weigert sich, mit zu fahren, doch da er ihr auch zu ihrer Arbeitsstelle folgt, gibt sie nach und sie und Ramon fliegen mit einem Lear-Jet an den Ort, wo Maine sein Konzert gibt. Sobald er sie erblickt, fordert er sie auf, auf die Bühne zu kommen, er habe ihren Song etwas bearbeitet und singe ihn jetzt. Nach kurzem Zögern klettert Ally auf die Bühne und die beiden singen SHALLOW in einem begeisternden Duett.

Von nun an ist Ally Teil der Band und sie und Maine verlieben sich immer mehr ineinander. Sie touren gemeinsam, Ally darf eigenes Material präsentieren und findet nach und nach ihre Bühnenpersona, fasst Zutrauen in ihre Fähigkeiten und entwickelt das Selbstvertrauen, auch solo vor großem Publikum zu singen.

Eines Tages tritt der Agent und Manager Rez Gavron (Rafi Gavron) an sie heran. Er macht ihr Komplimente und stellt ihr eine große Solokarriere in Aussicht. Ally lässt sich auf ihn ein und nach und nach entwickelt sie sich zu einem Pop-Star. Rez fordert allerdings die branchenüblichen Änderungen von ihr: Sie soll ihr Haar entsprechend färben und frisieren, sie soll mit einer Truppe auf der Bühne tanzen, sie macht die Runde durch die üblichen Shows und Fernsehformate.

Maine verfällt derweil immer mehr dem Alkohol. Sein Bruder Bobby (Sam Elliott), der bisher sein Tourmanager gewesen ist, schmeißt hin, nachdem Maine ihn wegen des gemeinsamen Elternhauses beschimpft hat, das Bobby angeblich habe verkommen lassen. Maine, der wesentlich jünger ist als sein Bruder, wuchs quasi allein mit dem Vater auf, der ihn früh zu seinem Trinkkumpan erzog. Wie ein Schatten hängt dieser längst verstorbenen Vaters über Maines Leben.

Während Ally einen raketenhaften Aufstieg in den Pophimmel erlebt, verstrandet Maines Karriere zusehends, da er aufgrund seiner Sucht Auftritte versaut und auch ihr immer häufiger peinliche Momente beschert. Zudem kritisiert er ihre Entwicklung, die er für nicht authentisch hält. Nachdem er während der Grammy-Verleihung,  bei der sie für drei Preise nominiert ist, betrunken auf der Bühne zusammenbricht, erklärt er sich einverstanden, in eine Suchtklinik zu gehen. Ally besucht ihn hier und er entschuldigt sich bei ihr unter Tränen. Sie versichert ihm ihre Liebe.

Zurück im gemeinsamen Haus macht Maine den Eindruck, weitestgehend wieder hergestellt zu sein. Er hat sich mit Bobby ausgesöhnt und es gelingt ihm, die Finger vom Alkohol zu lassen. Für Ally steht eine weitere Tour an, doch sie erklärt ihm am Nachmittag vor einem Konzert, daß sie den Rest der Tour gecancelt habe, sie wolle lieber ein weiteres Album aufnehmen.

Rez sucht Maine auf und erklärt ihm, daß er ihn nicht für geheilt hielte und glaube, er würde Allys Karriere, letztlich ihr Leben, zerstören. Anstatt zu Allys Konzert zu fahren, wie sie es verabredet hatten, um mit ihr SHALLOW zu singen, geht Maine in die Garage und hängt sich auf.

Ally singt auf der Trauerfeier für ihren Mann ein von ihm für sie geschriebenes Liebeslied. Publikum und Kollegen sind ergriffen.

Streng genommen handelt es sich bei Bradley Coopers Verfilmung des A STAR IS BORN-Stoffes (2018) um eine Neuverfilmung von Frank Piersons Bearbeitung des Themas von 1976. Waren die ersten beiden Verfilmungen (1937/1954) doch in einem klaren Hollywood-Setting angelegt, transferierte schon Pierson das Drama um den dem Alkohol verfallenen Star und das aufstrebende Sternchen, das ihn schließlich überholt und, was Ruhm und Erfolg betrifft, hinter sich lässt, vom Filmgeschäft ins Musikbusiness. 1937 hatte William A. Wellman für David O. Selznick das Original gedreht, welches seinerseits auf dem Drama WHAT PRICE HOLLYWOOD (1932) basierte. Hollywood betrieb immer schon, von allem Anfang an, gern Selbstbeschau. Pierson und Cooper verdeutlichen nun also, daß es auch im sonstigen Showbiz nicht viel besser läuft. Wer hätte das gedacht?

Anders als das Remake von 1976, das allgemein als gescheiterter Ego-Trip der Hauptdarstellerin Barbra Streisand betrachtet wurde, gelingt es Regisseur und Hauptdarstellerin Cooper allerdings, eine recht ausgewogene Darstellung zweier Menschen zu liefern, die in ihren diversen Neurosen und Depressionen gefangen sind. Der von ihm dargestellte Rock- und Countrysänger Jackson Maine schafft es ohne Pillen und Alkohol kaum mehr, seiner Profession nachzugehen, Lady Gagas Ally wiederum hat eine wunderbare Stimme, empfindet sich aber als hässlich und nicht bühnenkompatibel, was er ihr mit nur wenigen liebevollen Worten schnell auszureden versteht. So verliebt sie sich in den Star und der verliebt sich in die unverbrauchte, ehrliche Frau, die über erstaunliches Songwriter-Potential und eine grandiose Stimme verfügt. Und doch ist dies auch die Liebe zweier Menschen, die sich in ihren als verpfuscht empfundenen Leben aneinander klammern. Es ist eine große, eine durchaus ergreifende Liebesgeschichte, die sich da – inklusive der märchenhafte n Züge – entspinnt.

Die Story ist weithin bekannt. Während er mehr und mehr dem Suff (und den Drogen) verfällt, beginnt für sie ein kometenhafter Aufstieg, der seinen symbolischen Ausdruck in einem überlebensgroßen Plakat am Sunset Boulevard findet. Allerdings bleibt nicht viel von ihrer authentischen Kraft, die er erkannt hat, sie mutiert zu einem Pop-Sternchen inklusive tänzerischer Bühnenshow, wie sie all die modernen Sängerinnen seit Madonna bis zu – hört, hört – Lady Gaga liefern müssen. Es ließe sich trefflich darüber spekulieren, ob die Pop-Diva Lady Gaga hier einen fundamentalen Image-Wandel vollziehen will oder letztlich den Verlauf  ihrer eigenen Karriere verteidigt. Generell muß man Cooper und den Co-Autoren des Films attestieren, daß ihnen vor allem ein interessanter Vergleich zwischen dem heute bestimmenden Pop-Business, das vor allem von hoher Professionalität und Beherrschung von Tanzschritten, von auf den Radioerfolg getrimmten Songs und den entsprechenden Arrangements lebt, und dem Rockbusiness, das mittlerweile eher ein Nischendasein fristet, gelungen ist. Lang schon ist nicht mehr die Rockmusik das Leitmetier, sind ihr Wille zum Ausdruck, zu Ehrlichkeit und Authentizität, inklusive des Leidens seiner Stars, zu Klischees geronnen. Pop hat es da einfacher, ist das Spiel mit den Klischees so oder so Teil seiner Faszination. Rock ist unironisch, Pop zumindest seit den 80er Jahren und den Einflüssen des Punk und New Wave immer auch ironisch.

Maine ist in Auftreten, Look und Bühnenpräsenz ein typischer Rocker, der seine Songs selber schreibt, Gitarre spielt und sein Publikum mit eben jener Authentizität fesselt; das, was aus Ally wird, ist ein gestylter, mit den Hitparaden der Welt kompatibler Pop-Star. Sie verfolgt eine Karriere, die vor allem eines ist – berechnet. Die Berechnung verkörpert ihr Manager, der schließlich auch nichts unversucht lässt, einen Keil zwischen sie und ihren Gatten zu treiben, den er als Bedrohung für diese durch und durch konzipierte Karriere erachtet. Erstaunlich an der Gesamtdarstellung des Films ist, daß er sich eines wirklichen Urteils über die unterschiedlichen Entwicklungen und divergierenden Wege zum Ruhm weitestgehend enthält. So wird Maine auch nicht als jemand dargestellt, der allzu sehr unter dem Erfolg seiner Frau leidet – seine Drogenprobleme waren schon vor ihrem Eintritt in sein Leben vorhanden. Eher ist es die Art, wie dieser Erfolg zustande kommt, den er ihr aber weitestgehend gönnt. Wenn er auch leise Kritik an ihrer Entwicklung üben mag, ist er in seinem Rausch eben doch allein und getrennt von der Welt und versucht Dämonen zu entkommen, die sein Leben immer schon bestimmt haben. Daß Cooper sich dabei eben jener Rockstar-Klischees bedient, die da Business seit über 30 Jahren bestimmen, fällt dabei allerdings kaum auf, werden doch seine Drogensucht und die ihr zugrunde liegenden Probleme – früher Tod der Mutter, ein Vater, der ihn zum Trinken animierte, Streit mit seinem älteren Bruder – eher dezent behandelt. Dennoch entspricht das Bild, das von diesem Jackson Maine gezeichnet wird, in vielerlei Hinsicht eben genau den Vorstellungen, die man sich vom ungezügelten Rockstarleben macht.

Ohne stilistisch in eine ähnliche Richtung zu gehen, erinnert A STAR IS BORN an den großen Gewinner der Oscar-Nacht 2017, LA LA LAND (2016), wenn der eben von der Bühne kommende Maine seinen Fahrer anweist, ihn irgendwo abzusetzen, weil er etwas zu trinken brauche, dann in einer Drag-Bar landet, wo Ally auftritt und natürlich sofort Potenzial und  versteckte Schönheit dieser begnadeten Sängerin entdeckt. Sie verbringen die Nacht gemeinsam, keusch, sich ihre Träume und Ängste beichtend und schon am nächsten Tag steht die Limousine vor ihrer Tür, werden sie und ihr bester Freund in einen Privatjet verfrachtet und zum nächsten Auftritt des Sängers geflogen, weil er sich in sie verliebt hat. Kaum hinter der Bühne angelangt, fordert Maine sie auf, mit ihm ein Lied zu singen, das sie ihm in der Nacht zuvor vorgesungen hatte und siehe da – A Star is Born! Ein Märchen. Die Realität dieses Erfolgslebens entfaltet sich dann nach und nach. Daß hier zwei Menschen einander gefunden haben, die in ihren jeweiligen Leben  nicht gefunden haben, was sie hätte glücklich machen können, vergiftet langsam seine Karriere und die gemeinsame Beziehung. Aus dem Märchen, das an Damien Chazelles Film erinnert, wird bittere Realität. Noch der größte Ruhm, der schönste Erfolg kann nicht vor den Unbilden des Lebens schützen.

Man kann Bradley Cooper allerdings weder vorwerfen, bei der Analyse allzu tief in menschliches Unglück einzutauchen, noch, das Märchenhafte seiner Story übermäßig zu strapazieren. Nach der wirklich fulminanten ersten Stunde des Films, die vom Kennenlernen, den ersten gemeinsamen Auftritten und der Liebe erzählt und sich dabei alle Zeit der Welt zu lassen scheint, verliert der Film dann etwas seinen Rhythmus und auch sein Timing. Gelegentlich drängt sich sogar der Eindruck auf, daß Cooper einen längeren Film konzipiert hatte, der den einzelnen Handlungssträngen – vor allem jenem um die Brüder Jackson und Bobby Maine und das Verhältnis zueinander wie zum Vater – mehr Raum gegeben hätte. Spätestens, wenn Ally ihren kometenhaften Aufstieg erlebt und zusehends erfolgreicher wird, holpert der Film hier und da und wirkt, als müsse dies alles nun eben zuende erzählt werden. Hier tun sich dann auch die Schwachstellen auf: Das Ende – den Vorgaben der Vorgängerfilme folgend – ist nicht hinlänglich psychologisch motiviert, es kommt zu schnell und ergreift den Zuschauer auch nicht wirklich. Doch sollte man nicht allzu sehr an einem Film herum kritteln, der offensichtlich unterhalten will und dabei einige wirklich großartige Momente auf die Leinwand bringt. Vor allem die Liveauftritte sind beeindruckend und packend inszeniert, beide Hauptdarsteller überzeugen, vor allem Lady Gaga muß dabei großer Mut attestiert werden, zeigt sie sich doch ungeschminkt und – auch seelisch – nackt und füllt die Rolle der zunächst an sich, ihrem Aussehen und ihrem Können zweifelnden Ally glaubwürdig aus. Und auch in den Nebenrollen ist der Film mit hervorragenden Charakterdarstellern wie Sam Elliott, Dave Chappelle, Andrew Dice Clay oder Barry Shabaka Henley besetzt.

Bradley Cooper ist mit A STAR IS BORN ein gutes, oft auch packendes Regie-Debut gelungen. Es ist ein unterhaltsamer Film, der seine Geschichte über weite Strecken glaubhaft und nachvollziehbar erzählt, mit einem hervorragenden Soundtrack aufwartet, erst auf den letzten Metern etwas ins Stolpern gerät, was den Gesamteindruck aber nicht wirklich schmälert. Sowohl der Regisseur, als auch sein Co-Star überzeugen in ihren Rollen und die Kamera von Matthew Libatique fängt das Geschehen auf wie abseits der Bühne in erlesenen und eindringlichen Bildern ein. Weit über zwei Stunden ist das seht gute Unterhaltung. Und es ist – wie auch in den drei Vorläufern schon – eine wunderbare Liebesgeschichte unter den Bedingungen des uramerikanischen Mythos des Unterhaltungsindustrie, wo man ja bekanntlich über Nacht vom Tellerwäscher zum Millionär avancieren kann.

Vielleicht war der Erfolg von LA LA LAND zwei Jahre zuvor dafür verantwortlich, daß 2019 nicht erneut ein Film abräumen konnte, der sich erneut mit den Schwierigkeiten, den Glücksmomenten und Fallstricken großer Showbiz-Karrieren beschäftigte. Immerhin war A STAR IS BORN in acht Kategorien für einen Oscar nominiert, konnte dann aber nur in jener für den besten Song, das wirklich schöne, packende SHALLOW, gewinnen. Aber der Erfolg und die Qualität eines Kunstwerks waren ja noch nie von der Anzahl der Preise, die es einheimsen konnte, abhängig.

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