DEN GEIERN ZUM FRASS/ALL`ULTIMO SANGUE

Paolo Moffa liefert ein Argument, weshalb der Italo-Western schnell wieder in der Versenkung verschwand

Der Bandit Billy Gunn (Giovanni Cianfriglia) raubt die Kriegskasse der U.S.-Armee. Clive Norton (Craig Hill) wird beauftragt, das Gold zurück zu holen. Er verlangt den zum Tode verurteilten El Chaleco (Ettore Manni) als Begleitung, da der die Gegend kennt, in der Gunn sich rumtreibt. Als ihm die Bitte verweigert wird, befreit er El Chaleco kurzerhand gleich vom Galgen weg.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten raufen sich Norton und Chaleco zusammen und setzen sich auf die Fährte des Banditen. Der hat mittlerweile eine Spur der Gewalt zurück gelassen, unbescholtene Bürger gefoltert und ermordet und einen Pakt mit dem mexikanischen Banditen Cordero (Francesco Santovetti) geschlossen.

Norton und El Chaleco beginnen damit, die Banden gegeneinander auszuspielen, werden aber zunächst Opfer von Cordero, der sie in der Wüste anbindet und mit Milch Schlangen anlockt. Durch Glück gelingt es den beiden, zu entkommen.

Schließlich nehmen die Banditen Norton und El Chaleco gefangen und zwingen sie, mit Schlingen um den Hals auf einem Brett zu balancieren. Eine Kavallerieeinheit kommt gerade noch zur rechten Zeit.

Norton und Chaleco wissen, daß das Gold in einer Mine lagert und führen Corderos Männer dort hin, damit diese gegen Gunns Männer vorgehen. Derweil klauen Norton und Chaleco die Beute, müssen aber Gunn und dessen Geliebte Consuelo (José Greci) mitnehmen. Norton kehrt zum Kampfplatz zurück und hilft den eintreffenden Truppen gegen die Banditenbanden.

Zwischen El Chaleco und Gunn kommt es zu einem brutalen Messerkampf. Die beiden sind Brüder und Consuelo, jetzt Gunns Geliebte, ist eigentlich El Chalecos Frau. Gunn hat ihr erzählt, sein Bruder sei tot. Der Kampf ist gnadenlos und schließlich bringt Gunn eine Waffe an sich und schießt auf El Chaleco. Consuelo wirft sich dazwischen und stirbt in den Armen ihres Mannes.

Norton und Chaleco wollen das Gold nun aufladen, da werden sie erneut von Cordero und Gunn, die sich wieder zusammen getan haben, eingeholt und gefangen genommen. Erneut kommen ihnen die Soldaten zur Hilfe und schließlich sind die Banditen besiegt und das Gold konnte sicher gestellt werden. El Chaleco soll wieder festgenommen werden, aber gerade rechtzeitig trifft auch der Colonel (Luciano Doria) ein und alles klärt sich auf. Ende.

Auf dem Gipfelkamm der Welle harter Italo-Western während der zweiten Hälfte der 1960er Jahre, entstand neben einigen wirklichen Meisterwerken vor allem eine Masse an Beiträgen, die die ursprünglichen Anliegen und Merkmale dieses Subgenres nahezu konterkarierten. Die Filme wurden immer reaktionärer, Gewalt wurde zum Selbstzweck und menschenverachtender Sadismus nahm Überhand. Inhaltlich hatte sich der Italo-Western im Grunde erschöpft, er erreichte das Stadium des Selbstzitats, was sich auch dadurch bemerkbar machte, daß bereits für andere Filme gedrehtes Material gern wieder verwendet wurde. ALL´ULTIMO SANGUE (DEN GEIERN ZUM FRASS/1968) von Paolo Moffa fällt exakt in diese Kategorie.

Moffas Film erzählt eine Geschichte, die so oder ähnlich schon tausendfach erzählt worden ist – ob im klassischen amerikanischen Western oder auch seiner italienischen Lesart – und fügt ihr nichts Neues hinzu. Moffa fällt aber auch stilistisch wenig ein, um eine abgeschmackte Story um Goldraub und Vergeltung, bei der zwei Gangsterbanden von den Helden, einem ungleichen Duo, gegeneinander ausgespielt werden, auf eine irgendwie interessante Art und Weise zu erzählen. Er beginnt mit einem ewig langen Ritt durch eine mal einer Wüste, mal einer grünen Berglandschaft ähnelnden Gegend, die wohl realiter in Italien liegt, wurde ALL´ULTIMO SANGUE doch als einer der wenigen Italo-Western offenbar komplett in Italien und nicht in Spanien oder Jugoslawien gedreht, wie es ansonsten üblich war. Es folgt ein Postkutschenüberfall, der zuvor in einem der etlichen DJANGO-Ableger schon genutzt worden war und die Exposition endet in einem Fort der U.S.-Kavallerie, wo umständlich erklärt wird, wer hier wen beklaut hat und daß nun der Held, gespielt von dem Clint Eastwood erstaunlich ähnelnden Craig Hill, die Banditen dingfest machen und das gestohlene Gold zurückholen soll. Um diesen Auftrag zu erledigen, will er einen zum Tode Verurteilten mitnehmen, weil der sich in der Gegend gut auskennt. Da ihm dies verweigert wird, muß er in einer erneut umständlichen Aktion den Mann vorm Galgen bewahren, bevor sie sich dann aufmachen, um ihren Auftrag zu erfüllen.

Moffa ergötzt sich und sein Publikum an einigen unappetitlichen Szenen, in denen unbescholtene Bürger gequält werden, bevor man sie erschießt, Frauen mißhandelt werden und schließlich auch die Helden ein übles Spiel über sich ergehen lassen müssen. Zwischendurch prügelt man sich und es gibt endlose Schießereien, die vollkommen uninspiriert gefilmt und noch weniger inspirierter geschnitten wurden. Banditen schießen auf Banditen, Banditen schießen auf Soldaten, Soldaten schießen erstaunlicherweise nie zurück, Männer fallen von Pferden und am Ende hat immer irgendeine Seite die Oberhand gewonnen, obwohl das, was man zuvor im Bild sah, niemals nahegelegt hätte, das der jeweilige Kampf so ausgehen könnte. Moffa gelingt es in keiner einzigen Szene, wirklich Spannung aufzubauen. Er zeigt immer wieder die gleichen Bewegungen, er beherrscht das Spiel von Schuß und Gegenschuß nicht, er reiht viel zu viele, viel zu nichtssagende Bilder und Einstellungen aneinander, so daß der Eindruck entsteht, es geht vor allem darum, auf eine angemessene Laufzeit zu kommen. Er verwechselt die lange Beobachtung von Schlangen, die sich durch den Wüstendreck winden, angeblich auf die am Boden festgebundenen Helden zu, mit Spannungssteigerung. Das ähnelt der Anfangsszene, in der das Publikum ewig einem Reiter zuschaut, der nie irgendwo ankommt, uns unbekannt bleibt und aus weiten Totalen beobachtet wird, bis es eigentlich schon egal ist, wer das ist und wohin er will. Gelegentlich drängt sich der Eindruck auf, daß hier jemand den Western ad absurdum führen will, indem er die von Leone und anderen eingeführte Innovation der Zeitdehnung noch einmal steigert und Sinnloses zeigt, das aber lang. Genauso wenig gelingt es Moffa, irgendeine Form  emotionaler Spannung aufzubauen. Daß die Freundin des Banditen die Frau des dem Galgen entronnene Helden war, erfahren wir in dem Moment, in dem sie tot in seinen Armen liegt, was uns zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen kalt lässt. Auch der Tatsache gegenüber, daß derselbe Bandit sein Bruder ist, ihn nicht nur dem sicheren Tod durch Hängen überlassen, sondern auch Gold und die Gattin gestohlen hat, bleibt der mittlerweile zu Tode gelangweilte Zuschauer gleichgültig. Offensichtlich gehört auch Timing nicht zu Moffas Stärken.

Gleichgültigkeit ist generell der Zustand, den dieser Film hervorruft. Dabei muß man sowohl Craig Hill als auch Ettore Manni, der den vom Galgen Erretteten spielt, durchaus schauspielerische Qualität attestieren. Der Rest des Ensembles erledigt seine Aufgaben leidlich, aber es erledigt sie. Nicht erledigt haben ihren Job der Autor des Drehbuchs und Regisseur Moffa, der zu allem Überfluß auch am Script beteiligt war. So hat man es bei ALL`ULTIMO SANGUE mit einem jener Werke aus dem unübersichtlichen Pool der Massenware des Italo-Western zu tun und bestenfalls – filmhistorisch gesehen – mit einem Beweis, weshalb das Subgenre kaum zehn Jahre Bestand hatte, bevor es schließlich wieder in der Versenkung verschwand.

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