HELLRAISER II – HELLBOUND/HELLBOUND: HELLRAISER II
Der Nachfolger des bahnbrechenden britischen Horrorfilms muß sich nicht hinter dem Original verstecken
Einst wurde der britische Offizier Elliot Spencer (Doug Bradley), der ein ausgeprägtes Interesse am Okkulten hatte, durch einen Zauberwürfel in einen Zenobiten verwandelt, der als Pinhead eine Unterwelt – vielleicht die Hölle – bewohnt, in der Lust und Schmerz ineinander übergehen.
In der Gegenwart erwacht Kirsty Cotton (Ashley Laurence) in einer psychiatrischen Klinik. Sie hat einen Angriff der Zenobiten überlebt, die durch die Machenschaften ihres lange verschollenen Onkels Frank (Sean Chapman) auf die Erde geholt worden waren. Frank, der sich mit dem Blut Lebender wieder zu einem menschlichen Wesen machen wollte, tötete im Laufe der Ereignisse nicht nur Kirstys Vater, sondern auch dessen Gattin Julia (Clare Higgins), die ein Verhältnis mit Frank hatte und ihm half, seine Opfer zu finden.
Dr. Channard (Kenneth Cranham), der Leiter der Psychiatrie, und sein Assistent Kyle McRae (William Hope) behandeln Kirsty, schenken ihren Erzählungen jedoch wenig Glauben. Kirsty fleht die Ärzte an, die Matratze, auf der Julia einst starb, zu vernichten.
Dr. Channard, der seinerseits ein Faible für das Okkulte hat und einige der mysteriösen Zauberwürfel, derer es offenbar mehrere gibt, zu seiner Sammlung zählt, lässt die Matratze in sein Haus bringen. Er möchte mit ihrer Hilfe in die fremden Welten vorstoßen, die der Würfel offenbart.
Da er aus Kirstys Erzählungen weiß, daß Blut das Elixier ist, mit dem die Toten erweckt werden, bringt er einen seiner Patienten in sein Haus, legt ihn auf die Matratze und lässt ihn sich mit einer Rasierklinge selbst fürchterliche Schnittverletzungen zufügen. Julia, gleichsam in der Matratze gefangen, wird durch das einsickernde Blut zum Leben erweckt, bricht hervor und bemächtigt sich des Sterbenden. So kehrt sie in die Welt zurück, braucht aber, wie einst Frank, Blut und immer mehr Blut, um sich zu regenerieren. Dr. McRae, der sich heimlich in Channards Haus geschlichen hatte, beobachtet die Geschehnisse und kann fliehen.
In der Klinik macht Kirsty die Bekanntschaft von Tiffany (Imogen Boorman), einem jungen Mädchen, das ein nicht endendes obsessives Interesse an Puzzeln aller Art zeigt.
Eines Nachts erscheint Kirstys Vater dieser im Traum und bittet sie um Hilfe, er sei in der Hölle und nur sie könne ihn befreien.
Während Kirsty noch versucht, die verstörenden Bilder zu ordnen, kommt Dr. McRae zurück in die Klinik und berichtet ihr, was er in Dr. Channards Haus beobachtet hat. Er glaubt ihr nun. Gemeinsam beschließen die beiden, ins Haus zurück zu kehren und sich eines der dort aufbewahrten Würfel zu bemächtigen.
Dr. Channard hat Julia derweil etliche Opfer – darunter einige junge Frauen – zugeführt. Julia ist mittlerweile wieder voll regeneriert. Als Kirsty und McRae ins Haus eindringen, kann sie die beiden deshalb zunächst verwirren. McRae stirbt unter Julias Attacke, Kirsty wird bewußtlos geschlagen.
Dr. Channard und Julia entführen Tiffany, der sie zutrauen, den Würfel so zu manipulieren, daß sie in Pinheads Welt eindringen können. Dies gelingt und so geraten sie in eine labyrinthische Welt, voller geheimer Gänge und Ruinen, in die Kirsty, die nun selbst einen der Würfel in ihren Besitz gebracht hat, ihnen folgt.
Julia hat Dr. Channard allerdings hintergangen. Sie überlässt ihn der Unterwelt, in deren Mitte ein riesiger dem Würfel gleichender Gegenstand thront und ein düsteres schwarzes Licht verströmt. Channard wird in eine Folterkammer gesperrt und langsam und qualvoll in einen Zenobiten verwandelt.
Kirsty ist derweil auf ihrem Weg durch diese labyrinthische Welt Frank begegnet, der ihr gesteht, sie getäuscht und sich als ihr Vater ausgegeben zu haben. Bevor Frank Kirsty etwas antun kann, taucht jedoch Julia auf, deren vordringliches Ziel es war, Rache zu nehmen. Sie tötet Frank, wird dann jedoch selbst in einem sich plötzlichen Wirbel fortgerissen, nur ihre abgestreifte Haut bleibt zurück.
Kirsty und Tiffany finden sich in dem Labyrinth und wollen fliehen, als sie von dem nun vollständig zu einem Zenobiten verwandelten Dr. Channard angegriffen werden. Sie entkommen und begegnen Pinhead und den anderen Zenobiten. Pinhead erklärt, die beiden könnten sich so lange umschauen, wie sie wollten, denn ihre Qualen würden noch viel, viel länger dauern. Kirsty zeigt ihm ein Bild von Elliot Spencer, wodurch sich Pinhead seines einstigen humanen Wesens erinnert.
Dr. Channard in seiner zenobitischen Form taucht auf und greift sowohl die Mädchen als auch die Zenobiten an. Die stellen sich ihm, werden aber, da er offenbar über weitaus größere Kräfte verfügt als diese, von ihm getötet.
Nun stecken Kirsty und Tiffany in der Falle. Kirsty streift sich Julias blutige Haut über und irritiert den Neu-Zenobiten damit solange, bis es Tiffany gelingt, durch den Würfel die Pforte in die Gegenwart zu finden. Dr. Channard wird getötet und Kirsty und Tiffany können zurück in die Welt entkommen.
Dr. Channards Haus wird leergeräumt. Zwei Möbelpacker sind damit beschäftigt, Gegenstände hinaus zu tragen. Einer findet die Matratze auf dem Dachboden und wird in sie hineingezogen, während sein Kollege vor Grauen erstarrt zuschaut…
Als 1987 HELLRAISER (1987) erschien, war dies für viele Aficionados des Horrorgenres ein Glücksfall. Die Regie hatte nach seinen eigenen Ideen und seinem eigenen Drehbuch der Autor Clive Barker übernommen, der durch seine BOOKS OF BLOOD (ab 1984 veröffentlicht) bereits einigen Ruhm hatte einheimsen können. Der Brite Barker galt schnell als europäischer Gegenentwurf zu Stephen King, der einen unglaublichen Erfolg mit seinen im Kern doch recht häufig ähnlich aufgebauten Americana-Horrorstorys verbuchen konnte und im Grunde die 80er Jahre im Genre nicht nur schriftstellerisch beherrschte, sondern auch oftmals die Leinwände okkupierte, da seine Werke eine ganze Flut von Verfilmungen auslösten. Im Kino hatten die 80er zudem einen zunehmenden Zug zu Horrorkomödien erlebt. Neben der Splatterabteilung meist italienischer Provenienz gab es zudem noch die Endlosreihen um Serienmörder wie Jason Vorhees, Michael Myers oder den Dämon Freddy Krüger, der Teenager bevorzugt in deren Träumen heimsuchte, um sie dann sehr reell zu meucheln.
HELLRAISER wartete ebenfalls mit Dämonen auf. Die Zenobiten um den mit Nägeln bestückten Pinhead erklärt an entscheidender Stelle allerdings, daß dies nur Zuschreibungen seien – für die einen Dämonen, für andere Engel, sind diese Kreaturen vor allem Meister und Sendboten des Schmerzes. Allerdings ist Schmerz nicht gleich Schmerz, sondern er kann voller Lust genossen werden und stellt in dieser Form Einverständnis mit und Hochamt des Bösen dar. Wobei in Pinheads Logik auch „das Böse“ nur eine Frage des Standpunkts ist, eine Zuschreibung. Für das Publikum waren sowohl die Zenobiten in ihrer surreal-grotesken Aufmachung, als auch die Geschichte um heimliche Liebe, Verrat und Illoyalität eine Offenbarung. Als erwachsen wurde der Film tituliert, führte er in seiner Ernsthaftigkeit und der kompromißlosen Härte die er zumindest momentweise bot, doch eindeutig weg von dem, was Hollywood zum Thema Horror zu sagen hatte. Zwar gibt es auch hier eine junge Frau, dem Teenageralter ihrer amerikanischen Verwandten nur eben so entwachsen, doch fokussiert die Story lange auf das Verhältnis von Julia, der Stiefmutter der jungen Kristy, und ihrem Vater Larry. Mit dessen Bruder Frank nämlich hatte besagte Julia ein Verhältnis, bis dieser verschwand. Nun ist er wieder aufgetaucht – in Form eines nicht näher identifizierbaren Fleisch- und Blutklumpens auf dem Dachboden von Larrys Elternhaus, das die beiden soeben neu bezogen haben. Und Frank will Menschenopfer, deren Blut er trinken kann, um (s)einen eigenen Körper Stück für Stück wieder herzustellen. Denn Frank, ein Abenteurer und Gefahrensucher, hatte sich einst mittels eines Zauberwürfels auf die dunkle Seite des Daseins begeben, wurde ein Opfer eben jener Zenobiten und ist denen sozusagen aus dem Jenseits – oder der von ihnen beherrschten Dimension – entwischt.
Zwar ist die Story etwas wirr und die Protagonisten benehmen sich – wie allzu oft in Horrorfilmen – mehrfach nicht gerade vernünftig in Anbetracht von Bedrohungen, die sie nicht einmal verstehen, doch ist das Grundmotiv des Films ein nachvollziehbares: Liebe und ihre manchmal verschlungenen Wege, die auch keine Moral kennen. Ein durchaus erwachsenes Sujet, weil es hier zwar auch um Sex geht, aber eben nicht um jene jugendlich-juvenil verklemmte Art und Weise, wie sie in amerikanischen Teenager-Klamotten verhackstückt wurde, sondern eher um eine fast verzweifelte Art von Sex, der den Protagonisten dazu dient, aus bestehenden und beengenden Verhältnissen, aus einem langweiligen, drögen Dasein und Alltag auszubrechen und Zuflucht in Begehren und Leidenschaft zu finden. Auch wenn diese im Kontext des Films deutlich als gefährlich und in gewissem Sinne verwerflich denunziert wird und Barker damit eine der ungeschriebenen Regeln des 80er-Jahre-Horrorfilms erfüllt: Sex und Begehren werden bestraft. Allerdings ahnt Julia eben nicht, daß Frank längst eine höhere Stufe der Lust erreicht hat. Die Bestrafung, die für außerehelichen Sex, für blindes Begehren droht, ist ihm zugleich Belohnung.
So wird Barkers Film, der auch auf der Bildebene eine ganz eigene Sprache und einen eigenen Stil entwickelt, auf eine fast bedrohliche Art doppeldeutig, ambivalent. Denn auch, wenn die Zenobiten deutlich als bedrohlich gezeichnet werden, sind sie doch in ihrer Absurdität so fremd, daß man beginnt, ihnen zuzuhören und zu folgen. Man spürt schnell, daß hier Wesen sprechen, die Dimensionen des Schreckens kennen, die sich der durchschnittliche Zuschauer nicht einmal vorstellen kann. In ihrem Erscheinungsbild waren sie Mitte/Ende der 80er Jahre wirklich neu und besonders. Vielleicht hatte es seit Gigers Entwurf für die Kreatur des ALIEN (1979) keine so fremdartigen, bizarren und damit auch ebenso faszinierende wie beeindruckende Wesen mehr auf der Leinwand gegeben. Und natürlich spricht der Film nicht nur durch sie eine dunkle Seite des Zuschauers an, spielt mit Ideen, Vorstellungen und (Alb)Träumen, die die meisten von uns lieber tief in sich verstecken und verschließen, führen sie doch in Grenzbereiche, die zu entdecken der Mensch nicht immer – oder meist gar nicht – geeignet ist. Grenzbereiche, in denen moralische Regeln und zivilisatorische Standards nicht unbedingt etwas bedeuten.
Barker, den man durchaus als postmodernen Autoren bezeichnen kann, weiß natürlich um all jene theoretischen Aspekte des Horrorfilms – eben daß er immer etwas in uns anspricht, das wir zu verdrängen suchen – und spielt auf eine manchmal plakative, manchmal aber auch hintergründige Art und Weise mit ihnen. Er kombiniert eine religiöse Ebene mit einer psychoanalytischen, greift auf Märchenrelikte – der Zauberwürfel – und uralte Topoi der Schreckensliteratur – im Kern bedient sich Frank eines vampirischen Verfahrens, um sich zu regenerieren – zurück und konfrontiert sein Publikum mit Schockmomenten, die dem Film in Deutschland die vorauszusehenden Probleme mit der FSK einbrachten. Die Bilder wirken „dreckig“ und „grobporig“, der Film zeigt ein London jenseits aller touristischen Sehenswürdigkeiten, ein abgerissenes London voller Brachen und abbruchreifer Häuser. Die Innenwelt des viktorianischen Hauses, in das Larry und Julia zu Beginn des Films ziehen, ist ebenso abweisend. Fast leere Räume, verdreckte Tapeten ohne Bilder oder irgendeine Zier und ein leerer Dachboden, auf dem scheinbar nichts gedeihen kann – außer das Böse. Tauchen die Zenobiten auf, geht damit einher das Geräusch klirrender Ketten und wir sehen eine Art Todesmühle sich drehen, ausgestattet mit Haken und Ösen und behängt mit allerlei Fleischfetzen, Körperteilen und anderem, nicht zu Identifizierendem. Barker wählt eine Endzeitästhetik, die die Atmosphäre des Films zutiefst prägt und seine Ausweglosigkeit immerzu betont. Unterstützt wird diese Atmosphäre durch einen sehr dramatischen Soundtrack, für den Christopher Young verantwortlich zeichnete.
HELLRAISER war, vor allem gemessen an seinen eher geringen Kosten, ein enormer Erfolg und so ist es kein Wunder, daß die Produktionsfirma einen schnellen Nachfolger wünschte. Barkers Film erlitt letztlich das Schicksal, das allen erfolgreichen Horrorfilmen seit den 70er Jahren widerfuhr (nimmt man es genau, erging es schon Frankenstein und Dracula in ihren Universal-Inkarnationen der 30er Jahre so) – er ging in Serie. Der direkte Nachfolger, weitestgehend mit derselben Crew und derselben Darstellerriege, so die Charaktere den ersten Teil denn überlebt hatten, gedreht, kam nur ein Jahr nach der Premiere von HELLRAISER in die Kinos und fingierte unter dem Titel HELLBOUND: HELLRAISER II (1988). Barker hatte das Drehbuch (mit)geschrieben, die Regie jedoch gab er an Tony Randel ab, der damit sein Debut als Regisseur feierte. Erneut stand Robin Vidgeon an der Kamera, Richard Marden war für den Schnitt verantwortlich, die Musik stammte erneut von Christopher Young, der sie hier noch ein wenig mehr ins Dramatische steigerte.
HELLBOUND: HELLRAISER II ist, wenn man die eher schmalbrüstige Geschichte zweiter Teile betrachtet, eine der stärksten Fortsetzungen, die ein Erfolgsfilm überhaupt je bekam. Es mag daran gelegen haben, daß das Team schlicht einfach weitermachte, wo es aufgehört hatte, vielleicht daran, daß Barker bereits eine genaue Vorstellung davon hatte, wo er mit der Story um die Zenobiten hinwollte – so oder so ist kaum ein Bruch zu spüren zwischen dem ersten und dem zweiten Teil. Es könnten zwei zusammenhängende Akte sein, wobei der zweite Teil allerdings die Effekte und das Spektakel bietet, auf das der erste Teil (noch) weitestgehend verzichtet. Wurden die Schocks dort eher spärlich, dafür aber umso effektiver genutzt, geht Teil zwei aufs Ganze. Der Film ähnelt einer Geisterbahn – allerdings im positiven Sinne des Wortes. Die Tricks sind aus heutiger Sicht sicherlich nicht mehr aktuell, teils wurde hier noch die Stop-Motion-Technik verwendet, doch selbst heute befremden sie und entfalten ihre Wirkung. Sie konfrontieren den Zuschauer mit einer teils grotesken Ästhetik, ja einer Schönheit des Grausamen, die man vielleicht eher einem Film von Alejandro Jodorowsky zuordnen würde. Da bricht aus einer blutgetränkten Matratze ein Wesen hervor – es ist die totgeglaubte Julia – und umklammert einen ahnungslosen Mann; Kristy und das scheinbar stumme Mädchen Tiffany, das eine seltsame, nie näher erläuterte Affinität zu dem Zauberwürfel entwickelt, werden in eine Unterwelt gezogen, die auf der Leinwand atemberaubend ist. Einem Labyrinth gleich balancieren die beiden auf den endlos hohen Mauern einer unüberschaubaren urbanen Anlage, in deren Mitte(?) ein seltsames Objekt sich kreisend dreht und ein dunkles, schwarzes Licht (?) ausstrahlt, das nichts Gutes verheißt. Tiffanys Arzt, der offensichtlich mit dem Okkulten vertraut ist, hat er doch gar eine kleine Sammlung besagter Zauberwürfel, durchläuft eine erstaunliche und sehr schmerzhafte Metamorphose, die ihn immerhin in ein Wesen verwandelt, das den Zenobiten gleicht.
All diese Momente und die Bilder, mit denen sie den Betrachter bedrängen, sind von einer grausigen Schönheit und kalter Konsequenz. Blut, Schmerz, der Tod – hier bekommen all jene Topoi des Grauens, wie man sie bisher kannte, eine neue Konnotation, werden gegen den Strich gebürstet. Zwar wollen Kristy und Tiffany dem Grauen entkommen, doch bedienen sie sich dafür auch durchaus ekelerregender Methoden, so zum Beispiel, wenn Kristy sich die Haut ihrer Stiefmutter überzieht und dadurch Tiffany retten kann. Und selbst solche kruden Mittel und Methoden sind im Kontext des Films noch von einer eigenen, seltsamen Ästhetik. Ein Reigen des Schmerzes, ein Reigen der Lust. Unendliche Qual, unendliche Pein, unendliche Wonnen.
Einige Aspekte des ersten Teils werden aufgegriffen und neu justiert. So spielte Teil eins bereits mit dem Serienmördermotiv, in Teil zwei wird dieses expliziter ausgeführt. Julia setzte ihre „weiblichen Reize“ ein, um Frischfleisch für Frank zu besorgen, was für die Auserwählten, die auf ein Schäferstündchen am Nachmittag gehofft hatten, blutig auf dem bereits erwähnten Dachboden endete. Im zweiten Teil ist es Dr. Channard, Tiffanys Arzt, der diese Serienkiller-Rolle einnimmt. Er entspricht dem „wahnsinnigen Wissenschaftler“, der aus vermeintlich wissenschaftlicher Neugier zu den grausigsten Dingen fähig ist. Auch dies ein Topos des Schreckensgenres mindestens seit Mary Shelleys FRANKENSTEIN (erstmals erschienen 1818). Die Ergebnisse seines Schaffens stellt dieser Teil aber weitaus drastischer dar, als dies in Teil eins der Fall war. Wir werden Zeugen einer ganzen Galerie bereits ausgesaugter Opfer, in extremen Nahaufnahmen werde uns immer wieder Bilder geboten, die wie Schnipsel wirken und oft Objekte präsentieren, die wir in der Kürze nicht identifizieren können, die aber allesamt Ekel auslösen, können wir doch schon erkennen, daß da Maden durch aufgerissenes Fleisch kriechen und wir immer wieder Details von Verletzungen, Zerstörungen und Foltern erblicken. Auch Teil eins hatte, um die Atmosphäre zu unterstützen, mit Bildern gearbeitet, die nicht zwingend in die Handlung passten – bestes Beispiel ist ein Infusionsbeutel, in welchen Blut einschießt, bis er platzt – aber verstörten. Teil zwei nutzt dieses Mittel ebenfalls, bietet aber auch in den splattrigen Szenen – Dr. Channards Metamorphose bspw. – oft grausige Detailaufnahmen zerschnittener Haut, zerrissenen Fleisches oder zerplatzender Augen etc. HELLBOUND: HELLRAISER II könnte durchaus dem Body Horror zugeordnet werden, also jenem Subgenre, das immer wieder die Verwandlung des Körpers durch innere und äußere Einflüsse schildert und u.a. von David Cronenberg (der sich allerdings immer dagegen verwahrte, hier eingeordnet zu werden) mit Filmen wie THE FLY (1986) – einem weiteren „erwachsenen“ Horrorfilm der 80er Jahre – bedient wurde.
Dennoch stellt sich die Frage, ob man es hier wirklich mit einem reinen Horrorfilm zu tun hat oder nicht doch eher mit einem Zwitterwesen aus Horror und Fantasy. Wenn Kirsty und Tiffany in die Gewölbe abtauchen, die sich hinter Mauern auftun, sobald jemand den Würfel nur richtig zu behandeln weiß, dann entspricht dies vielleicht noch klassischen Horrorfilm-Motiven. Doch was ihnen dort widerfährt hat durchaus Fantasy-Charakter. Es ist eine andere Welt, vielleicht die Hölle, vielleicht ein Ort hinter allen Vorstellungen, wo Lust, Schmerz und Macht zu einem Konglomerat verschmelzen, das die Erde, die Menschheit nicht verkraften kann. Ein Ort, der jedwede moralische und ethnische Vorstellung, jedes Wertesystem, wie der Mensch es sich auferlegt hat, zurückweist zugunsten einer neuen, nie gesehenen Metaphysik. Sexualität wird hier grundlegend mit Schmerz konnotiert und führt an den Marterpfählen der Zenobiten in ungeahnte Bereiche menschlichen Empfindens.
Beide Teile spielen mit Versatzstücken von S/M-Motiven, beide Teile nehmen ernst, was sie dem Zuschauer präsentieren. HELLRAISER ist bis hier hin recht humorlos, es sei denn, man kann Pinheads oft von tiefer Lust an der Angst anderer geäußerten Hinweisen eine gewisse humoristische Seite abgewinnen. Ende der 80er Jahre wurde damit eine Dekade beschlossen, die einerseits vom Punk und dessen No-Future-Ideologie geprägt war, zugleich aber auch in breiteren gesellschaftlichen Kreisen durchaus als apokalyptisches Zeitalter wahrgenommen wurde. Es war ein Tanz auf dem Vulkan, immer unter dem Menetekel der atomaren Bedrohung. Diesem Gefühl gaben die beiden ersten HELLRAISER-Filme noch einmal Ausdruck. Sie bemühten sich in ihrer abstrusen und umso eindringlicheren Logik sogar darum, diesem Tanz auf dem Vulkan, dem Hedonismus, der sich durch ein immer zu erwartendes Ende ausbreitete, eine lustvolle Seite abzugewinnen. Und das gelingt ihnen auf eine seltsam hintergründige und zugleich plakative Art und Weise.
Natürlich sind beide Teile der Reihe auch voller Konzessionen an ein Massenpublikum, was ein wenig schade ist. Natürlich lässt Barker seine jugendlichen Heldinnen überleben und dem Labyrinth entkommen, schickt Pinhead und die seinen – wie zum Ende des ersten Teils – schließlich zur Hölle und klappt den Zauberwürfel – selbst ein Relikt der 80er Jahre, das hier aufgegriffen, transformiert und in gewisser Weise sogar persifliert wird – wieder zu. Bis auf Wiedervorlage.
Die gab es dann vier Jahre später mit HELLRAISER III (1992). Obwohl auch dieser Teil noch durchaus Spannung bot und die Geschichte zumindest ansatzweise fortzuführen verstand, sieht man ihm die grundlegend neuen Produktionsbedingungen an. Die Rechte an der Reihe waren mittlerweile an die amerikanische Produktionsfirma Fifth Avenue Entertainment übergegangen und der Film wurde von dem damals aufstrebenden Studio Miramax vertrieben, weshalb der Film nun in New York angesiedelt war. Damit fiel das zurückhaltende Englische der ersten beiden Teile weg und die Serie glich sich herkömmlichen Horrorfilm-Reihen an.
Doch sowohl HELLRAISER als auch HELLBOUND: HELLRAISER II bleiben in ihrer ganz eigenen Ästhetik Meilensteine des Genres, vor allem der europäischen Spielart des Horrorfilms. Sie sind in gewisser Weise Solitäre – oder, zieht man sie zusammen zu einem langen Film – ein Solitär, der sehr einsam aus der Massenware jener Jahre hervorsticht und immer noch überzeugen kann.