WHITE SANDS – DER GROSSE DEAL/WHITE SANDS
Einer der letzten wirklich packenden Neo-Noir-Thrillern
Ray Dolezal (Willem Dafoe), Sheriff in einem Provinzkaff in New Mexico, wird zu einem Leichenfundort gerufen. Ein Mann liegt tot in der Wüste, neben sich einen Koffer mit 500.000 Dollar.
Im Magen des Toten, der als Bob Spencer identifiziert wird, findet der Pathologe Bert Gibson (M. Emmet Walsh) einen Zettel mit einer Telefonnummer. Dolezal ruft diese an und gibt sich als Spencer aus. Es wird ihm ein Treffpunkt genannt, wo er sich einfinden soll. Doch wird Dolezal überfallen, der Geldkoffer wird ihm entwendet, er soll einen Mann namens Gorman Lennox (Mickey Rourke) in einem Restaurant treffen. Das Geld bekomme er wieder.
Greg Meeker (Samuel L. Jackson), ein FBI-Agent, lässt Dolezal wissen, dass Spencer ein Undercover-Agent gewesen ist, der die Fährte von Lennox, einem skrupellosen Waffenhändler, verfolgt habe. Nun müsse Dolezal das Spiel weiterspielen, um das Geld zu beschaffen, das aus Beständen des FBI stamme.
Dolezal willigt ein und erklärt seiner Frau Molly (Mimi Rogers), dass er für ein, zwei Nächte dienstlich unterwegs sei, er wolle die Mörder des Toten überführen. Zu diesem Zeitpunkt weiß er allerdings bereits, dass Spencer wahrscheinlich Selbstmord begangen hat.
Tatsächlich trifft Dolezal als Bob Spencer Lennox in dem Restaurant. Es kommt mit Lane Bodine (Mary Elizabeth Mastrantonio) eine ausgesprochen attraktive Frau zu dem Treffen hinzu. Bodine kannte Spencer und weiß also sofort, dass Dolezal nicht der Mann ist, als der er sich ausgibt. Doch sie behält dies für sich.
Dolezal geht immer mehr in seiner Rolle auf. Er und Lennox treffen die Waffenhändler, mit denen Lennox in Kontakt steht und es wird deutlich, dass sie Waffen aus Militärbeständen verkaufen. Doch wollen sie nun 250.000 Dollar mehr, als geplant.
Bodine, die offenbar sehr wohlhabend ist und auf einer Ranch lebt, wo sie Rennpferde züchtet, verfügt über allerlei Kontakte zu reichen und vor allem einflussreichen Menschen. Das ist ihr Part bei Lennox´ Deals: Sie stellt Kontakte her. Nun bitten Lennox und Dolezal sie, eine Spendensammlung zugunsten ihrer Geschäfte abzuhalten. Mit Dolezals Hilfe richtet sie diese Sammlung aus. Offenbar gefällt ihr der Mann, der sich ihr nicht zu erkennen geben will, auch wenn er weiß, dass sie ihn im Prinzip in der Hand hat.
Zwei FBI-Agenten der Internen Abteilung suchen Dolezal auf. Sie werfen ihm vor, Spencer getötet und das Geld gestohlen zu haben. Dolezal kann ihnen gegenüber glaubhaft vermitteln, dass er gemeinsam mit Meeker den Waffenhändler Lennox zu ergreifen versucht. Doch merkt Dolezal, dass die Männer auch auf Meeker nicht wirklich gut zu spreche sind.
Während eines Rodeos, am dem Bodine teilnimmt, lernt Dolezal Noreen (Maura Tierney) kennen, auf deren Namen er in Spencers Unterlagen gestoßen ist. Sie vertraut ihm zunächst nicht, doch dann erklärt sie, dass sie mit Spencer liiert gewesen sei, der auch gegen einen Kollegen ermittelt habe, der ihn habe töten wollen. Als sie Meekers ansichtig wird, flieht sie. Dolezal folgt ihr, wird aber von den FBI-Agenten von der Straße abgedrängt, die ihrerseits von Lennox angegriffen werden.
Wenig später findet Dolezal Noreen. Sie wurde ebenfalls ermordet.
Dolezal schlägt einen FBI-Mann zusammen, der das Haus von Bodine überwacht. Warum sie handle, wie sie es tue, fragt Dolezal Bodine, zu der er sich gegen seinen Willen hingezogen fühlt. Sie erklärt, sie halte sich aus allem heraus, sie versuche lediglich von dem Geld, das sie einnehme mit ihren krummen Geschäften Gutes zu tun. In dieser Nacht lieben sich Dolezal und Bodine, auch wenn er weiß, dass er zu seiner Frau zurückkehren will.
Dolezal bekommt Meeker zu fassen, fesselt ihn und wirft ihm vor, Spencer ermordet zu haben. Der erklärt, er habe das Geld aus den Asservaten des FBI gestohlen, er habe es behalten, aber Lennox dennoch überführen wollen. Es seien sozusagen zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen gewesen. Doch Spencer, ursprünglich Meekers Komplize, habe die Nerven verloren und so habe er, Meeker, Spencer überredet, sich selbst zu erschießen. Nun aber könne er, Meeker, alles Dolezal in die Schuhe schieben. Ein Schnappschuss, der ihn, Noreen und Spencer zeige, beweise gar nichts.
Dolezal trifft Lennox, der ihm die beiden FBI-Agenten zeigt: Sie sind seine Gefangenen, er hat sie im Kofferraum seines Wagens gefesselt. Er klärt Dolezal darüber auf, dass er wisse, wer er sei, denn er, Lennox, sei bei der CIA und daran interessiert, den Waffendeal durchzuziehen, um den militärisch-industriellen Komplex zu unterstützen. Es sei ihm vollkommen egal, wer wo gegen wen kämpfe, es ginge immer nur darum, dass gekämpft werde und Waffen gekauft würden. Lennox hat Bodine als Geisel genommen, Dolezal solle die von ihr eingesammelten 250.000 Dollar finden und sich mit Lennox in der Wüste treffen. Dort übergebe er Bodine gegen das Geld. Um seine Forderungen zu unterstreichen, erschießt er die FBI-Agenten.
Dolezal findet das Geld in einem Versteck im Pferdestall. Er entführt nun Meeker und fährt zum Treffpunkt in der Wüste, wo eine alte Latrine steht. Dort fesselt er Meeker an eine Stange an der Decke. Er erklärt Meeker die Zusammenhänge, dass Lennox bei der CIA sei und das FBI auf dem Weg zu diesem Treffpunkt. Dann legt er eine Waffe so zurecht, dass Meeker in der Lage ist, sie zu erreichen, Dolezal zuvor aber aus dem Raum verschwinden kann.
Lennox trifft ein und erklärt, er habe Bodine weiter unten an der Straße freigelassen. Wo das Geld sei? Dolezal erklärt ihm, es sei in dem Gebäude. Dann setzt er sich in seinen Wagen und fährt davon. Lennox geht in das Gebäude, wo er von Meeker erwartet und erschossen wird.
Während Dolezal Bodine einsammelt, kann Meeker sich befreien und versucht, mit dem Geld in die Wüste zu fliehen. Dolezal hat das Geld in Lennox´ Wagen platziert, damit das FBI weiß, dass er rechtschaffen ist und nichts klauen wollte. Die Agenten stellen Meeker in der Wüste, wo dieser stolpert und erkennen muss, dass in dem Koffer, in dem er das Geld wähnt, nichts ist als – Sand.
Dolezal setzt Bodine an ihrem Haus ab und gibt ihr die 250.000 Dollar, die sie eingesammelt hatte. Sie könne ja, wie sie immer behauptet habe, etwas Gutes damit tun. Ob er sie liebe?, will Bodine wissen. Zu einer anderen Zeit wäre es möglich gewesen, erklärt Dolezal, doch nun müsse er zu seiner Frau und seinem Kind zurück. Dann fährt er davon.
Filme wie Roger Donaldsons WHITE SANDS (1992) gibt es heutzutage kaum noch: Hart, schnell, böse, ein wenig dreckig und temporeich, wenn nicht gar rasant. Ein Thriller, der sich auf ein großes Erbe beruft – den ‚Film Noir‘ – ohne dieses auszubeuten oder zu verraten, allerdings bemüht, eigene Wege zu gehen. Und die schlägt der Film, schlägt das Drehbuch von Daniel Pyne tatsächlich ein, indem gewisse Erwartungen und Regeln des ‚Film Noir‘ unterlaufen werden.
Geboten wird zunächst eine einem Neo-Noir-Thriller angemessen komplizierte Story, die etliche Wendungen aufweist; Wendungen, die nicht immer wirklich Sinn ergeben oder nachvollziehbar sind, die das Publikum aber glaubt. Und genau darauf kommt es ja an. Es geht um Atmosphäre und Stil, es geht darum, das Publikum derart einzufangen, am besten schon mit der ersten Einstellung, dass es bereit ist, allem zu folgen, was es geboten bekommt. Dazu gehört eben weniger eine überzeugende Story, eher ein entsprechendes Setting, eine Kamera, die dieses dann auch entsprechend einzufangen versteht, und es braucht Schauspieler, die überzeugen, die Zuschauer*innen mit ihrem Spiel bestenfalls sogar fesseln.
Roger Donaldson – vor allem mit dem ausgesprochen hintersinnigen Thriller NO WAY OUT (1987) aufgefallen – stand für diesen Thriller ein außergewöhnliches Ensemble zur Verfügung, dem genau das gelingt, was oben angemahnt wurde. Es gelingt ihm, die Logiklöcher in der Handlung zu überspielen, dadurch Spannung zu entwickeln, weil es zwischen den Figuren und eben auch den Schauspielern knistert und wir neugierig den Entwicklungen folgen, weil wir wissen wollen, wie es mit diesen Figuren weiter geht, wissen wollen, als was sie sich im Laufe der Handlung entpuppen werden. Denn das ist ein wesentlicher Aspekt dieser Geschichte: Niemand scheint zu sein, was er vorgibt, ein jeder entpuppt sich als etwas oder jemand anders, als ursprünglich angenommen. Und die größte Überraschung ist schließlich, wenn sich jemand als genau das entpuppt, was er zu sein scheint. Das ist dann der größte Schock dieses Films. Und wir dennoch etwas über ihn gelernt haben, was wir anfangs nicht ahnten – und sei es nur, dass er (oder sie) weitaus brutaler und zynischer agieren kann, als wir dachten.
Willem Dafoe als Sheriff Ray Dolezal, der sich ohne Netz und doppelten Boden auf einen Undercover-Einsatz unbekannten Ausmaßes einlässt, Mickey Rourke als windiger Waffenhändler Gorman Lennox, Mary Elizabeth Mastrantonio als vermeintliche Femme Fatale Lane Bodine und ein sehr junger Samuel L. Jackson als undurchsichtiger FBI-Agent Greg Meeker, dazu eine Riege guter bis sehr guter Charakter- und Nebendarsteller, tragen den Film und lassen ihn glaubwürdig erscheinen. Dazu trägt natürlich auch Donaldsons Inszenierung bei, welche in knappen 93 Minuten Laufzeit weder die Story noch das Publikum je zur Ruhe kommen lässt. Die Zuschauer*innen werden direkt in die Handlung geworfen und diese wird ab der ersten Szene gnadenlos vorangetrieben.
Wie in jedem guten Noir-Thriller, ist in WHITE SANDS nichts, wie es scheint. Die Handlung nimmt dauernd Abzweigungen, mit denen man kaum gerechnet hätte, wobei allerdings festzuhalten ist, dass man sich auf diese Art der Unberechenbarkeit dann doch irgendwann einstellt. Was treibt Sheriff Dolezal dazu, Frau und Kind für eine Weile zu verlassen, um sich auf einen Einsatz zu begeben, von dem weder er noch die, die ihn decken – die FBI-Leute um Meeker – wissen, wohin er führt und wie gefährlich er ist? Ist es wirklich Arbeitsethos, der Wille den Mörder jenes Mannes zu finden, der am Anfang der Geschichte tot in der Wüste liegt, einen Koffer mit 500.000 Dollar neben sich? Oder ist es doch eher der Reiz des Abenteuers, eine Ablenkung von der Langeweile, die der Job in einem Kaff wie jenem, in dem Dolezal arbeitet, mit sich bringt?
Was treibt Agent Meeker wirklich an? Denn spätestens, wenn seine Kollegen aus der Abteilung „Inneres“ auftauchen, ahnen wir, dass nicht alles, was er Dolezal erzählt hat, der Wahrheit entspricht. Und Lennox, dem das Drehbuch den schönen Vornamen „Gorman“ verpasst hat – „gore“ bedeutet Blut, Gorman ist also der „Blutmann“, der mit dem Blut an den Händen – entpuppt sich schließlich als absolut zynischer Vertreter der CIA, der dafür sorgt, dass die Konflikte im Nahen Osten, in Süd- und Lateinamerika und auch sonst in der Welt weiter köcheln und den USA entsprechend Geld, Macht und Einfluss sichern. Er selbst steht dem allgemeinen Sterben und Töten absolut indifferent gegenüber und kein Geringerer als Mickey Rourke hätte das Mitte der 90er Jahre mit solcher Abgefeimtheit, mit dieser Lust an der bösen Tat spielen können.
Am interessantesten aber ist hier die Rolle der vermeintlichen Femme Fatale Lane Bodine. Die nach ihrer Rolle in ROBIN HOOD: PRIENCE OF THIEVES (1991) recht angesagte Mastrantonio gibt der Rolle dieser offensichtlich sehr reichen und sehr gut vernetzten Dame, die vor allem dafür sorgt, Menschen zusammenzubringen, die ihrerseits Geld und Einfluss besitzen, etwas zutiefst Geheimnisvolles, wie sich das für eine Frauenrolle im ‚Film Noir‘ ja auch gehört; zugleich wirkt sie aber auch verletzlich, wenn sie gegenüber Dolezal, den sie als einzige im Reigen der Verschwörer als den falschen Mann erkennt und zu entlarven in der Lage wäre, aber eben nicht verrät, wahre Gefühle, echte Zuneigung zu erkennen gibt. Und zwar sehr schnell. So entpuppt sich Bodine eben als etwas anderes, für einen Noir-Thriller unübliches: Sie meint es ernst, sie ist nicht die gefährliche Frau, die zu sein sie vorgibt, sie ist ehrlich und beginnt tatsächlich, sich in Dolezal zu verlieben.
Und der Kreis, der Reigen, schließt also wieder mit Ray Dolezal. Denn was der Film inhaltlich bietet – eine Riege von Figuren, die eine jede ihr eigenes Spiel spielt – greift mit dieser Figur auf das Publikum über. Wenn der Film beginnt, wenn die Credits laufen, sehen wir einen Polizeiwagen am Rande eines Canyons entlangfahren. Dolezal trifft an einem Tatort, zumindest am Fundort einer Leiche ein. Er liefert sich ein rhetorisches Geplänkel mit dem von dem großen, leider immer weit unterschätzten M. Emmet Walsh gespielten Arzt und Pathologen Bert Gibson, wodurch wir merken, dass Dolezal ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft ist, auch wenn er als Junior betrachtet wird. Später trifft Dolezal in seinem Büro auf seinen Sohn und dann auf seine Frau. Offenbar ist dieser Mann ein glücklicher Familienvater, der einen wahrscheinlich meist langweiligen Job in einem Provinzkaff verrichtet. Aber – und das wurde weiter oben bereits dargelegt – sobald sich die Möglichkeit bietet, aus diesem Leben auszubrechen und sich auf ein gefährliches, womöglich potentiell tödliches Abenteuer einzulassen, verlässt Dolezal dieses Idyll. Er wird damit für die Zuschauer*innen zu eben solch einem Rätsel, wie es die Figuren, denen er auf seiner Mission begegnet, für ihn sind. Was erstaunt, ist sein Umgang mit all dem: Weder scheint er Angst zu haben, noch scheint er übermäßig verunsichert ob der Wendungen, die Reize einer Frau wie Bodine fallen ihm natürlich auf und es kommt sogar zu einer Liebesnacht zwischen den beiden, doch als sie ihn fragt, ob er sie lieben könnte, antwortet er, dass das zu einer anderen Zeit sicher möglich gewesen wäre. Nun aber wolle er zurückkehren zu Frau und Kind. Die Auszeit, die sich Ray Dolezal für die Länge seines Auftrags genommen hat, die Auszeit, die uns WHITE SANDS schildert, ist vorbei.
Ein Mann kehrt zurück in den Schoß der (amerikanischen und damit sinnstiftenden) Familie. Damit bestätigt WHITE SANDS übrigens ein in den 80er Jahren aufgekommenes und sich in den 90er Jahren, wenn auch manchmal ironisch gebrochen bestätigendes konservatives Klischee. Die Familie muss verteidigt und wieder hergestellt werden, koste es, was es wolle. Mit dieser – in seinen Spitzen misogynen – Haltung kehrte auch Hollywood nach den liberalen späten 60er und 70er Jahren des ‚New Hollywood‘ in den Schoß des Konservativismus zurück und erfüllte eine Noir-typische Haltung gegenüber selbstbewussten Frauen.
All die Glaubwürdigkeitslücken und Unwahrscheinlichkeiten des Drehbuchs – ein Sheriff, der mal eben in eine ihm vollkommen fremde Identität wechselt; ein Waffenhändler, der eigentlich der CIA angehört; ein FBI-Agent, der alle gegen alle ausspielt und damit fast davonkommt; eine Femme Fatale, die echte Liebe empfindet und dann auch noch bereit ist, ehrenvoll zurückzutreten, nachdem das Objekt ihrer Begierde ihr mitgeteilt hat, dass er seine Frau wirklich liebt und zu dieser zurückkehren will – wären eigentlich geeignet, einen Film wie WHITE SANDS scheitern zu lassen. Aber er scheitert eben nicht. Donaldson versteht, wie wesentlich es in diesem Sub-Genre ist, die Oberflächen zu bespielen, er begreift, wie eingangs erwähnt, dass Stil und Atmosphäre Inhalt und Stringenz schlagen. Nicht die Glaubwürdigkeit der Story ist wichtig, sondern vielmehr, wie sie verkauft, wie sie präsentiert wird.
Und Donaldson – unter tatkräftiger Mithilfe seines Kameramanns Peter Menzies, Jr., der hier seine erste Arbeit vorlegt und es versteht, den Südwesten, wo all dies spielt, entsprechend staubig, öde und verlassen wirken zu lassen (seine Kameraarbeit erinnert an jene von John Seale für Robert Harmons Thriller THE HITCHER aus dem Jahr 1986) – Donaldson verkauft seine Story eben mit ungeheurer Rasanz. Eine Wendung folgt auf die vorherige und zwischendurch gibt es angemessene Action. Zwischen Dafoe und Mastrantonio knistert es ab der ersten Begegnung auf der Leinwand und Lennox wirkt bei all seiner Jovialität immer bedrohlich. Dass Lennox ein zynischer Agent der Regierung ist, kann zwar als Kommentar auf die 1992 noch recht gegenwärtige Iran-Contra-Affäre der Regierung Reagan gelesen werden, doch sollte man dies nicht zu hoch hängen. So, wie der Film, wie das Buch diesen Mann präsentiert, entspricht er einfach dem damals gängigen Klischee des undurchschaubaren und eben zynischen CIA-Mannes.
Sam Jackson darf hier etwas ausspielen, was er später in etlichen Rollen einbringen sollte: Er besitzt eine gewisse perfide Härte, gemischt mit einer gehörigen Portion bösartiger Hysterie. Dass er sich für intelligenter hält als den Rest der Welt, erklärt sich bei einer solchen Konstellation gleichsam von selbst. Er glaubt nicht nur, den eigenen Verein, das FBI, austricksen, sondern auch einen Provinzsheriff wie Dolezal, einen abgehalfterten CIA-Agenten (den er als solchen nicht erkennt) und alle seine Kollegen, inklusive des Toten, der die ganze Handlung auslöst und mit Meeker unter einer Decke steckte, ausspielen zu können. Gerade Jackson gibt dem Film eine gewisse Boshaftigkeit, die das Ganze bissig macht. Wie dieser Greg Meeker und Sheriff Ray Dolezal umeinander herumtänzeln, wie sie versuchen, den andern zu durchschauen und schließlich der Sheriff den ihm scheinbar so überlegenen Agenten austrickst, das ist schon ein Spiel der besonderen Klasse.
WHITE SANDS steht für eine bestimmte Art von Filmen, die in den frühen 90er Jahren langsam ausliefen: Neo-Noir-Thriller. BASIC INSTINCT (1992) stand exemplarisch für diese Art von Thrillern, wobei es Paul Verhoeven mit seinem Film gelang, einen Skandal auszulösen und Tabus zu brechen, indem er Aspekte des Pornofilms in den vermeintlichen Mainstream einbrachte, so wie Jonathan Demme im Jahr zuvor in THE SILENCE OF THE LAMBS (1991) Aspekte des harten Horrorfilms in den Mainstream integriert hatte. Roger Donaldson geht es weder um das eine – Skandal – noch geht es ihm darum, Grenzen zu erweitern oder Tabus zu brechen. Er will eine Story erzählen, Spannung erzeugen, das Publikum bannen. Das alles gelingt ihm. Doch zeigt sein Film, indem er die Erwartungen, die an Noir-Thriller gestellt werden – die böse Frau, der gefallene Held, der Sieg des Zynismus über Hoffnung und Liebe – gegen den Strich bürstet und seine Figuren anders handeln lässt, dass das Genre dann auch nicht mehr viel hergibt. Filme wie John Dahls RED ROCK WEST (1993) oder selbst Oliver Stones U-TURN (1997) sind nur noch Fingerübungen, Variationen, nicht viel mehr.