DEIN SCHICKSAL IN MEINER HAND/THE SWEET SMELL OF SUCCESS

Das dynamische Duo Tony Curtis und Burt Lancaster

Sidney Falco (Tony Curtis), seines Zeichens PR-Berater und Agent, bestreitet seinen Lebensunterhalt hauptsächlich davon, Klatsch, Tratsch und Gerüchte an die diversen Kolumnisten der New Yorker Zeitungen zu verkaufen. Mächtigster, weil wirkungsreichster unter diesen ist J.J. Hunsecker (Burt Lancaster). Als Falco bemerkt, daß dieser seit Tagen kein Material mehr von ihm nutzt, schwant ihm Böses, sollte er in dessen Auftrag doch  Hunseckers Schwester Susi (Susan Harrison) von ihrem derzeitigen Freund, dem Jazzmusiker Steve Dallas (Martin Milner) loseisen. Stattdessen, so erfährt er nun, haben sich die beiden verlobt. Nun muß sich Falco, um in Hunseckers Gunst wieder zu steigen, auf dessen dreckigen Deals einlassen, mit denen Dallas´ Existenz vernichtet werden soll: In seiner Kolumne und seiner Fernsehsendung stellt Hunsecker den Verlobten seiner Schwester als Kommunisten dar, als einen Mann der sich orgiastischen Feiern hingibt und bar aller Moral ist. Hunseckers Plan scheint zunächst aufzugehen, allerdings hat er seine Rechnung ohne Susie gemacht. Dem größenwahnsinnigen Zeitungsmann, voller Hybris und bar jeglichen Zweifels, ist es vollkommen fremd, daß die Gefühle eines Menschen stärker sein können, als die Angst vor seiner Macht…

Alexander Mackendrick, dessen LADYKILLERS (1955) noch heute zu den Klassikern der englischen Filmkomödie gezählt wird, lieferte mit seinem ersten Hollywoodfilm eine messerscharfe Analyse der Medienmacht, Korruption und gnadenlosen Hatz nach Erfolg in  einem atmosphärisch dicht als Motor und Motivation menschlichen Strebens nach materiellem Glück portraitierten New York City. Leider war dem Film kein großer finanzieller Erfolg beschieden, was Mackendricks Karriere als Filmregisseur zwar (noch) nicht beendete, doch zumindest so beeinflusste, daß er sich später aus dem künstlerischen Filmgeschäft zurückzog. Sicher spielte auch eine Rolle, daß man in diese Beschreibung eines seine Macht mißbrauchenden Kolumnisten problemlos auch die Granden der gerade sterbenden Studios in der Traumstadt hineinlesen konnte. Kurz bevor sich das Studio System für immer und unwiederbringlich verändern sollte, wähnten auch diese sich im Zenit ihrer Macht. Mackendrick wird nicht mehr allzu viele Freunde in Hollywood gehabt haben.

Gelungen ist ihm allerdings ein großartiger Film, der mit hohem Tempo, manchmal nahezu zynischem Witz, punkt- wie zielgenauen Dialogen und zwei hervorragenden Hauptdarstellern überzeugt und fesselt. Drehbuch und Regie gelingt ein Balanceakt, wenn sie exakt von der Farce, die die Situationen und Szenen zwischen Lancasters an Schlechtigkeit und Kälte nicht mehr zu überbietenden Hunsecker und seinem Protegé, dem von Curtis ebenso schleimig wie arrogant gegebenen Falco, prägen, zu der Dramatik und Ernsthaftigkeit wechseln, die den Szenen zwischen Susan/Susie Hunsecker und Dallas angemessen scheinen. 1957 erschienen, brauchten Mackendrick und seine Drehbuchautoren Ernest Lehmann und Clifford Odets, der kurzfristig einsprang, nicht viel mehr den Nebensatz eines Dialogs, in dem Hunsecker andeutet, daß er vorhabe, Dallas als Kommunisten zu denunzieren, um die Schrecken der gerade erst zu Ende gegangenen Ära des Senators und Kommunistenhassers Joseph McCarthy zu evozieren. Zu viele Menschen hatten Arbeit und sozialen Status verloren, zu viele Leben waren durch McCarthy und seine Hetzkampagnen gegen alles und jeden, der ihm zu liberal erschien, zerstört worden, als daß nicht die Andeutung gereicht hätte, um den Ernst der Lage zu verdeutlichen. Mackendrick gelingt der Tanz auf diesem schmalen Grat, er stürzt nicht ab.

Lancaster und Curtis scheinen sich gegenseitig zu puschen, das Duell Hunsecker vs. Falco, in dem Curtis sich nicht scheut, letzteren als opportunistischen Pinscher hinzustellen, ist von schauspielerischer Sonderklasse. Es macht schon allein deshalb Spaß den Film zu schauen, um Falcos billigen Versuche zu beobachten, sich aus Hunseckers Dunstkreis, seiner charismatischen Aura, die nicht die Macht allein ihm verleiht, zu befreien, wie jene, sich bei dem großen Mann in Erinnerung zu rufen und einzuschleimen. Wenn Hunsecker an seinem Stammtisch in seinem Lieblingsclub den PR-Agenten eines unbedeutenden Sternchens nebst einem Senator, der die beiden überhaupt erst hier herein und an den Tisch gebracht hat, abbügelt und schließlich grob beleidigt, hält sich Falco – ungefragt – im Hintergrund als Stichwortgeber und Zwischenrufer bereit, um seinem Herrn unterwürfigst im rechten Moment die Girlanden zu flechten. Curtis war ein begnadeter Komödiant, was er viel zu selten unter Beweis stellen durfte, doch es sind diese zwiespältigen Rollen, ambivalent, düster umwölkt und doch von klirrender Hysterie getragen, in denen seine ganze Schauspielkunst zum Tragen kam.

Lancaster hingegen wird mittlerweile als der Gigant der Schauspielkunst anerkannt, der er war. Zwar immer schon an vielschichtigen Rollen interessiert, hatte er dennoch meist den draufgängerischen Macho geben müssen, auch in den hintergründigeren Werken, wie bspw. VERA CRUZ (1954) von Robert Aldrich. Seit Beginn der 50er Jahre und erst Recht, seit er 1948 mit zwei Freunden aus dem Filmbusiness eine eigene Produktionsfirma gegründet hatte, suchte der Schauspieler nach anspruchsvollen Rollen und Stoffen. Gern durften sie auch kontrovers sein, wie 1960 in Richard Brooks ELMER GANTRY oder im selbst produzierten Western THE UNFORGIVEN (1960). J.J. Hunsecker reiht sich da problemlos ein. Allerdings fordert die Rolle weitaus weniger von Lancaster, als es der Gantry drei Jahre später sollte, für den er dann schließlich auch den Oscar bekam. Hunsecker ist ein Monument seiner selbst. Zumeist aus der Untersicht aufgenommen, ragt er monolithisch vor seinen Gegnern und dem Publikum auf, unerreichbar, unangreifbar. Daß sich im Gesicht dieses Mannes nicht viel spiegelt, liegt in seiner Natur. Erst wenn man ihm dumm kommt, wie der Senator, oder aber wenn er nicht mehr Herr der Lage zu sein scheint – was in genau dem Moment der Fall ist, da sich seine Schwester seiner Befehlsgewalt entzieht und eigene Entscheidungen trifft – kommt Bewegung in diesen Mann, in seine Mimik. Dann arbeitet es, dann mahlen die Kiefer, dann knirschen die Backenzähne. Von Lancaster geht in diesen Momenten eine selten gesehene Bedrohlichkeit, ja eine unterschwellige Gewalttätigkeit und Brutalität aus, die er durch schiere Regungslosigkeit zu vermitteln versteht. Das ist beeindruckend. Dabei gelingt es Meckendrick und dem Script, dieses dynamische Duo – Hunsecker und Falco – komplett als Idioten dastehen zu lassen. Denn was auch immer sie aushecken, wie auch immer ihr Plan aussehen mag – sie sind den Entwicklungen immer einen Schritt hinterher. Und das eine Mal, da sie es nicht sind und das Momentum auf ihrer Seite zu liegen scheint, kommt ihnen Susan Hunsecker un ihr Gefühl in die Quere. Und gegen die Macht der Gefühle – so viel Hollywood darf es dann doch sein – kommt bekanntlich der kälteste Geist, die gemeinste Natter und der ärgste Bösewicht nicht an.

Obwohl THE SWEET SMELL OF SUCCESS gern dem ‚Noir‘ zugeordnet wird, erinnert er in seinen Verwicklungen eher an eine Wilder´sche Satire, wobei sich das ja nicht zwangsläufig ausschließen muß. Wie diese beiden versuchen, das junge Glück eines Paares zu zerstören, welch dreckiger Methoden und Mittel sie sich dazu bedienen, wie ihnen der Zweck jegliches Mittel heiligt und sie eiskalt ihre mediale Macht nutzen, zeichnet schon ein zynisch düsteres Bild einer amerikanischen (Ostküsten)Elite, die sich als gesellschaftliche und kulturelle Spitze aufspielt und doch auch nur den ganz billigen und profanen, den banalen und niederen Instinkten, Gelüsten und Bedürfnissen folgt.

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