STURMFAHRT NACH ALASKA/THE WORLD IN HIS ARMS
Ein Hollywood-Film, der wie reine Propaganda für das aktuelle Regime in Washington wirkt - und dennoch Spaß macht...
Die Westküste der USA um 1850. Captain Jonathan Clark (Gregory Peck), von den Russen „der Boston-Mann“ genannt, kommt mit seinem Schiff und einer Ladung Seehundfelle nach San Francisco. Er und seine Männer, allen voran sein erster Offizier Deacon Greathouse (John McIntire), wollen den Fang und ihren Gewinn feiern. Zudem hat Clark große Pläne: Er gedenkt, den Russen Alaska abzukaufen und dem Staatsgebiet der USA einzuverleiben.
Doch schnell werden seine Pläne zunichte gemacht: Captain Manuel (Anthony Quinn), genannt „der Portugiese“, lässt kurzerhand Clarks Mannschaft entführen, hat er doch den lukrativen Auftrag, die Prinzessin Marina Selanovy (Ann Blyth) nach Alaska zu bringen. Sie ist auf der Flucht vor dem Prinzen Semyon (Carl Esmond), der sie zu ehelichen gedenkt. Die Gräfin hofft auf Schutz bei ihrem Onkel Ivan Vorashilov (Sig Ruman), welcher als russischer Gouverneur in Alaska dient.
Manuels Schiff ist unbemannt, weswegen er auf die seeerprobte Mannschaft Clarks zurückgreifen will. Doch der befreit seine Männer schnell und nach einer deftigen Rauferei finden sich alle im besten Hotel vor Ort ein, um zu feiern.
Nun bemüht sich die Entourage der Gräfin um Captain Clark, damit der den Auftrag, die Prinzessin in Sicherheit zu bringen, übernimmt. Clark will aber nicht. Er kann die Russen nicht leiden, adlige Russen erst recht nicht. So mischt sich die Gräfin unter die Feiergesellschaft, lernt den Kapitän kennen, gibt sich als Zofe der Gräfin aus und kann den Seebären nach und nach davon überzeugen, den Auftrag anzunehmen.
Die beiden begeben sich auf eine Reise durch die Nacht von San Francisco, sie verlieben sich ineinander und wollen heiraten. Doch am Morgen des Hochzeitstages entführt der mittlerweile mit einem Kanonenboot in der Stadt eingetroffene Graf Semyon Marina und bringt sie nach Alaska.
Clark fühlt sich von Marina getäuscht, als er erfährt, dass sie tatsächlich die Gräfin ist. Erst Manuel, der das Leben leichtnimmt und immer zu Späßen, Wetten und Streit aufgelegt ist, kann Clark wieder den Lebensmut zurückgeben. Die beiden lassen sich auf eine Wettfahrt nach Alaska ein, wer gewinnt, darf das Schiff des Gegners übernehmen.
Unterwegs zeigt Clark seinem Kontrahenten, wer der bessere, vor allem der mutigere und auch wagemutige Seemann ist und überholt Manuel, wobei er dessen Schiff zu rammen droht.
In Alaska kommt es zu erneuten Meinungsverschiedenheiten zwischen den Kapitänen, wodurch sie unaufmerksam werden und sich von Semyon und den russischen Soldaten festsetzen lassen.
Semyon will die Amerikaner hinrichten lassen, doch Marina willigt in eine Ehe mit ihm ein, wenn er Clark und die anderen gehen lässt. Der Graf erklärt sich einverstanden.
Doch Clark will nicht aufgeben, er kehrt um und mit der Hilfe von Deacon und der Crew, sowie der Unterstützung von Manuel und dessen Leuten gelingt es schließlich, die Prinzessin zu befreien. Marina kehrt mit Clark nach Amerika zurück.
Raoul Walsh´ THE WORLD IN HIS ARMS (1952) ist, mit den Maßstäben des 21. Jahrhunderts betrachtet, ein zutiefst reaktionärer, ein rassistischer, sexistischer und letztlich auch ein Film, der mitten im beginnenden Kalten Krieg antirussische Ressentiments verbreitet und bedient und im Grunde nicht mehr zumutbar ist. Mit dieser Betrachtungsweise lässt sich gerade anhand eines Films wie diesem – eine große, aufwendige Hollywood-Produktion mit Stars aus der A-Riege, in satten Farben gehalten, auf der Grundlage eines ambitionierten Drehbuchs entwickelt, mit viel Witz, Tempo und Action – durchdeklinieren, wie schwierig es ist, klassisches Hollywood noch zu genießen. Denn trotz all der oben genannten Schwächen muss man einfach gestehen, dass dies eben auch ein gelungener Abenteuerfilm ist, der Spaß macht und unterhält. Und zwar durch eben jene Qualitäten, die gerade aufgezählt wurden und.
Walsh hatte mit Gregory Peck ein Jahr zuvor bereits CAPTAIN HORATIO HORNBLOWER (1951) gedreht, auch das ein Seefahrerfilm, in dem Action und Abenteuer gekonnt mit einer zarten Romanze verbunden wurden, sodass der Film an den Kinokassen sehr erfolgreich war und ein Triumph für alle Beteiligten wurde. War Peck in der Rolle des britischen Seeoffiziers dazu angehalten, besonders edel und großmütig zu erscheinen – was ihm bekanntlich immer besonders gut lag – durfte er nun, in THE WORLD IN HIS ARMS, das genaue Gegenteil seines Rollenspektrums zeigen: Der von ihm gespielte Captain Jonathan Clark ist ein wahres Raubein, ein Seebär, wie er im Buche steht, ungehobelt, keiner Rauferei abgeneigt, trinkfest und vor allem seinen Männern und in einer seltsamen Hassliebe seinem Kumpel, dem von Anthony Quinn gegebenen Captain Manuel, verbunden. Lange bevor irgendwer in diesem, auf Deutsch als STURMFAHRT NACH ALASKA betitelten Werk wirklich in See sticht, dürfen die Zuschauer*innen nahezu eine Stunde lang die derben Späße dieser Männer und eine sich anbahnende Romanze zwischen dem Kapitän, der beschlossen hat, den Russen Alaska abzukaufen[1] und dafür erhebliche finanzielle Mittel aufbringen muss, und einer russischen Prinzessin, die sich auf der Flucht vor einer Vernunftehe befindet, verfolgen.
Der gesamte erste Teil des Films ist in San Francisco angesiedelt und die Produktion – die Universal war das ausführende Studio – scheute keine Kosten, die Stadt und die Gebäude, in denen die Handlung spielt – hauptsächlich ein vornehmes Hotel und kleine Kaschemmen in Chinatown und im Hafen – überzeugend aussehen zu lassen. Dekor und Ausstattung, die Kostüme und der Aufwand in den Massenszenen nehmen ein, auch ist der Film in den Nebenrollen, bspw. dem Concierge des Hotels, gut besetzt. Der zweite Teil erzählt dann von der den deutschen Titel inspirierenden Sturmfahrt und bietet mit einer aufwendig gefilmten und mit Rückprojektionen verwirklichten Wettfahrt zwischen Clark und Manuel, der immer wieder bemüht ist, nicht nur seinen Freund, sondern die ganze Welt übers Ohr zu hauen, ein wirklich atemberaubendes, auch heute noch packendes Stück Actionkino. Später wird davon erzählt, wie die Amerikaner tausende Seehunde töten, dies aber selbstredend besser (weil ökonomisch sinnvoller) als die Russen erledigen; davon, wie der Onkel der Prinzessin sie an den Statthalter des Zaren verheiraten will und hofft, seine finanziellen Engpässe damit zu kaschieren; und schließlich davon, wie es Clark und seinen Männern gelingt, die Prinzessin zu befreien und zu entkommen. Reiner Kintopp, spannend, rasant und unterhaltsam.
Und durchaus ideologisch eingefärbt, legt Borden Chase, der gemeinsam mit Horace McCoy für das Drehbuch verantwortlich war, Clark doch eine Menge Russland und die Russen diskreditierende und die amerikanische Demokratie lobende Sätze in den Mund, während er Deacon Greathouse, den von einem wie immer äußerst präsenten John McIntire gespielten ersten Offizier auf Clarks Schiff, nahezu ausschließlich in Bibelzitaten reden und diesen Seemann somit in all seiner rauen Schale gottesfürchtig wirken lässt. Geneigte Zuschauer*innen sollten nicht unterschätzen, dass solche Ressentiments und ideologische Anspielungen zufällig in ein Drehbuch wie dieses eingeflossen wären. Männer wie Walsh und Chase wussten sehr genau, was sie taten. Und sie wollten es auch genau so tun.
Walsh inszeniert das alles nicht viel anders, als er es in einem Western inszeniert hätte, doch wie der geneigte Freund des amerikanischen Unterhaltungsfilms ja weiß, ist es immer ein Western, wenn es ein guter Film ist. Und Walsh, da ist er über jeden Zweifel erhaben, war ein Könner des Western-Genres, aber auch und vor allem des Abenteuer-Films. Seine Filme – auch, wenn er durchaus im komödiantischen Fach reüssieren konnte – sind zumeist Männerfilme und der Regisseur scheute sich nie, eine zumindest sehr konservativ bis reaktionäre, eher altertümliche Ideologie des Männerbündlerischen zu vertreten. Die Kerle in seinen Filmen lassen sich nicht lange bitten und nehmen sich was sie wollen. Ein Schauspielre wie Anthony Quinn in seiner überbordenden Männlichkeit, mit seinem lauten Lachen und seiner Präsenz, war genau der richtige Darsteller für die Rollen, die Walsh schätzte. Recht früh im Film gibt es ein Armdrücken, bei dem Manuel gegen Clark um die Gunst der Prinzessin (die nicht gefragt wird, ob sie diese überhaupt zu vergeben habe) antritt, nicht ohne das Publikum – auf und vor der Leinwand – wissen zu lassen, dass Clark ihm nun schon fünfmal die Frau „weggenommen“ habe, diesmal gehöre das Weibsstück aber ihm!
Es sind Szenen wie diese, die moderne Betrachter*innen zucken lassen. Hinzu kommt der vollkommen unbeschwerte Umgang bspw. mit Minderheiten. Da gibt es einen im Film meist als „der Eingeborene“ bezeichneten Seemann von den Aleuten, dessen verbale Äußerungen sich auf „Wir gehen!“ und „Voran!“ beschränken, der auch ansonsten als recht beschränkt dargestellt wird, natürlich aber das Herz am rechten Fleck trägt. Und auch der unbekümmerte Umgang der Produktion mit einer Robbe, die den „Eingeborenen“ begleitet und auf Clarks Schiff als eine Art Maskottchen dient, dürfte nach heutigen Standards jedem Tierfreund Tränen in die Augen treiben. THE WORLD IN HIS ARMS – und der Originaltitel verdeutlicht das ja ebenfalls schon – zeigt eine Welt, in der Männer, solange sie tatkräftig und zupackend sind, alles erreichen können, in denen sich ihnen nichts in den Weg stellt und wenn, wird jede Hürde mit scheinbarer Leichtigkeit aus dem Weg geräumt.
Ein Film, der wie eine Propagandashow für einen Mann wie Donald Trump wirkt, benimmt sich der erneut ins Amt gewählte Präsident der Vereinigten Staaten doch exakt so, wie die Kerle in Walsh´ Film. Er sieht nur nicht so gut aus wie Gregory Peck. Auch dies ist ein interessanter Aspekt an einem Werk wie diesem: Konnte man diese Filme in den vergangenen 50 Jahren gelegentlich im fernsehen betrachten, war es immer möglich, sich zu distanzieren, das Spektakel zu genießen, die ideologischen Implikationen jedoch in den Hintergrund zu drücken und eben „einer anderen Zeit“ zuzuschreiben. Betrachtet man diesen Film aber mit dem im Jahr 2025 aktuellen Hintergrund, wird einem angst und bange, muss man doch gegenwärtigen, dass die dem Ganzen zugrundeliegende Ideologie nie weg war, sich nicht viel geändert hat. Es verschieben sich nur die Grenzen. Männer wie Trump oder sein „Berater“ Elon Musk wollen den Weltraum erobern und sich auf der Welt nehmen, was ihnen beliebt: Panama, Kanada, Grönland – egal, wenn´s gefällt, nehmen wir es uns.
Und dennoch…Walsh war halt ein wahrer Könner. Zuhause in nahezu allen Genres, die Hollywood zu bieten hatte, – darin Howard Hawks nicht unähnlich – entwickelte er eine eigene Handschrift und wurde einer der besten und wesentlichsten Regisseure der klassischen Hollywood-Ära. Er verstand es, einem Film wie diesem Tempo und Rasanz zu verleihen, genügend komische Elemente einzubauen und zugleich das Bedürfnis des männlichen Teils seines Publikums nach Action zu bedienen, wie das des weiblichen Teils danach, dass die Liebe nicht zu kurz kommt – so zumindest deutete man in den 50er Jahren und davor die Bedürfnisse des Publikums – sodass das Endprodukt eigentlich nicht funktionieren kann und dann aber eben doch nahezu perfekt funktioniert. Walsh war, wie bereits erwähnt, ein Männer-Regisseur und Ann Blyth hat in der Rolle der Prinzessin auch nicht wirklich viel zu tun außer gut auszusehen, aber doch wusste er, wie man Frauen in Szene setzt und sie auf der Leinwand zum Glänzen bringt. Das Ergebnis war häufig Hochglanzkino mit Star-Power, das seinen Zweck – kommerziell wie künstlerisch, indem es unterhielt – perfekt erfüllte. Und auch das sieht man diesem Film eben sehr genau an.
Man kann diese Art von Kino nun in Bausch und Bogen verdammen, sich davon lossagen und so tun als sei man ein besserer Mensch. Man kann aber auch ehrlich genug sein und zugeben, dass diese Art von Filmen die meisten von uns einmal begeistert haben – und dies in ihrer modernen, dann eben postmodern-ironisch gebrochenen Spielart wie in den ausgesprochen beliebten PIRATES OF THE CARIBBEAN-Filmen (seit 2003) auch immer noch tun. THE WOLRD IN HIS ARMS ist ein Paradebeispiel des gewieften, manipulativen, aufgemotzten und zutiefst ideologisierten Hollywood-Films der 50er Jahre. Er versteht es, das Publikum zu packen, zum Lachen zu bringen, mit den Hauptfiguren mitfiebern zu lassen und ihm ganz nebenbei eine Haltung hinsichtlich der Russen unterzujubeln, die diese als rückständig, überheblich und letztlich dumm verkaufen, gänzlich ungeachtet der Tatsache, dass die Russen im Film zur Zeit des Zaren lebten und die, mit denen man es aktuell zu tun hatte, Teil der Sowjetunion waren und damit weit davon entfernt, Aristokraten zu sein und die Amerikaner als demokratischen Pöbel zu verachten.
So oder so – es scheint eine neue Zeit angebrochen zu sein. Das alte, das „goldene“ Zeitalter der Traumfabrik liegt lange zurück, Filme und das Filmemachen haben sich verändert, die alten Werke sind vielleicht nur noch Liebhabern zugänglich. Liebhabern, die zu unterscheiden wissen zwischen dem spezifischen Glanz dieser Filme, dem, was sie so außergewöhnlich machte, und ihrem ideologischen Gehalt. Von Letzterem kann man sich durchaus frei machen und dennoch genießen, dass Hollywood uns jahrzehntelang mit Träumen, Abenteuern und der Magie dieser zwei Stunden im Licht der Projektoren versorgt hat.
[1] Eine historische Tatsache, die sich aber erst ca. 15 Jahre nach den Begebenheiten, von denen der Film erzählt, verwirklichen ließ.