DIE LETZTEN BEISSEN DIE HUNDE/THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT

Michael Ciminos Langfilm-Debut zeigt ihn bereits auf der Höhe seines Könnens

Irgendwo im Westen: John Doherty, genannt „Thunderbolt“ (Clint Eastwood) verdingt sich als Prediger. Er versteckt sich vor Red Leary (George Kennedy) und Eddie Goody (Geoffrey Lewis), ehemaligen Mitstreitern bei einem großen Bankraub, nach dem er die Beute versteckt hatte, was ihm seine Häscher jedoch nicht glauben.

Als John erneut von ihnen aufgestöbert wird und mitten aus einer Predigt fliehen muß, gelingt ihm die Flucht, indem er zu einem jungen Kerl ins Auto springt, der zufällig vorbeikommt und aus Versehen die Verfolger überfährt. Der Junge heißt Lightfoot (Jeff Bridges), ein Hallodri, der in den Tag hineinlebt, immer gute Laune hat und es sich gut gehen lässt.

Obwohl John sich zunächst sträubt, freunden sich die beiden an und Lightfoot erfährt von dem Raub auf die Montana Armed. John erklärt ihm auch, wo er die Beute versteckt hatte: Hinter der Tafel in einem uralten Schulgebäude in einem winzig kleinen Kaff. Die beiden beschließen, hinzufahren und die Beute zu holen. Verfolgt werden sie dabei von Leary und Goody, der bei diesem Duo eine untergeordnete Rolle spielt, den Fahrer geben muß und in einem fort von dem brutalen Leary gedemütigt wird.

In der Kleinstadt angekommen, stellen John Doherty und Lightfoot fest, daß es die Schule nicht mehr gibt. Sie wurde durch einen modernen Neubau ersetzt. Es kommt zu einer Auseinandersetzung mit Leary, doch schließlich begreift dieser, daß nicht nur er um seinen Anteil an der Beute betrogen wurde, sondern sie alle. Frustriert verlassen die Vier die Kleinstadt.

Unterwegs schlägt Lightfoot vor, den Coup von damals, der hohe Wellen geschlagen hatte, einfach erneut durchzuführen. Leary, der den Jungen nicht leiden kann und ihm fortwährend Prügel und Schlimmeres androht, nur von John in seiner Wut gebremst, hält die Idee für nicht umsetzbar. Doch John und schließlich  auch Goody stimmen Lightfoot zu, daß gerade die Annahme, einen solchen Raubzug kein zweites Mal durchziehen zu können, zumal an selber Stelle, sie schützen könnte.

Das Quartett bechließt, es zu versuchen. Doch brauchen sie allerhand Material, um den Coup vorzubereiten und durchzuführen. Um dieses zu erlangen, nehmen sie „normale“ Jobs an, um die erforderliche Summe anzusparen. Während Lightfoot auf dem Bau arbeitet, verdingen sich Leary und Goody als Eisverkäufer.

Während der Vorbereitung und Planung des Überfalls bekommen sich Leary und Lightfoot immer wieder in die Wolle, wobei Lightfoot einfach im Überschwang Sprüche klopft, die er für lustig hält, die Leary aber reizen. Wiederholt droht er dem Jüngeren an, ihn sich nach dem Raub vorzunehmen. John stellt sich zwischen die beiden. Anders als Goody, scheint Leary John zu achten, mindestens zollt er ihm Respekt. John erzählt, Leary habe ihm „im Krieg“ einst sogar das Leben gerettet. Dies stellt sich später, als Lightfoot sich mit Goody unterhält, jedoch als falsch heraus. Tatsächlich war es genau anders herum – John Doherty hatte Red Leary das Leben gerettet. Die beiden waren einmal Freunde.

Schließlich haben die Vier alles beisammen, was sie brauchen: Ein Fluchtfahrzeug, Zünder für Bombenattrappen, eine Kanone, mit der sie den Tresorraum der Bank aufsprengen können usw. Sowohl die Alarmzeiten, als auch die Wege, die sie zurückzulegen haben und die verschiedenen Möglichkeiten, wie sie in die Räume einbrechen können, sind ausgespäht. Sie haben beschlossen, den Direktor der Montana Armed in dessen Haus zu übefallen und von ihm die Zahlenkombination der erste Sicherheitstür zu erpressen, die sie sonst nicht überwinden könnten. Leary erweist sich bei diesem Vorgang schon als unberechenbar und brutal.

Der eigentliche Raub gelingt, jeder erfüllt seine Aufgabe. Sie haben beschlossen, nach dem Überfall in einem Autokino die erste Aufregung abzuwarten und dann in Ruhe zu verschwinden, wenn mit keinen Straßensperren mehr zu rechnen ist. Doch die Kassiererin wird aufmerksam, als sie aus dem Kofferraum des Fluchtwagens ein Niesen hört – Leary konnte nicht an sich halten. John gelingt es in einer rasanten Flucht, den Streifenwagen der Polizei zunächst zu entkommen. Doch bei der Verfolgung schießen die Polizisten auf den Wagen und treffen den ebenfalls im Kofferraum versteckten Goody. Diesen schmeißt Leary kaltblütig aus dem Wagen auf die Straße, wo er stirbt.

Als die verbliebenen Drei anhalten, eskaliert die Situation. Leary, der immer noch bewaffnet ist, hält Thunderbolt und Lightfoot in Schach, schlägt John nieder und prügelt dann Lightfoot mit äußerster Brutalität zusammen. Er rächt sich für dessen Sprüche und Anspielungen, für die Leary den Jüngeren immer mehr gehasst hatte.

Leary nimmt die Beute und den Fluchtwagen und lässt John und Lightfoot zurück. Allerdings kommt er nicht weit, weil er erneut in eine Verfolgung mit der Polizei gerät, wobei er angeschossen wird. Er lenkt den Wagen unkontrolliert in die Schaufensterscheibe eines Kaufhauses, steigt aus und wird von einem Dobermann angegriffen, der hier nachts Wache hält. Leary überlebt diesen Angriff nicht.

John und Lightfoot können derweil entkommen. Sie schleppen sich querfeldein durch die Wildnis, wobei Lightfoot immer auffälligere Symptome zeigt – ihm ist schwindlig, er sieht doppelt und er fühlt sich zusehends schwächer. Schließlich gelangen sie an einen Highway. Auf der anderen Straßenseite steht – neu aufgerichtet – die Schule, in der Thunderbolt einst die Beute aus dem ersten Raubzug versteckt hatte. Die beiden nehmen die Tafel ab und wirklich finden sie das Geld.

Lightfoot will sich ausruhen, mittlerweile hat er auch Lähmungserscheinungen. Doherty besorgt derweil einen neuen Wagen. Er holt seinen Freund mit einem weißen Cadillac ab. Gemeinsam brausen sie den Highway entlang. Lightfoot erklärt, er fühle sich nicht wie ein Dieb, sondern wie ein Held. Dann stirbt er. Der entsetzte und traurige John „Thunderbolt“ Doherty fährt mit seinem toten Freund weiter.

Bevor er mit THE DEER HUNTER (1978) eine wesentlichen Beitrag zum Subgenre des damals noch jungen Vietnam-Kriegsfilms leistete und bevor er dann mit dem viel zu spät die gebührende Anerkennung findenden Meisterwerk HEAVEN`S GATE (1980) im Alleingang die Produktionsfirma United Artists ruinierte, lieferte Michael Cimino mit THUNDERBOLT AND  LIGHTFOOT (1974) einen kleinen, heute fast vergessenen Film ab, der sowohl die Merkmale des damals in seiner Blüte stehenden ‚New Hollywood Cinema‘ aufwies, als auch jene eines astreinen Heist-Movies. Clint Eastwood und der damals noch sehr junge Jeff Bridges tragen eine oft melancholisch anmutende Krimi-Komödie, die von einem Raub erzählt, der unter aberwitzigen Vorzeichen stattfindet und in ein brutales Fiasko mündet.

Cimino, der, darin einem europäischen Auteur nicht unähnlich, das Drehbuch für seinen Film selbst verfasste, bewies, daß man mit den Prämissen des ‚New Hollywood‘-Kinos – zeitgenössische Geschichten in möglichst authentischem Setting; oft on location gedreht; ein soziales Bewusstsein der gegenwärtigen Situation Amerikas; Abkehr von Hollywood-typischen Heldengeschichten mit voraussehbarem Happy-End u.ä. – durchaus auch im Genre-Film reüssieren konnte, wenn man bereit war, dieses gegen den Strich zu bürsten oder seine Geschichte zumindest unkonventionell zu erzählen. Er hatte erkannt, daß es nicht reicht, eine herkömmliche Geschichte einfach nur mit flotten Sprüchen aufzumotzen, sondern daß es mehr brauchte, um ein Stück wie seines zeitgenössisch zu erzählen – unterhaltsam, attraktiv und dennoch ohne Hollywood-Schnickschnack und mit der nötigen Härte. So bringt er mit den beiden Titelfiguren – dem coolen Eastwood als John Doherty, genannt“‚Thunderbolt“, einem mit allen Wassern gewaschenen Räuber und Dieb, und Bridges als leicht neurotischen, sich seiner Jugend erfreuenden Lightfoot – zwei Protagonisten zusammen, die zunächst wenig gemein zu haben scheinen, die aber gerade deshalb eine zunächst auch ihnen nicht erkennbare Freundschaft verbindet. Doch erst die Verbindung mit dem Pärchen Red Leary und Eddie Goody, gespielt von George Kennedy und Geoffrey Lewis, bietet eine Blaupause, einen Hintergrund, vor dem die außergewöhnliche Beziehung der beiden sich entfalten kann.

Cimino würzt seine Dialoge mit allerlei Kraftausdrücken und Sprüchen, die den Zuschauer durchweg in dem Gefühl wiegen, es mit einer Komödie zu tun zu haben, doch lässt der Regisseur wenig Zweifel daran, daß hinter den markigen Worten und zotigen Anspielungen, hinter der Neckerei und offenen Anfeindungen etwas zutage tritt, daß, wenn es sich entlädt, tödlich sein kann. Kennedys Red Leary entpuppt sich als ein zu allem entschlossenen, äußerst brutaler Gangster, der vor kaum einer Gemeinheit zurückschreckt. Daß Leary und Thunderbolt zudem einst Freunde waren, der eine dem andern sogar das Leben gerettet hat, und sie und auch Goody durch einen früheren Raubzug, der schief gelaufen ist, auf dramatische Weise miteinander verbandelt sind, gibt dem Film ein gewisses Spektrum, Tiefe und macht seine Konfliktlinien interessant. So gelingt es Autor und Regisseur Cimino, einen schmalen Grat zu halten, ohne abzustürzen. THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT unterhält, zweifelsohne, auf oft komische Art und dennoch bleibt eine gewisse unterschwellige Bedrohlichkeit immer erhalten. Das Verhältnis der vier Männer zueinander, ein Umeinander-Kreisen der drei früheren Kompagnons, die nun um den unbeschwerten Lightfoot – der Name verrät im Grunde alles über den jugendlichen Hallodri, den Bridges mit einer gewissen Naivität ausstattet, die gelegentlich anmutet, als  hätte man es hier nicht nur mit einem Leichtfuß, sondern auch einem geistigen Leichtgewicht zu tun, eine Eigenschaft, die dann doch immer wieder durch Lightfoots Handeln konterkariert wird – ergänzt werden, Beziehungen, die nicht durchschaubar sind, Protagonisten, deren eigentlichen Ziele und Pläne immer undurchschaubar bleiben, machen den Trip der Vier zwar unterhaltsam und spannend, man ahnt aber auch, daß das geplante Unterfangen irgendwann zu einem Drama ausarten kann – und wird.

Cimino gelingt es bei aller Ausführlichkeit, mit der er die Vorbereitungen auf den Raubzug zeigt, hervorragend, seine Subthemen auszuarbeiten: Freundschaft in verschiedenen Facetten und mehr noch den Unterschied eines gereiften Mannes zu einem noch jugendlichen Kerl, dem die Welt offen zu stehen scheint. Eastwoods Thunderbolt verhehlt nicht, daß er zu Altern beginnt, daß er seine „großen Zeiten“ bereits hinter sich hat. Durch das Auftauchen Learys erhält er auch eine Geschichte, über die er – da all den anderen Eastwood-Figuren nicht unähnlich – nur ungern sprechen mag. Cimino doppelt und kontrastiert die Entwicklungen zwischen Thunderbolt und Lightfoot, die trotz des Altersunterschieds und der gelegentlich väterlich anmutenden Zuneigung, die der Ältere dem Jüngeren entgegenbringt, eine gleichberechtigte zu sein scheint, mit dem Herr-und-Hund-Verhältnis, welches die Beziehung zwischen Leary und Goody ausmacht. Natürlich sorgt Learys dauernde Demütigung seines Kumpels für Lacher, natürlich charakterisiert sie ihn als den brutalen Kerl, der er ist, doch darüber hinaus verdeutlicht sie auch einen anderen Aspekt, den Cimino offenbar herausarbeiten will: Leary, der Thunderbolt hasst, weil er sich von ihm verraten fühlt, aber auch unterlegen, ist ein durch und durch faschistoider Charakter, autoritär und gewalttätig.

Damit passt er perfekt in das Bild, daß viele Filme des ‚New Hollywood‘ Mitte der 70er Jahre von der amerikanischen Gesellschaft zeichneten. Leary verachtet Goody und benutzt ihn, Lightfoot, der ihn durchgehend auf den Arm nimmt und foppt, nimmt er zwar nicht ernst, doch zugleich ärgern und verletzen ihn die Sprüche des Jüngeren, die oft genug ins Mark treffen und Leary bloßstellen. Ein Typ wie er gehört im Grunde in eine andere Zeit. Daß seine früheste Verbindung zu Thundebolt aus „dem Krieg“, der nie spezifiziert wird, aber wohl jenen in Korea meint, herrührt, verdeutlicht dies umso mehr. Es ist ein Charakter, der Befehl und Gehorsam folgt und Thunderbolt ist im Quartett der einzige, dem er so etwas wie Hochachtung entgegenbringt, den er ernst nimmt und den er als auf Augenhöhe befindlich betrachtet. Thunderbolt ist aber auch derjenige, den er von Anfang an umbringen will. Lightfoots Art, Leary ununterbrochen auf den Arm zu nehmen, fordert diesen hingegen dauernd heraus. Leary droht dem Jungen und prügelt ihn schließlich derart zusammen, daß Lightfoot schließlich seinen inneren Verletzungen, die er infolge der Schlägerei erlitten hat, erliegt. Es ist, wie Cimino es zeigt, ein geradezu lustvoller Akt, der schier nicht enden will, und bringt auf ebenso drastische wie eindrucksvolle Art und Weise die Wut des Älteren auf die jüngere, scheinbar unbeschwerte Generation zum Ausdruck.

Cimino thematisiert hier also letztlich genau jenen Konflikt, der die späten 60er und die frühen 70er Jahre in Amerika beherrscht hatte – den Generationenkonflikt. Zwischen Leary als Vertreter des alten, reaktionären und autoritären Amerika und seinem Adlatus Goody, der als Mitläufer und Erfüllungsgehilfe dient, und Lightfoot, der Mitte der 70er Jahre einer jungen Generation angehört, die nicht mehr ganz so idealistisch und progressiv daherkommt, wie es noch die Hippies und Studenten der späten 60er gewesen waren, eher hedonistisch und individuell, steht Eastwoods Thunderbolt. Sein hervorragendes Aussehen lässt ihn durchaus noch jugendlich wirken, sein Reden allerdings weist ihn als Älteren aus, wenn er Lightfoot gegenüber bspw. anmerkt, daß dieser mit seinen Freundschaftsavancen zehn Jahre zu spät komme.

Cimino baut unversehens diesen Generationenkonflikt in seine Räuberpistole ein und erweitert sie dadurch auf ungeahnte Weise. So sehr er sein Quartett auch in durchaus komödiantische Situationen bringt – u.a. indem sie alle „normale“ Jobs auf dem Bau oder als Eisverkäufer annehmen, damit sie das nötige Geld verdienen, um ihren Coup finanzieren zu können und zumindest Goody dabei die  Vorzüge eines geregelten Lebens auch zu genießen beginnt – versteht er es eben auch, einen bissigen Kommentar abzugeben auf eine Gesellschaft, in der das Verbrechen mittlerweile als etwas vollkommen normales anzusehen ist. Keiner der Vier hat Gewissensbisse, sie alle sehen sich im Recht bei dem, was sie tun und nicht umsonst sagt Lightfoot, bevor er stirbt, zu Thunderbolt, er fühle sich gar nicht wie ein Dieb, eher wie ein Held. Eine Gesellschaft, die einen verbrecherischen Krieg in Südostasien führt, die sich einen Präsidenten leistet, der Gesetze, Recht und Ordnung verachtet und mit Füßen tritt, so vermittelt Cimino unterschwellig, kann schwerlich als ehrlich und vertrauensvoll betrachtet werden. Eine solche Gesellschaft hat jedwede moralische Orientierung verloren und kann also auch incht urteilen, was falsch oder richtig sei. Wie viele Filme des ‚New Hollywood‘ nutzt auch Michael Cimino das Verbrechen als Allegorie, um die Verderbtheit zu markieren, die diese Gesellschaft befallen hat. Indem er aber auch Learys Gewalttätigkeit und Brutalität deutlich ausstellt und zeigt – zunächst in seinen geknurrten Befehlen und Halbsätzen, schließlich auch in seinem Handeln – gibt er den Film nie der Lächerlichkeit preis, bzw. lässt ihn nie zur Farce werden. Im Gegenteil – Die Gewalt, wenn sie dann signifikant wird, wirkt geradezu folgerichtig. Nicht das Motto, Verbrechen zahle sich nicht aus, steht als Leitmotiv über all dem, sondern die Tatsache, daß eine Gesellschaft, die selbstverschuldet derart in Schräglage gerät, keinen Halt mehr bietet und wir uns nicht wundern dürfen, wenn einige meinen, daraus Profit schlagen zu dürfen – ohne Rücksicht auf Verluste.

THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT ist ein Heist-Movie, es wurde bereits erwähnt. Ausführlich widmet sich die Handlung der Vorbereitung und der schließlichen Ausführung des Raubs, auch wenn die Nutzung einer schweren Kanone, um den Tresorraum zu öffnen, die ganze Raffinesse, die zunächst in die Vorbereitung gesteckt wurde, konterkariert. Cimino macht sich also auch ein wenig über das Genre lustig. Darüber hinaus ist dies aber auch Buddie- und vor allem ein Road-Movie. Dieses Genre gab es 1974 noch nicht lange und Regisseure wie Cimino ergründeten die Möglichkeiten, die es barg. Dem Western verwandt, spiegelt die Fahrt auf den Highways natürlich das Land wider, doch entspricht der Trip, die Tour, die Reise natürlich auch der inneren Entwicklung der Protagonisten und spiegelt diese ebenso wider. Die Annäherung zwischen Thunderbolt und Lightfoot, die entstehende Freundschaft über Generationsgrenzen hinweg, die in gewisser Weise das eigentliche Thema des Films ist, aber auch die Vergeblichkeit von Freundschaft und Vertrauen, die das traurige Ende des Films anzudeuten scheint, entsprechen vollkommen den Anforderungen des Road-Movies. Gedreht in Montana, fängt Frank Stanleys Kamera großartige Bilder dieser weiten und monumentalen Landschaft ein, bildet ein Land ab, das bei allen gesellschaftlichen Verwerfungen immer noch wunderschön ist. Wie der Western, kontrastiert also auch das Road-Movie innere und äußere Befindlichkeiten und drückt eine Traurigkeit darüber aus, daß in diesem wunderbaren Land Gewalt und Verrat an der Tagesordnung sind. Dee Bartons Musik unterlegt die Bilder und damit die Stimmung des Films mit einem manchmal fröhlich anmutenden, meist jedoch melancholischen Soundtrack, geschult an Country- und Folkmusik. Auch dadurch wird die Grundstimmung, der Ton des Films gesetzt.

In einigen Themen und auch in der Herangehensweise an sein Sujet ist THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT einem anderen, früheren Beitrag zum ‚New Hollywood Cinema‘ nicht unähnlich: Arthur Penns BONNIE AND CLYDE (1967). Auch das ein Gangsterfilm, der – eher ungewöhnlich – den ländlichen Raum dem großstädtischen Milieu vorzieht, der eine Freundesgruppe, wenn auch geschlechterübergreifend, zeigt, die von inneren Konflikten und Spannungen beherrscht wird, und der durchaus komödiantische Momente aufweist, jedoch durch und durch dramatisch ist. Cimino erzählt seine Geschichte etwas abgedimmter, low key sozusagen, seine Protagonisten kommen abgefeimter daher, machohafter, es werden mehr miese Sprüche rausgehauen und sicherlich ist die Analyse, die Arthur Penn in seinem Film vorlegt, psychologisch genauer als Ciminos, dennoch treffen sich beide Filme auf verschiedenen Ebenen – der der Freundschaft und ihrer Bedingungen einerseits, der gesellschaftlichen andererseits. Die gesellschaftliche Analyse ist bei Penn ähnlich, wenn auch in einem anderen historischen Kontext verortet, überfiel das Gangsterpärchen doch in den 1930er Jahren, während der „Großen Depression“ Banken. Auch in Penns Film sieht man junge Leute, die sich nehmen, was sie wollen, weil die Gesellschaft ihre Versprechen nicht mehr halten kann und will.

Beide – BONNIE AND CLYDE als ein früher Vertreter des ‚New Hollywood‘, THUNDERBOLT AND LIGHTFOOT als einer der Hoch- und beginnenden Spätphase dieser Ära des amerikanischen Kinos – beweisen, daß die Prämissen dieses sich als Kunstform ebenso wie als Unterhaltung begreifenden Zweigs durchaus dafür taugen, Genregeschichten zu erzählen.

Michael Cimino hatte mit seinem Debutfilm großen Erfolg, der sicherlich ganz wesentlich auch seinem Hauptdarsteller Clint Eastwood geschuldet war. Eastwood stand in seiner Blüte, spätestens seit DIRTY HARRY (1971) war er auch in den U.S.A. zu einem Superstar aufgestiegen und sein Name barg großes Potential. Doch Cimino war eben auch ein außergewöhnlicher Film gelungen, der es verstand, komisch und spannend zugleich zu sein und dennoch die gesamte Spieldauer hindurch einen melancholischen Grundton anzuschlagen, der Mitte der 70er Jahre durchaus einen Nerv traf. Für den Regisseur war es das Ticket, an die wirklich großen Budgets zu gelangen und Themen anzugehen, die ihn wahrscheinlich stärker interessiert und umgetrieben haben. So legte er mit diesem dreckigen Gangsterfilm ein kleines Meisterwerk vor, mit den beiden folgenden Werken hingegen schuf er große Meisterwerke, die ihren Platz in der Filmgeschichte gefunden haben, wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise. Daß man es mit einem außergewöhnlichen Regie-Talent zu tun hatte, konnte man aber anhand seines Erstlings deutlich spüren.

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