DIE KANONEN VON NAVARONE/THE GUNS OF NAVARONE

Einer jener Filme der 60er Jahre, die den Krieg als eine Art Abenteuerspielplatz darstellen

Im November 1943 sitzen 2000 britische Soldaten auf der Insel Kheros in der Ägäis fest. Die Deutschen drohen damit, die Insel zu bombardieren und somit ein Exempel an den Briten zu statuieren. Deshalb soll ein Konvoi in etwa sechs Tagen die Meerenge von Navarone passieren, um die Männer zu evakuieren. Die Deutschen haben allerdings zwei gewaltige Geschütze auf Navarone installiert, die die Meerenge kontrollieren.

Im Auftrag des britischen Militärgeheimdienstes in Gestalt von Commodore Jensen (James Robertson Justice) soll Major Roy Franklin (Anthony Quayle), genannt „der Glückspilz“, da er etliche äußerst gefährliche Geheimaufträgen erfolgreich ausgeführt hat, ein Geheimkommando zusammenstellen, das in der Lage ist, auf Navarone zu landen, dort eine einhundertfünfzig Meter hohe Steilwand zu erklimmen, in die Festung einzudringen, die die Kanonen umgibt, und diese in die Luft zu sprengen. Auf der Insel soll der Trupp von einheimischen Partisanen unterstützt werden.

Franklin selbst will den Trupp anführen, er beordert den neuseeländischen Captain Keith Mallory (Gregory Peck), der den Trupp mit einem Schiff an die Küste bringen und dort helfen soll die Klippe zu erklimmen; ihm zur Seite stehen der griechische Offizier Colonel Andrea Stavros (Anthony Quinn), der schon häufiger mit Mallory zusammengearbeitet hat, der britische Sprengstoffexperte Corporal „Dusty“ Miller (David Niven), der „Schlächter“ genannte Nahkampfspezialist Private Brown (Stanley Baker) und der aus Navarone stammende Private Spyros Pappadimos (James Darren), der die Insel kennt und dessen Schwester Maria (Irene Papas) dem Kommando vor Ort helfen soll.

Mallory erklärt gegenüber Franklin, dass Stavros, den er selbst unbedingt dabeihaben wollte, ihm nach dem Leben trachtet. Er, Mallory, sei indirekt für den Tod von Stavros´ Familie verantwortlich, mit der er befreundet gewesen ist. Franklin hofft, dass die Männer wieder zueinander fänden, doch ist Mallory überzeugt, dass Stavros spätestens nach dem Krieg kommen und ihn töten wird.

Der Trupp wird in die Türkei geflogen, von wo sie mit einem Fischerboot in See stechen wollen. Hier werden sie von dem arroganten britischen Major Baker (Alan Cuthbertson) in Empfang genommen und verhaftet. Der Major fühlt sich in seiner Kompetenz missachtet, weil er nicht in den Auftrag eingeweiht wurde, was Franklin veranlasst, ihm in Ansätzen zu erklären, worum es geht. Dies hört ein Spion mit, der sein Wissen weiterträgt. Mallory befürchtet, dass der Auftrag bereits gescheitert ist.

Unterwegs mit dem Fischerboot, werden sie von einer deutschen Patrouille aufgebracht, es kommt zu einem blutigen Feuergefecht, bei dem zwar alle Deutschen getötet werden, Mallory aber auch feststellen muss, dass der „Schlächter“ Brown offenbar seinem Ruf nicht mehr gerecht wird: Er hat in einem Fall nicht rechtzeitig mit dem Bajonett zugestochen und dadurch die anderen in Gefahr gebracht.

Während eines fürchterlichen Sturms gelingt es dem Kommando schließlich, unter Lebensgefahr unterhalb der Steilküste zu landen, allerdings verlieren sie dabei einen Teil ihrer Ausrüstung und der Waffen.

Mallory nimmt sofort die Steilwand in Angriff und mit Stavros´ Hilfe gelingt es, die Männer und die Ausrüstung nach und nach auf das Hochplateau zu bringen. Allerdings stürzt Franklin, der die Nachhut bildet, in einem Kamin in der Felswand ab und bricht sich das Bein. Offenbar hat ihn sein Glück verlassen. Fortan müssen die Männer ihn mitschleppen, worauf vor allem Miller besteht, der mit ihm befreundet ist.

Schnell bricht der Trupp auf, nachdem man einen deutschen Soldaten töten musste. Mallory, der nahezu automatisch das Kommando übernimmt, ahnt, dass die Deutschen bald hinter ihnen her sein werden.

In den Klosterruinen von St, Alexis treffen die Männer auf Maria, Spyros´ Schwester und deren Freundin Anna (Gia Scala), die nach Folterungen durch die Gestapo ihre Stimme verloren hat.

Die Frauen führen die Männer in das Dorf Mandrakos, wo sie auf einen Arzt für Franklin hoffen. Doch hier werden sie verraten und festgesetzt. Zunächst werden die Männer durch einen Wehrmachtsoffizier verhört, doch bald trifft der Oberleutnant der SS Meusel (Walter Gotell) ein. Stavros bietet ein Schmierenstück, in dem er behauptet, nur ein armer Fischer zu sein, der von „diesen schrecklichen Männern“ gezwungen wurde, sein Boot zur Verfügung zu stellen, doch Meusel kennt ihn aus einem Dossier. Stavros ändert die Strategie und schlägt den SS-Mann nieder, Mallory und die andern tun es ihm gleich. So gelingt es dem Trupp, den Deutschen zu entkommen. Lediglich Franklin müssen sie zurücklassen.

Mallory hat ihm zuvor aber zu verstehen gegeben, dass der Auftrag geändert wurde, die Briten nun einen Luftangriff auf die andere Seite der Insel flögen und sie nur noch den Befehl hätten, für möglichst viel Unruhe zu sorgen. Mallory weiß, dass die Deutschen Franklin foltern, wahrscheinlich aber mit Scopolamin, einem sogenannten Wahrheitsserum, vollpumpen werden. So wird er den Deutschen die falschen Angaben weitergeben.

Der Trupp flieht, unterwegs werden sie jedoch von deutschen Flugzeugen angegriffen, die sie auch deshalb ausfindig machen können, weil Anna trödelt und nicht rechtzeitig in die Höhle kommt, in der sie Unterschlupf finden. Hier stellt Miller fest, dass seine Zünder alle unschädlich gemacht wurden. Er rekonstruiert die letzten Stunden und stellt fest, was alles schiefgelaufen ist, seit Anna zu ihnen stieß. Schließlich muss sie zugeben, weder stumm zu sein, noch Opfer der Folterungen durch die Gestapo. Vielmehr könne sie keinen Schmerz ertragen und habe deshalb mit den Deutschen kollaboriert und ihnen alles verraten, was sie über das Kommando weiß.

Miller fordert, sie zu erschießen, will das aber nicht selbst erledigen. Auch Brown, den Mallory im Verdacht hat, nicht mehr der Mann zu sein, der er einmal war, scheint nicht dazu in der Lage. Also ist er bereit, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, doch kommt Maria ihm zuvor.

Mallory teilt nun allen ihre Aufgaben zu: Er und Miller dringen in die Festung ein, um die Kanonen auszuschalten. Dank der Falschangaben an Franklin wurden bereits massiv Truppen abgezogen und auf die andere Seite der Insel verlagert. Maria und Brown sollen ein Boot beschaffen, das die beiden Männer unterhalb der Abschussrampe der Kanonen abholt. Stavros soll gemeinsam mit Spyros im Dorf so viel Unruhe wie möglich stiften.

Es gelingt Mallory und Miller, die sich zuvor fürchterlich über Fragen wie Ehre, Loyalität und darüber gestritten haben, mit wie viel Einsatz man solch eine Aufgabe erfüllt – unter Umständen eben auch unter Verlust des eigenen Lebens –, in die Festung einzudringen. Millers Improvisationstalent ist es zu verdanken, dass er trotz fehlender Zünder eine funktionierende Sprengladung so anbringen kann, dass die Kanonen zerstört werden. Er und Mallory seilen sich ab und springen ins Meer, wo Maria sie auffischt. Brown wurde beim Beschaffen des Bootes getötet. Auch Spyros ist im Dorf getötet worden, den schwer verletzten Stavros können die andern aber ebenfalls noch aus dem Wasser retten.

Schließlich geht die Sprengladung, die Miller angebracht hatte, hoch. Sie ist so gewaltig, dass der halbe Berg in die Luft fliegt. Die Kanonen stürzen ins Meer, die Passage ist frei.

Maria und Stavros machen sich gemeinsam auf, zurück nach Navarone, wo die Wehrmacht das Dorf Mandrakos als Vergeltung zerstört hat. Die beiden wollen sich den Partisanen anschließen und Vergeltung üben.

Mallory und Miller setzen auf die britischen Schiffe über, fahren mit diesen nach Kheros und kehren gemeinsam mit den evakuierten Männern nachhause zurück.

Der ehemalige Lehrer Alistair MacLean versorgte Hollywood seit den frühen 1960er Jahren mit einem steten Strom hervorragender Vorlagen für Abenteuer- und Kriegsfilme, bei denen die Genres einander meist durchkreuzten, wenn nicht gar zur Deckung kamen, sah der Krieg bei ihm doch meist wie ein großes Abenteuer für harte Kerle aus.

THE GUNS OF NAVARONE (Buch 1957/Verfilmung 1961) war MacLeans zweiter Roman und spätestens mit der Verfilmung durch J. Lee Thompson im Auftrag von Carl Foreman, der auch das Drehbuch geschrieben hatte, konnte der Autor seinen Job als Lehrer an den Nagel hängen und gänzlich von der Schriftstellerei leben. Denn der Film wurde einer der großen Leinwandhits des Jahres und sorgte maßgeblich dafür, dass auch weitere Werke des Schotten – meist ebenfalls sehr erfolgreich – verfilmt wurden.

Wie zuvor schon David Leans THE BRIDGE ON THE RIVER KWAI (1957), später dann John Sturges´ THE GREAT ESCAPE (1963), Robert Aldrichs THE DIRTY DOZEN (1967), André De Toths PLAY DIRTY (1968) oder Brian G. Huttons WHERE EAGLES DARE (1968), zählt auch THE GUNS OF NAVARONE zu jener speziellen Art Kriegsfilme, wie sie vor allem die 60er Jahre hervorbrachten. Der Krieg war lange genug vorbei, um wieder Heldengeschichten erzählen zu können ohne dabei gleich in den Verdacht der Propaganda zu geraten, zugleich aber noch nah genug, um die Härte entsprechend adäquat darstellen zu dürfen. Gerade im britischen Kino – und auch Thompsons Film war vor allem eine britische Produktion, wenn auch mit amerikanischen Stars; ein damals zunehmend genutztes Konzept, die Filmindustrie zu internationalisieren und damit ökonomischer und kommerziell erfolgreicher zu machen – wurde der Krieg immer häufiger als eine Abfolge von Einzel- und Geheimaktionen erzählt. Das gab den Filmemachern die Möglichkeit, sich auf kleine Gruppen und begrenzte Szenarien zu konzentrieren, sie mussten nicht historisch verbürgte Schlachten nachstellen. Der Krieg lag quasi unter dem Brennglas. Zudem ließen sich so Ensemblefilme drehen, in denen Stars zusammengespannt werden konnten.

Für diese Art Film war Leans Epos über den Bau einer Brücke mitten im Dschungel der Prototyp, wenn die daran geknüpften Fragen von Ehre, Loyalität und Befehlsgehorsam dem Film auch eine Tiefe und philosophische Fallhöhe gaben, welche man den anderen oben genannten Werken nicht zwingend nachsagen möchte. Doch auch sie – obwohl manchmal von einem grimmigen Humor und gelegentlich schon bärbeißigen Zynismus geprägt – wussten durchaus, dass das Sujet, mit dem sie handelten, in Europa und anderswo enormes Leid verursacht hatte und behandelten den Krieg dementsprechend mit der gebotenen Ernsthaftigkeit und manchmal auch mit einer gewissen Drastik.

Foremans Drehbuch trägt dem Rechnung. Die Story um ein Geheimkommando, welches zwei gewaltige Kanonen sprengen soll, die im titelgebenden, fiktiven Navarone stationiert eine wichtige Meerenge kontrollieren, ist mit allerhand durchaus realistischen Härten ausgestattet. So löscht die Wehrmacht – die hier ansonsten wie üblich als etwas dümmlicher Haufen denunziert wird, so dass man sich wie in vielen dieser Filme fragt, wie es dieser Stümpertruppe eigentlich gelungen ist, Europa flächendeckend zu besetzen – ein ganzes Dorf aus, nachdem es nicht gelungen ist, aus den Dorfbewohnern herauszupressen, wo sich das Kommando versteckt hält. Der schwer verletzte Leiter des Kommandos wird von der SS gefoltert und der Film lässt es sich nicht nehmen, dies auch ausführlich zu zeigen. Dass dieser Major Franklin überhaupt in die Fänge der Deutschen geraten konnte, hat wiederum mit den ebenfalls recht ausführlich dargestellten Konflikten innerhalb der Truppe zu tun, die er selbst zusammengestellt hat. Neben Franklin und dem von Gregory Peck gespielten Captain Mallory besteht das Kommando aus dem von Anthony Quinn gegebenen griechischen Offizier Andrea Stavros, dem von David Niven dargestellten britischen Sprengstoffexperten Dusty Miller und zwei weiteren Männern, darunter einem als „Schlächter“ bezeichneten Mr. Brown.

Auch die Konflikte innerhalb des Kommandos bringen Härtefälle mit sich. Zwischen Mallory und Miller kommt es mehrfach zu Auseinandersetzungen darüber, wie man einen solchen Auftrag auszuführen, vor allem in welcher Geistesverfassung man ihn auszuführen habe. Darunter fällt auch die Entscheidung, ob man, wie Miller fordert, Franklin, einen Kameraden, zurücklässt, gar erschießt, um das Kommando nicht zu gefährden, oder ob man ihn mitnimmt. Zunächst sind die Männer bereit, den verletzten Franklin auf einer Trage mit sich zu schleppen, schließlich aber ist das nicht mehr möglich und sie überlassen ihn den Deutschen, die ihn dann, wie oben geschildert, entsprechend foltern. „Schlächter“ Brown, der dem Kommando aufgrund seiner Kaltblütigkeit zugeteilt wurde, erweist sich in einer entscheidenden Situation als unzuverlässig, weil er des Tötens überdrüssig ist. Schließlich muss das Kommando sich dazu durchringen, eine Verräterin zu eliminieren, da man sich nicht sicher ist, ob weitere Gefahr von ihr ausgeht. In dieser, der sicherlich unangenehmsten Szenen des Films, kommt den Männern die von Irene Papas gespielte Griechin Maria Pappadimos zur Hilfe und erschießt ihre vormalige Freundin Anna.

Ebenfalls ein persönlicher Konfliktherd, den der Film nutzt, ist der zwischen Mallory und Stavros. Denn ersterer ist indirekt für die Ermordung von Stavros´ Familie verantwortlich, weshalb letzterer ihn zu töten droht. Nicht hier und nicht heute, da beide wissen, dass sie aufeinander angewiesen sind und beide den Auftrag ernst nehmen, doch irgendwann nach dem Krieg, da ist Mallory sich sicher, wird Stavros ihn suchen und es wird zu einer Abrechnung kommen. Selbstredend kommen die beiden sich während des Kommandos wieder näher und als Mallory Stavros das Leben rettet, schlägt dieser in die angebotene Hand des ehemaligen Freundes ein. Vielleicht trägt auch sein Interesse an Maria Pappadimos dazu bei, dass er Mallory in einem milderen Licht zu betrachten bereit ist. Für den Film ist diese emotionale Konfliktebene wesentlich, da sie aus eiskalten Profis, aus Killern Menschen macht, die Gefühle haben und die dadurch nahbarer werden. Doch auch hier, in einem Zusammenhang, bei dem es um sein nacktes Leben geht, bleibt Keith Mallory undurchschaubar, scheint er sein vermeintliches Schicksal doch gleichgültig entgegen- und hinzunehmen.

Der Film spielt all diese Konflikte durch, bzw. reißt sie an, Konflikte, die andeuten sollen, was der Krieg mit Menschen anrichtet, was er aus ihnen macht. Es sind diese Momente, die THE GUNS OF NAVARONE zwar eine gewisse Tragik und vermeintliche Hintergründigkeit verleihen, doch letztlich besinnen sich hier alle Beteiligten immer auf die ihnen gestellte Aufgabe und stellen sich den Gefahren und damit auch ihren inneren Dämonen. Die werden stellvertretend vor allem in den Auseinandersetzungen zwischen Mallory und Miller durchexerziert. Mallory – erstaunlicherweise ausgerechnet Gregory Peck, der ansonsten eher auf die Rolle des guten, liberalen, menschenfreundlichen Amerikaners abonniert war – erweist sich dabei als ebenso stoisch wie brutal und vor allem zynisch, wenn er, mehrfach, erklärt, dass es Männern wie ihnen eben auferlegt sei, in ihrer Zeit die ihnen gestellten Befehle auszuführen. Fragen stellen könne man hinterher, doch solange der Krieg andauere, müsse man sich eben darauf einlassen und gehorchen.

Naturgemäß erfahren wir wenig über diese Männer, außer dass sie alle kampferprobt und bereit sind, alles Erdenkliche zu tun, um ihren Auftrag erfolgreich durchzuführen. Diese Männer sind trotz der oben aufgeführten Zweifel Hunde des Kriegs, denen ihr Handwerk zwar keinen Spaß macht, die aber im entscheidenden Moment wissen, was zu tun ist. Der Film stellt die Sinnhaftigkeit des Auftrags selbst nicht einen Moment in Frage, im Gegenteil. Anhand des gruppeninternen Konflikts zwischen Mallory und Miller, der an einem bestimmten Punkt sogar aufgeben will, weil er nicht mehr daran glaubt, dass der Auftrag durchführbar ist – nicht zuletzt hat die Spionin Anna die Zünder für seine Sprengladungen sabotiert und er müsste diese ohne Zeitverzögerung auslösen, was seinen sicheren Tod bedeutet -, spielt der Film ein Szenario durch, bei welchem ein Zweifelnder begreift, dass manchmal das Leben des einzelnen eben weniger wert ist als das große Ganze, das es zu bewältigen gilt. Hier verkauft der Film Heldentum auf eine seltsam unpathetische Art, die fast schon sympathisch wirkt. Mallory macht Miller klar, dass auch er Angst hat, dass auch er lieber leben möchte, dass dies aber nun mal ihre Aufgabe sei und nur diese zähle. In solchen Momenten – der Film nimmt sich durchaus Zeit, diese Konflikte dialogisch zu bearbeiten – wird deutlich, dass Männer wie Mallory oder Stavros Profis sind, Profis des Tötens. Ihnen haftet so oder so die Aura von Söldnern an, obwohl ganz klar ist, dass sie alle unter britischem oder amerikanischem Befehl stehen.

In solchen Momenten wird deutlich, dass MacLean, aber auch Männer wie Produzent und Drehbuchautor Foreman oder Regisseur Thompson den Krieg als Männerschmiede betrachten, als ein Selbstbestätigungsfeld, eine Initiationsmaschine, eine Lebensaufgabe, an der man(n) wächst und die einen Kerl über sich hinauswachsen lässt. So werden Helden geboren und gemacht. Die Frauen in diesem Reigen – Maria Pappadimos und eben die Verräterin Anna – sind nur Nebenfiguren, sind bestenfalls Zuträgerinnen. Und dass es schließlich Anna ist, die sich als Verräterin entpuppt – sie wurde von der Gestapo gefangen und angeblich fürchterlichen Foltern ausgesetzt, doch Miller überführt sie, indem er nachweist, dass ihr Körper die behaupteten Narben gar nicht aufweist – deutet auf eine gewisse frauenverachtende Grundhaltung des Films hin. Anna bricht unter Millers Anschuldigungen zusammen und erklärt, sie könne Schmerzen nicht ertragen, deshalb habe sie sich an die Deutschen verkauft und alles verraten, was sie während des Kommandos erfahren habe. Sie ist also nicht „hart“ genug für den Krieg, erträgt Schmerzen nicht, wird darob zur Verräterin.

Der Film unterstellt ihr aber zugleich auch, nicht intelligent genug für den Krieg zu sein, denn sie hätte sich – das macht Mallory in seiner Ansprache an sie deutlich – ihren Mitstreitern anvertrauen können, anstatt den Auftrag zu sabotieren. Dass es schließlich Maria ist, die sie erschießt – was Miller fordert, selbst aber nicht erledigen will, was ihn als Zivilisten ausweist, der er eigentlich ist und wodurch er ebenfalls gegenüber Männern wie Mallory oder Stavros, aber auch Brown, trotz dessen vorübergehender Schwäche, desavouiert und auch diskriminiert wird – verdeutlicht nur, inwiefern dies ein Männerabenteuer ist. Denn gerade diese Härte gegen eine der ihren trägt ihr den Respekt der Kerle ein.

Bei aller angedeuteten, vielleicht auch nur vorgetäuschten Tiefe und Nachdenklichkeit, ist dies aber vor allem ein actiongeladener Kriegs- und Abenteuerfilm, der seinem Publikum enorme Schauwerte zu bieten hat. In seinen nahezu zweieinhalb Stunden Laufzeit hält er die Spannung konstant hoch, bleibt dabei bei einem recht gut getimten Mid-Tempo und ist nicht eine Sekunde langatmig oder gar langweilig. Angefangen bei der von Zynismus geprägten Eingangsszene, in der Captain Mallory von dem britischen Geheimdienstoffizier Commodore Jensen und seinem alten Kumpel Roy Franklin über den Auftrag informiert und gebrieft wird, wie er und seine Männer sich im Falle eines Scheiterns zu verhalten haben – nämlich loyal und ehrenhaft in einen sicheren Tod zu gehen – über die Zusammenstellung der Truppe, bis hin zu den ersten Schwierigkeiten, wenn sie sich mit einem als ausgesprochen arrogant dargestellten britischen Offizier auseinanderzusetzen haben, dessen Haltung das Kommando bald in Verruf und somit auch in Gefahr bringt, dann ein deutsches Patrouillenboot ausschalten und schließlich eine hundertfünfzig Meter hohe Steilwand erklimmen müssen, um ungesehen auf die Insel zu gelangen, bauen Buch und Regie enorme Spannung, zugleich aber eben auch genügend des erwähnten Konfliktpotentials innerhalb der Gruppe auf, um das Publikum in den Sog der Geschichte zu ziehen und damit zu fesseln.

THE GUNS OF NAVARONE mag in manchen Situationen und Sequenzen durchaus doppelbödig daherkommen, er mag sich hier und da Mühe geben, seine Figuren trotz aller Oberflächlichkeit und Funktionalität, auf die sie runtergedimmt sind, mit einem gewissen Tiefgang und vor allem moralischer Ambivalenz auszustatten, doch letztlich gibt das Ergebnis dessen, was diese Protagonisten tun – die Kanonen in einem actiongeladenen Finale spektakulär zu vernichten und damit den britischen Schiffen die Durchfahrt durch die Meerenge zu ermöglichen, wodurch wiederum 2000 festsitzenden Soldaten gerettet werden können – ihnen Recht. Ihre Mittel und Methoden mögen brutal, zynisch und manchmal menschenverachtend sein, doch will man einen gerechten Kampf kämpfen, so das Credo, dann muss man manchmal zu eben jenen Mitteln greifen, derer sich der Feind ununterbrochen bedient. Krieg ist dreckig und gemein, doch lässt man sich einmal auf ihn ein, muss man bereit sein, sich die Hände schmutzig zu machen. Und die Story in genau diesem Sinne zu verpacken, verschafft dem Publikum dann eben die gewünschten Unterhaltungswerte. Thompson gelingt da eine bewundernswerte Gratwanderung, um die Zuschauer*innen mitzunehmen, gelegentlich zu schockieren und dann doch wieder davon zu überzeugen, dass das alles schon seine Richtigkeit hat. Eben weil der Krieg ist, wie er nun einmal ist. Und er – ebenso wie Foreman – konnte sich darauf verlassen, dass es noch genügend Veteranen gab, die die Härte des Films, aber auch deren Dringlichkeit, ja, den Nutzen, den sie in Situationen wie den geschilderten nun einmal hatte, beglaubigen konnten.

Als der Film erschien, mögen diese Fragen allerdings eher zweitrangig gewesen sein. Der Krieg lag etwa sechzehn Jahre zurück, Amerikaner und Briten wähnten sich allemal auf der moralisch richtigen Seite und hier wurde einem breiten Publikum für zweieinhalb Stunden beste Unterhaltung geboten – was sollte man mehr erwarten und als Produzent wollen? Der Film war ein immenser Erfolg, künstlerisch wie kommerziell. An der Kinokasse zählte er zu den größten Kassenschlagern der frühen 60er Jahre, er wurde in etlichen Kategorien für den Oscar nominiert, gewinnen konnte er allerdings lediglich den für die besten Spezialeffekte. Betrachtet man die Landung unterhalb der Steilküste, mitten im Sturm, von enormen Wellen drangsaliert, kann man getrost festhalten, dass er sich zumindest diesen Oscar auch redlich verdient hat, denn heute noch können diese Szenen überzeugen und mit modernen Produktionen mithalten, die ähnliches zeigen. Sie sind der Maßstab, den der Film sich gesetzt hatte und den er durchweg halten kann. Es ist vor allem ein überzeugender Unterhaltungsfilm, bei dessen moralischen Implikationen man besser nicht allzu genau hinschauen sollte, will man sich das Vergnügen nicht verderben.

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