SHOOTER
Ein Action- und Politthriller alter Schule, zeitgenössisch hart aufbereitet
Der Gunnery Sergeant Bob Lee Swagger (Mark Wahlberg), ehemals ein besonders guter und präziser Scharfschütze der Special Forces, hat sich nach einem mißglückten Einsatz in Äthiopien, bei dem sein bester Freund ums Leben kam, in die Wildnis zurückgezogen, wo er einsam in den Bergen lebt.
Eines Tages taucht in Persona des Colonels Isaac Fitzsimmons Johnson (Danny Glover) seine Vergangenheit bei ihm auf. Johnson bittet Swagger um dessen Mitarbeit. Er und seine Abteilung wissen von einem geplanten Attentat auf den Präsidenten bei einer kommenden Gelegenheit und nur er, Swagger, könne ihnen bei der genauen Prä-Konstruktion helfen, da er als Scharfschütze Schüsse aus großer Entfernung abgegeben habe.
Swagger lehnt zunächst ab, doch sein Patriotismus und sein Pflichtgefühl lassen ihn schließlich doch in jene Städte reisen, in denen der Präsident als nächstes öffentliche Auftritte absolvieren soll. Schnell findet er heraus, daß die einzige reelle Chance, ein Attentat durchzuführen, in Philadelphia wäre, wo der Präsident gemeinsam mit dem Erzbischof von Äthiopien auftreten soll.
Swagger ist während des Auftritts mit Johnson und dessen Gehilfen, Jack Payne (Elias Koteas) und Michael Sandor (Rade Šerbedžija), gemeinsam vor Ort. Als wirklich ein Schuß abgegeben wird, trifft dieser jedoch nicht den Präsidenten, sondern den Erzbischof. Der ebenfalls anwesende Streifenpolizist Timmons (A.C. Peterson) schießt unvermittelt auf Swagger. Dieser kann fliehen. Er begreift schnell, daß er als Attentäter vorgesehen war und als Einzeltäter die wirklichen Attentäter – Johnson und seine Kumpane – decken sollte.
Auf der Flucht klaut Swagger den Wagen des FBI-Agenten Nick Memphis (Michael Peña), der gerade erst seine Stelle angetreten hatte. Swagger gelingt es zunächst, zu entkommen.
Während Swagger sich schwer verletzt aus der Stadt stiehlt und sich zu der Witwe seines toten Freundes, Sarah Fenn (Kate Mara) durchschlägt, wird Memphis von seinen Vorgesetzten zunächst verhört und dann kalt gestellt. Mehrfach hatte er beteuert, daß Swagger ihm, bevor er mit seinem Wagen abgehauen ist, versichert habe, nicht der Attentäter zu sein. Memphis führt eigene Untersuchungen durch und findet die Annahme, daß Swagger der Täter ist, immer abwegiger.
Gemeinsam mit der Kollegin Alourdes Galindo (Rhona Mitra) deckt Memphis immer mehr Ungereimtheiten in Ablauf und Koordination der unterschiedlichen Dienste auf. Dann nimmt Swagger Kontakt zu ihm auf, um über den FBI-Mann Informationen zu den Männern einzuholen, die ihn angeworben haben.
Swagger ist zunächst bei Sarah untergekrochen, die ihm nach anfänglicher Skepsis vertraut, ihn verarztet, pflegt und schließlich zu helfen bereit ist.
Memphis wird von Johnson und dessen Männern entführt und soll so getötet werden, daß es nach einem Selbstmord aussieht. Swagger kommt im letzten Moment hinzu und kann Memphis retten. Die beiden hauen ab und machen ab nun gemeinsame Sache. Swagger bildet ihn als Zielspäher und Schützen aus und bringt ihm bei, wie man mit einfachsten Teilen aus dem Baumarkt effektive Sprengbomben und -fallen zusammensetzen kann.
Durch Galindo erfahren die beiden, daß Sandor der eigentliche Schütze des Attentats gewesen ist. Swagger und Memphis schleichen sich an dessen Haus an, können die Bewachung außer Gefecht setzen und Swagger spricht mit Sandor. Der teilt ihm mit, daß er selber ebenfalls von Colonel Johnson angeheuert und erpresst wurde. Das eigentliche Ziel der Operation war der Erzbischof, der über Informationen zu einem Massaker verfügte, welches in Äthiopien an einem ganzen Dorf begangen wurde und für das Johnson verantwortlich gewesen ist. Sandor weist Swagger darauf hin, daß es im engeren Sinne keinen Kopf hinter der Verschwörung gebe, sondern eine Art Konglomerat handle, an dessen Spitze unter anderem der Senator von Montana, Charles F. Meachum (Ned Beatty), stehe.
Als das Haus angegriffen wird, bringt Sandor sich um. Swagger konnte dessen Aussagen als Beweismittel auf einem Diktiergerät aufzeichnen. Er und Memphis setzen mit den zuvor angebrachten Fallen die Angreifer außer Gefecht und fliehen.
Johnson entführt daraufhin Sarah. Er und Swagger vereinbaren einen Übergabeort, an dem der Colonel das Band im Austausch gegen Sarah erhalten soll. Swagger besteht auf der Anwesenheit von Meachum.
Auf einem verschneiten Berg soll die Übergabe stattfinden. Swagger schaltet kaltblütig alle Scharfschützen aus und kann auch die Waffe zerstören, mit der Payne Sarah bedroht. Als es zur Übergabe kommen soll, merkt Swagger, daß Galindo das FBI informiert hat. Ein Kommando nähert sich mit Hubschraubern. Meachum verhöhnt Swagger und erklärt ihm, daß das Massaker nötig gewesen sei, damit die anderen Dörfer kapierten, daß sie sich einer geplanten Öl-Pipeline nicht länger in den Weg zu stellen hätten. So sei das eben in der kapitalistischen Demokratie: Man müsse seine Möglichkeiten ausnutzen und die Verantwortung nur so verteilen, daß an einem einzelnen nichts hängen bliebe. Außerdem habe er die Nase nun voll und verließe die zugige Anhöhe.
Sarah bemächtigt sich einer Schußwaffe und tötet den bereits schwer verletzten Payne, der sie zuvor gefoltert hatte. Swagger verbrennt das Band. Memphis greift ihn dafür an, doch Swagger erklärt ihm, daß sie alle des Todes seien, wenn das Band weiter existiere. Niemand habe ein ernsthaftes Interesse an der Aufarbeitung des Falles.
Swagger wird verhaftet und inhaftiert. Er bittet um eine Anhörung beim Staatsanwalt, bei dem der FBI-Chef und Colonel Johnson anwesend sein sollen. Johnson verhöhnt seinerseits Swagger, der könne ihm gar nichts. Doch Swagger kann anhand seines Gewehrs, das Johnson an den Anschlagsort hatte bringen lassen, beweisen, daß mit der Waffe nicht geschossen worden sein kann, da er die Schlagbolzen ausgetauscht habe, was aber nur mit einer Mikrountersuchung nachgewiesen werden könne. Obwohl auch Johnson gehen kann, wird Swagger entlassen.
Der Staatsanwalt teilt ihm mit, er solle sich ruhig verhalten. Auch ihm ginge die Kungelei gegen den Strich, doch habe man keine Beweise gegen Johnson, Meachum und deren Handlanger.
Meachum und Johnson sitzen einige Zeit später in der Berghütte des Senators und reden offen und unverfroren darüber, wie es ihnen immer wieder gelänge, das demokratische System auszunutzen und daß es kein System gäbe, das besser dazu geeignet sei. Plötzlich greift Swagger das Haus an, tötet die Bewacher und schließlich auch Johnson und den Senator. Anschließend sprengt er die Hütte in die Luft. Dann fährt er mit Sarah weg.
Das Actionkino der vergangenen zwei Dekaden stützt sich ja hauptsächlich auf Superhelden, jede Menge CGI-gesättigte Effekte und Plots, die in ihrer Lachhaftigkeit so übertrieben wirken, daß die Filme zumeist schon als ironische Beiträge ausgewiesen sind. Bestes Beispiel dafür ist ein Film wie CRANK (2006). Umso wohltuender, wenn ab und an ein Actionfilm daherkommt, der sich inhaltlich Mühe gibt, seine Effekte noch weitestgehend analog produziert und Figuren präsentiert, die in ihrem Kontext glaubwürdig sind. Bestes Beispiel dafür ist das Mark-Wahlberg-Vehikel SHOOTER (2007).
Regisseur Antoine Fuqua legt mit seinem Actiondrama einen sauberen Verschwörungsthriller vor, der einen Protagonisten bietet, der nicht als Übermensch behandelt wird, kein James-Bond-Verschnitt ist und auch nicht die noch so unwahrscheinlichsten Abenteuer und Stunts nahezu unbeschadet übersteht. Vielmehr ist der Gunnery Sergeant Bob Lee Swagger ein verletzter Mann, der sich – darin früheren Helden vergleichbarer Filme verwandt –aufgrund fehlenden Rückhalts seiner Vorgesetzten nach einem fehlgeschlagenen Einsatz in die Wildnis zurück gezogen hat und mit der Welt des Militärs nichts mehr zu tun haben will. Wahlberg spielt den Mann überzeugend als Menschen, nicht als Superhelden. Allerdings als Menschen, der über durchaus tödliche Fähigkeiten verfügt, die ihm von eben jenen Kräften beigebracht wurden, die sich gegen ihn verschwören und denen er gezwungenermaßen entgegentritt.
In Aufbau und Verlauf erinnert SHOOTER deutlich an ähnliche Filme aus den 70er und 80er Jahren, inklusive eines FBI-Rookies, der als einziger die wahren Sachverhalte durchschaut, und einer zunächst unbeteiligten jungen Frau, die sich dann an der Aufklärung der Verschwörung beteiligt. Auch die Antagonisten entsprechen jenen miesen Typen, die gerade das Kino der 80er hervorbrachte: Korrupte Senatoren, Auftragskiller, die aus der Armee ausgeschieden sind, und sadistische Handlanger, deren grausiges Ende man als Zuschauer (natürlich) begrüßt. Sogar eine – wenn auch leise – Haltung der Kritik an Ausbildung, Verhalten und Mißbrauch der Armee kann man dem Film, so man ihm denn wohlwollend gegenübersteht, attestieren. So lässt sich SHOOTER auch als Polit- und Paranoiathriller mit deutlichem Action-Anteil lesen.
Über das Mittelmaß hinaus heben ihn einige inhaltliche Anspielungen auf historische Zusammenhänge, eine zeitgemäße Härte und eine erstaunliche kapitalismuskritische Haltung. Da ist zum einen die deutliche Verwandtschaft Swaggers zu Lee Harvey Oswald, dem Kennedyattentäter, der den gängigen Verschwörungstheorien zufolge ebenfalls ein Strohmann gewesen sein soll, hinter dem mächtige, unsichtbare Kräfte standen, weit verzweigt in Regierung, Geheimdiensten und der Mafia. Auch Swagger wird als vermeintlicher Einzeltäter ausgesucht, da man ihm aufgrund seiner Verbitterung nach dem fehlgeschlagenen Einsatz in Äthiopien ein Attentat in die Schuhe schieben zu können glaubt. Dieser Swagger wurde seinerseits von den Special Forces zum Scharfschützen ausgebildet und seine Treffsicherheit und auch die Kälte, die er ursprünglich offenbar an den Tag legte, erinnert wiederum an Chris Kyle, jenen Scharfschützen, der ein sehr erfolgreiches Buch über seine Einsätze im Irak geschrieben und dem dann Clint Eastwood in seinem Film AMERICAN SNIPER (2014) ein recht ambivalentes Denkmal gesetzt hat. Sich mit einem Mann anzulegen, der dezidiert als Killermaschine gedacht war, ist natürlich ein gewagtes Unterfangen, wie die Bösewichte Danny Glover, Elias Koteas und Ned Beatty schließlich zu spüren bekommen.
Swaggers Ein-Mann-Feldzug (bei dem ihm FBI-Agent Nick Memphis allerdings helfend zur Seite steht) wirkt denn auch glaubwürdig, weil der Film minutiös die Vorbereitungen und die Ausführung verfolgt, dabei aber deutlich zeigt, daß hier keine Supermänner an der Arbeit sind, sondern in Swagger eben ein Mann, der sich mit billigsten Chemikalien und allerlei Material aus dem Baumarkt zu helfen weiß und tödliche Bomben und Sprengfallen herzustellen in der Lage ist. Und der auch nicht unverwundbar scheint. Weder an der Seele noch am Körper. Dementsprechend viel Blut bietet SHOOTER. Fuqua sättigt seinen Film mit einem hohen Maß an Gewalt und lässt somit weder militärische Einsätze, noch Swaggers Racheaktionen sonderlich heldenhaft oder abenteuerlich wirken. Eher schaut man präzisen Mordmaschinen bei der Arbeit zu. Und diese Arbeit ist hart, brutal und meistens tödlich. Und – so stellt es Swagger einmal selber fest – sie finden eigentlich immer an der falschen Stelle und zur falschen Zeit statt.
Als Politthriller weist SHOOTER denn auch aus, daß er genau diese Mordmaschinerie und ihre Fehlbarkeit explizit thematisiert, wenn Swagger und sein Sidekick herausfinden, daß Meachum und Colonel Johnson für die Auslöschung eines ganzen Dorfs in Äthiopien verantwortlich zeichnen, was Meachum auch noch als humanitären Akt hinstellt, weil man mit der Zerstörung eines Dorfes die Sicherheit vieler anderer gesichert habe. Swagger muß darüber hinaus aber auch gewärtigen, daß er selber an der Sicherung dieses Einsatzes beteiligt gewesen ist, auch wenn er davon nichts wusste. SHOOTER macht es sich eben nicht einfach, indem er ein paar bösartige Hanseln als Täter bietet, sondern diese explizit als durch das System gedeckt darstellt. Sie nutzen schlicht die Lücken und Grauzonen aus, die dieses System ihnen zur Verfügung stellt. Aber man darf nicht erwarten, daß ein Film wie dieser schließlich das System als solches in Frage stellt. Das tut er nicht. Auch das Militär wird hier nicht letztgültig hinterfragt, wohl aber werden subtextuell seine Anfälligkeit und auch die Fragwürdigkeit seiner Anwendung thematisiert.
Fragwürdig wird die Haltung des Films – so man denn nicht grundlegend die Haltung von Actionfilmen ablehnt – erst am Ende. Wir haben Beattys Senator Meachum bei seinen die Demokratie und den Rechtsstaat verachtenden Reden zugehört und von ihm erfahren, wie das so funktioniert im Kapitalismus, wo es eben nicht den einen Mistkerl gibt, der alles in der Hand hält, sondern wo die Verantwortung im Guten wie im Schlechten immer auf die Schultern vieler verteilt sei, was eben auch die, die das System zu ihren Gunsten ausnutzen, durchaus entlastet und ihnen die Möglichkeit gibt, sich alle Schuldgefühle vom Hals zu halten. Beatty spielt den Mann mit seiner ganzen Routine, seiner ganzen Erfahrung – und er hat in seiner Karriere oftmals Charaktere wie diesen gegeben. Daß Swagger dann aber eine Art Selbstjustiz übt und den Senator und seine Helferlein, allen voran den von Glover gespielten Colonel Johnson, kaltblütig tötet, gibt seiner vormaligen Haltung als aufrechter Patriot, der weiß, wann er sich auch gegen Vorgesetzte zu stellen hat, weil er auf Fahne und Verfassung vereidigt wurde, einen faden Beigeschmack.
Man mag das Ende des Films als ein den Regeln des Genres entsprechendes akzeptieren, doch wurde damit eine Chance in einem an sich klugen Film vertan. So sehr Swagger das System und die Systematik auch durchschaut haben mag, so sehr man auch glauben mag, daß das System eben nicht die Kraft hat, Leuten wie Meachum wirklich Einhalt zu gebieten, so sehr wird hier die Haltung des Films in den gut zwei Stunden zuvor konterkariert. Aber vielleicht ist es zu viel verlangt, von einem Action-Thriller tiefgreifende Lösungsvorschläge oder gar humanistische Entwicklungen zu erwarten. SHOOTER funktioniert als „erwachsener“ Unterhaltungsfilm hervorragend, er bietet packende Action und begreift sich größtenteils nicht als reaktionär, was einem Film dieses Genres schon eine Menge positives Renommee gibt.