DOMINION: EXORZIST – DER ANFANG DES BÖSEN/DOMINION: PREQUEL TO THE EXORCIST
Paul Schrader liefert die - besser: eine - Vorgeschichte zum Klassiker von 1973
Holland während der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg. Nachdem ein deutscher Soldat bei einem Attentat getötet wurde, sollen in einem Dorf zehn Bewohner zur Vergeltung hingerichtet werden. Pater Lankaster Merrin (Stellan Skarsgård) soll diese auswählen. Zunächst widersetzt er sich, woraufhin die Deutschen drohen, das ganze Dorf auszulöschen. So beugt sich der Pater der Gewaltherrschaft. Nachdem die Vergeltung geübt wurde, verliert der Mann seinen Glauben, da er das Böse selbst am Werke gesehen zu haben glaubt.
1949 reist Merrin, nun als Archäologe tätig, in das britische Mandat Ostafrika (Kenia). Hier wurde eine Kirche freigelegt, die eigentlich nicht vor Ort sein dürfte, da ihr Baubeginn auf eine Zeit datiert wurde, die vor der Christianisierung des Gebiets lag. Merrin war zuvor von einem ihm Unbekannten auf die Kirche hingewiesen worden. Auch hatte der Mann ihm eine Götzenfigur gezeigt, die auf den Dämon Pazuzu hindeutet.
Vor Ort trifft Merrin nicht nur auf seinen Dolmetscher Tchouma (Andrew French), sondern auch auf Pater Francis (Gabriel Mann), der vom Vatikan beauftragt wurde, Merrin zu begleiten. Schnell stößt Merrin auf Ungereimtheiten. So stellt er fest, dass die Kirche alles dafür tut, die Eingeborenen von der Fundstelle fernzuhalten und dabei auch zu drastischen Mitteln greift.
Merrin lernt nicht nur die Krankenschwester Rachel (Clara Bellar) kennen, sondern auch den Wirt Emekwi (Eddie Osei) und dessen Söhne. Emekwis Familie wurde zum Christentum bekehrt und hängt der Religion mit Inbrunst an. Seine Söhne Joseph (Adrian Black) und James (Omari Carter) besuchen die Missionsschule und lieben es, zu lernen. Die Ausgrabungsstätte wird durch eine britische Einheit unter dem Befehl von Major Granville (Julian Wadham) bewacht. Ihm und seinen Männern obliegt es auch, die Einheimischen von der Grabungsstätte fernzuhalten.
Merrin und Francis dringen in die Kirche vor und finden hier erste Anzeichen ketzerischer Tätigkeit: Eine Christusfigur hängt kopfüber, auf Bildern zeigen die Speere der Engel zum Boden, nicht gen Himmel, und ein Bild des Erzengels Luzifer schmückt den Altarraum – allerdings zeigt es den späteren Widersacher Gottes vor seinem Sturz zur Erde.
In der Umgebung des Dorfs treibt sich ein Ausgestoßener rum, den die Dorfbewohner Cheche (Billy Crawford) nennen. Merrin versucht mehrfach, sich dem Jungen anzunähern, da der offenbar um Essen bittet. Doch immer, wenn Merrin glaubt, dessen Vertrauen gewonnen zu haben, zieht Cheche sich zurück.
Bei einem weiteren Besuch der Kirche, die in den Augen von Merrin und Pater Francis wirkt, als sei sie vollkommen neu und offenbar unmittelbar nachdem sie gebaut wurde mit voller Absicht wieder verschüttet worden, stoßen die Männer auf einen Zugang zu einer unter dem Altarraum gelegenen uralten Krypta. Hier befindet sich ein zweiter Altar, der allerdings dem Dämon Pazuzu geweiht ist. Offensichtlich wurden hier einst Menschenopfer dargebracht und es finden sich sogar Aufzeichnungen des Teufels.
In der Umgebung der Grabstätte tauchen enorm große Hyänen auf, die Cheche angreifen und verletzen. Merrin bringt den Jungen zu Rachel in die Krankenstation und bittet sie, sich seiner anzunehmen. Nicht nur soll sie sich um die akuten Wunden kümmern, sondern auch schauen, ob sie die Verwachsungen des Jungen behandeln kann. Unter anderem hat er einen verkrümmten Arm, der wahrscheinlich nach einem Bruch nicht richtig zusammengewachsen ist. In den folgenden Tagen, nach der Behandlung, machen Rachel und Merrin die faszinierende Beobachtung, dass die Heilung Cheches enorm schnell und gut verläuft.
Merrin lässt die Kirche von Soldaten bewachen, doch eines nachts kommt es zu einer schrecklichen Gewalttat: Am Morgen finden die Männer die toten Soldaten, grotesk zugerichtet und angeordnet, auf dem Altar der Kirche. Granville überhört die Beteuerungen des zufällig anwesenden Stammeskriegers Jomo (Israel Aduramo), der gesehen haben will, was in der Kirche geschah, geht ins Dorf und erschießt hier – nachdem er die Bevölkerung mehrfach aufgefordert hatte, die Täter preiszugeben – eine junge Frau.
Merrin ist entsetzt, nicht zuletzt, weil ihn die Szene natürlich an seine Erlebnisse während des 2. Weltkriegs erinnert. Die damaligen Geschehnisse verfolgen ihn sowohl in seinen Träumen, als auch in Wachsituationen und belasten sein Gewissen nach wie vor schwer.
Jomo, dem die Missionierung durch die katholische Kirche eh ein Dorn im Auge ist, da er als stolzer Krieger an die Eigenständigkeit der Afrikaner glaubt, stürmt in einem Akt der Rebellion die Missionsschule, wo auch Emekwis Söhne unterrichtet werden, und richtet ein Massaker unter den Kindern an, bevor die Briten ihn erschießen.
Granville zieht sich mehr und mehr zurück und überlässt die Führung der Kompanie dem Sergeant Major (Ralph Brown). Merrin sucht Granville auf und muss feststellen, dass der Mann voller Selbstzweifel und Vorwürfen gegen sich ist, da er die junge Frau erschossen hat. Er glaubt aber nicht, dass er selbst die Untat begangen habe, vielmehr habe sich eine Kraft seiner bemächtigt. Eine böse Kraft. Dann erschießt Granville sich vor den Augen Merrins.
Pater Francis beobachtet Cheches Heilung mit Besorgnis. Er glaubt an zwar ein Wunder, will den Jungen aber taufen und somit seine Seele retten weil er nicht mehr daran glaubt, es hier mit wirklich guten – also göttlichen – Kräften zu tun zu haben. Der Junge willigt in die Taufe ein, wenn diese in der Kirche stattfände. Francis ist dazu bereit. Rachel ihrerseits willigt ein, Pater Francis zur Seite zu stehen und den Jungen in die Kirche zu bringen.
Die Dorfbewohner haben beschlossen, dass Pater Francis dafür verantwortlich ist, dass der Frieden gestört wurde, dass die fremden Soldaten ins Dorf kamen und dass das Böse eingezogen sei. Sie wollen ihn und Cheche opfern.
In der Kirche beginnt Pater Francis mit der Taufe, muss aber feststellen, dass der Junge bereits von einem Dämon besessen ist. Der Geist greift Francis und Rachel an. Francis flieht aus der Kirche und will sein Rituale Romanum holen, das Handbuch der katholischen Liturgie. Er hat begriffen, dass er einen Exorzismus wird durchführen müssen. Nachdem er die Kirche verlassen hat, kommt es zu einem Erdbeben, wodurch der Eingang der Höhle verschüttet wird.
Am folgenden Morgen wird Pater Francis an einen Baum gebunden gefunden. Er wurde von mehreren Pfeilen durchbohrt. Die Szene erinnert an das Martyrium des heiligen Sebastian. In der Krankenstation fleht Francis Merrin auf dem Sterbebett an, einen Exorzismus an Cheche durchzuführen, der Junge sei besessen.
Ein weiteres Erdbeben erschüttert die Region. Dadurch wird der Zugang zur Kirche soweit freigelegt, dass Merrin hineingelangen kann. Er findet Rachel in der heimlichen Krypta und bringt sie aus der Kirche. Dann stellt er sich dem verführerischen Cheche, der nun in der Gestalt eines wunderschönen jungen Mannes auftritt. Er bietet Merrin an, dessen Vergangenheit umzuschreiben: Er dürfe jene Situation in Holland neu auflösen. Merrin, der sich halluzinativ in die Vergangenheit zurückversetzt fühlt, begreift, dass er, wollte er eine „bessere“ Vergangenheit erschaffen, dafür seine Seele verkaufen müsste. Cheche/Pazuzu rächt sich mit einem furchtbaren Bild, das zeigt, wie nicht nur Merrin, sondern das ganze Dorf hingerichtet wurde.
Während sich der Dämon über Merrins Seelenpein und seine Versuche, mit sich und seinem Glauben ins Reine zu kommen lustig macht, tritt eine Aurora am Himmel auf, die es mit sich bringt, dass die Menschen in und um das Dorf herum schreckliche Dinge tun: Rachel versucht, sich selbst zu töten, Emekwi greift seine Frau und der Stamm greift die Briten an, wodurch es zu kriegerischen Auseinandersetzungen kommt.
Erst, als es Merrin in der Krypta gelingt, den Dämon nach und nach zurückzudrängen und ihn schließlich dazu zwingt, Cheches Körper zu verlassen, kehrt die Welt zu ihrem Normalzustand zurück.
Cheche verliert zwar sein wunderschönes Aussehen, doch ist er geheilt und nimmt eine Arbeit in der Krankenstation an.
Merrin, der seinen Glauben durch den gelungenen Exorzismus wiedergefunden hat, verabschiedet sich von Cheche und Rachel, die sich ein wenig in ihn verliebt hatte.
Der Stammesälteste allerdings warnt Merrin: Er werde in seinem Leben sicherlich noch einmal mit dem Dämon Pazuzu zusammentreffen…
Die Entstehungsgeschichte von DOMINION: PREQUEL TO THE EXORCIST (2005) ist wahrscheinlich weitaus interessanter als der Film selbst. Ursprünglich war John Frankenheimer verpflichtet worden, um einen weiteren Teil der EXORZISTEN-Saga zu realisieren, die mit dem Original unter der Regie von William Friedkin 1973 begonnen hatte. Der Routinier Frankenheimer musste die Regie krankheitsbedingt niederlegen, es übernahm Paul Schrader, vor allem bekannt für sein Drehbuch zu TAXI DRIVER (1976) und weiteren Martin Scorsese-Filmen, sowie seine Regiearbeit bei AMERICAN GIGOLO (1980). Doch konnte das Ergebnis die Verantwortlichen des federführenden Studios nicht überzeugen. Sie gaben den Film erneut in Auftrag, diesmal an Renny Harlin, der bis dato vor allem als Regisseur von Actionreißern aufgefallen war.
Dementsprechend fiel auch seine Version dieses Prequels – also der Vorgeschichte – zum Original aus. Obwohl voller Schock- und Gore-Momenten und triefend vor Blut, fiel der Film aber sowohl bei den Verantwortlichen, als auch bei der Kritik und dem Publikum durch. Nun wurde erneut Schrader angefragt. Ihm wurde ein äußerst begrenztes Budget zur Verfügung gestellt, mit welchem er seine Version des Films fertigstellen sollte. Das Ergebnis ist eben DOMINION: PREQUEL TO THE EXORCIST. Und somit existieren praktisch zwei Versionen ein und desselben Stoffes: Gleiche Besetzung, teils der gleiche Stab, allerdings ein anderes Drehbuch und durch Paul Schrader eine vollkommen andere Atmosphäre und somit ein völlig anderes Ergebnis. Ein vollkommen anderer Film.
Man fragt sich, weshalb Schrader eine solche Auftragsarbeit angenommen hat? Außer dem naheliegenden Grund, dass es gutes Geld dafür gegeben haben wird, fällt dem geneigten Verehrer der Schrader´schen Arbeit wenig ein. Denn auch wenn Schraders Geschichten meist in einer (menschgeschaffenen) Hölle spielen, ist er bisher – nimmt man einmal sein eher durchwachsenes Remake des Jacques-Tourneur-Klassikers CAT PEOPLE (1942/1982) aus; wahrscheinlich eher ein cineastisch motiviertes Unterfangen – nicht unbedingt mit einer Affinität zum reinen Horrorfilm aufgefallen. Schrader ist eher ein Chronist der amerikanischen Wirklichkeit unter besonderer Berücksichtigung der Schattenseiten des amerikanischen Traums. Seine Helden – eher Anti-Helden – sind Verlierer, sind Außenseiter, sind Figuren, die ihren Anteil vom Kuchen zu erhaschen suchen und dabei meist größeren Schaden nehmen, als dass sie irgendetwas zu gewinnen hätten. Bestenfalls eine beschädigte Erlösung. Wenn Schrader ihnen gelegentlich ein Happyend gönnt, dann hat dieses meist einen bitteren, manchmal beißenden Beigeschmack, ist oft satirisch zu verstehen, wenn nicht gar zynisch gemeint. Aber es ist Erlösung – das Religiöse spielt bei Schrader oft, wenn nicht immer, eine Rolle.
Dennoch wundert es, dass sich der Calvinist Schrader für den ganzen Hokuspokus eines sehr katholischen Teufelsdramas interessierte. Doch dann denkt man an THE LAST TEMPTATION OF CHRIST (1988), Martin Scorseses Filmversion des Klassikers von Nikos Kazantzakis, für den Schrader das Drehbuch geschrieben hatte (und nach dessen Fertigstellung er beteuerte, nie wieder einen Film über Religion machen zu wollen, gleich in welcher Funktion); man denkt an BRINGING OUT THE DEAD (1999), ebenfalls ein Scorsese-Film, der zutiefst religiös geprägt ist und den Schrader ebenfalls schrieb. Und auch nach DOMINION: PREQUEL TO THE EXORSICT widmete sich Schrader noch mehrfach religiösen Themen. Dennoch ist es ein Unterschied, vom Religiösen zu erzählen oder von einer Religion, bzw. in konkrete Rituale einer bestimmten Religion eingebettete Handlungen. Wie einen Exorzismus beispielsweise.
Betrachtet man dann aber das Ergebnis, verwundert es doch nicht mehr so arg, dass Schrader sich des Themas annahm. Die Version, die er von diesem Stoff erstellte, handelt davon, wie ein Mann mit seinem Glauben hadert und – möglicherweise – zu ihm zurückfindet, weniger hat man es hier mit einem durch und durch katholischen Film, noch mit einem lupenreinen Horrorfilm zu tun. Schrader wird zudem – weitaus mehr als Harlin in seiner Version des Stoffes – dem Geist und der Atmosphäre des Originals gerecht. Denn die war zwar auch von einigen Schocks geprägt, die das Publikum in Angst und Schrecken versetzten, doch der wahre Schrecken kam schleichend. Es waren eher die Toneffekte, die Tatsache, dass da nicht nur eine zutiefst männliche Stimme aus diesem unschuldigen Mädchen sprach und dabei auch noch die unflätigsten Dinge von sich gab, wodurch der eigentliche Horror vermittelt wurde. Und auch das Original war das Drama eines Mannes, der mit seinem Glauben rang und dessen Glaubensgrundsätze in Frage gestellt wurden.
Hier nun ist es ein Priester, der zu Beginn seiner Karriere mit dem Sadismus deutscher SS-Männer konfrontiert wird, die Vergeltung für getötete Wehrmachtssoldaten fordern. Der von Stellan Skarsgård gespielte Pater Merrin – richtig, eben jener Priester, der im Original, gespielt von Max von Sydow, herbeigerufen wird, um den Exorzismus an der kleinen Regan durchzuführen – soll zehn Personen einer Dorfgemeinschaft auswählen, die anschließend erschossen werden. Folgt er dem Befehl nicht, würde die gesamte Dorfgemeinde ermordet. In seiner Not und entgegen seiner Annahme, dass ein mutiger Mann sich den Deutschen entgegenstellen würde, befolgt Merrin schließlich die Anordnung und wählt zehn Männer aus. Doch kostet ihn dies seinen Glauben. Er kann und will offenbar nicht mehr an einen Gott glauben, der so etwas zulässt. Merrin verlässt das Priesteramt und arbeitet fortan als Archäologe. In dieser Funktion reist er zu Beginn des Films nach Ostafrika, das heutige Kenia, das damals unter britischem Mandat stand, wo eine Kirche freigelegt wurde, die an der Fundstelle und vor allem in der Datierung nicht existieren dürfte, denn die Kolonialisierung und Christianisierung der Region fand deutlich später statt.
Das ist natürlich eine wahrlich grausige Ausgangssituation für einen Teufelsfilm. Schrader wäre aber nicht Schrader, wenn er sich nun mit Widerlichkeiten oder Effekthascherei zufriedengäbe. Im Gegenteil. Schrader nutzt das von William Wisher Jr. und Caleb Carr verfasste Drehbuch (an dem er selbst, zumindest offiziell, nicht beteiligt gewesen ist; eher ungewöhnlich für Schraders Arbeiten), um nicht nur von dem Glaubenskampf eines ehemaligen (und letztlich auch zukünftigen) Priesters zu erzählen, sondern auch vom Kolonialismus und dem Imperialismus, den gerade das britische Empire über die Welt gebracht hat. Und den fatalen Folgen dieser historischen Verbrechen. Darüber hinaus thematisiert Schrader in seinem Film aber auch die Missionierung durch die katholische Kirche und stellt dieser kein wirklich besseres Zeugnis als den Briten aus.
Vor allem der britische Major Granville steht für die britische Hybris und Selbstüberschätzung. Er erschießt in seinem Furor eine einheimische junge Frau und wiederholt damit jene Szene zu Beginn des Films, die so eindringlich von den Verbrechen der Deutschen im 2. Weltkrieg berichtete. Merrin wird erneut Zeuge. Später allerdings richtet sich Granville selbst, indem er sich erschießt. Auch er ist also ein Mann mit Gewissen, der an seinem eigenen Tun zugrunde geht. Der sich aber – anders als Merrin – nicht mehr retten kann, indem er die Gewährszeichen seines Metiers ablegt, sondern nur noch dadurch, dass er aus dem Leben scheidet. Er beteuert aber, nicht er selbst gewesen zu sein, als er so abgrundtief böse handelte und gibt damit einen Hinweis auf das, was später im Film folgen soll.
Pater Francis seinerseits, geschickt vom Vatikan, um zu überprüfen, was es mit der Kirche und den darum sich ereignenden Geschehnissen auf sich hat, vertritt den katholischen Missionarseifer. Er möchte natürlich möglichst viele neue Schäfchen für die katholische Kirche gewinnen. Er wird im Laufe des Films ein fürchterliches Ende finden, doch zuvor führt er einige wesentliche Auseinandersetzungen mit Merrin, die dessen Abfall vom Glauben und sein Ringen mit sich selbst thematisieren. Der Film lässt Pater Francis, verglichen mit den imperial angetriebenen Briten – der Film spielt 1949 – durchaus besser wegkommen. Zumindest wird dessen Glaube und auch sein Ringen ernster genommen. Dennoch wird er in der Logik des Films zum Opfer seines Glaubens und der ihm innewohnenden Hybris, womit er den Briten wiederum gleichgestellt ist. Der Imperialismus und die Missionsarbeit werden als zwei Seiten ein und derselben Medaille behandelt.
Die Kerngeschichte – die Besessenheit eines jungen Afrikaners, eines aus der Dorfgemeinschaft Ausgestoßenen und Verkrüppelten – ist in der Konstruktion des Films dann fast schon nebensächlich. Er muss dramaturgisch dafür sorgen, dass die Handlung voran geht und es ein wenig Horror gibt, doch wird in der ganzen Handlung um den Exorzismus eigentlich nur äußerlich greifbar, was sich bis dato im Innern der Figuren abspielte. Doch genauso, wie man sich bei der Eröffnungsszene in dem holländischen Dorf fragen kann, ob es nicht eine geschmackliche Verirrung darstellt, auf die Verbrechen der deutschen Besatzungsmacht zurückzugreifen, um Merrins Glaubenszweifel auszulösen, stellt sich auch bei dem jungen Besessenen die Frage, ob hier nicht – gewollt oder ungewollt – eine zumindest rassistisch angehauchte Sünde begangen wird. Muss es ausgerechnet ein Ausgestoßener, ein besonders hässlicher, ein verkrüppelter Mensch sein, der in seinem besessenen Erscheinungsbild zu einem ausgesprochen schönen und wohlgeformten Wesen wird? Man kann – und vielleicht ist es der Sinn der Sache, es auch zu sollen – darüber streiten, wozu das gut ist und ob dies angängig ist. Vielleicht liegt darin eine gewollte Provokation. Doch bleibt festzuhalten, dass, sollte dem so sein, der Film sich zu wichtig nimmt. Seine Themen und Subtexte bieten nicht genügend Substanz, um solche selbstreferenziellen Metatexte zu rechtfertigen.
Filmisch betrachtet macht DOMINION: PREQUEL TO THE EXORCIST tatsächlich nicht viel her. Die Spezialeffekte muten derart billig an, dass der geneigte Betrachter sich fragt, ob dies bei einem Film aus dem Jahr 2005 nicht schon beabsichtigt ist. Die dürftigen Effekte würden dann mit der dürftigen Story, die sich nie entscheiden kann, was genau sie eigentlich sein möchte, korrespondieren und in gewisser Weise vielleicht sogar Schraders Widerwillen gegen das ganze Projekt zum Ausdruck bringen. Auf der reinen Sachebene wird es wahrscheinlich eine Frage des Budgets gewesen sein, dass es zu mehr – zumindest Eindrucksvollerem – nicht gereicht hat. Nur hätte man dann vielleicht gänzlich auf Effekte verzichten und ganz auf psychologischen Horror setzen sollen.
Schraders Film hat immer dort seine Qualitäten, wo Buch und Regie über die Schauergeschichte hinausblicken oder sie gleich ganz verlassen, wo sie den europäischen Kolonialismus und Imperialismus in den Fokus nehmen und – das immerhin muss man der Eingangssequenz zugutehalten – mit den Verbrechen des 2. Weltkriegs kurzschließen und damit andeuten, wie das eine mit dem andern zusammenhängt und einander möglicherweise sogar bedingt. Auch der Blick auf die katholische Kirche und ihren Missionsdrang kann überzeugen, wobei zu konstatieren bleibt, dass es Schrader sichtbar Spaß bereitet, Pater Francis eines schrecklichen Todes sterben zu lassen. Schwächen hat der Film dann aber genau dort, wo sein Kerngeschäft liegt: Weder gelingt es ihm, Grauen zu verbreiten, noch kann er schockieren und auch eine überzeugende Story kann er nicht bieten. Im Grunde gelingt es nicht einmal, Spannung zu erzeugen.
So bleibt die einzige Erkenntnis, die wir aus Schraders Film mitnehmen jene, wie Pater Merrin nach Afrika kam, wo er dann seine Erfahrungen mit dem Dämon Pazuzu machte. Davon allerdings erzählt auch schon John Boormans EXORCIST II: THE HERETIC (1977). So hatte das geneigte Publikum auch damals schon in Ansätzen verstanden, dass Merrin wusste, worauf er sich einlässt, als er zu Regan MacNeil gerufen wurde.