ALIEN – DAS UNHEIMLICHE WESEN AUS EINER FREMDEN WELT/ALIEN

Ridley Scott drehte 1979 einen zeitlosen Klassiker - der überraschende Schwachstellen aufweist

Der Bordcomputer der Nostromo, ein Raumfrachter, der Eisenerz zur Erde befördert, ändert eigenhändig die Zielkoordinaten. Die Crew, die den Flug im Kälteschlaf verbringt, wird geweckt. Während Captain Coblenz (Tom Skerritt) das vermeintliche Notsignal, welches die Kursänderung durch den „Mutter“ genannten Zentralrechner ausgelöst hat, zu entschlüsseln versucht, beschweren sich die Bordmechaniker Sam Brett (Harry Dean Stanton) und Dennis Parker (Yapphet Koto) darüber, daß sie nicht gleichberechtigt an den Erlösen der Fracht beteiligt würden, die die Nostromo transportiert. Alltag an Bord. Die Crew scherzt und nimmt sich gegenseitig auf den Arm.

Mit Hilfe von Ash (Ian Holm), der auch für den Rechner zuständige Offiziert, können Coblenz und die Offizierin Ellen Ripley (Sigorney Weaver) die Herkunft des Signals ausmachen.

Coblenz, Gilbert Kane (John Hurt) und Joan Lambert (Veronica Cartwright) landen mit einem kleinen Beischiff der Nostromo auf dem Planeten, wo sie in der kargen und sturmumtosten Landschaft ein abgestürztes Raumschiff finden. Sie dringen in das Schiff ein, welches aus seltsam organisch wirkenden Gängen und teils riesigen Hallen besteht. Sie entdecken das Skelett eines fremdartigen Wesens und Kane später ein weites Feld, in dem an Stalagmiten erinnernde Gebilde lagern. Als Kane sich nähert, beginnt eins der Gebilde zu pulsieren, es öffnet sich und ein spinnenartiges Wesen saugt sich an Kanes Helm fest.

Als die drei zur Nostromo zurückkehren, das fremde Wesen hat sich mittlerweile durch Kanes Helmsicht gefressen und sitzt auf seinem Gesicht, verweigert Ripley den Einlaß. Sie will die Quarantäneregeln einhalten und keinen fremdartigen Organismus an Bord lassen. Doch Ash widersetzt sich ihrer Anweisung und öffnet die Schleuse.

Coblenz fordert, daß Kane sofort versorgt werden müsse, doch lässt sich das Wesen nicht von seinem Gesicht entfernen, viel mehr sondert es, als Ash es mit einem Skalpell verletzt, eine säureartige Substanz ab, die sich quer durch das Schiff frisst und vor keinem Material, auch nicht vor Stahl, Halt macht. Bevor sie die Außenhaut des Schiffes verletzen kann, wird die Substanz zähflüssig und gerinnt.

Kane bleibt zunächst unter der Obhut von Ash sich selbst überlassen. Doch nach einigen Stunden entdeckt die Crew, daß das Spinnenwesen sich von seinem Gesicht entfernt hat. Kane erwacht und verspürt Heißhunger. Während des Essens bekommt er erst einen fürchterlichen Hustenanfall, dann bebt sein Körper und schließlich explodiert seine Brust. Ein wurmähnliches Wesen bricht hervor. Es faucht die Crewmitglieder an und verschwindet dann in den Untiefen des Schiffes. Kane stirbt.

Die Besatzungsmitglieder machen sich in verschiedenene Gruppen auf die Suche nach dem Alien. Brett und Parker finden eine abgestreifte Haut – offenbar durchläuft das Wesen weitere Metamorphosen. Die beiden folgen, begleitet von Lambert, Geräuschen in den Frachthallen des Schiffes. Doch als Verursacher entpuppt sich Jones, die Katze, die als Maskottchen mit an Bord ist. Brett soll sie einfangen, während die anderen weiter nach dem Alien suchen.

Brett dringt immer tiefer in die Gänge des Schiffes vor und ruft dabei nach der Katze. Als er diese schließlich findet, hat sie sich hinter einigen Rohren verkrochen. Sie beobachtet faszineirt etwas, das sich Brett nähert. Als er sich dessen gewahr wird und sich umdreht, traut er seinen Augen kaum: Ein riesiges, schwarzglänzendes Wesen steht vor ihm, gekrönt von einem langgezogenen Kopf, dessen Maul mit etlichen Zähnen bestückt ist. Aus diesem fährt ein zweites, kleineres Maul hervor und durchbohrt Brett.

Die Crew, die erneut in der Kommandozentrale zusammengekommen ist, fragt sich, wie groß das Alien werden könnte. Da man allgemein der Ansicht ist, daß es sich durch die Belüftungsrohre bewegen könnte, beschließt Coblenz, mit einem Flammenwerfer in das Labyrinth einzudringen und es auszuräuchern. Die anderen beobachten ihn mit einem Bewegungsmelder und sollen ihm mitteilen, wo das Wesen sich im Verhältnis zu ihm befindet. Doch die Belüftungsrohre entpuppen sich als tödliche Falle. Coblenz fällt dem Wesen ebenfalls zum Opfer.

Ripley, die nun der ranghöchste Offizier an Bord ist, beschuldigt Ash, den offiziellen Wissenschaftsoffizier, sich nicht wirklich mit der Bedrohung zu befassen. Alle seine Handlungen seien darauf ausgerichtet gewesen, das Wesen an Bord zu bringen und es dort zu schützen. Ripley befragt den Zentralrechner und erfährt, daß die Muttergesellschaft, der Weyland-Yutani-Konzern, der die Nostromo betreibt, die Landung auf dem fremden Planeten von vornherein geplant hatte. Ripley erfährt auch, daß Ash einen geheimen Sonderbefehl erhalten hat, das Alien einzufangen und zur Erde zu bringen. Es soll als Waffengattung gezüchtet werden. Die Besatzung der Nostromo, so ergibt der Befehl, sei „entbehrlich“.

Ash greift Ripley an, die er als Bedrohung seiner Mission ausgemacht hat. Parker und Lambert können verhindern, daß Ash Ripley tötet. Bei dem Kampf stellt sich heraus, daß Ash kein menschliches Wesen, sondern ein Androide ist. Obwohl körperlich zerstört, kann er dennoch weiterhin aktiviert werden. Er bestätigt den Sonderbefehl und teilt den verdutzten Kollegen mit, wie sehr er den fremdartigen Organsimus für dessen Präzision, Widerstandsfähigkeit und Überlebens-, sowie dessen Anpassungsfähigkeit bewundere. Das Alien sei ein perfektes Wesen. Ripley deaktiviert den Androiden.

Ripley, Parker und Lambert beschließen, die Nostromo aufzugeben und mit dem Rettungsschiff zur Erde zurück zu kehren. Die dafür nötigen Mittel wollen sie schnell zusammen suchen. Während Ripley das Rettungsschiff vorbereitet und Jones, die Katze, einpackt, treffen Parker und Lambert auf das Alien und werden beide getötet.

Ripley aktiviert nun den Selbstzerstörungsmechanismus der Nostromo und flieht mit letzter Kraft in das Rettungsschiff. Kurz bevor das Mutterschiff in einer nuklearen Explosion zerbirst, setzt sie sich ab.

Sie bereitet alles vor, um sich erneut in einen Kälteschlaf versetzen zu lassen, um Richtung Erde zu fliegen – immer in der Hoffnung, daß ein Rettungsschiff sie findet. Als sie gerade letzte Vorbereitungen trifft, entfaltet sich das Alien, daß sich zwischen den Armaturen und Steuerungselementen versteckt hatte, und greift sie an. Ripley zieht sich leise einen Raumanzug an und öffnet die Außenschleuse. Durch die Dekompression wird das Alien in den Weltraum geschleudert, kann sich aber außen am Schiff festklammern. Ripley betätigt die Antriebswerke und verbrennt ihren Widersacher. Dann steigt sie in die Schlafkapsel und treibt ins All hinaus.

Über Klassiker zu schreiben ist immer schwierig, sind sie doch zumeist tausendfach besprochen, durchleuchtet, gelobt und besungen worden. Ridley Scotts ALIEN (1979) ist ein solcher Klassiker des modernen – oder post-modernen? – Horror- und Science-Fiction-Films.

Bei seinem Erscheinen war der Film auf vielerlei Ebenen wahrlich neu. Vor allem führte er ein Wesen in das Pantheon der Kino-Monster ein, wie es dies zuvor noch nicht gegeben hatte. Der Schweizer Künstler H.R. Giger hatte es ebenso für den Film entworfen, wie er auch für das Design eines großen Teils der Kulissen und des Settings verantwortlich zeichnete. Nie zuvor hatte man ein Raumschiff von innen gesehen, das nahezu organisch wirkte, bei dem man niemals sicher sein konnte, ob man sich noch in einem technischen Raum oder schon im Innern einer fremden Lebensform befand. Die ersten 25 Minuten des Films, in dem die Crew einem Notsignal folgend das Innere eines fremden Raumschiffs erforscht, bieten dem Zuschauer Bilder einer fürchterlichen Ästhetik, einer Ästhetik der Furcht. Giger, der in seinen Bildern bereits seit Längerem an sogenannten Bio-Mechanics arbeitete – Wesen, die teils organisch, teils mechanisch/technisch anmuteten – entwickelte hierfür unter anderem das gigantische Skelett eines offenbar mit einem Kommandosessel verwachsenen Wesens, er entwickelte die Gänge und Fluchten, durch die die Eindringlinge sich vorarbeiten, sowie die Eier, die das Besatzungsmitglied Kane hier findet und aus denen ihn ein spinnenartiges Wesen anspringt und sich an seinem Helm festsaugt. Für den Zuschauer des Jahres 1979 waren sowohl dieses Setting, als auch die Organismen, die hier auftauchten, die Realistik, die sie ausstrahlten, vollkommen fremd. Erschreckend fremd.

Doch Scott zeigte darüber hinaus auch Szenen, die so im Mainstream-Kino noch nicht zu sehen gewesen waren. Giger hatte sein fremdartiges Wesen als Insektoid angelegt hatte, das sich Wirtskörper sucht und diverse Metamorphosen durchläuft, bevor es sein im Film immer nur kurz und so gut wie nie im Ganzen sichtbares Endstadium erreicht. So drehte der Regisseur unter anderem eine Szene für seinen Film, in der dem Schauspieler John Hurt ein schlangenartiges Gebilde aus der Brust hervorbricht und sich dann von dannen macht, um in den Laderäumen und Untiefen des Raumtransporters Nostromo heranzuwachsen und die Jagd auf die siebenköpfige Besatzung des Schiffes zu eröffnen. Scott zeigte die Wirkung, die das Wesen in seinem frühen Stadium auf einen Wirtskörper hat, in aller Drastik – ALIEN brachte den Splatter in den Mainstreamfilm. Auch ein Wesen in diesem Stadium des Alien hatte man so noch nicht auf der Leinwand gesehen. Steven Spielberg hatte in CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (1977) zwar fremdartige, doch humanoid wirkende Aliens auf die Menschheit treffen lassen, die sich dann auch als recht liebenswerte Wesen entpuppten. Gigers Alien war vollkommen fremdartig und verströmte eine absolut bösartige Kälte. Und es schien nie zu enden – wann immer man glaubt, es könne nur schwerlich noch ekelerregender und aggressiver werden, taucht es in einer weiteren Stufe seiner Verwandlung auf. Mit diesem Wesen ist weder Kommunikation möglich, noch kann man es ohne Weiteres töten. In seiner bösartigen Fremdheit könnte es einem Bild von Hieronymus Bosch, könnte es direkt der Hölle entsprungen sein.

Was ALIEN sowohl filmhistorisch als auch kulturell fast revolutionär wirken ließ, war die Tatsache, daß hier erstmals eine Frau die Heldin war und schließlich auch als einzige die Attacken des Alien überlebt. Sigourney Weaver, die Ripley spielt, war bis dahin in wenigen Filmen in kleineren Rollen aufgetreten und hat auch in Scotts Film zunächst nicht unbedingt die Hauptrolle. Captain Coblenz und der sich später als Android entpuppende Ash sind die führenden Figuren. Auch die Mechaniker an Bord treten bei den Gesprächen zu Tisch, mit denen die Handlung beginnt, nachdem die Crew aus ihrem Tiefschlaf erwacht ist, selbstbewußt hervor. Sie verlangen einen höheren Anteil am Gewinn der Erzladung, die die Nostromo zur Erde befördert. Es entsteht eine Art Arbeitskampf, der an sich schon ungewöhnlich für einen Sci-Fi-Film ist. Doch Ripley tritt zusehends in den Vordergrund, sobald die Situation eskaliert. Sie ist diejenige, die kühlen Kopf behält, sie ist diejenige, die den Mitgliedern der Crew, die das  fremde Schiff erkundet haben, zunächst den Zugang zur Nostromo verweigert und auf die Einhaltung der Quarantäneregeln besteht, sie ist diejenige, die schneller als die andern begreift, mit welch immenser Bedrohung man es zu tun hat – und schließlich ist sie diejenige, die dem Alien wirklich Paroli bieten und es besiegen kann, bevor sie mit der Rettungskapsel des Mutterschiffs ins All hinaus steuert, in der Hoffnung, gefunden zu werden.

Dabei zeigt Scott sie nicht als Actionheldin, die einfach von männlich auf weiblich gewendet wurde. Ripley zeigt Gefühle, auch Angst, sie ist kein Superheld, sondern ein Mensch, sie wird mit einer völlig unübersichtlichen Situation konfrontiert und scheint dabei als einzige wirklich rational vorzugehen, ihren Verstand zu gebrauchen. Die Art, wie die anderen Crew-Mitglieder der tödlichen Bedrohung entweder naiv oder aber mit übertreiben heroischem Gebaren in die Falle tappen und dabei ihr Leben verlieren, entlarvt männliches Verhalten durchaus als unklug, als vom Testosteron getrieben, als wenig rational. Diese Wendung der Handlung war mindestens so neu, wie Gigers Wesen. Am Ende des „roten Jahrzehnts“, in welchem nicht nur die Bürgerrechtsbewegung Erfolge erzielt hatte, sondern auch Schwule, Lesben und nicht zuletzt die Frauenbewegung mit ihren deutlich emanzipatorischen Ansätzen, bescherte Ridley Scott mit ALIEN dem Kino eine selbstständige Heldin, die nie, nicht einmal am Ende des Films, wenn sie, sich in Sicherheit wiegend, ihre Kleider ablegt, um sich in die Schlafkoje zu begeben, sexualisiert wird. Anders, als bspw. Jane Fondas Barbarella im gleichnamigen Film von 1968, der damals ebenfalls als emanzipatorisch wahrgenommen wurde und doch nur ein Pin-Up-Girl präsentierte, ist Ripley nicht einmal sonderlich attraktiv. Weaver ist keine klassische Leinwand-Schönheit, ihre Attraktivität liegt tiefer und wurde in späteren Filmen auch durchaus ausgestellt, doch wirkt sie auf den ersten Blick herb und auch hart. Da die beiden weiblichen Crew-Mitglieder in ALIEN vollkommen gleichberechtigt sind, die sexuell aufgeladenen Anspielungen auch selbstbewusst zu kontern verstehen, und genau die gleichen Anzüge tragen, wie ihre männlichen Kollegen, sind sie lediglich durch ihre Frisuren (wobei Alexandra Lange als Joan Lambert eine eher pragmatische Kurzhaarfrisur trägt), die Stimmen und die nicht sehr ausgeprägte weibliche Physiognomie als Frauen zu erkennen. Es ist der Verdienst von ALIEN, dem Kino eine Heldin präsentiert zu haben, die ausschließlich durch ihren Verstand besticht und niemals durch ihre Weiblichkeit irgendeine Art von Erfolg erzielt. Allerdings könnte man das Alien, wie der Film es darstellt, sowieso nicht becircen.

Dennoch ist auch ALIEN durchaus ein sexuell konnotierter Film, nur geht das Sexuelle, die Sexualisierung, nicht von Ripley oder anderen Crewmitgliedern aus, sondern ist symbolisch im Film selbst angelegt. Phallisch ragen die beiden Brücken des Schiffes, das anfangs betreten wird, in den stürmischen Himmel über dem fremden Planeten; die Zugänge zum Schiff muten wie die Form einer Vagina an und nicht umsonst findet die Crew hier die Eier, deren Brut wiederum ihren Samen in den Mund von Kane pumpt. Ebenfalls phallisch mutet der langgezogene Kopf des Alien in seiner glänzenden Glätte an und erst recht jenes zweite Maul, das aus dem Schlund des Wesens herausfährt und die Opfer – auf tödliche Art – penetriert. Ash, das einzige Wesen an Bord, das bar aller sexuellen Merkmale ist (außer, daß er von Ian Holm, also einem Mann, gespielt wird), lässt den fremden Organismus in das Mutterschiff – dessen Zentralrechner auch genau so genannt wird: Mutter – gewaltsam ein, was, gekoppelt an Ripleys Warnungen und Einwände, einer symbolischen Vergewaltigung gleichkommt. Sexualität wird in ALIEN also mit Gefahr konnotiert, wenn nicht gar mit dem Tod selbst. Eros und Thanatos kommen hier in einer Engführung zusammen, wie es viele Horrorfilme seit Anbeginn des Genres immer wieder gezeigt haben. Das lässt mögliche Rückschlüsse auf Ripleys herbes und bewusst ent-sexualisiertes Erscheinungsbild zu. Die Professionalität, die auch und gerade von ihr ausgeht, droht, sich im Chaos zu verlieren, welches mit der entfesselten (symbolischen) Sexualität einhergeht. Scott bietet einen weiten Interpretationsspielraum und lässt die Frage offen, welche Haltung er oder sein Film zu dieser Thematik einnehmen. Sinnlichkeit, wie ALIEN sie demonstriert, geht eben nur mit der oben erwähnten fürchterlichen Ästhetik einher. Menschliche Emotion, menschliche Regungen oder Triebe sind hier scheinbar fehl am Platz.

Nach dem enormen Erfolg, den George Lucas mit STAR WARS (1976) gehabt hatte und ebenso mit Spielbergs bereits erwähnten CLOSE ENCOUNTERS… war jene Spielart der Science-Fiction, die auf Weltraumabenteuer setzte, Raumschiffe präsentierte und ferne Welten zu erforschen vorgab, endgültig im Kinderzimmer angekommen. Im Grunde waren dies Verfilmungen, die ihren Comiccharakter kaum mehr verbargen und das Genre, das zuvor als durchaus zeit-, kultur- und gesellschaftskritisch hervorstach, auf Action und reine Unterhaltung reduzierte. Ridley Scott bewies mit ALIEN, daß es auch anders geht. ALIEN ist ein erwachsener Film, dessen Konfliktlinien – neben der symbolischen Abhandlung sexueller Aggression und  von der Auseinandersetzung mit dem fremden Wesen einmal abgesehen – erwachsene Themen behandeln – Arbeitskampf, Emanzipation, ökonomische Ausbeutung, sowie, symbolisiert in dem Androiden Ash, die Frage der künstlichen Intelligenz. Ash ist derjenige, der keinen Schlaf braucht, dessen Verstand rein funktional und damit hyper-rational aufgebaut ist, er kann die gesamte Besatzung opfern, um den fremden Organismus zur Erde zu bringen, wo die Muttergesellschaft, der die Nostromo gehört, eine neue Waffengattung daraus generieren will. So behandelt ALIEN indirekt sogar die Frage nach militärischer und ziviler Nutzung organischer Strukturen. Darüber hinaus macht aber auch Ash eine der wenigen sinnlichen Äußerungen. Als er bereits zerstört ist, gesteht er Ripley und den noch lebenden Mitgliedern der Besatzung, daß er das Alien für dessen kalte Funktionalität, seine Resistenz in absolut lebensfeindlicher Umgebung, für seine Anpassungsfähigkeit und Überlebensstrategien bewundere. Seine Worte wirken wie eine Liebeserklärung an einen Organismus, der dem Menschen ähnlich fremd ist, wie der Androide selbst.

Scotts Inszenierung grenzt sich maximal von der nervösen Hektik in Lucas´ Film und erst recht von Spielbergs Sentimentalität ab. Eher erinnert sie vor allem im ersten Drittel des Films an jene ruhige und bedächtige Herangehensweise, die Stanley Kubrick für 2001: A SPACE ODYSSEY (1968) gewählt hatte. Wie dort sieht man auch in ALIEN das Mutterschiff immer wieder ruhig seine Bahn durchs All ziehen, wie in Kubricks Jahrhundertfilm ist auch die Nostromo realistisch entworfen. Es ist ein Frachtschiff, das zwar riesig daherkommt, aber von einer kleinen Crew bedient wird. Man sieht deutlich die Funktionen der Laderäume etc. Ohne daß der Film allzu viel erklärt, versteht der Zuschauer, daß im Jahr 2122, in welchem die Geschichte spielt, Raumfahrt längst ein ebenso herkömmliches und ökonomisch genutztes Transportmittel ist, wie es heutzutage Auto, Bahn und Flugzeug sind. Was der Besatzung der Nostromo widerfährt, ist die Ausnahme in ihrem Alltag und als solche der absolute Horror. Diese Menschen sind weder Sternenkrieger, noch sind sie auf eine Konfrontation mit fremdem Leben überhaupt vorbereitet. Daß die Welt, die ein Schiff wie die Nostromo quer durchs Sonnensystem schickt, nicht sonderlich anders funktioniert, als die uns bekannte, wird in jenem Sonderbefehl verdeutlicht, der nur Ash bekannt ist und der auch beinhaltet, daß die Crew „entbehrlich“ sei. Hier opfert ein anonymer Konzern Mitarbeiter, um an etwas zu gelangen, das Profit verspricht. Und findet ihren Handlanger in einer Maschine.

Umso erstaunlicher, daß Scotts Inszenierung ab jenem Moment, da das Alien voll ausgewachsen im Schiff sein Unwesen treibt, eher konventionell wird. Das Prinzip, das der Handlung dann zugrunde liegt, ist das eines Abzählreims. Einer nach dem andern werden die Crewmitglieder getötet, wobei auch die genreüblichen Logiklöcher auftreten. Nachdem der von Harry Dean Stanton gespielte Sam Brett verschwunden ist, fragen sich die verbliebenen Kollegen, wie groß das Wesen wirklich ist, obwohl sie es bis dato nicht zu Gesicht bekommen haben und auch nicht gezeigt wurde, daß Bretts Leichnam aufgefunden worden wäre. Wie in herkömmlichen Slasherfilmen, auf die ALIEN deutlich rekurriert, allen voran John Carpenters HALLOWEEN (1978), der mit Michael Myers ein ähnlich fremdes Wesen, allerdings in Menschengestalt, präsentiert hatte, begehen auch hier sämtliche Teilnehmer Fehler, die jeder Logik Hohn sprechen. Sie begeben sich wahlweise allein in enge Gänge, laufen Geräuschen nach und verlieren sich dabei in den Weiten des Schiffs, ohne sich gegenseitig zu decken, und sie lassen sich selbst dann auf Kämpfe mit dem Wesen ein, als sie längst wissen, wie tödlich es ist. So fällt der Film, bei allem Lob, das man ihm zukommen lassen will, im mittleren Teil deutlich ab. Daran kann auch die Nutzung etlicher Licht-Schatten-Effekte, die Scott nutzt, nichts ändern. Gelegentlich erinnern diese Effekte an den ‚Film Noir‘, was immer wieder dazu geführt hat, ALIEN als ‚Weltraum-Noir‘ zu bezeichnen. Doch eher sollte man ihn einen Weltraum-Slasher nennen. Carpenters Film hatte dem Horrorfilm neue Wege aufgezeigt, ALIEN war sicherlich einer der ersten Filme, die jenes Prinzip aufgriffen und – wenn auch auf extrem intelligente und eigene Art und Weise – weiterführten. Wirklich Fahrt nimmt der Film noch einmal auf, wenn Ripley schließlich auf sich allein gestellt, als letzte Überlebende, in der Rettungskapsel angekommen davon überzeugt ist, es geschafft zu haben und sich für den Schlaf vorbereitet, in den die Crewmitglieder für die weiten Strecken, die das Raumschiff zurücklegt, versetzt werden. Lange, bevor es sich zeigt, ist das Alien, das sich zwischen den unübersichtlichen Maschinen und Bedienungsfeldern eingenistet hat, im Bild und der Moment, in dem es hervorkommt, ist ein exakt und auf den Punkt inszenierter Schock.

Mit seinen Anleihen beim ‚Film Noir‘ und den damals modernen, harten Horrorfilmen – Ridley Scott selbst verwies auch auf Tobe Hoopers THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE (1974) als Referenz – eröffnete ALIEN sowohl dem Science-Fiction- als auch dem Horrorfilm und etlichen Cross-Over-Produktionen vollkommen neue Möglichkeiten. Zudem bewies er, daß man auch mit hartem Stoff, eher für Erwachsene geeignet, denn für die als Zielgruppe der Filmstudios immer wichtigeren Jugendlichen, Erfolg haben und Profit machen konnte. Scotts Film fand etliche Nachahmer und gerade die 1980er Jahre bescherten sowohl den eher schmuddeligen Kinos, als auch den Videotheken, eine wahre Flut an Filmen, die Monster aus dem All präsentierten, die mal mehr, mal weniger überzeugen konnten.

Selber generierte der Film eine Serie, die ihm zunächst drei Nachfolger bescherte, für die jeweils ein anderer Regisseur die Verantwortung übernahm. James Camerons ALIENS (1986) setzte dabei auf knallharte Action-Effekte und nahm dadurch maximale Distanz zum Original ein, was dem Film gut tat. ALIEN3 (1992) kam in seiner ruhigen Inszenierung durch David Fincher dem Original wieder näher, nutzte das Sujet allerdings, um theologische Fragen nach Schuld, Sühne und Vergebung abzuhandeln, was bei der Kultgemeinde, die der Originalfilm mittlerweile gesammelt hatte, weniger gut ankam. Der offiziell vierte Teil ALIEN: RESURRECTION (1997), den der Franzose Jean-Pierre Jeunet inszenierte, befasste sich erneut mit der Frage danach, wie ein fremder Organismus genutzt wird und verband dies mit der Thematik des Klonens und der Gen-Manipulation. Der Film wurde gemischt aufgenommen. Es gab zwei Versuche, ALIEN VS. PREDATOR (2004) und ALIEN VS. PREDATOR: REQUIEM (2007), die sich mühten, die ALIEN-Reihe mit jener um den PREDATOR (1987) zu kreuzen, wobei das Alien weniger gut wegkam. Ridley Scott griff dann in PROMETHEUS (2012) und ALIEN: COVENANT (2017) das Thema selbst erneut auf und lieferte damit zwei Prequels zu seinem Klassiker. Während PROMETHEUS eher gemischte Kritiken fand, wurde ALIEN: COVENANT allseits als lange erwartete Fortsetzung der Originalreihe akzeptiert.

Keiner der Nachfolger, sieht man vielleicht von Camerons ALIENS einmal ab, der sowohl die Gemeinde, als auch den gemeinen Kinogänger der 1980er Jahre und die Kritik zu überzeugen wusste, kann sich auch nur ansatzweise mit dem Erfolg oder gar dem EInfluß des Originals messen. ALIEN bleibt einer jener Filme, die Leinwandgeschichte geschrieben haben und dazu auch noch vergleichsweise gut gealtert sind. Auch heute noch überzeugen sowohl das Setting, als auch das Monster und die Inszenierung als Thriller.

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