BLAUBARTS ACHTE FRAU/BLUEBEARD`S EIGHTH WIFE

The Lubitsch-Touch at it´s best

Der ewig schlecht gelaunte Multimillionär Mr. Brandon (Gary Coooper) weilt an der Riviera. Bei einem Pyjamakauf lernt er die Adlige Nicole de Loiselle (Claudette Colbert) kennen. Die beiden finden sich auf Anhieb anziehend und Brandon beginnt auch umgehend, um sie zu werben. Unter anderem nutzt er die etwas prekäre Lage seines Angestellten Albert de Regnier (David Niven) aus, der ein Bekannter Nicoles ist. Auch Nicoles Vater (Edward Everett Horton) ist sehr daran interessiert, daß seine Tochter den Amerikaner heiratet. Die willigt schließlich ein – wohl wissend, wie ein Stück Vieh verschachert zu werden. Ihr Gemahl zeigt während seines Werbens auch wenig Schliff oder Feinheiten. Als Kerl aus Wisconsin versteht er sich eher aufs Hemdsärmelige. Doch gerade, als das Hochzeitsfoto geschossen werden soll, kommt eher durch Zufall heraus, daß Brandon bereits verheiratet war. Und nicht unr einmal. Sieben Mal. Nicole ist außer sich. Sie handelt einen Ehevertrag aus, der ihr Hunderttausend Dollar per annum zukommen lässt, sollte es zur Scheidung kommen. Kaum verheiratet, lässt Nicole ihren Gatten abblitzen. Sie bewohnen unterschiedliche Trakte des Hauses und begegnen einander eher wie Fremde, die zufällig das gleiche Hotel bewohnen. Sebst Brandons etwas hemdsärmeligere Versuche, sich seiner Frau zu bemächtigen, schmettert die mit allerhand Tricks ab. Schließlich hat sie ihn soweit, die Scheidung einzureichen. Kaum geschieden, nähern sich die beiden wieder an. Denn, so Nicoles Erwägung, zuvor war er ein „50-Millionen-Dollar-Mann“, der meinte, mit seinem Geld alles bekommen zu können. Nun aber seien sie durch seine Zahlungen auf Augenhöhe und könnten sich wie echte Liebhaber begegnen. Einer neuerlichen Heirat stehe also nichts mehr im Wege…

BLUEBEARD´S EIGHTH WIFE (1938) kann als Paradebeispiel betrachtet werden, wenn man den ‚Lubitsch-Touch‘ in Vollendung betrachten will. Andeutungen, die berühmten „Geheimnisse“, die ein Film dem Publikum bieten muß, die vollkommen entweltlichten Figuren in vollkommen entweltlichten Settings, in riesigen Art-Deco-Kulissen: All das, was Ernst Lubitsch und seine Filme so einmalig machte, ist vorhanden.

Man betrachtet den jungen Gary Cooper und versteht einmal mehr, wieso Typen wie er in Hollywood immer eine Chance bekommen (und wundert sich, wie sehr er dem jungen Brad Pitt ähnelt, bzw. dieser ihm) – gut aussehend, groß und schlank, mit einer natürlichen Autorität ausgestattet, kann er sofort überzeugen, ob er nun „gut“ spielt, oder nicht. Die Meinungen zu seinen Schauspielkünsten gehen ja recht weit auseinander. Obwohl Cooper zum Zeitpunkt der Dreharbeiten bereits Star-Status hatte, wurde er dennoch nicht als erstes in den Credits genannt, dies blieb Claudette Colbert vorbehalten, die damals den Status eines Superstars hatte, auch wenn sie in den 40er Jahren noch weitaus beliebter werden sollte.

Cooper und Colbert liefern sich hier einen der herrlichsten Ehekriege, die je auf die Leinwand gebracht wurden. Die Dialoge, die Verwicklungen, die Drehbucheinfälle – Cooper, der seine Frau ohrfeigt und dann, nachdem sie ihn zurück geohrfeigt hat, Shakespeares DER WIDERSPENSTIGEN ZÄHMUNG zu Rate ziehen muß, um ihr anschließend den Hintern zu versohlen; Colbert, die David Niven ausknockt; Niven, der dies als Ritterschlag hinzunehmen bereit ist, usw. – nahezu jedes Detail dieser Produktion stimmt. Vielleicht sind frühere Lubitsch-Filme spritziger, vielleicht kann man in ihnen eher dem „Touch“ beim Entstehen zusehen, hier kann man betrachten, wie ein Meister im Glanze seiner Könnerschaft reüssiert. Da mögen die Rückprojektionen der Riviera manches Mal zu deutlich als solche zu erkennen sein, wenn Cooper und Colbert sich am Meere oder gar auf einem Floß auf demselben vergnügen – ihre Zeilen und die Art, sich zu geben, lassen über solcherlei gut hinwegsehen. Coopers ewige schlechte Laune, seine Midwest-Art, sich zu geben: direkt, gerade heraus und ohne Umschweife, führen zu herrlichen Situationen zwischen ihm und dem Objekt seiner Begierde, seine gelangweilte Haltung der Welt gegenüber, die einem wie ihm – einem „50-Millionen-Dollar-Mann“ – nicht mehr allzu viel zu bieten hat, all das ist glaubwürdig. Man achte darauf, wie er das allererste mal in diesem Film lacht: Das ist jener Moment, in dem Colbert ihm beim Pyjamakauf verrät, sie habe ihn beobachtet. Das schmeichelt seinem Ego, da wird die Seele des gelangweilten Multimillionärs gestreichelt. Es braucht manchmal nicht viel, um einen Kerl zu charakterisieren.

Colbert ihrerseits gibt ein herrliches Schauspiel früher Emanzipation. Die ganze Idee, sich ihren Gatten dadurch gefügig zu machen, indem man ihn an der kurzen Leine hält, damit der sich wieder scheiden lässt, eine Menge Geld an seine Verflossene zahlen muß und man sich DANN erneut, diesmal auf Augenhöhe, begegnen kann, ist schon einer der dreisteren, die sich Damen in Hollywood ausgedacht haben. Doch ist es ihr Auftreten an sich – wie sie sich zur Wehr setzt, zurück ohrfeigt, wie sie sich nicht nur gegen ihren zukünftigen Gatten sondern auch den Herrn Papa zur Wehr setzt, der ein großes Geschäft wittert, und wie sie schließlich dieses Geschäft („Sie haben nicht um meine Hand angehalten, Sie haben mich gekauft“) auch benennt – herrlich emanzipiert und selbstbewusst. Ein gutes Beispiel dafür, daß es oft heißt, die „goldenen“ 1930er Jahre – gemeinhin als die Dekade gefeiert, die Hollywood zu dem machte, was es bis heute ist, die „Traumfabrik“ – hätten Frauen so emanzipiert wie nie davor und danach gezeigt und wofür ansonsten Myrna Loy, Jean Harlow oder Katherine Hepburn angeführt werden.

Wo also liegt das Haar in der Suppe? Ist das alles vielleicht zutiefst reaktionär? Schließlich will Colberts Figur ja doch geheiratet werden. Aber nein – so sehr die Institution der Ehe dieser jungen Frau auch gefallen mag, definitiv will sie sie nicht zu den Bedingungen, die ihr von anderen, vornehmlich Männern, diktiert werden. Fast hat man dann schon Mitleid, wenn Cooper wieder und wieder gegen die Bastion ihrer guten Laune und ihrer gut gelaunt vorgetragenen kleinen Beleidigungen anrennt, immer in der Hoffnung, erhört zu werden und selbst dann, wenn er sie endlich küssen darf gegen den ihn zurückschreckenden Geruch von Lauchzwiebeln ankämpfen muß, der daher rührt, daß seine Angebetete, wie wir sehen durften – eine der komischsten Szenen des Films – , direkt in einen ganzen Bund dieses scharfen Gemüses biss. Nichts scheint gegen Colberts Bösartigkeit zu helfen, kein Kraut dagegen gewachsen. Im Gegenteil.

In den geschliffenen Sätzen, die ihr nicht zuletzt Billy Wilder in den Mund gelegt hat, der maßgeblich für das Script verantwortlich zeichnete, kommt zwar durchaus die emanzipatorische Seite dieser Frau zum Ausdruck, aus männlicher Sicht allerdings auch ein gerüttelt Maß an Frauenfeindlichkeit. Der arme Mr. Brandon, mag sich mancher gedacht haben, noch nicht mal verheiratet und schon unter einer solchen Fuchtel. Wilder ist für seine Misogynie bekannt, in Filmen wie DOUBLE INDEMNITY (1944) ließ er seiner Haltung freien Lauf. Wären dabei nicht solch teils urkomischen Szenen, Dialoge und Verwicklungen entstanden, wie wir sie aus seinen eigenen Filmen kennen, Wilder wäre sicher kein sonderlich beliebter Hollywoodmensch gewesen. Man kann den späteren Wilder hier deutlich erkennen.

BLUEBEARD´S EIGHTH WIFE zählt heute zurecht zu de ganz großen Komödien der Filmgeschichte, in einer Reihe mit Filmen wie IT HAPPENED ONE NIGHT (1934), BRINGING UP BABY (1938) oder SOME LIKE IT HOT (1959). Er zeigt exemplarisch, wie weit Hollywood gehen konnte, er zeigt exemplarisch, weshalb ein Mann wie Lubitsch immer noch ein wenig weiter gehen konnte und er zeigt seine beiden Hauptdarsteller in bester Verfassung. Wie immer lohnenswert.

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