KARAWANE DER FRAUEN/WESTWARD THE WOMEN

William A. Wellman setzt den mutigen Pionierinnen des Westens ein Denkmal

Kalifornien 1851. Der Farmer Roy E. Whitman (John McIntire) sieht sein Werk prosperieren und wachsen. Er ist ausgesprochen zufrieden mit der Entwicklung seiner Güter. Das Einzige, was fehlt, um hier mehr als eine einfach nur gut funktionierende Landwirtschaft aufzubauen, das, was fehlt, um hier nachhaltig eine zivilisierte Gesellschaft zu etablieren, sind Frauen. Die Männer der Farm haben zusammengelegt und wollen sich nun eben diese Frauen aus dem Osten kommen lassen. Whitman will das Unternehmen jedoch mehr oder weniger professionell aufziehen. Er will nach Chicago reisen, dort ca. 130 Frauen auftreiben, die bereit sind, ihm in die Wildnis zu folgen und dort ihnen völlig unbekannte Männer zu ehelichen.

Whitman bittet den Scout, Treckführer und Gelegenheitscowboy Buck Wyatt (Robert Taylor), ihn zu begleiten und den Treck der Frauen die 3000 Meilen zurück nach Kalifornien zu führen. Erst weigert Buck sich, da ihn schon die Vorstellung eines Trecks nur mit „Weibern“, wie er sie nennt, ängstigt. Als Whitman bereit ist, ihm 1000 Dollar mehr zu zahlen, als er normalerweise für einen Treck erhält, schlägt Buck jedoch ein.

Die beiden reisen nach Chicago und rekrutieren per Annonce die 130 Frauen. Sie entstammen den unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten und haben die unterschiedlichsten Geschichten. Patience Hawley (Hope Emerson) ist eine alternde Kapitänswitwe aus Neuengland, die nicht nur ihren Mann, sondern auch ihre Kinder verloren hat, Mrs. Maroni (Renata Vanni), ebenfalls verwitwet, reist mit ihrem jungen Sohn Antonio (Guido Martufi), Maggie O´Malley (Lenore Lonergan) kommt selbst von einer Farm und versteht sich auf Pferde, kann aber auch mit dem Colt umgehen, Rose Myers (Beverly Dennis) ist alleinstehend und schwanger, Fifi Danon (Denise Darcel) und ihre Freundin Laurie Smith (Julie Bishop) sind ehemalige Saloonmädchen, die auf einen Neuanfang, eine zweite Chance im Westen hoffen.

Jede hier will einen Neuanfang, eine Wende im Leben, einem Schicksal, das vorgezeichnet erscheint, entrinnen. Buck, der fünfzehn Männer als Begleitung und Schutz für den Treck angeheuert hat, achtet pingelig darauf, daß keine „leichten Mädchen“ auf den Treck gelangen, da er sich davon nur Schwierigkeiten erwartet. So ist er zunächst auch dagegen, Fifi und Laurie mitzunehmen, doch Whitman ist von deren ehrlichen Absichten überzeugt und nimmt sie mit.

Buck erklärt den Frauen, was sie erwartet: Nach einer Schiffspassage auf dem Missouri werden sie in St. Joseph an Land gehen und dort auf die Männer treffen, die sie mit den Wagen erwarten. Nach einer kurzen Einführung wird der Treck dann aufbrechen und etwa 2000 Meilen gen Westen nach Kalifornien ziehen. Buck lässt keinen Zweifel daran, daß der Weg hart und strapaziös wird, daß allerlei Gefahren und Widrigkeiten lauern und ein Drittel der Teilnehmer an dem Unternehmen wahrscheinlich auf der Strecke bleiben wird. Doch all das schreckt die Damen nicht ab. So gibt Whitman schließlich eine Stellwand frei, an die er die Fotos der Männer gepinnt hat, die eine Frau suchen. Die Damen sollen sich einen Kerl aussuchen, damit es am Ziel nicht zu Unstimmigkeiten kommt. Dann brechen sie auf.

In St. Joseph geben die angeheuerten Männer den Frauen eine kurze Einweisung, damit sie lernen, die schweren Wagen zu lenken. Buck macht den Männern eine klare Ansage: Sie sollen die Finger von den Frauen lassen, niemand bändelt mit ihnen an. Auch den Frauen macht er klar, daß er unterwegs keine Techtelmechtel duldet. Nach einer Woche des Trainings an den Wagen setzt sich der Treck schließlich in Bewegung.

Schnell spüren die Frauen, worauf sie sich eingelassen haben. Die meiste Zeit müssen die den Weg zu Fuß zurücklegen, da die Wagen lediglich das wenige Hab und Gut der Frauen transportieren und ansonsten Proviant geladen haben. Buck gibt sich hart und unnahbar, was vor allem Fifi Danon reizt, die sich früh schon in den Treckführer verliebt hat. Zwischen den beiden kommt es immer wieder zu Reibereien.

Schon bald werden die Gefahren deutlich, die dem Treck drohen. Unter anderem tauchen Indianer auf, die allerdings (noch) nicht angreifen. Doch auch die Gefahr, die dem Treck von Innen droht, zeigt sich schnell: Buck schickt einen der Männer zurück, als der mit einer der Frauen anzubändeln versucht. Ein anderer vergewaltigt ein Mädchen, woraufhin Buck ihn eiskalt tötet. Als einer der anderen Männer daraufhin auf Buck anlegt, tötet ihn Maggie O´Malley.

Anderntags müssen Buck und Whitman gewahren, daß die Männer mit einigen der Frauen abgehauen sind. Buck weigert sich, den Treck weiter zu führen, da außer ihm, Whitman, dem Koch Ito Kentaro (Henry Nakamura), mit dem Buck sich angefreundet hat, und dem jungen Sid Cutler (Pat Conway), der sich in Laurie verliebt hat und beim Treck geblieben ist, keine Männer mehr zur Verfügung stehen. Doch die Frauen weigern sich ihrerseits, jetzt, nachdem man etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hat, umzukehren. So erklärt Buck ihnen, daß sie ab nun Männerarbeit leisten müssten.

Dazu gehört auch, daß sie des Schießens mächtig sind. Also lässt Buck sie Schießübungen machen. Bei einer dieser Übungen kommt der junge Antonio Moroni ums Leben. Seine Mutter verfällt dadurch in eine Schockstarre. Patience Hawley, die mehr und mehr zu Bucks rechter Hand avanciert, kümmert sich um die trauernde Mutter, übernimmt aber auch andere Aufgaben, um den Treck zusammen zu halten. Ito seinerseits sorgt dafür, daß der kleine Hund, der immer an Antonios Seite war, weiterhin mit dem Treck zieht und damit der trauernden Mutter ein wenig Trost spendet.

Es drohen weitere Strapazen. Bei einem Indianerangriff sterben sechs der Frauen, aber auch Sid und Whitman erwischt es. Whitman bittet Buck, den Treck nach Kalifornien zu führen, da er seinen Männern versprochen habe, die Frauen durchzubringen. Buck verspricht es dem Sterbenden. Nach einer Stampede, die Fifi versehentlich auslöst, reitet sie aus Scham in gestrecktem Galopp davon, verfolgt von Buck. Als er sie einholt, küssen sich die beiden erstmals. Nach einem Starkregen wird einer der Wagen in einen angeschwollenen Fluß gerissen, wobei Laurie stirbt, eine andere Frau wird getötet, als die Wagen über eine felsige Steilstelle abgelassen werden und einer der Wagen sich losreißt und abstürzt.

Es kommt immer wieder zu Spannungen zwischen Buck und den Frauen, vor allem zwischen ihm und Fifi Danon. Die konfrontiert ihn irgendwann mit der Tatsache, daß er nichts mit Frauen anfangen könne, ja sogar Angst vor ihnen habe – und speziell vor ihr. Buck weist das weit von sich, gesteht sich heimlich aber ein, daß sie nicht so falsch liegt.

Schließlich erreicht der Treck die letzte Etappe, die Wüste. Buck lässt alles Gewicht abladen, alle Gegenstände, die nicht unbedingt nötig sind, werden zurückgelassen. Dann bricht der Treck in die Hitze auf. Mitten in der Wüste setzen bei Rose die Wehen ein. Während die Wagen unter der sengenden Sonne dahinziehen, gebärt sie in einem der Gefährte einen kleinen Jungen.

Als die Karawane schließlich ihr Ziel erreicht, weigern sich die Frauen, in ihrer Aufmachung ihren zukünftigen Ehemännern entgegen zu treten. Sie beauftragen Buck, in die Siedlung zu reiten und Kleider, Schuhe, Hüte – oder wenigstens Stoffe, die dazu dienen, Kleider herzustellen – zu organisieren. Buck erfüllt ihnen den Wunsch und nutzt die Gelegenheit, die Männer, die es kaum noch erwarten können ihre Zukünftigen zu begrüßen, daran zu erinnern, was ihr verstorbener Boss ihnen eingetrichtert hatte: Sie sollen die Frauen immer anständig behandeln, ihnen ein Zuhause bieten, ehrlich und treu sein.

Später, nachdem sie gebadet und sich neu eingekleidet haben, kommen die Frauen mit dem Treck in die Siedlung. Etwas verlegen stehen sich die Kerle und die Damen nun gegenüber. Einmal mehr ist es Patience, die die Initiative ergreift und sich ihren Auserwählten einfach packt. Hatten die Herren gedacht, sie seien die Aussuchenden, werden sie nun eines Besseren belehrt. Und auch Buck gibt seine inneren Widerstände auf und lässt sich erwählen – von Fifi Danon.

Western waren nicht die Sache der MGM. Wenn das Studio – spezialisiert auf eher Menschliches bis Sentimentales, am liebsten in großen Settings und mit großen Stars und in teurer Ausstattung – einmal einen Western herstellte, dann musste es vom Feinsten sein, dann wurden kaum Mühen gescheut. Das hatte zur Folge, daß in den besten Momenten wirklich herausragende Filme zustande kamen. Wenn Plot, Script, Stars und Regie sowie der gesamte technische Apparat – Kamera, Licht, Sound etc. – stimmten, dann konnten schon mal Werke für die Ewigkeit entstehen.

Zu diesen sollte unbedingt William A. Wellmans WESTWARD THE WOMEN (1951) gerechnet werden. Der als „Wild Bill“ verschriene Regisseur, berüchtigt für seine harte Schauspielerführung und gelegentliche cholerische Anfälle am Set, hatte eine Story von seinem Kumpel Frank Capra zugetragen bekommen, die authentisch und spannend zu sein schien: Ein Treck nach Westen, nur von Frauen bestritten. Vorlage war eine Story aus Südamerika, die Capra gelesen hatte. Da er zum einen kein ausgewiesener Western-Regisseur war – tatsächlich drehte er keinen einzigen Beitrag zu Hollywoods Paradegenre – und zudem Columbia Pictures, bei denen er unter Vertrag stand, keine Western produzierte, gab Capra das Material an Wellman weiter. Der sah sofort das Potential, welches in der Story lag, machte seinen Vorgesetzten bei MGM das Thema schmackhaft und bekam schließlich grünes Licht.

Als – natürlich nicht verzichtbarer – männlicher Star konnte Robert Taylor gewonnen werden, der auch zu Beginn der 50er Jahre immer noch ein immenses Standing hatte und zu den vor allem bei Frauen beliebtesten Stars gehörte. Er übernahm die Rolle des Buck Wyatt, ein freiheitsliebender Draufgänger, Scout, Treckführer und Gelegenheits-Cowboy, der von seinem Chef Roy Whitman gebeten wird, einen Treck von Frauen nach Kalifornien zu führen. Denn, so Whitman – den John McIntire als freundlichen Mann, der mit sich im Reinen ist, mit exakt den gleichen Mitteln gibt, die er sonst gern nutzte, um eher düstere Gestalten zu spielen – er und seine Männer hätten zwar eine Farm aufgebaut, vor allem sein Weizen gedeihe hervorragend, doch es fehle das entscheidende, befriedende Element, das, was es braucht, um aus Land eine Zivilisation zu machen – die Frauen. Die nun will er in Chicago rekrutieren, per Schiff nach St. Joseph in Missouri bringen und von dort mit einem Planwagentreck ca. 3.000 Meilen nach Kalifornien ziehen lassen.

Die Produktion scheute keine Mühen, den Film möglichst authentisch wirken zu lassen. Es sollten die Härten, die ein Treck so oder so mit sich brachte, ebenso gezeigt werden, wie auch die Tragik, die einem solchen Vorhaben durchaus innewohnte, nicht geschönt werden sollte. So erklärt Buck den Kandidatinnen, daß ein Drittel von ihnen den Treck wahrscheinlich nicht überleben werde. Die Strapazen, die Unbilden und Unwägbarkeiten eines solchen Unternehmens forderten immer ihre Opfer. Und so kommt es auch und so stellt es der Film, für den eine enorme Zahl an Stuntmännern und, erstmals in diesem Umfang, Stuntfrauen benötigt wurde, dann auch dar.

Es gibt die obligatorischen Indianerangriffe, es gibt Stürme, die Wagen müssen Flüsse und Schluchten passieren. Die Wüste muß durchquert werden, Verluste beklagt und letztlich müssen auch einige der den Treck begleitenden Männer abgewehrt werden. Es gelingt dem Drehbuch von Charles Schnee hervorragend, eine Balance aus äußerer Gefahr und innerer Spannung herzustellen und zu halten, hinzu kommt ein ebenso klug austariertes Gleichgewicht zwischen Witz, Drama und Tragik. Dramatik erhält die Story schon durch die Grundlage, die Ausgangssituation. Ein Treck voller Frauen und neben Wyatt und Whitman fünfzehn angeheuerte Revolvermänner, die als Schutztruppe gedacht sind, die Frauen aber in Ruhe lassen sollen – alle dadurch ausgelösten, durchaus naheliegenden Assoziationen wussten Buch und Regie unterzubringen und auf eben mal humorvolle, mal dramatische Art und Weise zu verarbeiten. Obwohl Wyatt von Beginn an klare Regeln aufstellt, den Kerlen sogar offen damit droht, sie zu bestrafen, sollte etwas passieren, kommt es zu einer Vergewaltigung; einige der Frauen hauen mit den nach der Bestrafung verbliebenen Kerlen ab, als die Sache anfängt, wirklich strapaziös zu werden; eine der Frauen aus dem Treck verliebt sich in Wyatt, eine andere in einen der jungen Begleiter, der ihr zu liebe als einziger Mann beim Treck bleibt und dies später mit seinem Leben bezahlt.

Der eigentliche Wendepunkt der Story kommt, als Buck Wyatt erkennt, daß er letztlich mit 130 Frauen und ohne männliche Begleitung wird weiterziehen müssen. Bis dahin haben wir zwar gesehen, daß einige der Damen durchaus mit Planwagen und Pferden umgehen können, einige auch zu schießen verstehen – und dies im Notfall auch tun, und zwar ausgesprochen tödlich – doch der Macho Wyatt traut ihnen nicht zu, allein durch die Steppen, Prärien und Wüsten zu ziehen. Aber die Entschlossenheit der Frauen, die vor dem Aufbruch in Chicago aus einer Stellwand voller Daguerreotypien der Männer, die in Kalifornien auf sie warten, ihren speziell Erwählten hatten aussuchen dürfen, überrascht ihn und so erklärt er sich bereit, sie weiterhin zu führen.

WESTWARD THE WOMEN ist ab diesem Moment ganz bei sich. Er erzählt ein durchaus wahres Kapitel des amerikanischen Westens und er etabliert, vielleicht erstmals in einem Hollywood-Western, eine nahezu gleichberechtigte Funktion für Frauen im Genre. Im Kern ist dies eine Hommage an die weiblichen Siedler, die dieses Land ebenso erkundet, erobert, befriedet und bewirtschaftet haben, wie es die Männer, die Scouts und Cowboys, die Pioniere und die Eisenbahner, einst taten. Die Frau steht im Western immer symbolisch für das zivilisierende, manche sagen: das domestizierende Element. Waren es zunächst die (männlichen) Einzelgänger, die sich in diese gewaltige Natur vorwagten, die unerforscht westlich des Mississippi lag, so folgten alsbald die Revolvermänner, die Viehzüchter, die Pioniere und Siedler mit ihren Familien und schließlich die Kleinfarmer. Und es kamen die Lehrerinnen und die höheren Töchter, die plötzlich auf Manieren bestanden und den Rowdys, den harten, ungehobelten Kerlen beibrachten, ein wenig auf Hygiene und Benimm zu achten und schließlich sogar auf Bildung Wert zu legen. Wellmans Film nimmt genau diese Symbolik und deren innere Bewegung ernst und macht sie – auch dies auf diese Art und Weise erstmals in einem klassischen Western – zur Prämisse seines Films. Er zeigt recht eindeutig, welche Strapazen, welche Mühen und auch welches Leid diese Frauen bereit waren, auf sich zu nehmen. Und er zeigt, daß diese Frauen ebenso „ihren Mann stehen“ mussten, wie dies eben die Herren auch taten. Und er zeigt, daß sie diesen in nichts nachstehen.

Neben Taylor wartet der Film mit keinen wirklichen Stars auf. Vor allem die so wesentlichen weiblichen Rollen sind mit weitestgehend unbekannten Schauspielerinnen besetzt. Das mag zum einen sicherlich den Produktionsbedingungen geschuldet gewesen sein. Die Darstellerinnen mussten recht schnell lernen, mit Pferden umzugehen, sie mussten aber ebenso lernen, von Mulis oder Pferden gezogene Planwagen zu lenken und darüber hinaus bereit sein, sich den Bedingungen einer Produktion auszusetzen, die größtenteils on location (zumeist in Utah) gedreht wurde. Doch zugleich hat der Verzicht auf die ganz großen Namen und Gesichter den Effekt, daß diese Frauen authentisch wirken. Sie entsprechen in Physiognomie und Erscheinen durchaus denen, die sie repräsentieren. Dies sind einfache Menschen, die Hoffnung hegen. Es sind Frauen, die persönliche Dramen und Verluste erlebt haben, Frauen, die „gefallen“ sind und im so fernen Westen eine zweite Chance im Leben suchen, es sind selbstbewusste Frauen, die sich aus der Enge der Städte befreien wollen, und auch Frauen, die Versorger suchen und bereit sind, dafür die Härten des Farmlebens auf sich zu nehmen. Es sind Gesichter aus der demokratischen amerikanischen Masse. Vorausgesetzt man akzeptiert die These, daß jeder Hollywoodfilm, vor allem aber Western, immer auch Propagandafilme des American Way of Life sind, dann sind dies alles Frauen, die ihr Stück vom amerikanischen Traum verlangen und dafür sehr weit zu gehen bereit sind. Womit nicht die Tatsache gemeint ist, sich wildfremden Männern zu versprechen, sondern der Fakt, einen Weg auf sich zu nehmen, der enorme physische und psychische Anforderungen stellt. Wie Buck es ihnen noch in Chicago erklärt: Die meisten von ihnen werden den Weg nach Kalifornien zu Fuß zurücklegen, sind die Waagen schließlich nur zum Transport der wenigen Habseligkeiten und des Proviants gedacht. Auch das entspricht zeitgenössischen Berichten und auch den Bildern von den Trecks gen Westen.

Es wirkt auf uns Heutige natürlich befremdlich, daß Frauen sich gleichsam anwerben lassen, um ihnen vollkommen fremde Männer, die irgendwo einige Tausend Meilen entfernt schon auf sie warten, zu ehelichen. Doch den Verhältnissen des 19. Jahrhunderts in einem Amerika im Aufbruch dürfte dies durchaus entsprochen haben. Ein gewisser Pragmatismus, gepaart mit Pioniergeist und in manchen Fällen durchaus tragischen Geschichten, mag viele sich in Abenteuer stürzen lassen, deren Ausgang so oder so niemals sicher war. Wollte man in den Weiten der bis dahin meist nicht einmal in den Status von Einzelstaaten übergegangenen Territorien des Westens überleben, durfte man sicherlich nicht zimperlich sein und ganz sicher mussten die Geschlechter sich aufeinander verlassen können und sich nicht nur ergänzen, sondern auch partnerschaftlich unterstützen. Eine gewisse Form von Emanzipation – wenn auch sicherlich noch längst nicht auf gesellschaftlicher oder institutioneller Ebene – wird das mit sich gebracht haben. Dieser Emanzipation zollt WESTWARD THE WOMEN seinen Respekt bis hinein in jene Pointe am Ende des Films, wenn es die Damen sind, die sich „ihre“ jeweiligen Auserwählten nehmen – und es sich nicht, wie allgemein erwartet, andersrum verhält.

Misst man Wellmans Film mit den großen Western, die von Trecks erzählen, dann kann man ihn durchaus solchen Meisterwerken wie THE BIG TRAIL (1930) gleichstellen. Wie Raoul Walshs Klassiker, könnte man auch WESTWARD THE WOMEN fast dokumentarischen Charakter unterstellen, denn wir beobachten tatsächlich einen Treck, der sich durch diese unermessliche Weite schlängelt, mal durch die vollkommen flache Wüste, mal durch zerklüftete, felsige Landschaften langsam sich vorwärtsbewegt. Wellman inszeniert spektakuläre Momente größter Spannung, wenn ein Fluß durch den Regen anschwillt, über die Ufer tritt und einen der Wagen mit sich reißt und erst recht, wenn die Wagen über eine Steilstelle abgeseilt werden müssen und es zu einem Absturz kommt. Der Dreck, der Staub, die immergleichen Meilen, die Pannen und kleinen Umwege, die genommen werden müssen – es gelingt Wellman, all das spürbar zu machen und damit aus der reinen Arbeit, die ein solches Unternehmen bedeutete, ebenfalls Spannung zu generieren. Dann wieder wird die Härte, die der Film durchweg ausstellt, durch kleine humorvolle Momente gebrochen.

Vor allem der kleinwüchsige Japaner Ito Kentaro ist dafür verantwortlich. Er wirkt wie ein freundlicher Narr, der Buck immer die Wahrheit sagen kann und von diesem auch gehört wird. Das Verhältnis der beiden zueinander erinnert an jenes von John Wayne und Walter Brennan in ihren Rollen in Howard Hawks´ RED RIVER (1948). Wie Brennan kommentiert auch Ito das Verhalten seines Freundes und weiß ihn dabei auch immer einzunorden, wenn er zu weit geht. Anders als Waynes Tom Dunson verliert Buck Wyatt aber nicht die Contenance oder verfällt gar dem Wahn. Im Gegenteil: Er lernt. Er begreift, daß Frauen eigenständige Wesen sind, er rückt von „moralischen“ Überzeugungen ab (ist er es doch, der es ablehnt, daß Prostituierte den Treck begleiten) und willigt schließlich, wie könnte es anders sein, auch in die Ehe ein. Im Übrigen tragen auch die Auseinandersetzungen zwischen Buck und Fifi Danon zu den humorvolleren Momenten des Films bei. Drehbuchautor Schnee legt Danon einige auf Französisch gefauchte Redensarten in den Mund, die der amerikanischen Zensurkontrolle wohl durchgegangen sind.

Was Wellman beherrscht, sind die Momente des Wechsels. Eben noch haben wir Mrs. Moronis Sohn Antonio dabei zugeschaut, wie er sich aufspielt und den Damen das Schießen beibringt (wobei schon der Gedanke, daß ein vielleicht Achtjähriger Schusswaffen besser beherrschen soll, als all diese Damen, ein wenig seltsam anmutet), im nächsten Moment liegt der Junge tot im Staub der Wüste, weil sich ein Schuß zur Unzeit gelöst und ihn erwischt hat. Wellman schreckt nicht davor zurück, aufs Ganze zu gehen und den Zuschauer gelegentlich mit solchen Momenten zu schockieren. Dazu ist auch jene Szene zu zählen, wenn er nach dem Indianerangriff auf die Wagen die Verluste aufzählen lässt und wir jede der Toten sehen und jeweils ihre Namen genannt bekommen. In diesem Moment wird noch einmal deutlich, wie brutal der Weg gen Westen sein konnte. Und es scheint sich die Prophezeihung zu erfüllen, daß ein Drittel der Teilnehmer den Treck nicht überstehen wird. Unterstützt wird die Härte, die der Film einnimmt durch die schwarz-weißen Bilder von William C. Mellor. Er hatte mit Wellman im selben Jahr bei ACROSS THE WIDE MISSOURI (1951) zusammengearbeitet und schuf hier schroffe Aufnahmen von eigentümlicher Schönheit selbst da, wo sie scheinbar nichts zeigen. Die Wagen in der planen Weite des platten Landes vor dem Aufbruch des Trecks, als die Frauen in die nötigsten Kenntnisse der Steuerung eingewiesen werden, wirken derart verloren und ungeschützt, daß allein dieses Bild schon das ganze Wagnis zeigt, welches diese Frauen eingehen. Zugleich vermittelt die Weite des Landes und des Himmels aber auch die Verheißung, die diesem Land innewohnte und die Hoffnungen, die Menschen immer wieder diese Strapazen und Gefahren auf sich nehmen ließen, um irgendwo in einer nicht näher definierten Zukunft, irgendwo da draußen ihr Glück zu finden.

Obwohl WESTWARD THE WOMEN zu Beginn jener Phase entstand, die gemeinhin mit dem „erwachsenen“, dem psychologisch differenzierten Western assoziiert wird, und obwohl er mit seinem emanzipatorischen Thema gut zurechtkommt und es nie preisgibt oder gar verrät, bleibt er in seiner Haltung zum Gezeigten und auch in der grundsätzlichen Inszenierung eher früheren Western, die ungebrochen die Landnahme feierten, verhaftet. Er ändert das Personal und begeht damit vielleicht eine Art von Tabubruch, er erzählt aber dennoch die ungebrochene Heldengeschichte von den Pionieren, die entgegen aller Widerstände ihren Weg gingen und sich das Land Untertan machten. Am deutlichsten wird dies natürlich bei der Darstellung der Indianer, die hier einmal mehr nur ein feindlich gesonnenes Fremdes darstellen. Doch es setzt sich fort beim gelegentlichen Pathos – noch einmal sei auf die Szene nach dem Indianerangriff verwiesen – welches der Film anschlägt, erstaunlicherweise nur spärlich mit einem Score unterlegt. Gerade in Momenten, in denen man gerade den Einsatz von Musik in einem Western erwarten würde, verzichtet Wellman auf Unterstützung und verlässt sich auf die Dramatik seiner Bilder. Und die feiern diese tapferen Frauen mit allergrößter Hingabe. Wobei Wellman auch auf alle Doppeldeutigkeiten verzichtet, keine schlüpfrigen Witze über Damenunterwäsche o.ä. oder andere Schenkelklopfer zur Auflockerung nutzt. Sein Film ist, daran gibt es keinen Zweifel, ein äußerst ernsthaftes Werk. Der oben bereits erwähnte Humor dient lediglich zur Auflockerung.

Wellman, der mit einem Film wie THE OX-BOW INCIDENT (1943) ein waches Bewußtsein für tödliche Ungerechtigkeiten aber auch für faschistoide Unterströmungen in der amerikanischen Gesellschaft bewiesen hatte, schuf hier also recht ungebrochenes Held-innen-Epos. Er feiert die Leistungen der Pioniere und Siedler, die das (weiße) Amerika einst begründeten und jene Stadt auf dem Hügel – das neue Jerusalem – erschufen, welche so häufig – religiös und letztlich auch chauvinistisch aufgeladen – in Reden und Essays beschworen wurde. Man mag dem kritisch gegenüberstehen, wird aber nicht leugnen können, daß Wellman zugleich einen der schönsten, stimmungsvollsten und stimmigsten Western seiner Zeit erschaffen hat.

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