DER TAG DER EULE/IL GIORNO DELLA CIVETTA (Film)
Damiano Damiani liefert einer der ersten und einen der bittersten Mafiafilme
An einem frühen Morgen wird auf einer staubigen Landstraße außerhalb eines sizilianischen Dorfes ein LKW-Fahrer erschossen. Schnell ist der Polizei klar, dass es sich um einen Fahrer einer unabhängigen Baufirma handelte, die nicht bereit ist, sich den von der Mafia unterwanderten Gewerkschaften zu unterwerfen.
Der neu auf Sizilien eingetroffene Capitano Bellodi (Franco Nero) will aus dem Mord einen Präzedenzfall machen: Er vermutet die Mörder in den Reihen der Mafia, die hier durch Don Mariano Arena (Lee J. Cobb) verkörpert wird. Der residiert am Marktplatz, genau gegenüber der Präfektur der Polizei, und beherrscht das Stadtbild von seinem Balkon herab. Umgeben von seinen Handlangern wie Zecchinetta (Tano Cimarosa), hält der Don hier Hof.
Da Bellodi nicht aus Sizilien stammt, meinen seine Untergebenen, ihm erst einmal die örtlichen Vorgänge und Gepflogenheiten erklären zu müssen. So finden sie es alle recht angenehm, als mit Rosa Nicolosi (Claudia Cardinale) bald eine Verdächtige gefunden wird. Denn ihr Mann ist seit dem Mord verschwunden. Da, so will es der Dorfklatsch wissen, Rosa eine Liaison mit dem LKW-Fahrer gehabt habe, läge es doch nah, dass entweder ihr Gatte den Nebenbuhler umgebracht habe, oder aber Rosa, um vor ihrem geflüchteten Mann unverdächtig zu erscheinen.
Doch der Capitano will sich diesen teils unlogischen Annahmen nicht anschließen. Er verhört Rosa, glaubt aber nicht, dass sie des Mordes schuldig ist, vielmehr will er ihr Glauben schenken, dass ihr Mann zufällig Zeuge des Mordes gewesen ist und selbst von jenen umgebracht wurde, die für den Mord am LKW-Fahrer verantwortlich sind.
Bellodi nimmt sich den Spitzel Parrinieddu (Serge Reggiani) zur Brust und zwingt ihn, für die Polizei zu arbeiten. Parranieddu stellt sich mit allen gut, erklärt das auch ganz unverhohlen, weiß aber auch, dass Bellodi ihn in ein Spiel zwingt, dass er möglicherweise nicht wird überleben können. Dennoch stellt er einen Kontakt zwischen dem Capitano und dem Mafiaboss her und liefert Bellodi auch später immer wieder wichtige Informationen.
Immer neue Spuren tauchen auf, immer stärker wird der Verdacht auf Rosa gelenkt; Don Mariano schickt sogar einen seiner Leute – Sara Pizzuco (Nehemiah Persoff) – zu ihr, der sich damit ein Alibi für einen weiteren Mord verschaffen, zugleich aber auch durch eine brutale Vergewaltigung dafür sorgen soll, dass die Frau, die eine kleine Tochter hat, die sie beschützen muss, eingeschüchtert wird. Doch Rosa wehrt sich und kann Pizzuco tatsächlich von seiner Tat abhalten.
Sie ist zusehends Willens, Bellodi in seinem Bemühen, ernsthaft gegen die Mafia vorzugehen, zu unterstützen. Doch nach und nach wird Bellodi klar, dass er nicht gegen die Omertà, das auf Sizilien herrschende Schweigegelübde, ankommt. Er greift zu immer härteren Methoden, setzt Zeugen massiv unter Druck, lügt und nutzt teils falsche Beweise – kann aber doch nichts ausrichten.
Schließlich bezichtigen sich einige von Marianos Männern, darunter Zecchinetta, sogar selbst verschiedener Delikte und sind bereit, dafür ins Gefängnis zu gehen.
Bei verschiedenen Reisen nach Rom, wo er mit Vorgesetzten spricht, die ihm mal signalisieren, er habe ihre volle Unterstützung, mal eher abwiegeln und der Meinung sind, mit einer Verdächtigen wie Rosa Nicolosi sei Bellodi doch gut bedient, wird dem Capitano klar, dass das Netz, welches Don Mariano gesponnen hat, weit über Sizilien hinausreicht und längst bis in die Polizei, die Justiz und wahrscheinlich auch die Politik vorgedrungen ist.
Dennoch setzt der Capitano alles auf eine Karte, lässt Don Mariano und einige seiner Handlanger verhaften und schließlich sogar vor Gericht stellen. Es kommt sogar zunächst zu Verurteilungen – unter anderem, weil die Mordwaffe, mit der der LKW-Fahrer erschossen wurde, in Don Marianos Haus und ein Mordopfer, ein Zeuge, aufgefunden wurde – doch schnell wird Revision beantragt.
Während alle auf den zweiten Prozess warten, wird Rosa massiv von Freunden des Don unter Druck gesetzt und schließlich auch offen bedroht.
Wie Don Mariano es gegenüber Bellodi prophezeit hatte, wird er schließlich freigesprochen. Bei dieser Gelegenheit zollt er dem Capitano allerdings auch seinen Respekt, denn der sei immer aufrichtig gewesen. Aufrichtig und mutig, was ihn in den Augen des Don zu einem Menschen mache – eine Bezeichnung, die der Don nur wenigen zugutekommen lässt.
Während einer Prozession, die durch das Dorf führt und bei der auch ihm von der Bevölkerung gehuldigt wird, was er mit Geldwürfen in die Menge goutiert, betrachten er und seine Männer die Präfektur, wo der neue Capitano nun Hof hält. Der, so stellt Don Mariano schnell fest, stellt für sie allerdings keine Gefahr da.
Einem Kunstwerk, gerade einem Film, kann man sich auf so viele unterschiedliche Arten nähern, dass man manchmal nicht weiß, wo beginnen. Gerade bei einem Werk wie Damiano Damianis IL GIORNO DELLA CIVETTA (1968), der Verfilmung des gleichnamigen Romans von Leonardo Sciascia aus dem Jahr 1961. Es läge nah, auf Literaturverfilmungen abzuheben und anhand dieses Werks Vor- und Nachteile zu beleuchten. Man könnte den Film im Kontext anderer Mafia-Filme beleuchten und herausarbeiten, inwiefern er sich von diesen unterscheidet – oder auch nicht. Oder man nähert sich einfach einem Kriminalfilm und fragt, wie er umgesetzt wurde, technisch, künstlerisch, in den Darstellerleistungen.
All diese Herangehensweisen wären geeignet und sie alle sollen im Folgenden auch berücksichtigt werden, aber vielleicht sollte man so beginnen: Im gleichen Jahr erschienen wie Sergio Leones Meisterwerk und Jahrhundertfilm C´ERA UNA VOLTA IL WEST (1968) und damit einer von vier Filmen, die sie in diesem Jahr gedreht hatte, kann man anhand von Damianis Werk eine schöne Studie zur jüngst verstorbenen Claudia Cardinale und ihrer mimischen Kunst anstellen, die hier so ganz anders gelagert ist, als in Leones Meta-Western. Gibt sie dort die vom Leben geprüfte, taffe Witwe McBain, die um ihren toten Mann und dessen Kinder trauert und sich doch nicht unterkriegen lässt, bis sie in der apotheosierenden Schlusseinstellung zur „Mama America“ emporgehoben wird, ist sie hier, bei Damiani, eine zutiefst verunsicherte Frau zwischen gesellschaftlichen Lagern und in einer Situation, die ihr nahezu keine Luft zum Atmen, keinen Bewegungsspielraum mehr gibt. Es ist bewundernswert, wie die Cardinale es mit wenigen mimischen, noch selteneren gestischen Mitteln versteht – geradezu verhalten, als müsse sie vorsichtig sein, dürfe um keinen Preis auffallen – die Angst und Sorge dieser Frau in einer patriarchalen, brutalen, fast archaischen Männergesellschaft zu vermitteln. Es ist die Verzweiflung zu spüren, aber auch der Wille und die Würde, die dieser Frau innewohnen, die sich und ihre Tochter zu schützen gedenkt, nachdem ihr Mann wahlweise des Mordes an einem LKW-Fahrer angeklagt oder aber als Zeuge der Untat gesucht oder als ebensolcher für tot gehalten wird.
So kann man gerade in der Gegenüberstellung dieser beiden Filme, deren einer – Leones – zum Klassiker avancierte, während Damianis Werk nur noch Cineasten und Literaturinteressierten ein Begriff sein wird, beobachten, über welch nuancierte Ausdrucksmittel Claudia Cardinale als Schauspielerin verfügte. Nicht von ungefähr wurde sie von manchen zur vielleicht größten italienischen Schauspielerin ihrer Generation erklärt. Hier spielt sie jene verunsicherte und im Laufe der Handlung zusehends verzweifelte junge Frau, deren Mann offensichtlich Opfer der Mafia wurde – wobei der Begriff im Film nicht ein einziges Mal genannt wird, auch von „organisiertem Verbrechen“, einer „Gangsterbande“ o.ä. ist keine Rede, was den Untersuchungen des von dem für diese Rolle vielleicht zu schönen Franco Nero gespielten Capitano Bellodi etwas Gespenstisches verleiht, wirkt es doch so, als kämpfe er gegen Geister, die nur er sehen kann.
Damiani allerdings weiß sehr genau auf wessen Seite er steht und vermittelt – ganz im Sinne von Sciascias Vorlage – vor allem ein Gefühl dafür, wie es sich anfühlt, was es bedeutet, in einer Gesellschaft zu leben, in der das Schweigen total ist, in der einzelne lieber sich selbst belasten und lange Gefängnisstrafen in Kauf nehmen, als jene zu verraten, die den Ort, an dem sich all dies zuträgt, in ihrer Hand haben. Das ist in diesem Falle Don Mariano Arena, den ein sichtlich in der Rolle aufgehender Lee J. Cobb gibt. Cobb und die Cardinale – für einen zwar guten, aber dann doch zwei Klassen niedriger angesiedelten Schauspieler wie Franco Nero sicher eine Herausforderung, mit zwei solchen Schwergewichten in Konkurrenz treten zu müssen. Cobbs Verpflichtung war sicherlich der internationalen Vermarktung des Films geschuldet, Damiani hätte einen vergleichbaren (und vielleicht auch geeigneteren) Schauspieler als den Amerikaner in Italien gefunden, was dem Film aber kommerziell möglicherweise geschadet hätte.
Doch verleiht Cobb diesem Don, der so ganz anders ist als der Typus, den Marlon Brando dann in Francis Ford Coppolas THE GODFATHER (1972) einführte – bodenständiger, einfacher, den Menschen in seiner Umgebung verbundener, wenn er auf dem Balkon seines Palazzos an der Plaza des Örtchens thront, das er beherrscht und von dem herab er geradezu Audienz hält – etwas unterschwellig Bedrohliches, das schwer zu fassen ist. Cobb spielte gern mürrische Durchschnittstypen, denen aber etwas gleichsam natürlich Faschistoides anhaftete. Geradezu berüchtigt der Typus des Amerikaners, den er in Sidney Lumets 12 ANGRY MEN (1957) verkörperte. Und genau ein solcher Typus ist auch Don Mariano Arena in IL GIORNO DELLA CIVETTA. Der Kleinbürger, der Macht erlangt hat. Wobei er damit von der Buchvorlage abweicht, ist der Typ, den Sciascia portraitiert, doch scheinbar gebrechlicher, verletzlicher, wirkt zumindest ungefährlicher.
Damiani, der gemeinsam mit Ugo Pirro auch das Drehbuch des Films geschrieben hatte, inszeniert seinen gesellschaftskritischen Thriller in einem staubtrockenen, sonnenverbrannten Sizilien. So schön das Städtchen, in dem Don Mariano Hof hält und der neue Capitano genau auf der anderen Seite der Plaza in der Präfektur sitzt, so dass die beiden einander ununterbrochen beobachten, geradezu belauern können, so verödet erscheinen die Straßen außerhalb der Ortschaften. Das Haus, in dem die von der Cardinale gespielte Rosa Nicolosi lebt, steht in einem Hang, es wirkt wie eine halbe Ruine, vergessen und ein wenig verkommen. Hier wartet Rosa gemeinsam mit ihrer Tochter auf die Rückkehr ihres Mannes, der Zeuge des Mordes an dem LKW-Fahrer wurde. Die Menschen in der Umgebung wollen ein „Verbrechen aus Leidenschaft“ erkennen und schnell haftet der jungen Frau der Ruf des „leichten Mädchens“, der „Dirne“ an. Ohne konkret darauf abzuheben, vermittelt Damiani ein Gefühl für soziale Ausgrenzung, die ganz besonders Frauen trifft, die sich nicht gebührend verhalten. Und „gebührend“ bedeutet in diesem Falle: Den Mund halten, bzw. nur das sagen, was Männer ihnen zu sagen erlauben. Immer enger wird das Netz um Rosa, da sie immer mehr zu einer Schlüsselfigur in den Ermittlungen des Capitano wird.
Auch darin weicht Damianis Drehbuch von Sciascias Vorlage ab, bei dem der Strang um Rosa Nicolosi eher ein Nebenschauplatz ist. Hier wird sie zur zentralen Gestalt, anhand derer die soziale Struktur dieser Gesellschaft aufgezeigt, analysiert, geradezu brutal aufgebrochen werden kann. Dazu gehört auch jener schwer erträgliche Moment im Film, wenn Pizzuco, einer der Subalternen des großen Don, sie besucht und zu vergewaltigen versucht. Einschüchterung, zugleich der Versuch, sich ein Alibi zu verschaffen, männliche Allmachtphantasien – Damiani gelingt hier tatsächlich ein vielschichtiger, äußerst verdichteter filmischer Moment. Der zudem von beiden Darstellern, der Cardinale und Nehemiah Persoff, hervorragend und umso unerträglicher gespielt ist. Auch Persoff gehörte zur teils amerikanischen Besetzung des Films.
Eine weitere Abweichung von der literarischen Vorlage stellt der Ermordete selbst dar: Im Buch ist es ein Bauunternehmer und also ein Mann von Reputation. Im Film ist es lediglich ein LKW-Fahrer, der zu einem Bauunternehmen gehört, welches sich gegen die lokalen Schutzgelderpressungen und die Repressalien der ebenfalls von Don Mariano beherrschten Gewerkschaften und Genossenschaften stellt. Es geht um den Ausbau der Landstraßen, der Wagen, den der Tote lenkt und an dessen Steuer er zu Beginn des Films erschossen wird, hatte Zement geladen. Damiani nimmt sich auch für diese Details, die scheinbar nebensächlich sind, Zeit, um seinem Publikum die genauen Sachverhalte in einer Gesellschaft wie der sizilianischen zu vermitteln. So erfahren wir, weshalb Zement in Säcken verladen wurde und nicht in den herkömmlichen Mischwagen. Die nämlich werden an die Firma, für die der Ermordete fuhr, schlichtweg nicht vermietet. Angst regiert die Insel, Angst und das Schweigen aller Beteiligten, und mögen sie noch so randständige Figuren im großen Ganzen sein.
An diesem Schweigen, an der Omertà, droht Capitano Bellodi zu verzweifeln. In seinen Methoden immer ruppiger, durchaus bereit, selbst unkonventionell und teils auch illegal vorzugehen, um Aussagen, Verdächtigungen und letztlich sogar gegenseitige Denunziationen zu erhalten, auch bereit einen Spitzel wie Parrinieddu in tödliche Gefahr zu bringen, zeigt Bellodi nach und nach Abnutzungserscheinungen in seinem Kampf. Und obwohl es ihm schließlich gelingt, sowohl den Don als auch dessen engste Vertrauten zu verhaften und vor ein Gericht zu stellen, sehen wir am Ende des Films genau diese Typen wieder – wie zuvor schon von ihnen angekündigt – auf dem Balkon des Palazzo sitzen und Hof halten. Durch ihren Feldstecher beobachten sie den neuen Capitano, der laut Don Mariano – der menschliche Lebewesen in fünf Kategorien einzuteilen pflegt, wobei als „Mensch“ bezeichnet zu werden schon eine Auszeichnung darstellt, die er Bellodi zugestanden hat – ein „Bla-Bla“ ist, ein Schwätzer, die unterste Kategorie im System des Don. Und der somit keine Gefahr für ihn und seine Geschäfte darstellen dürfte.
So ehern die Gesetze des Schweigens, so trocken die Macht des Don und seines Kartells, so nüchtern und scheinbar distanziert inszeniert Damiani das sich entfaltende Drama. Er wird damit der Vorlage insofern gerecht, als dass er sie mit ureigenen filmischen Mitteln – dank der Kamera von Tonino Delli Colli, der sie bravourös zu führen versteht, mal aus großer Distanz, wodurch die ganze Kälte deutlich wird, die trotz des heißen Sommers auf dieser Insel herrscht; mal unerträglich nah am Geschehen, bspw. in der bereits erwähnten Vergewaltigungsszene im Haus von Rosa Nicolosi – umsetzt, sich da entfernt, wo der Film eigene Rechte, eine eigene, rein filmische Umsetzung erfordert, und nah an ihr bleibt, wo dies möglich ist. Sciascia durchsetzt seinen Text mit philosophischen Betrachtungen, er seziert die Gesellschaft, die die Mafia hervorbringt geradezu; er seziert aber auch ein politisches Italien, welches einer Organisation wie der Mafia scheinbar nichts entgegenzusetzen hat – oder aber längst so unterwandert ist, dass die Trennlinie zwischen der staatlichen Institution und der des organsierten Verbrechens verschwimmt. Diesem sehr wesentlichen Teil des Romans kann Damiani schlicht nicht gerecht werden, es sei denn, er griffe zu ausschweifenden Dialogszenen, in denen er seine Protagonisten sie gleichsam referieren ließe. Darauf verzichtet er klugerweise, stattdessen setzt er eigene Schwerpunkte, die aber unterstützen, was Sciascia reflektierend darlegt. Den Fokus auf die Rolle einer Frau in einer durch und durch patriarchalen, in einer archaischen Gesellschaft zu lenken, ist einer dieser eigenen und sehr klug gewählten Schwerpunkte.
Auch das Ende des Films ist der gelungene Versuch, das, was der Autor in seinem Roman deskriptiv und reflexiv darzulegen imstande ist, filmisch umzusetzen. Wir sehen, wie Don Mariano und seine Handlanger verurteilt werden. Wir sehen, wie Rosa auf ein außerhalb der Stadt gelegenes Anwesen gebracht wird, wo sie, während die ehrenwerte Gesellschaft zu Mittag isst, Anweisungen und kaum verhohlene Drohungen erhält, was geschieht, wenn sie nicht bereit ist, im Sinne der Herren auszusagen. Dann sehen wir – ohne viel Aufhebens, ohne, wie es in einem amerikanischen Film zweifelsfrei entsprechend inszeniert würde, jegliche dramatische Hervorhebung – wie der Don und seine Handlanger wieder auf ihrem Balkon sitzen, kurz auf ihren Erfolg anstoßen und dann lediglich nebenbei erwähnt wird, dass es einen neuen Capitano in der Stadt gäbe. Damiani muss nichts erklären, er muss sein Publikum nicht durch den übermäßigen Einsatz von Musik (der Soundtrack von Giovanni Fusco untermalt den Film stellenweise dann doch herausgehoben dramatisch, dann wieder sehr zurückhaltend) pathetisch und künstlich in Empörung versetzen. Er zeigt einfach, wie die Dinge ihren Lauf nehmen. Und der Capitano Bellodi, eben noch so präsent in seinem Bemühen um Gerechtigkeit, ist schlicht und einfach weg. Verschwunden. Ein Problem weniger.
IL GIORNO DELLA CIVETTA ist einer der großen, vor allem einer der zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Mafiafilme. Vor allem aber ist es einer der ersten seiner Art. Und anders als vor allem die amerikanischen Macher vergleichbarer Filme, gleich ob sie Coppola, Scorsese oder De Palma heißen (um von den Regisseuren der frühen Gangster- und Mafiafilme Hollywoods wie Howard Hawks, Mervyn LeRoy oder Raoul Walsh ganz zu schweigen), verklären oder verherrlichen Damiani und sein Co-Autor Ugo Pirro die Mafia nicht einen Augenblick lang. Im Gegenteil: Als politisch wache Intellektuelle, die sie eben auch waren, aber auch als Italiener, die das Elend des organisierten Verbrechens im eigenen Land beobachten konnten, ja, beobachten mussten, war ihnen klar, mit welch einer Bedrohung sie es zu tun hatten. Und es war ihnen klar, dass dieser Bedrohung nichts Bewundernswertes oder gar Verehrenswertes innewohnt. Im Gegenteil: Sie zeigen eher – eben auch mit der Hilfe eines solchen schauspielerischen Könners wie Lee J. Cobb, dessen Einsatz dadurch dann doch auch wieder gerechtfertigt wird –, wie lächerlich die Männer sind, die hier Macht ausüben, was diese allerdings umso bedrohlicher wirken lässt. Denn um diese ihnen eigene Lächerlichkeit zu überspielen, sind sie ausgesprochen brutal und gewaltbereit.
Damiani kehrte immer wieder zum Thema des organsierten Verbrechens zurück und inszenierte mindestens noch zwei weitere wegweisende Werke des Genres: CONFESSIONE DI UN COMMISSARIO DI POLIZIA AL PROCURATORE DELLA REPUBLICA (1971) und L´ISTRUTTORIA È CHIUSA: DIMENTICHI (1971). Sie stehen seinem früheren Film in nichts nach, sind allerdings von tieferer Resignation und dementsprechendem Zynismus geprägt.