TODFEINDSCHAFT/DALLAS

Ein kleiner, actiongeladener B-Western mit ungewöhnlichen Eigenarten...

Martin Weatherby (Leif Erickson) reist nach Texas, wo er als neuer Marshal die Verbrecherbande um Will Marlow (Raymond Massey) stellen und ihr das Handwerk legen soll. Er tut dies in erster Linie, um seiner Verlobten Tonia Robles (Ruth Roman) zu imponieren, die er einst bei einem ihrer Besuche in seiner Heimatstadt Boston kennen- und lieben gelernt hat. Vor allem ihr Vater, Don Felipe Robles (Antonio Moreno), wird von der Marlow-Gang terrorisiert.

Kaum im Westen angekommen, wird Weatherby Zeuge, wie der berühmte Wild Bill Hickok (Reed Hadley) den gesuchten Banditen Blayde Hollister (Gary Cooper) erschießt. Hickok zwingt Weatherby, der eher zufällig im Weg steht, die Leiche aus der Stadt zu bringen, da sie sonst geschändet würde.

Bald stellt sich heraus, daß das Duell fingiert war, Hollister wollte „sterben“, damit er zukünfitg ein besseres Leben ohne Verfolgung leben kann. Sein Verbrechen bestand vor allem darin, daß er den Waffenstillstand zwischen den Nord- und den Südstaaten nicht anerkennen wollte. Er selber hatte in der Armee des Südens gedient und wurde durch ein fürchterliches Verbrechen seiner Familie beraubt. Seines Wissens war die Marlow-Gang dafür verantwortlich, weshalb er selber auf deren Spur ist. Erklärtermaßen will er Bryant Marlow (Steve Cochran) töten, den er für den eigentlich Verantwortlichen am Verbrechen an seiner Familie hält.

Weatherby und Hollister tauschen die Identitäten, da schnell klar wird, wer von beiden der bessere Schütze ist und vor allem, wer sich mit den Gegebenheiten in Texas besser auskennt. Um die Charade aufrecht zu erhalten, müssen die beiden Tonia einweihen, die sich zusehends in Hollister verliebt. Hollister reitet als Weatherby nach Dallas, wo er den Marshalposten annimmt und das Gerücht verbreitet, Hollister sei tot.

Hollister spielt ein Verwirrspiel mit Will Marlow, den er zunächst nicht verdächtigt, an dem Überfall auf seine Ranch in Georgia beteiligt gewesen zu sein. Will kann sich sogar als Ehrenmann beweisen, indem er ein Kopfgeld auf seinen eigenen Bruder aussetzt.

Doch nach und nach verstehen alle Beteiligten besser, wer welche Rolle in diesem Spiel spielt und Hollister gibt seine Zurückhaltung auf. Nachdem Hollister Bryant in seinem Versteck aufgetrieben hat, stellt er den Marlows eine Falle in Dallas. Ein alter Kriegskamerad erkennt ihn und deckt sein Spiel mit den verschiedenen Identitäten genau zum falschen Zeitpunkt auf. Als Will begreift, mit wem er es wirklich zu tun hat, flüchtet er. Hollister tötet Bryant Marlow und nimmt dann die Verfolgung von Will auf.

Der jedoch stellt ihm in Fort Worth eine Falle, so daß Hollister – für dessen Begnadigung sich Weatherby einsetzt, obwohl er weiß, daß der andere Mann ihm seine Geliebte wegnimmt – eingesperrt wird, da er hier noch als gesuchter Bandit gilt. Er kann sich jedoch mit einem Trick befreien und folgt Will zurück nach Dallas, nun verfolgt vom Sheriff von Fort Worth.

Derweil hat Will Marlow die Farm der Robles überfallen und nimmt Tonia als Geisel. Hollister dringt in das Haus ein und es kommt zwischen ihm und seinem Widersacher zu einer wilden Schießerei. Als Hollister schließlich die Möglichkeit hat, den gehassten Feind „mit den eigenen Händen zu töten“, wie er ihm angekündigt hat, überlässt er ihn jedoch dem Sheriff und erkennt das Gesetz der Vereinigten Staaten von Amerikla damit an.

Tonia und Hollister gestehen sich ihre Liebe und auch Weatherby muß erkennen, daß die beiden füreinander bestimmt sind. Er übergibt Hollister die von ihm erwirkte Begnadigung des Präsidenten und kündigt an, eine Eisenbahn zu bauen, die die zukünftig von Hollister angebaute Baumwolle gen Norden transportieren soll. Hollister bemerkt, daß Weatherby damit die „Staaten vereinigt“.

Stuart Heisler gehört zu jenen heute gern vergessenen Regie-Handwerkern, wie man gern sagt, die für etliche Studios arbeiteten, in allen Genres beheimatet waren und – oberflächlich betrachtet – ohne eine eigene Handschrift zu entwickeln, solide Arbeit ablieferten. Heisler hat sich allerdings mit THE GLASS KEY (1942), einem wegweisenden Film Noir, in die Filmgeschichte eingeschrieben; bei John Fords THE HURRICANE (1937) zeichnete er ungenannt für einige der beeindruckenden Actionsequenzen verantwortlich. Er konnte Comedy, er machte Science-Fiction, er drehte einige Kriegsfilme und Western. Gelegentlich – und vielleicht sollte man dann eben doch von einer erkennbaren Handschrift sprechen – kam er sich selbst ins Gehege und vermischte Elemente des einen Genres mit denen eines andern, dabei vergessend, in welchem er gerade tätig war. DALLAS (1950/Originaltitel) ist ein gutes Beispiel für eine solche, wohl ungewollte, Vermischung – bzw. sollte sie gewollt gewesen sein, bekommt sie dem Film nicht wirklich.

Heisler lässt Gary Cooper, der, um seiner Verhaftung als Bandit zu entgehen, die Identität mit einem aus dem Norden kommenden Richter und Marshal getauscht hat, den halben Film in einem albern wirkenden Anzug herumlaufen, zudem muß er in den ersten zwanzig Minuten einen Zylinder tragen. Allein dieser Aufzug wirkt wie eine Parodie auf gängige Westernklischees und es entsteht – auch durch Coopers diese Sicht durchaus unterstützendes Spiel – der Eindruck, daß man es wirklich mit einer solchen zu tun haben könnte. Daß Cooper großes komödiantisches Talent besaß, ist bekannt – immerhin drehte er zu Beginn seiner Karriere Komödien-Klassiker wie MR. DEEDS GOES TO TOWN (1936) und BLUEBEARD`S EIGHTH WIFE (1938). Und genau auf dieses scheint er hier zurückgreifen zu wollen, zumindest wirkt es lange so, als könne er sich selber nicht entscheiden, ob er nun einen grimmigen Südstaatenrebell, der auf Rache sinnt, geben will, oder eben doch die Karikatur eines grimmigen Banditen, der sich umgeben von Idioten behaupten muß. Der Film – und Cooper – kommen dann schließlich etwa zur Mitte der Laufzeit zu dem Ergebnis, ernsthafte Unterhaltung sein zu wollen und ab nun geht der Held also auf Verbrecherjagd und rächt sich für im Bürgerkrieg an seiner Familie begangenes Unrecht.

Doch sowohl mit der Verkleidung als auch mit der damit einhergehenden Verwechslung der Personen bringen Heisler und sein Drehbuchautor John Twist (sic!) deutliche Merkmale der Komödie ins Spiel, die die Sache unausgeglichen und unausgegoren wirken lassen. Leif Erickson in der Rolle des unbedarften Yankees, der zwar ein Ehrenmann, für das Leben im harten Texas aber weitestgehend ungeeignet ist, trägt das seinige dazu bei, daß in der ersten Hälfte des Films mehr Lacher als Spannungsmomente zu vermerken sind. Aber nicht nur dies sind unübliche und auffällige Besonderheiten des Films. Buch und Regie lassen sich einiges einfallen, um den Zuschauer über die Untiefen einer aus altbekannten Versatzstücken etlicher Western zusammengezimmerten Rachestory hinweg zu lotsen, ohne daß der das unbedingt merkt. Den Hauptdarsteller direkt bei seinem allerersten Auftritt erschießen zu lassen, auch wenn wir sofort darüber aufgeklärt werden, daß dies nur eine Finte war, ist für einen Film von 1950 geradezu revolutionär. Man denke an den Schock, als Hitchcock 1960 Marion Crane in Gestalt von Janet Leigh – also die Hauptprotagonistin seines Horrorfilms PSYCHO (1960) – nach der Hälfte der Laufzeit sterben ließ – auch, wenn das keine Finte war. Heisler hatte das Prinzip definitiv bereits eingeführt. Ebenso ungewöhnlich und den Film weitaus stärker definierend ist aber der Umgang mit dem Bürgerkrieg.

Der Bürgerkrieg wurde im Western oft als Hintergrund, psychologische Kulisse, Begründung für das Verhalten der Protagonisten genutzt, selten wurde er direkt thematisiert, noch seltener wurde die Handlung in den Krieg verlegt. Wenn, wurden Nordstaatler eher als Helden gezeichnet, Südstaatler, wenn nicht direkt als feiges Gesindel, zumindest als verschlagen – das gilt selbst für so wesentliche Werke wie John Fords THE SEARCHERS (1956), in dem der Protagonist Ethan Edwards als ehemaligem Angehörigen der Südstaatenarmee der Geruch des Banditentums umweht. Umso ungewöhnlicher, daß DALLAS den Banditen Blayde Hollister also nicht nur als wahren Helden inszeniert – zumindest sobald der sich entschlossen hat, die Charade um seine Identität weitestgehend aufzugeben – sondern den Yankee Martin Weatherby fast schon als Narren zeichnet, der weder das Land noch die Leute des Westens versteht, sich anmaßt, für Ordnung sorgen zu können, wo keine Ordnung herrscht und dies auch noch mit mangelnden Fähigkeiten an der Waffe. Die Begegnung mit Wild Bill Hickok zu Beginn des Films macht bereits klar, was von einem Stutzer wie Weatherby zu halten ist, und der Film behält diese Sicht relativ lange bei.

Allerdings nähern sich Hollister und Weatherby im Austausch über ihre Gefallenen in diversen Bürgerkriegsschlachten einander auch an, wodurch die Thematik durchaus ernsthaft behandelt wird. Überhaupt geht DALLAS wirkluch ernsthaft mit dem Thema Bruderkrieg um, das muß man ihm lassen. Dementsprechend stellt Hollister zum Schluß des Films auch fest, daß Weatherby, der eine Eisenbahn von Dallas in den Norden zu bauen gedenkt, die „Staaten vereinigt“. Doch bleibt vollkommen klar, daß die Männer des Südens die härteren Kerle und besseren Liebhaber waren, in ihren Adern echtes Blut fließe, kein Eiswasser, wie Hollister gegenüber Weatherby an einer Stelle des Films anmerkt. Zudem stellt der Film beide Seiten, ohne die Gegenstände und Gründe des Bürgerkriegs jemals zu thematisieren, als gleichberechtigt nebeneinander. Über Recht und Unrecht dieses Krieges wird hier nicht resümiert, sieht man einmal davon ab, daß Hollister mehrfach beklagen darf, daß er weder Heimat, Heim noch Familie habe.

Bestenfalls ließe sich sagen, daß die Marlow-Brüder, die Bösewichter des Films, offenbar auch Südstaatler waren, die aber auf eigene Rechnung arbeiteten. So bleibt der Nimbus gewahrt, daß der Norden Ehrenmänner, der Süden hingegen vor allem Schurken hervorbrachte. Ebenfalls ungewöhnlich und in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist der Umgang des Films mit den Mexikanern. Weatherby ist der Verlobte von Tonia Robles, die wiederum die Tochter von Don Felipe ist, also eindeutig mexikanischer Abstammung. Obwohl wir früh im Film lernen, daß Texas noch kein befriedeter Staat ist und hier weitestgehend das Recht des Stärkeren regiert, scheint ein mexikanischer Großgrundbesitzer kein Problem in einer an sich von Rassismus geprägten Gesellschaft darzustellen. Auf dieser Ebene maßt sich DALLAS sogar einen utopischen Blick an.

Man sollte allerdings auch nicht überbewerten, was letztlich eben doch nur Anstoß einer Handlung bleibt, die sich um ein fürchterliches (Kriegs)Verbrechen und die Rache dafür dreht. Heisler inszeniert mit der Hilfe seines Kameramanns Ernest Haller einige atemberaubende Verfolgungsjagden und Actionszenen, Cooper darf beweisen, daß er es auch als gesetzter Herr noch drauf hat, er reitet, springt vom Baum oder aus dem ersten Stock auf Pferde und Kutschen und liefert sich schließlich einen derben Shoot-Out mir Raymond Massey, der neben Cooper und Ruth Roman der dritte durchaus große Name war, der die Plakate dieses in sattes Technicolor  getränkten B-Western zierte. So ist da ein unterhaltsamer, schnell wieder vergessener Western gelungen, der in der Karriere keines der Beteiligten für nachhaltigen Ruhm sorgte.

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