COLD IN JULY (Film)

Jim Mickle verfilmt kongenial einen brillanten Thriller von John R. Lansdale

Als Richard Dane (Michael C. Hall) nachts von seiner Frau Ann (Vinessa Shaw) geweckt wird, die ein Geräusch im Haus gehört hat, lädt er unbeholfen und mit zittrigen Händen seinen Revolver. Im Wohnzimmer stößt er auf einen Einbrecher. Auge in Auge stehen sie sich gegenüber. Als die Uhr anschlägt, erschrickt Richard und schießt auf den unbewaffneten Mann. Er trifft ihn perfekt, der Einbrecher ist sofort tot.

Der Sheriff Ray Price (Nick Damici), der Richard kennt – in dem kleinen Kaff in Ost-Texas kennt jeder jeden – teilt dem nervösen Familienvater mit, daß der Tote Freddy Russel sei, ein lange schon gesuchter Verbrecher. Price hat kein Problem damit, alles so aussehen zu lassen, als habe Richard aus Notwehr geschossen. Einzig Freddys Vater Ben Russel (Sam Shepard) könne ein Problem darstellen, denn der sei vor einiger Zeit nach 20 Jahren aus der Haft entlassen worden und würde seinen Sohn vielleicht rächen wollen.

Richard leidet unter seiner Tat. Schnell spricht sich herum, was er getan hat und die Bürger der Kleinstadt begegnen ihm in einer Mischung aus Ehrfurcht und Faszination. Richard, der eine Rahmenhandlung in der Stadt betreibt und ein bisher unauffälliges Leben führte, wird zusehends nervöser. Zwischen ihm und Ann kommt es vermehrt zu Streitereien, gegenüber seinem Sohn Jordan (Brogan Hall) verhält sich Richard häufiger unverhältnismäßig grob.

Das schlechte Gewissen lässt Richard zur Beerdigung des Toten gehen. Hier trift er schließlich erstmals auf Ben Russel, der bedrohliche Andeutungen hinsichtlich Jordans macht. Anderntags trifft Richard Russel vor Jordans Schule. Sheriff Price weist Richard allerdings darauf hin, daß er einen Mann kaum verhaften könne, weil er auf der Straße herumlungere.

Als Richard heim kommt, findet er Hinweise auf einen Einbruch, obwohl er das Haus nach der Nacht, in der er den Einbrecher erschoß, extra hatte sichern lassen. Price und seine Männer postieren sich ums Haus, um Russel, sollte er sich in der Nacht blicken lassen, stellen zu können.

Doch Price hat das Haus nie verlassen. Er hat sich auf dem Dachboden versteckt und geht nun, als alle schlafen, in Jordans Zimmer, um den Jungen aus Vergeltung für den Tod seines eigenen Sohnes zu töten. Doch im entscheidenden Moment kann er dies nicht tun. Er flieht. Price und seine Männer nehmen die Verfolgung auf und schließlich kann Russel gefasst werden.

Richard macht eine Aussage auf dem Polizeirevier und Price versichert ihm, daß Russel nun für immer weggesperrt werde. Zufällig entdeckt Richard hier einen Steckbrief für Freddy Russel. Als er sich dessen Bild genauer ansieht, wird ihm klar, daß der Einbrecher in seinem Haus nicht Freddy Russel war, sondern ein gänzlich Fremder. Price schenkt ihm jedoch keinen Glauben.

Mehrfach versucht Richard mit dem Sheriff über seine Entdeckung zu sprechen, wird aber entweder abgewimmelt oder gar nicht erst zum Sheriff durchgestellt. Nachts fährt er zum Polizeirevier, um noch einmal mit Price zu reden. Dabei beobachtet er, wie Price und andere Polizisten Russel in einen Wagen verfrachten. Richard folgt dem Wagen und wird so Zeuge, wie die Polizisten Russel erst übel zusammenschlagen und dann so auf ein Bahngleis legen, daß er bald von einem Zug überrollt werden wird. Richard rettet den bewußtlosen Mann und verfrachtet ihn in eine Hütte im Wald, die einst seinem Vater gehörte.

Nach anfänglichem gegenseitigen Mißtrauen beschließen die beiden Männer, herauszufinden, was es mit dem falschen Toten und Russels Sohn auf sich hat. Sie fahren nachts zum Friedhof und graben dort den Sarg aus, in dem Russels Sohn vermeintlich begraben wurde. So stellen sie fest, daß Richard recht hatte: Es ist nicht Freddy Russel, der hier liegt und folglich war es auch nicht Freddy Russel, den Richard getötet hat.

Russel kontaktiert einen alten Freund von ihm, den Privatdetektiv Jim Bob Luke (Don Johnson). Dieser ist bereit, Russel zu helfen. Jim Bob – ein auffälliger Cowboy-Typ in einem roten Thunderbird – kommt in die Stadt. Er hat bereits herausgefunden, daß Freddy für die Dixie-Mafia gearbeitet hat, vom FBI umgedreht und zum Kronzeugen gemacht und ins Zeugenschutzprogramm aufgenommen wurde. Um seine neue Identität abzusichern, kam es den Agenten gerade recht, daß ein Unbekannter bei einem Einbruch getötet wurde und sie so Freddy für tot erklären konnten.

Jim Bob und Ben Russel fahren nach Houston, Richard schließt sich ihnen an. In der Stadt treiben sie den einzigen Mann auf, auf den die Beschreibung von Freddy passt. Sie wollen ihn beschatten, werden aber vor seinem Haus von einem plötzlich aus der EInfahrt stoßenden Wagen gerammt. Der Fahrer des Wagens, ein Mexikaner (Tim Lajcik), geht auf sie los und schlägt zunächst Jim Bob nieder, bevor Russel und der Detektiv ihn gemeinsam niederstrecken können. Im Kofferraum des Wagens finden sie eine ganze Sammlung von Videokassetten, die alle einschlägige Titel tragen. Sie nehmen eine der Kassetten mit, da Jim Bob wissen will, womit Freddy und sein Kumpel sich so ihre Zeit vertreiben.

Während Ben Russel sich frisch macht, schauen Jim Bob und Richard das Video an und müssen feststellen, daß Freddy (Wyatt Russell) und der Mexikaner sich dabei filmen, wie sie eine junge Mexikanerin mißhandeln und schließlich mit einem Baseballschläger zu Tode prügeln. Sie haben es mit einem sogenannten Snuff-Movie zu tun.

Richard und Jim Bob, der Russel schon lange kennt, mit ihm gemeinsam in Korea gekämpft hat und ihm sein Leben verdankt, weshalb er sich ihm verpflichtet fühlt, überlegen, was sie nun tun sollen. Doch alle Überlegungen kommen an ein Ende, als Russell hinzukommt und darauf besteht, das Video zu sehen. Nachdem er es gesehen hat, ist er verzweifelt. Er gesteht Richard gegenüber ein, daß er immer ein schlechter Vater war, Freddy das letzte Mal gesehen habe, als der etwa so alt wie Jordan jetzt gewesen sei und sich die Schuld dafür gebe, was aus Freddy geworden ist. Ben Russel beschließt, seinen Sohn zu töten.

Jim Bob beschließt, seinem Freund zu helfen. Er versteht Bens Verzweiflung.Er erklärt Richard, daß sie nicht zur Polizei gehen könnten, da das FBI Freddy schützen würde, um sich keine Blöße zu geben, da sonst nie wieder jemand bereit wäre, sich als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen. Zudem würde niemand die Frauen, um die es geht, vermissen. Es seien illegal in die USA eingereiste junge Mädchen, die sich als Prostituierten verdingten.

Richard will den Männern zumindest helfen, Freddy zu beschatten und auszuspionieren, um herauszufinden, wo man ihn am besten zur Strecke bringen kann. Sie folgen ihm zu einer Videothek, die Freddy gemeinsam mit dem Mexikaner betreibt. Richard geht hinein und will herausfinden, ob man die beiden hier zur Strecke bringen könnte. Doch er wird beinah enttarnt und kann gerade noch entkommen.

Jim Bob und Ben beschließen, den Männern vor deren Wohnhaus aufzulauern. Sie warten auf den richtigen Moment. Richard kehrt nach hause zurück, wo ihn Ann erwartet. Doch er kann nicht vergessen, was er auf dem Video gesehen hat. Und er fühlt sich Russel und Jim Bob verpflichtet. So setzt er sich in seinen Wagen und fährt wieder nach Houston.

Die drei Männer lauern Freddy und dem Mexikaner vor deren Haus auf. Doch als sie beschließen, zur Tat zu schreiten, kommt ein Van hinzu. Insgesamt tauchen weitere vier Männer und eine junge Frau auf. Offensichtlich hat man es hier mit dem nächsten Opfer zu tun. So folgt man den Wagen von Freddy und seinen Leuten zu einem abgelegenen Haus. Ben beschließt, sein Vorhaben jetzt durchzuziehen und dabei die Frau zu befreien. Jim Bob erklärt sich einverstanden und so zieht auch Richard mit.

Die drei dringen in das Haus ein und töten nacheinander alle Männer, die ihnen begegnen. Richard wird leicht verletzt, Jim Bob angeschossen. Schließlich stellt Ben, der gnadenlos mehrere Gegner erschossen hat, seinen Sohn. Beide schießen aufeinander und verletzen einander schwer. Ben erklärt Freddy, wer er ist und schießt ihm dann durch den Kopf. Doch er erliegt seinen eigenen Verletzungen.

Richard verabschiedet sich von Jim Bob, der das Mädchen, das sie gerettet haben, bei sich aufgenommen hat. Er kehrt zu Ann und Jordan zurück und legt sich zu ihnen ins Bett.

COLD IN JULY (2014) ist die fast werkgetreue Verfilmung eines älteren aber sehr guten Romans von John R. Lansdale. Wie die Vorlage, erfüllt auch der Film alle Bedingungen eines astreiner Neo-Noir-Thrillers. Leicht modifiziert, was Handlung und Figurenzeichnung angeht, führt er sein Publikum in die Abgründe menschlicher Niedertracht, verwickelt unbescholtene Bürger in eine hanebüchene Kriminalgeschichte und bietet neben Momenten eiskalter Härte, ebensolche heißester Gewalt. Und schließlich gibt dieser Film, wie das zugrunde liegende Buch, wie gute Genre-Werke meist, einen subtilen Kommentar auf die Verfasstheit einer Gesellschaft. In diesem Fall auf die tiefe Dysfunktionalität einer Gesellschaft, in der die Väter die Söhne verfluchen, die Söhne längst nicht mehr konform gehen und damit die Keimzelle der amerikanischen Familie in Frage steht: Die Familie.

Jim Mickle, der später auch einige Folgen der HAP AND LEONARD-Serie (2016-18), ebenfalls auf Vorlagen von Lansdale basierend, inszenierte, gelingt hier ein böser kleiner Thriller um Verrat, Intrigen, Mord und Rache, wie es sie dieser Tage nur noch selten gibt. Wird der Roman aus der Ich-Perspektive erzählt, was Identifikation, Sympathie und Sichtweise natürlich stark festlegt, gibt das Medium Film den Autoren und dem Regisseur weitaus mehr Freiheiten, die Handlung zu interpretieren. So wird im Film aus Richard Dane, der in Notwehr einen Einbrecher erschießt, ein sehr viel unsicherer und fast tollpatschiger Mann, als er es im Buch war, obwohl auch dort schon die Verunsicherung eines braven Bürgers thematisiert wurde, der mit der Gewalt konfrontiert wird. Der Richard Dane des Films  ist unbeholfen im Umgang mit seinen Mitmenschen und auch dem eigenen Sohn. Beide – Roman wie Film – legen viel Wert darauf, diesen Mann als unbescholtenen Bürger zu zeichnen, der nicht nur mit der Situation überfordert ist, sondern auch voller Erschrecken ob der eigenen Gewaltbereitschaft und -fähigkeit. Allerdings nutzt Mickle seine Freiheiten, um nicht nur diesen Mann, sondern eben auch das System der glücklichen amerikanischen Kleinfamilie, diesen Topos amerikanischer Selbstvergewisserung, bloßzustellen und durchaus auch zu desavouieren.

Michael C. Hall spielt Dane als nervösen, leicht schreckhaften Mann. Er wird in eine fürchterliche Geschichte hineingezogen und lange hält der Film die Balance, Dane als Zweifelnden zu zeigen, der zwar für ihn ungewöhnliche Dinge tut, der aber an entscheidenden Stellen handelt – wie er eben auch gehandelt hat, als er den Einbrecher erschoß. Dane will seine Familie schützen, in der er selbst aber oft isoliert wirkt. Seine Frau weist ihn zurecht, mit der Erziehung des gemeinsamen Sohnes tut er sich schwer. Er ist Rahmenbauer und betreibt in dieser Profession einen kleinen Laden in einem osttexanischen Kaff, wo nicht viel passiert und ein in Notwehr Erschossener schon eine kleine Sensation darstellt. So wird Dane über Nacht zu einer Art lokalen Berühmtheit in einem Örtchen, in dem sowieso jeder jeden kennt. Mickles Film ist herrlichstes Americana, wenn er die Outskirts der Stadt feiert, die Bahnübergänge bei Nacht, an denen endlose Güterzüge vorbeiziehen, wenn er seine Protagonisten sich in chromblitzenden und dennoch leicht abgeratzten Diners die Zeit um die Ohren schlagen lässt und – der Film spielt 1989, also in jenem Jahr, in dem der Roman erschien – jede Menge Station Wagon, Thunderbirds und andere amerikanische Großwagen durch die Bilder gleiten lässt. So sind gerade die ersten vierzig Minuten des Films enorm unterhaltsam, weil sie nicht nur einen Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs zeigen, sondern auch ein Amerika feiern, das so kaum mehr existieren dürfte. Ein Amerika, das aber grundlegend mitverantwortlich ist für jene USA, wie wir sie heute kennen. Die 80er waren eben auch ein Jahrzehnt des entfesselten Kapitalismus, des überbordenden Machismo, der maßlosen Angeberei. Eigenschaften, die vor allem den jungen Typen eignen, die für Dane und seine Mitstreiter im Verlauf der Handlung zur Zielscheibe ihrer Unternehmungen werden.

Die Handlung des Buches wurde für den Film leicht gerafft. Schon im Buch ist ein Bruch feststellbar, wenn aus dem Familienvater langsam ein Killer wird, der dem Vater des Mannes, den er vermeintlich getötet hat, hilft, den eigenen Sohn zu erledigen, als sie feststellen, daß der sich mittlerweile als Produzent für ultrabrutale Snuff-Movies verdingt. Man könnte dem Film kaum einen Vorwurf machen, wenn dieser Wechsel vom braven Bürger zur Tötungsmaschine nur schwerlich gelingt. Doch seltsamerweise funktioniert der Übergang im Film sogar besser, als im Buch. Dies liegt vor allem an der darstellerischen Kunst von Sam Shepard, der den Vater des eiskalten Frauenmörders Freddy Russel, diesen Ben Russel, mit Würde, aber auch einer grundlegenden Düsternis, einer fast dämonischen Gewalttätigkeit auszustatten versteht. Man glaubt ihm, daß er erst seinen Sohn rächen will – was ihm nicht gelingt, weil er im entscheidenden Moment, wenn er Danes kleinen Jungen endlich vor sich hat und aus Vergeltung töten könnte, ein Sohn für einen Sohn im alttestamentarischen Sinne, es nicht über sich bringt – und dann, sich eingestehend, daß er ein grottiger Vater für seinen Jungen gewesen ist, beschließt, diesen zu töten, weil aus ihm ein Monstrum geworden ist.

Lansdale, der auch am Drehbuch beteiligt war, hatte eine verschlungene Geschichte um FBI-Machenschaften gesponnen, bei denen es darum ging, diesem Freddy Russel eine perfekte neue Identität zu schustern, wenn er gegen die sogenannte DIxie-Mafia aussagt. Was also wäre einfacher, als den Kronzeugen für tot zu erklären, weshalb das FBI die örtliche Polizei den toten Einbrecher als Freddy Russell deklarieren lassen. Das wiederum gibt dem alle Freiheiten, die übelsten Gewalttaten zu begehen, ohne je eine Bestrafung befürchten zu müssen. Und so verdient er sein Geld eben mit Videos geschändeter, gequälter und ermordeter Frauen, mexikanischer Prostituierter, die niemand vermisst. Freddy ist das perfekte Produkt einer Dekade, die den persönlichen Erfolg zum Selbstzweck erhoben hat. Sozusagen das High-End-Produkt aller kapitalistischer Bestrebungen: Sex und Gewalt in realitas als absoluter kommerzieller Fluchtpunkt einer Gesellschaft, in der Profit alles ist. In der man getrost über Leichen gehen kann, wenn man es nur geschickt genug anstellt.

So kann man hier nicht einmal von Selbstjustiz sprechen, wenn Freddy, Dane und ihr Kumpel Jim Bob Luke losziehen, Freddys Gang auszulöschen und die junge Frau zu befreien, die als nächstes vor laufender Kamera getötet werden soll. In einer Mischung aus biblischem Zorn, Vergeltung und – jetzt wirklicher – Notwehr, bzw. Gefahr im Verzug, überfallen die drei Männer das Haus, das der Gang als Drehort für ihre miesen Filme dient und bringen nacheinander alle Anwesenden um. Und schließlich tötet Russel seinen Sohn in einem ebenfalls biblisch anmutenden Akt. Dieser Moment gleicht einer Hinrichtung. Zwar überlebt Ben Russel den Shoot-Out ebenfalls nicht, doch ist dies schlicht folgerichtig in der Wucht der Geschichte, seiner Tat und ihrer symbolischen Bedeutung. Hier treffen die Genrationen aufeinander, da wird die Würde und das Ehrgefühl der Alten gegen die Skrupellosigkeit der Jungen ausgespielt. Und Richard Dane sitzt dazwischen und muß sich entscheiden.

Beachtet man die Bildgestaltung, die Farbgebung des Films und die Musik von Jeff Grace, die an von John Carpenter verwendete erinnert, werden eine Menge Filme der 80er Jahre heraufbeschworen. Doch in den entscheidenden Momenten im Haus verändert sich das Licht grundlegend, verändert sich die Musik grundlegend und die gesamte Schießerei wird zu einer Hommage an Robert De Niros finalen Feldzug in TAXI DRIVER (1976) von Martin Scorsese. Womit COLD IN JULY auch eine Reminiszenz an die vollkommen anders gearteten, die politisch bankrotten und moralisch verzweifelten 70er Jahre setzt. Hier wie dort mäandert das Licht ins Rötliche, wird somit Zorn – heiliger Zorn, hervorgerufen durch Wut und Schmerz – symbolisiert, ein Zorn, dem niemand wird entkommen können, dem sich niemand in den Weg stellen kann. Ben Russel und Jim Bob mögen, Soldaten, die sie sind, durchaus zum Töten bereit sein, die Wandlung, die Richard Dane hier durchläuft, ist hingegen furchteinflößend. Und Michael C. Hall gelingt es, diese Wandlung in wenigen Augenblicken, durch eine kleine Veränderung in Mimik und Gestik, glaubwürdig zu verkörpern. Die Minuten im Haus sind Minuten in der Hölle. Und die vermeintlichen Rache- und Schutzengel werden zu Todesboten, zu eiskalten Mördern, die ohne Gnade und Mitleid Leben auslöschen. Die Härte dieser Szenen lassen weder zu wünschen übrig, noch einen Zweifel daran, daß zumindest Richard Dane nie wieder der Mann sein kann, der er einmal gewesen ist. Auch nicht, wenn er in seinen Heimatort, in sein Haus und in das gemeinsame Ehebett zurückkehrt, wo seine Frau und der gemeinsame Sohn den Schlaf der Gerechten schlafen.

Bleibt abschließend nur noch die Rolle des Jim Bob Luke zu erwähnen, den Don Johnson mit viel Charme, in den entscheidenden Momenten aber auch der entsprechenden Brutalität spielt. Im Roman die heimliche Hauptfigur, die die besten Zeilen und humorigsten Sprüche bekommt, bleibt im Film leider nur ein Bruchteil dessen, was diesen Charismatiker ausmacht. Im Kontext des Films und des doch eher plötzlichen Drifts ins Dramatische ist diese Einhegung der Figur nachvollziehbar. Johnson macht das Beste draus und so hat man es bei diesem Trio mit gleichberechtigten Männern zu tun, die unterschiedliche Motive haben, deren Motivlage aber in allen drei Fällen deutlich wird und denen der Zuschauer  zu folgen bereit ist. Bis in die Hölle und zurück.

In den letzten Jahren hat es wieder mehr  dieser kleinen, dreckigen Noir-Thriller gegeben, die in den 80er und 90er Jahren noch deutlich häufiger durch die scharfen Kontrollen der Produktionsbedingungen schlüpfen konnten. Oft erst in der Zweit- und Drittauswertung, über die Umwege Video/DVD und TV, kommerziell erfolgreich, sind es oft Werke, die viel über ein Amerika erzählen, das abseits von Glanz und Gloria, abseits der Reichen und Schönen, ein provinzielles Dasein fristet, ein Dasein, das öde und langweilig ist, in dem aber immer schon die Gewalt schlummert. Ein düsterer Blick auf dieses Land, das gerade im Genre des Film-Noir immer schon kritisch durchleuchtet und unter die Lupe genommen wurde. In Zeiten seltsamer Präsidenten und noch seltsamerer Vorgänge im Scheinwerferlicht der Weltpresse, ist es umso dringlicher, diese Ecken und Winkel auszuleuchten, wo entsteht, was später virulent wird. Jim MIckle ist dies auf hervorragende Art und Weise mit der ebenso kongenialen wie eigenständigen Adaption eines an sich schon brillanten literarischen Genrebeitrags gelungen.

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