THE STRANGERS
Ein kleiner, fieser Home Invasion-Thriller
Ein Notruf erreicht die Polizei. Ein Junge meldet, in einem Haus sei viel Blut und er und sein Freund hätten „Menschen gefunden“. Die Stimme aus der Polizeizentrale fordert den Jungen wiederholt auf, seinen Standort anzugeben…
Die Nacht zuvor:
Kristen (Liv Tyler) und James (Scott Speedman) fahren nach einer Party in ein abgelegenes Haus, das seiner Familie gehört. Die Stimmung ist gedrückt, da Kristen früher am Abend James´ Verlobungsantrag zurückgewiesen hat. Umso bedrückender, als sie sieht, was er alles vorbereitet hatte für diesen Abend: Der Champagner gekühlt, das Bad mit Kerzen und Rosen geschmückt, der Tisch liebevoll gedeckt.
Kristen zieht sich zurück und nimmt ein Bad, James telefoniert derweil mit seinem besten Freund Mike (Glenn Howerton), der möge ihn doch bitte am Haus abholen, wenn er wach sei. James, der die Zurückweisung als Schmach empfindet, möchte Kristen den Wagen da lassen und weg.
Kristen und James sitzen anschließend im Wohnzimmer und wissen nicht recht, wie sie miteinander umgehen sollen. Es klopft an der Tür. James öffnet und die Stimme einer im Schatten verborgenen Frau fragt, ob eine James jedoch unbekannte Person da sei. James verneint dies und weist die Fremde darauf hin, daß sie sich wohl im Haus getäuscht habe.
Kristen stellt fest, daß sie keine Zigaretten mehr hat. James bietet ihr an, loszufahren und welche zu holen. Er wollte sowieso ein wenig herumfahren, um den Kopf frei zu bekommen.
Während James fort ist, klopft es erneut. Wieder fragt die Stimme der Frau, ob nicht die betreffende Person da sei. Kristen beginnt, sich zu fürchten und bittet die Fremde, zu gehen. Nun wird an der Tür gerüttelt, das Klopfen steigert sich zu einem regelrechten Schlagen an der Tür, schließlich wirkt es, als versuche jemand, diese einzutreten.
Kristen sucht ihr Handy, um James zu benachrichtigen oder Hilfe zu holen, kann es jedoch nicht mehr finden, während das Haustelefon keinen Saft mehr hat. Während sie immer mehr in Panik gerät, geht die Fronttür auf und James kommt zurück. Er beruhigt sie und durchsucht das Haus, ist sich aber sicher, daß niemand im Haus sei und auch niemand im Haus war. Er will sein Handy aus dem Auto holen, kann es aber nicht finden, stellt stattdessen fest, daß der Wagen attackiert und die Scheiben eingeschlagen wurden.
Zurück im Haus liegt sein Handy auf einer Anrichte.
Erneut wird das Haus attackiert. James sucht die Schrotflinte seines Vaters, weiß aber zunächst nicht, wie diese zusammen gesetzt und geladen wird. Dann versucht er, den Wagen fahrtüchtig zu machen, wird dabei aber von einem anderen Wagen attackiert und erblickt erstmals drei Figuren, die, mit Masken verkleidet, ihn beobachten und daran hindern, das Haus, bzw. das Grundstück zu verlassen.
Kristen und James verstecken sich mit der Schrotflinte bewaffnet in einem begehbaren Wandschrank.
Mike kommt zum Haus, um James abzuholen. Er merkt, daß hier einiges nicht stimmt – die Tür steht offen, im Haus liegt zerbrochenes Geschirr, Spuren eines Kampfes sind zu erkennen – und sucht nach seinem Freund. Als er den Wandschrank öffnet, erschießt ihn James versehentlich, weil er mit einem der Angreifer rechnet.
Im Schuppen hinter dem Haus steht ein Funkgerät, das James nun nutzen will, um Hilfe zu holen. Doch auch das wird zerstört.
Da James nicht aus dem Schuppen zurückkehrt, entschließt Kristen sich, selbst nach dem Gerät zu schauen. Außerhalb des Hauses wird sie erneut Opfer mehrerer Attacken und schließlich überwältigt.
Gefesselt sitzen James und Kristen auf Stühlen im Wohnzimmer. Die Angreifer bauen sich vor ihnen auf und entledigen sich nun ihrer Masken. Wieder und wieder bittet Kristen sie, ihnen den Grund für den Angriff zu nennen. „Weil ihr da wart„, sagt eine der Fremden. Dann stechen sie auf ihre Opfer ein.
Der neue Tag bricht an und zwei Jungen, die religiöse Flyer verteilen, kommen mit ihren Rädern die Straße zum Haus hinauf. Ein Pick-Up-Truck, den wir als jenen erkennen, der nachts James und dessen Wagen attackiert hatte, kommt ihnen entgegen. Man sieht, daß darin ein Mann und zwei Frauen sitzen. Eine der Frauen steigt aus und bittet die Jungs um einen Flyer. Einer der Jungen fragt sie, ob sie gesündigt habe. „Manchmal“, antwortet sie. Dann fahren die Fremden weiter und die Jungs gehen zum Haus, wo sie den toten James und die sterbende Kristen finden…
Der sogenannte Home Invasion Thriller, ein Subgenre des Horrorfilms, ist so neu nicht, wohl aber wird er in den vergangenen Jahren besonders gern bedient. Wie der Horrorfilm generell, spielt auch dieses Metier mit Urängsten des Menschen. In Zeiten, in denen die Angst vor Fremden, Überfremdung, das Eindringen Fremder in die gewohnte Ordnung und Umgebung ideologisch zunimmt, spiegelt gerade diese Spielart ganz reale Befürchtungen und Entwicklungen in der Gesellschaft, macht sie sichtbar, verhandelt sie und verhält sich, wie der Horrorfilm generell, ambivalent.. Nicht alle diese Beiträge sind unbedingt zu empfehlen, oft dient die Ausgangslage vor allem äußerst brutalen und explizit dargestellten Abwehrmaßnahmen der Angegriffenen. Zudem spielt dieses Metier mit durchaus reaktionärem Gedankengut, wird hier doch – unter extremen Bedingungen – gern die (amerikanische) Familie als Hort und Keimzelle der Gesellschaft entweder wieder hergestellt oder überhaupt erst in einer Art ekelerregendem Initiationsritus hergestellt.
Die besseren Vertreter arbeiten zwar ebenfalls mit Schockeffekten und Momenten äußerster Brutalität, doch sind sie vor allem darauf geeicht, das Publikum in, im Bestfall nervenzerfetzende, Spannung zu versetzen. Zu diesen bessren Vertretern darf durchaus der von Bryan Bertino geschriebene und inszenierte THE STRANGERS (2008) gerechnet werden. Der Regisseur verzichtet auf allzu explizite Gewaltdarstellung, obwohl auch er nicht gänzlich ohne diese auskommt, stattdessen setzt er auf zunächst fast altbacken wirkende Effekte wie Geräusche an der Tür, das Knarren von Dielenbrettern, Schatten und im Bildhintergrund auftauchende Gestalten, die wohl das Publikum, nicht aber die Protagonisten, mit denen der Zuschauer mitfiebert, wahrnimmt. Bertino, so kann man sagen, hat seine Hausaufgaben gemacht und alte Weisheiten von Meistern wie Alfred Hitchcock beherzigt. So weiß der Betrachter in manchen entscheidenden Momenten immer ein wenig mehr, als die Figuren, was Spannung erzeugt und das Mitleiden extrem erhöht. Abgerundet wird das Panoptikum des Schreckens durch die Masken der Fremden – Clownsmasken, ein Beutel mit hineingeschnittenen Löchern, seltsam starr und entrückt. Auch dies schon Dutzende Male erprobt und dennoch weiß der Regisseur auch diesen Effekt zu nutzen – zumal er uns die Gesichter der Angreifer selbst dann vorenthält, wenn sie sich ihrer Maskerade entledigen.
Mit Liv Tyler steht Bertino eine, vielleicht nicht gerade herausragende, Schauspielerin zur Verfügung, die seinem Film Starpower verleiht und das Publikum genau damit lange in einer Sicherheit wiegt, die zusehends brüchiger wird. Tyler und Scott Speedman geben das verfolgte Paar, das zu Beginn des Films offenbar in einer Beziehungskrise steckt, hat sie doch seinen Heiratsantrag nicht angenommen und Distanz und Entfremdung tun sich zwischen den Liebenden auf. Das angedeutete Beziehungsdrama ist gut inszeniert und gespielt und angemessen zurückhaltend. Der Zuschauer leidet mit Protagonisten, die Regie lässt sich aber nicht allzu sehr auf diese Ebene ein, sondern beschränkt sich auf Andeutungen, was der Grundatmosphäre des Films zugute kommt, da Andeutungen genau das Mittel der Wahl sind, um die Spannung zu steigern. Nichts wird erklärt, alles bleibt im Ungefähren und der Zuschauer rätselt. Bertino versteht es auch, mit einem kleinen Umweg ein wenig Gaslightning zu betreiben und den Verdacht, hinter den Geschehnissen zu stecken, zunächst auf James, den Zurückgewiesenen, zu lenken. Speedman gelingt es recht gut, diesem Mann die nötige Verletztheit mitzugeben, um ihm böse Absichten zu unterstellen. Da Buch und Regie das Publikum unmittelbar in die Szenerie der Handlung versetzen, wissen wir nichts über die Vorgeschichte dieses Paars, wir wissen nicht, wie sie letztlich zueinander stehen, wie lange sie bereits zusammen sind, wie ihr Verhältnis zueinander ist. Ein paar Rückblenden berichten uns über den mißglückten Heiratsantrag, mehr erfahren wir nicht. James wirkt verletzt, auch resigniert, langsam beschleicht den Zuschauer das Gefühl, daß dieser Mann durchaus Schlimmeres im Schilde führen könnte.
Umso unheimlicher, wenn dann immer klarer wird, daß die Eindringlinge wirklich Fremde sind, die scheinbar ohne Motiv das Haus attackieren. „Weil ihr da wart“ ist die einzige Erklärung, die Kristen erhält, als eh schon alles zu spät scheint. Mit Masken bekleidet nähern sich die drei Angreifer immer wieder dem Haus, tauchen aber auch unerwartet im Innern auf, als das bedrohte Paar und der Zuschauer noch der Meinung sind, sich dort in Sicherheit wiegen zu dürfen. Die langsamen, fast schlurfenden Bewegungen des (scheinbar) einzigen männlichen Fremden lassen die Bedrohung umso unwirklicher und gerade deshalb beunruhigend wirken, denkt man doch, ihm zu entkommen, könne nicht so schwer sein. Doch scheinen diese drei Quälgeister immer genau da aufzutauchen, wo ein Ausweg, eine Lösung, eine Flucht möglich ist.
Bertino braucht wirklich nicht viel, um maximale Spannung aufzubauen und das Niveau dann zu halten. Die erwähnte Geräuschkulisse ist das eine, dann taucht ein Freund von James auf, den dieser gerufen hatte, ihn abzuholen, da er nach der erlittenen Schmach durch Kirstens Zurückweisung weg vom Haus will. Dieser Freund kann allerdings keine Hoffnung bringen, da James ihn mit einem der Angreifer verwechselt und auf ihn schießt. Der Wagen, mit dem das Paar zum Haus gefahren ist, wird attackiert und fahruntüchtig gemacht, das Funkgerät in der angrenzenden Garage zerstört. All das hat man so oder so ähnlich natürlich schon tausendfach gesehen. Es sind also wirklich Inszenierung und vor allem die Kameraarbeit von Peter Sova, die den Spannungsaufbau und die bedrückende Atmosphäre herauf beschwören.
So ist hier ein kleiner, aber feiner Terrorfilm entstanden, der mit äußerster Konsequenz seine wahrlich nicht sehr ausufernde Story erzählt. Angenehm, wenn ein Film und seine Macher wissen, was sie können, was sie wollen und nicht einen Moment mehr zu sein vorgeben, als sie sind. THE STRANGERS unterhält und packt für knappe anderthalb Stunden, dann kann man sich getrost wieder seinem Tagwerk zuwenden und vergessen, was man da gesehen hat. Aber während man dem hier beiwohnt, wird es einem unter die Haut kriechen, die Finger in die Sofalehne krallen lassen und ein unangenehmes Kribbeln auf der Kopfhaut verursachen. Und man wird sich so manches Mal umschauen, was hinter einem passiert, während man gebannt auf den Bildschirm starrt…besser nicht mit dem Rücken zur Tür sitzen.