ESCOBAR: LOST PARADISE

Der kolumbianische Drogenboss Pablo Escobar (Benicio del Toro) ruft seine Leute zusammen. Es werde ernst, teilt er ihnen mit. Unter diesen Männern befindet sich auch Nick (Josh Hutcherson), der mit Escobars Nichte Maria (Claudia Traisac) verheiratet ist. Bevor Nick sich bei Escobars Kommando melden musste, wollten er und Maria offenbar aus dem Land fliehen. Nun fordert Escobar Nick auf, einen Wagen, beladen mit Kisten, die versteckt werden sollen, in eine Stadt in den Bergen zu fahren. Dort werde ein Bauer zu Nick in den Wagen steigen und ihm den Weg zum Versteck zeigen. Sobald die Kisten dort untergebracht seien und der Bauer den Eingang zum Versteck gesprengt habe, solle Nick den Man per Kopfschuss töten. Um diesen Befehl auszuführen, händigt Escobar Nick eine Waffe aus. Nick zeigt sich offen verängstigt und ist sich nicht sicher, ob er diesen Auftrag wird ausführen können. Nie zuvor habe er einen Menschen getötet. Escobar erklärt ihm, sie alle hätten Opfer zu bringen. Auch Nick, den er als eine Art Sohn betrachte. Nachdem Escobar ausgestiegen ist, fährt Nick los…

Ein Jahr zuvor

Nick erreicht mit seinem Bruder Dylan (Brady Corbet) und dessen Frau Laure (Ana Girardot) einen kolumbianischen Strand. Hier wollen die Brüder ein kleines Camp eröffnen, Nick will eine Surfschule einrichten. Während eines Besuchs in der nahegelegenen Stadt lernt Nick Maria kennen. Die beiden freunden sich an, bald verliebt sich Nick in die junge Frau, die seine Gefühle erwidert.

Bei der Eröffnung einer Klinik wird Nick erstmals Pablo Escobars ansichtig und versteht, dass der Mann, von dem er bis dahin kaum gehört hat, nahezu als Volksheld verehrt wird, da er Stifter der Klinik ist. Escobar ist Marias Onkel.

Eines Tages tauchen einige Schläger im Camp auf und bedrohen Nick und seine Angehörigen. Die Männer wollen offenbar Schutzgeld erpressen. Dylan sagt zu, das Geld zu zahlen, ist aber insgeheim der Meinung, die Männer würden sie wohl wieder vergessen.

Als Nick Maria zur Hacienda ihres Onkels begleiten soll, will er sich zu diesem Anlass einen neuen Anzug kaufen. In dem Laden, wo er diesen zu erstehen gedenkt, wird er von den Erpressern gestellt und mit einem Hund bedroht, der ihn schließlich auch am Arm verletzt.

Auf Escobars Ranch wird Nick Zeuge des enormen Reichtums des Mannes, aber auch des Respekts, der ihm gezollt wird. Maria stellt ihn dem Patron schließlich vor. Nick findet Escobar faszinierend, spürt aber auch die Gefahr, die von ihm ausgeht. Bei diesem Besuch erklärt Maria Nick das Geschäftsmodell: Escobar handle mit einer Naturpflanze, deren Gebrauch in Kolumbien Gang und Gäbe sei: Kokain. Die Gewinne seien immens und Escobar gebe das meiste davon an die Armen weiter.

Nachts wird Nick wach, weil Escobar an seinem Bett sitzt. Der Patron verwickelt Nick in ein Gespräch, in dessen Verlauf er dem jungen Kanadier klar macht, dass er bereit ist, ihn als Marias Gatten zu akzeptieren, allerdings absolute Loyalität erwartet. Und er erwartet, dass Nick Maria gut behandle, denn er, Escobar, betrachte sie als eine Tochter. Nick verspricht, immer auf Maria aufzupassen. Dann fällt Escobar die Verletzung an Nicks Arm auf. Er erkundigt sich, wer dafür verantwortlich sei. Nick erzählt von dem Übergriff am Strand.

Als Nick Maria einen Heiratsantrag macht, ist Escobar begeistert. Schnell solle Nick seiner Nichte einen Sohn schenken. Auf dem Verlobungsfoto wird Nick bereits voll in die Familie integriert. Dylan und Laure hingegen dürfen nicht einmal mit aufs Foto. Während der anschließenden Feier enthüllt Dylan seinem Bruder, dass die Jungs, die Schutzgeld von ihnen erpressen wollten, alle getötet, verstümmelt und öffentlich an einer Brücke aufgehängt worden seien. Für Dylan steht fest, dass Escobar dafür verantwortlich ist. Er versucht Nick vor dem Einfluss des Drogenbosses zu warnen.

Nick soll ab nun auf Escobars Hacienda arbeiten. Hier wird er eines Tages Zeuge, wie Pablos rechte Hand Drago (Carlos Bardem) und dessen Männer eine Leiche verschwinden lassen und sich Blut von den Händen waschen. Pablo lässt Nick zu sich kommen und erklärt ihm, dass er sich absolut auf jeden verlassen müsse, mit dem er sich umgebe und der ihm nahesteht.

Obwohl Nick die Situation immer mehr bedrückt und er sich unwohl fühlt, auch überlegt, mit Maria zurück ins Camp am Strand zu kehren, bleibt er schließlich auf der Ranch. Maria will Nick nicht glauben, dass ihr Onkel ein kaltblütiger Mörder ist.

Derweil spitzt sich die Situation im Land immer weiter zu. Escobar greift zu immer drastischeren Mitteln, um gegen den Staat vorzugehen. Die Lage eskaliert, als der Justizminister durch eine Bombe getötet wird. Nun begreift auch Maria, dass es gefährlich ist, in Escobars Nähe zu sein.

Nick und Maria werden von Drago und dessen Männern in eine Wohnung gebracht, in der auch Escobar zeitweilig lebt. Dessen Frau und Kinder wurden derweil außer Landes geschafft um etwaigen Mordanschlägen aus dem Weg zu gehen.

Als Nick Escobar bittet, sich seinem Bruder anschließen zu dürfen, um das Land zu verlassen, erklärt Escobar ihm, dass er ebenso in der Ermordung der Schutzgelderpresser mit drinhinge, wie er, Escobar. Denn erst auf Nicks Erzählung hin habe er die Männer ermorden lassen. Nick wird klar, dass Escobar ihn nicht wird gehen lassen.

So bereitet er die Flucht mit Maria und seinem Bruder sowie Laure und deren gemeinsamen neugeborenen Kind vor. Doch kurz bevor sie alle zum Flughafen aufbrechen wollen, steht Drago vor der Tür und fordert Nick auf, mit ihm zu Escobar zu kommen. Der habe einen Auftrag für ihn.

So kommt es zu der Situation, dass Nick nun in die Berge fährt, um den Bauern zu treffen, den er anschließend töten soll.

In der kleinen Stadt Ituango steigt dann aber eben nicht der erwartete ältere Mann in Nicks Wagen, sondern der 15jährige Martin (Micke Morena). Nachdem Nick und der Junge den Auftrag soweit erledigt haben – Nick hat in einem unbeobachteten Moment eine der Kisten geöffnet und festgestellt, dass sie Juwelen enthalten; zwei davon hat er für sich eingesteckt – versucht Nick seinem Begleiter klar zu machen, dass dieser mit seiner ebenfalls jugendlichen Frau und dem gemeinsamen Sohn fliehen muss, da er, Nick, ihn sonst töten müsse.

Martin will das kaum glauben. Selbst als Nick ihm die Juwelen zusteckt, denkt der Junge immer noch, er könne damit seiner Familie Gutes tun und vor Ort bleiben. Erst als sie in die Stadt zurückkehren und Nick Drago und einen weiteren von Escobars Männern entdeckt, wird Martin klar, wie ernst die Lage ist.

Während der Junge in sein Haus geht, um seine Familie zu holen, versucht Nick erst Maria und dann Escobar anzurufen. Der verlangt die Tötung des Jungen. Da einer von Escobars Männern am Telefon jedoch einen Fehler macht, wird Nick klar, dass er selbst das nächste Ziel ist. Drago ist deshalb in Ituango, um seinerseits Nick nach der erfolgreicher Erledigung des Auftrags zu töten.

Während Nick noch mit Maria telefoniert und ihr erklärt, sie solle ihn am kommenden Tag in der Kirche gegenüber der kanadischen Botschaft treffen, wird Martin von Drago erschossen. Zuvor hatte Escobars Killer bereits Martins gesamte Familie getötet. Nun fragt er bei der lokalen Polizei an, ob diese ihm bei der Suche nach dem Kanadier behilflich sein könnten. Nick wird endgültig das Ausmaß der Korruption und die Reichwiete von Escobars Macht klar, als ganze Wagenladungen von Soldaten anrücken, um ihn zu suchen und möglichst auszuschalten.

Nachts gelingt es Nick, einen Polizeiwagen und einen Polizisten zu entführen. Er fährt Richtung Medellín. Unterwegs muss er tanken. An einer Raststätte hält er an. Während er sich frisch macht, tauchen Drago und ein weiterer von Escobars Killern auf. Nick überwindet sich und schießt auf die Männer. Der sterbende Drago erklärt Nick, dass er keine Chance habe, er würde so oder so getötet.

Nick fährt mit Dragos Fahrzeug weiter in die Stadt und setzt sich in die Kirche, wo er auf Maria wartet. Doch ist er bei dem Schusswechsel selbst sehr schwer verwundet worden. Während ihm Bilder aus glücklicheren Tagen am Strand durch den Kopf ziehen, findet Maria ihn sterbend in den Kirchenbänken.

Derweil ist Escobar bereit, ins Gefängnis zu gehen. Dies ist ein Deal zwischen ihm und dem kolumbianischen Staat. Dem Pater, der ihn auffordert, nun seine Haft anzutreten, um Gottes ewigem Auge in Wohlgefallen zu sein, teilt Escobar mit, dass er ein sehr, sehr langes Teleskop habe mit dem er von Zeit zu Zeit in den Himmel blicken werde – Gott solle sich vorsehen, er, Pablo Escobar, habe ihn immer im Auge….

Dass ein Mann wie Pablo Escobar für Schriftsteller, Drehbuchautoren oder Filmschaffende aller Art immens interessant, geradezu verführerisch ist, erklärt sich fast von selbst. Einer der reichsten Menschen der Welt, der seinen Reichtum nahezu ausschließlich dem Drogenhandel verdankte, welchen er nahezu industriell betrieb, ein extrem brutaler und kaltblütiger Mörder und Auftraggeber für Morde jeder Art, ein Terrorist, der sich mit einem ganzen Land – Kolumbien – anlegte und es gleichsam in die Anarchie führte, aber eben auch ein Wohltäter, der viel Geld in soziale Einrichtungen steckte und dadurch nicht nur hohes Ansehen unter den Armen des Landes genoss, sondern auch Schutz durch sie, die niemals – ob aus Loyalität oder Angst sei einmal dahingestellt; nachweisbar machte Escobar viele Jugendliche aus den Armenvierteln der von ihm kontrollierten Stadt Medellín zu sogenannten Sicarios, Auftragskillern. Und damit auch von sich abhängig – verrieten, wo er sich versteckte. Und auch nahezu dreißig Jahre nach seinem Tod wird Escobar in Teilen Kolumbiens als Volksheld verehrt.

So diente der Gangster in zahllosen Romanen, Filmen und Serien als Vorbild, mal mehr, mal weniger verklausuliert. Wenn ein Film allerdings den Namen schon deutlich im Titel führt, dann sollte man davon ausgehen, dass die Macher sich auch auf den realen Pablo Escobar beziehen – und sich dementsprechend zumindest in groben Zügen an die realen Vorgaben und Tatsachen halten. Andrea Di Stefano nennt den von ihm geschriebenen und inszenierten Film ESCOBAR: PARADISE LOST (2014) und geht damit eben genau das Risiko ein, an der Realität gemessen zu werden. Und scheitert genau daran. Schlimmer allerdings wiegt die Tatsache, dass der Drehbuchautor und Regisseur nicht umhinkommt – wahrscheinlich aus sehr billigen kommerziellen Gründen – auf rassistische Motive zurückzugreifen, um seine Story besser an den Mann zu bringen. Wobei „Mann“ hier – siehe oben unter kommerziellen Gründen – für „internationales Publikum“ steht.

Im Grunde erzählt Di Stefano auch keine Geschichte über Pablo Escobar, sondern er nutzt den Mann schlicht, weil er einen ebenso charismatischen wie diabolischen Gangster braucht, dessen Faszination man sich nicht entziehen kann – zumindest nicht, wenn man jung, naiv und leicht zu beeindrucken ist. Die Story, die uns der Film auftischt, handelt denn auch von zwei kanadischen Brüdern, die irgendwo im kolumbianischen Dschungel, der bis an den Strand reicht, eine Surfschule aufmachen wollen. Zwei Jungs, die eben so naiv sind, wie es das braucht, um einem Mann wie Escobar zu erliegen. Sie sind Aussteiger, Hippies, Tagediebe, die sich dem Druck des bürgerlichen Lebens entziehen wollen. Während der ältere der beiden seine Frau und später auch ein Kind im Schlepptau hat, macht sich der jüngere – der von Josh Hutcherson gespielte Nick – mit der Umgebung vertraut, lernt dabei Maria kennen und verliebt sich in sie. Glücklicherweise wird sein Gefühl erwidert. Bald führt Maria ihn in ihre Familie ein – wobei sich herausstellt, dass Pablo Escobar ihr Onkel ist. Kann sich Nick zunächst noch am Rande von dessen Einflussbereich und seinen Geschäften halten, greift Pablo schließlich doch auf ihn zurück, als sich die Schlinge um seinen Hals immer mehr zusammen zu ziehen droht. Wie extrem brutal und skrupellos Marias Onkel vorgehen kann, wusste Nick, seit einige Kerle aus dem Dorf, wo die kanadischen Brüder ihre Surfschule gegründet haben, nach einem Erpressungsversuch tot und verstümmelt an einer Brücke hingen. Wie weit Escobar letztlich gehen wird, um seinen eigenen Kopf zu retten, wird Nick dann auf grausame Weise am eigenen Leib erfahren.

Nun konnte die Produktion den großen Benicio del Toro für die Rolle des Pablo Escobar gewinnen, wodurch man sich wohl ein glaubwürdigeres Charisma für den Protagonisten erhofft hatte. Del Toro ist sicherlich auch ein Schauspieler, der das nötige Handwerk besitzt, um ein solches Charisma auszustrahlen. Allein – er bringt und brachte auch 2014 nicht (mehr) das Aussehen mit, um einen Mann wie Pablo Escobar glaubwürdig darstellen zu können. Oder, genauer, um spezifisch Escobar darstellen zu können. Eine Besonderheit dieses Monsters in Menschengestalt war sicherlich sein weiches Gesicht, das bubenhafte Lächeln, die freundliche Ausstrahlung, die in solch eklatantem Gegensatz zu seinem brutalen Wesen stand. Javier Bardem bspw. stellte Escobar in LOVING PABLO (2017) dar und es funktioniert, weil er mit seinem jungenhaften Grinsen in diesem ewig freundlichen Gesicht exakt die Aura zu vermitteln versteht, die, vertraut man den Fotos, die von ihm im Umlauf sind, Escobar auszeichnete. Del Toro, der in Denis Villeneuves SICARIO (2015) einen Killer spielte, der direkt aus dem Umfeld Escobars hätte stammen können und dessen verwittertes Gesicht die ganze Tragik dieses Mannes erzählen konnte, ohne dass das Drehbuch ihm geschwätzig eine traurige Geschichte andichtete, der zugleich aber auch geheimnisvoll und sehr, sehr gefährlich wirkte, überzeugt nicht in der Rolle des Patrons. Ja, er wirkt gefährlich und unberechenbar, wenn er mit offenem Hemd und feistem Bauch, auf dem eine Bierflasche balanciert, vor dem Fernseher sitzt, Fußball schaut und Nick zugleich erklärt, dass der sich daran gewöhnen müsse, mitschuldig am Tod der unbedarften Jungs am Strand zu sein, die Schutzgeld von ihm und seinem Bruder erpressen wollten. Doch in keiner Szene zuvor, auch nicht in jener, in der Maria ihm Nick vorstellt und wir ihn im Pool seines extravaganten Anwesens mit seinen Kindern spielen sehen, strahlt er etwas Charismatisches aus, wirkt er einnehmend oder gar vertrauenserweckend. Der Mann, den del Toro spielt, ist von Anfang ein Monster.

Hinzu kommt, dass Di Stefano die erste Hälfte seines Films als Rückblende erzählt. Direkt zu Beginn werden wir Zeugen, wie Escobar Nick einen Auftrag erteilt, der damit enden soll, dass er einen unschuldigen Bauern umbringt. Dann folgt eine lange Rückschau von den Anfängen von Nicks Beziehung zu Maria bis zu dem Moment, in dem Escobar, dem das Wasser langsam bis zum Hals steht, seine Schätze – Drogen, Diamanten, Geld – in verschiedenen Verstecken unterbringen will und Nick, der ja nun zum inneren Kreis der Familie gehört, einbindet. Wenn der Film seine Schleife vollendet hat und an seinen Ausgangspunkt zurückgekehrt ist, hat auch der letzte im Publikum längst verstanden, dass für den kanadischen Sonnyboy am Ende eine Kugel vorgesehen ist. Und wirklich jeder hat kapiert, dass Pablo Escobar alles andere als ein netter, bubenhafter Mann ist. Allerdings haben Buch und Regie dies ja in gewisser Weise schon in der Auftaktszene des Films verdeutlicht, wodurch sie sich nicht mehr die Mühe geben müssen, eine Wandlung – ob in Escobar selbst oder in der Wahrnehmung durch Nick – darzustellen und glaubwürdig zu vermitteln.

So konzentriert sich der Film ab nun ganz auf die herkömmlichen Genreregeln eines durchschnittlichen Thrillers. Nick kann seinen Auftrag nicht einlösen, weil es ihm nun mal nicht gegeben ist, kaltblütig einen Menschen umzubringen. Er lässt sein Opfer laufen; er wird von Escobars Leuten verfolgt; er kann sich einen Vorteil verschaffen; er tötet seine Häscher, als er endlich lernt, die Waffen, von denen er umgeben ist, seit er Maria geehelicht hat, auch zu gebrauchen; er nimmt Kontakt zu Maria auf; er trifft sich mit seiner geliebten Ehefrau. Dass Di Stefano auf dem Weg zum vermeintlichen Happyend ein paar Stolpersteine einbaut – u.a. wird Nick Ohrenzeuge, wie Escobars Leute seine Schwägerin und seinen Neffen eiskalt ermorden – eine der besseren und sicherlich eine der grausigsten Szenen des Films – ist ihm hoch anzurechnen, da der Film sonst vollends zu einem klischeehaft verkitschten Durchschnittswerk verkommen wäre. Und dass er dem Publikum das Happyend schlussendlich verweigert, weil ein Typ wie Nick den brutalen Todesschwadronen eines Pablo Escobar, zumal mitten in deren Jagdgründen, nur schwerlich wird entkommen können, macht seinen Film zumindest glaubhaft.

Doch macht er ihn nicht weniger ärgerlich. Denn wie in so vielen Thrillern, die sich exotische Schauplätze, vornehmlich der einst 3. Welt genannten Länder und Kontinente, als Kulisse aussuchen, werden sowohl die Menschen als auch deren Lebensverhältnisse auch hier einmal mehr einfach ausgenutzt, um einen spannenden Thriller zu erzählen. Und wie so oft in Filmen dieser Machart sind es auch hier zwar naive aber eben doch unschuldige Vertreter westlicher Kulturen, die Opfer werden. Zwar gibt Di Stefano sich hier und da Mühe, auch die Kolumbianer als Opfer der Machenschaften eines Mannes wie Escobar zu zeigen, doch konzentriert sich die ganze Geschichte auf das Schicksal von Nick. Die strukturellen sozialen Gründe, die dem Erfolg eines Mannes wie Escobar zugrunde liegen, interessieren den Film und seine Macher kaum bis gar nicht. Alles hier dient als Kulisse für das Drama eines – ausnahmsweise mal kanadischen – jungen weißen Mannes, der kaum einzuschätzen weiß, in wessen Fänge er da gerät. Dass allein schon die Tatsache, dass ein Gönner irgendwelche Kerle, die den Bruder mal bedroht haben, schlichtweg töten, verstümmeln und öffentlich ausstellen lässt, reichen würde, dessen Machenschaften zu hinterfragen, auf diese Idee kommt weder Nick noch der Film.

Begründet wird dies mit der behaupteten Liebe zu Maria. Und Liebe, das wissen wir ja alle, macht bekanntlich blind. Nur ist eben diese Liebe, deren Entstehen im Schnelldurchlauf erzählt und damit eben nie glaubwürdig vermittelt wird, ebenso reine Behauptung, wie des Film-Escobars Charisma durchweg reine Behauptung bleibt. Del Toro führt uns durchgehend einen zerrütteten Mann vor, der seiner Frau sentimentale Liebeslieder vorsingt und mit den Kindern spielt, während seine Männer die schrecklichsten Verbrechen begehen. Das aber ist im weiten Kosmos der Filmgangster schlicht nur noch ein Klischee. Und die Verbindung von Sentiment und Gewalt haben andere – allen voran David Lynch – nun schon häufig sehr viel glaubwürdiger und vor allem erschreckender vermittelt. Dieser Film ist in großen Teilen immer nur eine Behauptung, selten ein überzeugendes Werk und wenn, dann noch am ehesten dort, wo er genauso gut in Los Angeles oder New York oder London spielen könnte, sprich: in jenen Momenten, in denen er einfach als Thriller funktioniert, inklusive Verfolgungsjagden und wilden Schießereien. Obwohl man auch da Besseres gewohnt ist.

Vielleicht ist das am Ende der Punkt, der am meisten verärgert an diesem Film: Er bringt keine von all diesen Gräueln, von denen er erzählt, wirklich in ihrer ganzen Wucht und Fürchterlichkeit an den Zuschauer. Er bleibt immer in einer gemäßigten Äquidistanz zum Geschehen, so dass wir uns zwar angemessen gruseln können, aber nie mit der wirklichen Realität dessen konfrontiert werden, die diese Gewalt, diese Kaltblütigkeit, dieser Sadismus bedeuten. Das nennt man Exploitation und genau damit hat man es hier zu tun: Ausbeutung in ihrer übelsten filmischen Form.

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