DIE LETZTE JAGD/THE LAST HUNT
Richard Brooks´ ein wenig in Vergessenheit geratener Western, der von der Büffeljagd und dem Sterben in den Prärien erzählt
Nachdem ihm seine kleine Viehherde durch eine Büffelstampede verloren gegangen ist, lässt sich der ehemalige Büffeljäger Sandy McKenzie (Stewart Granger) von Charles Gilson (Robert Taylor) überreden, gemeinsam auf Büffeljagd zu gehen.
McKenzie hatte seiner Profession eigentlich abgeschworen; das Töten der Tiere, das jahrzehntelang ohne Sinn und Verstand betrieben wurde und die Bestände von einst um die 60 Mio. auf lediglich ein paar Tausend reduziert hat, widert ihn nur noch an. Doch die Geldnot und der Wunsch, sich etwas Eigenes aufzubauen, überzeugen ihn, sich erneut auf ein solches Abenteuer einzulassen.
Gilson, der geradezu besessen von der Idee ist, Büffel zu jagen und die Felle für gutes Geld zu verkaufen – die Tiere, das Fleisch, interessieren ihn dabei überhaupt nicht – gelingt es, auch McKenzies alten Weggefährten, einen einbeinigen Büffelhäuter, der nur „Woodfoot“ (Lloyd Nolan) genannt wird, mit an Bord zu holen. McKenzie selbst bringt Jimmy O´Brien (Russ Tamblyn) mit in das Unternehmen. Gilson ist nicht sonderlich davon angetan, da Jimmy ein Halbblut ist, seine Mutter war eine Indianerin. Gilson selbst hasst die Indianer, bei Gelegenheit erklärt er, sie seien in seinen Augen keine Menschen.
Schnell wird klar, dass Gilson aber nicht nur Indianer hasst, vielmehr liebt er es zu töten. Mehrfach erklärt er, dass im Töten der wahre Sinn des Daseins liege. Dabei unterscheidet er nicht, ob er Menschen oder Tiere tötet. Einzig Woodfoot traut sich, Gilson immer wieder mit dem ihm eigenen Hass zu konfrontieren und ihn auf seine Widersprüche hinzuweisen. McKenzie beschränkt sich darauf, Gilson dann und wann in die Schranken zu weisen, wenn dessen Stimmungen allzu schwankend werden.
Als eines Nachts Indianer Ponys klauen, verfolgt Gilson sie entgegen McKenzies Anweisungen. Gilson überfällt das Indianerlager und tötet wahllos jeden, der ihm vor die Flinte kommt. Lediglich eine junge Frau (Debra Paget) und ein kleines Kind überleben das Massaker. Gilson nimmt die beiden mit ins Lager.
Gilson beansprucht die Frau für sich und zwingt sie, mit ihm das Bett zu teilen. Doch offenbar fühlt sie sich eher zu dem ruhigen und ausgeglichenen McKenzie hingezogen. Der aber hält sich zurück.
Gilson und McKenzie beginnen, Büffel in großer Zahl zu töten, wobei Gilson auch weitermacht, wenn seine Flinte bereits raucht und heiß gelaufen ist, während McKenzie zusehends Probleme bekommt. Die Situation, wieder und wieder zu töten, wird für ihn immer stärker zur Belastung. Als schließlich aus einer gesamten Herde, die er getötet hat, nur noch ein weißer Büffel übrigbleibt, lässt McKenzie ab und tötet das Tier nicht. Auch, weil er weiß, dass es für die Indianer heilig ist. Doch Gilson, der hinzukommt, kennt keine solchen Skrupel. Er erschießt den weißen Büffel.
Woodfoot häutet mir der Hilfe von Jimmy und der Indianerin die Büffel, der Berg an Fellen wächst und wächst. Zugleich wird die Situation zwischen den Beteiligten immer prekärer. Ein Freund von Jimmy, Gefleckte Hand (Ed Lonehill) besucht das Lager und will unbedingt das Fell des weißen Büffels haben. Gilson zwingt ihn in einen ungleichen Zweikampf, bei dem der Indianer stirbt, obwohl McKenzie sich alle Mühe gibt, ihn am Leben zu halten. Nachdem Gefleckte Hand gestorben ist, gibt Jimmy ihm das weiße Büffelfell als Grabbeigabe.
McKenzie reitet mit den bereits gegerbten Fellen in die Stadt, um ein wenig Abstand zu Gilson zu bekommen. Er betrinkt sich und fängt Streit im Saloon an, den lediglich Peg (Constance Ford) eindämmen kann. Sie versucht, McKenzie in sich verliebt zu machen, muss aber einsehen, dass der zu sehr mit sich und seinen inneren Kämpfen beschäftigt ist. Und auch, dass sein Herz offenbar bereits einer anderen gehört – der im Lager zurückgebliebenen Indianerin.
Im Lager eskaliert die Situation immer weiter. Gilson verdächtigt McKenzie nicht nur, ihm das Indianermädchen ausspannen zu wollen, sondern auch, das weiße Büffelfell geklaut zu haben.
Schließlich ergreift McKenzie eine Gelegenheit und flieht mit der Frau und dem Kind. Er gelangt in ein Reservat, wo bittere Hungersnot herrscht, da aufgrund der Wetterbedingungen – der Winter hat Einzug gehalten – kein Nachschub eingetroffen ist. McKenzie erklärt sich bereit, in die Stadt zu reiten und dafür zu sorgen, dass Verpflegung kommt. Das Indianermädchen, dessen Zuneigung zu McKenzie nun offensichtlich ist, schließt sich ihm an.
Währenddessen hat Gilson Woodfoot getötet, als der versuchte zu verhindern, dass Gilson McKenzie und die Frau verfolgt. Jimmy nimmt Gilson dies mehr als alles andere übel, hatte er doch eine echte Freundschaft mit dem Alten geschlossen.
Nun treffen Jimmy und McKenzie in der Stadt wieder aufeinander. Jimmy warnt McKenzie, Gilson sei ebenfalls in der Stadt und habe sich mit Peg zusammengetan. McKenzie bittet Jimmy, ihm zu helfen, eine kleine Herde Rinder in das Reservat zu treiben, um die Indianer und die Besatzung dort zu retten.
Sie brechen auf, verfolgt von Gilson. Im einsetzenden Schneegestöber müssen sich McKenzie, die Indianerin und Jimmy in einer Höhle verkriechen. Gilson setzt sie dort fest und erwartet McKenzie am folgenden Morgen zu einem Duell. McKenzie handelt mit seinem Widersacher aus, dass Jimmy mit der Herde abziehen darf.
Gilson tötet einen Büffel, um sich dessen Fell gegen die Kälte überzuhängen. Als McKenzie am nächsten Morgen aus der Höhle herunterkommt, um sich dem von Gilson geforderten Duell zu stellen, sitzt dieser erfroren im Schnee. McKenzie und die Frau reiten gemeinsam ins Reservat.
Für ein Studio wie die MGM – unter den Big Five Hollywoods eigentlich der Standard für Show und Spektakel, Stars, Protz und Prunk – war eine Produktion wie Richard Brooks´ THE LAST HUNT (1956) ein eher ungewöhnliches Unterfangen. Ein für seine Zeit teils brutaler, sehr harter Western, der überaus kritisch mit dem Umgang weißer Menschen mit den Indigenen abrechnet und sich im Kern zudem mit einem eher selten behandelten Thema befasst – der Büffeljagd und dem Nutzen oder Nicht-Nutzen, den sie für die Jäger hatte. Darüber hinaus trat Robert Taylor, bei der MGM seit nahezu 20 Jahren auf romantische Rollen abonniert, als übellauniger, vor allem aber todessehnsüchtiger Nihilist auf. Sicher eine der interessantesten und auch besten Rollen seiner Karriere.
Brooks, dessen Karriere erst richtig Fahrt aufnahm und vor allem in den späten 50er und den 60er Jahren mit Filmen wie CAT ON A HOT TIN ROOF (1958), THE PROFESSIONALS (1966) und vor allem IN COLD BLOOD (1967) kulminierte, hatte als Regisseur bisher Auftragsarbeiten erledigt. Allerdings hatte er ein Jahr zuvor – ebenfalls mit dem Produzenten Dore Shary an seiner Seite, ebenfalls für die MGM und damit ebenfalls ungewöhnlich für das Studio – den überaus erfolgreichen, sozialkritischen und darob kontrovers diskutierten Film BLACKBOARD JUNGLE (1955) realisiert. Damit war er erstmals als wirklich eigenständige Stimme in Hollywood hervorgetreten. Ähnlich wie Robert Wise oder Robert Aldrich gehörte er zu einer Generation von Filmemachern, die noch im alten Hollywood-System, dem sogenannten Studio-System, sozialisiert waren, denen es aber, obwohl sie sich wie klassische Regisseure in allen möglichen Genres betätigten, gelang, nach und nach eigene Handschriften, einen eigenen Stil herauszuarbeiten und zu etablieren. Sie kamen zu früh, um zur Generation des ‚New Hollywood‘ gezählt zu werden, bereiteten aber den Weg für Regisseure wie Francis Ford Coppola, Norman Jewison, Hal Ashby oder Robert Altman.
THE LAST HUNT zeigt exemplarisch, wie Brooks arbeitete, wie er an seine Sujets heranging, er zeigt auch die Härte, die vielen seiner Filme innewohnt. Ein gewisser Zynismus ist ihm nicht abzusprechen, darin Robert Aldrich nicht unähnlich. Dabei gelingt es Brooks aber, seine Figuren so differenziert zu zeichnen, dass man ihre Beweggründe sogar dann zu verstehen glaubt, wenn sie nicht erklärt werden oder gar im Dunkeln bleiben. Hier trifft das vor allem auf den von Taylor gespielten Charles Gilson zu. Der Mann verherrlicht den Tod, nein, er verherrlicht das Töten. Immer wieder gibt er Weisheiten wie die zum Besten, nur durch das Töten könne man wirklich spüren, dass man lebt. Die Macht, die es einem verleiht, der Moment, in dem man sich entschließt abzudrücken und damit etwas zu vollenden, was nie wieder rückgängig zu machen sei, das sei das beste, das ehrlichste und tiefgreifendste Gefühl, das er sich vorstellen könne. Warum er diese Sehnsucht nach dem Töten hat, wird nicht wirklich erläutert, lediglich wird erwähnt, dass er im Krieg war – womit einmal mehr, wie in so vielen Western, der amerikanische Bürgerkrieg gemeint ist. Es wird also unterstellt, dass Gilson seine Tötungslust, quasi psychopathologisch, aus den Kampfhandlungen mitgebracht habe, an denen er teilgenommen hat. Doch erklärt sein Gegenpart, der von Stewart Granger gespielte Büffeljäger Sandy McKenzie, auch er sei im Krieg gewesen, wodurch das Argument zumindest abgeschwächt wird. Gilson erklärt gegenüber McKenzie, der habe seine Gründe zu töten und er, Gilson, habe ebenfalls seine eigenen Gründe.
McKenzie, den wir in der Eingangsszene eine kleine Herde Vieh treiben sehen, die allesamt bei einer Büffelstampede totgetrampelt werden, ist des Tötens allerdings müde und will ihm abschwören. In seinem Fall bedeutet dies vor allem dem Töten der Büffel. Denn er ist ein legendärer Büffeljäger. Nach einigem hin und her lässt er sich von Gilson jedoch überreden, noch einmal seiner Profession nachzugehen. Und so heuern die beiden einen einbeinigen Büffelhäuter, einst McKenzies Gefährte und von Gilson abfällig als „Woodfoot“ tituliert, und das Halbblut Jimmy O´Brien als Begleiter an und brechen in die Wildnis auf, um Büffel zu jagen. Wie Fritz Göttler in einem ausgesprochen lesenswerten Begleittext zur deutschen DVD-Ausgabe des Films schreibt, etabliert das Drehbuch, das ebenfalls Brooks geschrieben hat, damit eine klassische Western-Konstellation: Eine Gruppe Männer, die untereinander nicht zwangsläufig befreundet, die aber aufgrund der Aufgabe, die sie erfüllen wollen oder sollen, gnadenlos aufeinander angewiesen sind. THE LAST HUNT gemahnt dabei vor allem an Anthony Manns THE NAKED SPUR (1953), denn dort wie hier geht es um eine Jagd – bei Mann allerdings ganz konkret um eine Menschenjagd – dort wie hier gibt es Spannungen und sogar offene Feindschaften innerhalb der Gruppe, dort wie hier werden die Spannungen durch die Anwesenheit einer Frau gesteigert.
Prekär ist die Situation in THE LAST HUNT von Beginn an, vor allem, weil Woodfoot kein Blatt vor den Mund nimmt und Gilson ununterbrochen mit dessen Schwächen und Eigenarten konfrontiert. Er hetzt McKenzie nicht direkt gegen dessen Kompagnon auf, weist aber immer wieder darauf hin, wie unberechenbar er ist. Und McKenzie – darin ganz klassischer Held eines Western – hat das natürlich längst begriffen, versucht aber, den selbst gestellten Auftrag professionell abzuarbeiten und somit sein Soll zu erfüllen. Doch als die Gruppe mit einem Trupp Indianern konfrontiert wird und Gilson diese gnadenlos, ja; sogar lustvoll tötet, treten die bis dahin latenten Spannungen offen zutage. Und wie in vielen klassischen Western wird die Situation eben dadurch verschärft, dass – siehe weiter oben – eine Frau hinzukommt. Hier ist es eine junge, von Debra Paget gespielte Indianerin, die zudem ein Kleinkind mit sich führt.
Anhand dieser Figur tritt der Grundkonflikt des Films nun offen zutage. Gilson tötet Büffel, wie er Indianer tötet. Die einen sind für ihn nicht einmal als Fleischlieferanten interessant, lediglich die Felle haben einen Wert für ihn. Für die Indianer hingegen bedeuten Büffel Leben. Oder, besser: Überleben. Denn sie waren für die nomadischen Stämme der Great Plains das Hauptnahrungsmittel. Büffel zu töten bedeutet also indirekt, Indianer zu töten. Indem man ihnen Nahrung entzieht und sie somit dem Hungertod aussetzt. Indianer, so Gilson an einer Stelle des Films, sind in seinen Augen aber sowieso keine Menschen. Sie wie auch immer zu töten, scheint ihm vollkommen gleichgültig zu sein. Doch nun befindet er sich in einer Gruppe mit einem Halbblut, welches er nur widerwillig und lediglich auf McKenzies Geheiß aufgenommen hat, und mit einer Indianerin, die er tatsächlich begehrt. Allerdings begehrt er sie auf eine extrem patriarchale, brutale, besitzergreifende Art und Weise: Sie stehe ihm zu, so seine Erklärung. Wie eine Beute, die er auf einem Raubzug gemacht habe. Und als McKenzie sich anschickt, die Frau zu retten, entfacht dies in Gilson den Zorn des Gehörnten ebenso, wie die Wut eines Mannes, der es gewohnt ist, zu bekommen, was er will.
Brooks gelingt es auf hintersinnige Weise, seine Themen geschickt und fein miteinander zu verweben. Joe Hembus weist in seinem WESTERN-LEXIKON darauf hin, dass THE LAST HUNT etwas gelingt, was ausgesprochen selten ist: Ein Film, der den Mund aufmacht, der eine These ausspricht, eine allegorische Geschichte erzählt und zugleich nicht belehrend, nicht didaktisch wirkt. Ganz einfach deshalb, weil die Psychologie der Figuren nicht nur stimmig ist, sondern vor allem sehr genau aufeinander abgestimmt. McKenzie und Gilson sind durchaus klassische Antagonisten und schließlich läuft ihr Konflikt auf ein Duell hinaus, das allerdings ganz anders geführt wird, als der konventionelle Western es vorsieht. Denn während McKenzie und das Indianermädchen in einer Höhle an einem sie wärmenden Feuer hocken, hält Gilson draußen hinter einem Felsen Wache, um McKenzie am Morgen, bei Tageslicht, zu erschießen. Nur erlebt Gilson diesen Morgen nicht mehr, da er erfriert. Er wird nicht getötet, wie es für einen Mann, der das Töten so sehr liebt, vielleicht angebracht gewesen wäre, sondern schlussendlich tötet ihn sein Hass, der ihn tatsächlich glauben lässt, in einer bitterkalten, sturmumtosten Nacht im Schneegestöber im Freien ausharren zu können.
An einer Stelle des Films erklärt Woodfoot, dass Gilson die Indianer nicht leiden könne, weil sie viele Eigenschaften hätten, die auch ihn auszeichneten: Sie bohrten in der Nase, sie äßen mit den Fingern und wüschen sich nicht. Und da Gilson sich selbst nicht leiden könne, könne er eben auch die Indianer nicht leiden, die ihn ununterbrochen an sich selbst erinnerten. Eine zwar einfache und etwas vereinfachende Erklärung für einen letztlich rational nicht erklärbaren Rassismus; dabei im Übrigen eine Erklärung, die den tiefsitzenden Alltagsrassismus auch bei einem Mann wie Woodfoot verdeutlicht, denn sein Urteil über die Indianer fällt hier ja nicht sonderlich freundlich aus. Doch ist es eben durchaus eine treffende Beschreibung eines Mannes wie Gilson – und ein gelungenes Beispiel dafür, wie man eine Botschaft in ein Drehbuch einbringt, ohne das Publikum zu belehren. Woodfoot wird in einem solchen Moment der Rolle des weisen Alten gerecht, die das Drehbuch ihm zuschreibt. Und so greift er dem Ende des Films voraus, wenn er an anderer Stelle Gilson prophezeit, dass diesen eines Tages „die Büffel bekommen“. Denn Männer wie Gilson werden erst verrückt, dann erwische sie der Büffel. Indirekt behält Woodfoot, der selbst Opfer von Gilsons Wahn wird, als der ihn erschießt, recht. Es ist der in Gilson schwelende und immer offensichtlicher werdende Hass, der das Treibmittel seiner Handlungen ist, die immer wahnhafter werden – bis hinein in einen letztlich selbst verschuldeten Tod.
Auf geschickte Weise vermischt Brooks also das Thema eines langsam dem Wahnsinn verfallenden Mannes mit dem Thema des Rassismus, der diesem Mann innewohnt und doch vor allem Ausdruck eines noch tiefer liegenden pathologischen Befunds ist, nämlich dem Wunsch zu töten und eben auch jenem, zu sterben. Ein zutiefst nihilistischer Wunsch. Doch wird der Rassismus, der hier immer virulent ist, wie man eben an Woodfoots Erklärungen erkennen kann, eben auch als eine gesellschaftliche Krankheit gezeigt, indem er mit dem Töten der Büffel, einem indirekten Töten von Indianern, kurzgeschlossen wird. Auch einem Mann wie McKenzie ist das Töten nicht fremd, wir sehen ihm – wie zuvor auch Gilson – dabei zu, wie er systematisch eine Büffelherde vernichtet, bis ein weites Feld mit den toten Tieren übersät ist. Dass dieses Tun bei McKenzie andere Gefühle auslöst, dass er schließlich gleichsam zusammenbricht, offenbar angewidert von sich selbst, dass er den weißen Büffel – für die Indianer eine Gottheit – der plötzlich erscheint, nicht zu töten vermag, all das mag für ihn sprechen. Doch all diese Reaktionen zeigen eben auch, dass er durchaus einmal ein Mann gewesen ist, der all das getan hat. Vielleicht ist er geläutert, vielleicht erlebt er die Läuterung auch erst durch die Hilfe, die er dem Indianermädchen und dem Kind, das sie bei sich führt, zukommen lässt. Vielleicht ist aber auch McKenzie nur ein Getriebener, der den eigenen Dämonen und Albträumen zu entrinnen sucht. Darauf deutet zumindest jene Sequenz im Film hin, in welcher er in die Stadt reitet, sich betrinkt und mit dem Erstbesten Streit beginnt, dabei aber deutlich als jemand gezeigt wird, der zutiefst mit sich selbst hadert. Schuldig ist er also offenbar ebenso, wie es Gilson ist. Vielleicht ist Gilson mit seiner Gnadenlosigkeit anderen und sich selbst gegenüber – einer Gnadenlosigkeit, die gleichsam in den Wahnsinn führen muss – letztlich der Konsequentere der beiden Männer, die mehr gemein haben, als es zumindest McKenzie lieb sein kann.
Dass der Film schließlich kein großer Erfolg wurde, erklärte Brooks selbst mit dem unbarmherzigen Zeigen von Tiertötungen. Und es stimmt: Neben teils atemberaubend schönen Landschaftsaufnahmen, die – da erinnert Brooks´ Film ebenfalls an Anthony Mann, der in seinen Filmen mit James Stewart auch oft die Schönheit der Natur mit der Brutalität der Menschen kontrastierte – South Dakota als wildes, raues und majestätisches Land zeigen, werden wir immer wieder mit Bildern sterbender Büffel konfrontiert. Nüchtern, und gerade darin so bedrückend, wird gezeigt, wie die Tiere hingemetzelt werden, wie es sie entweder von den Beinen reißt oder sie einfach wegsacken. Die USA sind aber nun einmal eine Nation von Hobbyjägern. Das Töten von Tieren ist für viele ein von frühester Jugend an betriebener Sport.
Wenn THE LAST HUNT also genau diesen Vorgang des Jagens als reines Töten so gnadenlos zeigt, dann werden die Betrachter*innen hier auch immer mit dem eigenen Tun und letztlich mit einem darob tief in ihnen schlummernden schlechten Gewissen konfrontiert. Dadurch, dass der Film aber noch weiter geht und die Büffeljagd zur indirekten Indianerjagd uminterpretiert, werden gerade die, die das Gros eines Westernpublikums stellen, nicht nur mit ihrer Liebe zum Töten von Tieren, sondern auch noch mit der Rolle, die Weiße beim Töten, ja Ausrotten der indigenen Bevölkerung des Landes spielten belastet. Das Publikum wird von Brooks also mit einer doppelten moralischen Schuld beladen, der sich 1956 nur die wenigsten auszusetzen bereit waren.
Es hatte zuvor schon Western gegeben, die sich kritisch mit der Frage beschäftigt hatten, wie einst mit den Indianern umgegangen wurde; erstaunlicherweise spielte Debra Paget sowohl in Delmer Daves BROKEN ARROW (1950) wie auch in Robert D. Webbs ein Jahr vor THE LAST HUNT entstandenen THE WHITE FEATHER (1955) ebenfalls Indianerfrauen. Im gleichen Jahr wie Brooks Film erschien mit John Fords THE SEARCHERS (1956) einer der eindringlichsten und schmerzhaftesten Western, die sich nicht nur mit der Behandlung der Indianer auseinandersetzten, sondern auch mit dem Rassismus weißer Männer. Im Reigen dieser heute wahrscheinlich bekannteren Filme kann Brooks Werk nicht nur bestehen, sondern aufgrund seiner ausgesprochen klugen und komplexen Struktur sogar ein wenig herausstechen.