TREMORS – IM LAND DER RAKETENWÜRMER/TREMORS

Ein immer noch herrlicher Monster-Spaß von Ron Underwood

Ein normaler Tag in Perfection, Nevada, irgendeinem Kaff in der Wüste: Die Freunde Val (Kevin Bacon) und Earl (Fred Ward) bauen Zäune, einer ihrer zahllosen Jobs als Tagelöhner, frotzeln sich an und schmieden Pläne, wie sie aus der Wüste heraus und in ein angenehmeres Leben hineinkommen. Sie treffen zufällig auf die Doktorandin Rhonda LeBeck (Finn Carter), die seismographische Studien in der Gegend betreibt und ihnen von Auffälligkeiten auf ihren Geräten erzählt.

Val und Earl wünschen ihr viel Erfolg, dann widmen sie sich weiterhin ihren Tätigkeiten, darunter dem Entleeren diverser Sickergruben. Doch schließlich sind sie bereit, den Ort hinter sich zu lassen. Sie packen ihre Siebensachen und hauen ab, kommen aber nicht sonderlich weit, da sie einen der wenigen Bewohner des Tals auf einem Strommast entdecken. Offenbar hockte der alte Mann dort Tage, jedenfalls ist er verdurstet. Als die Freunde sich erneut davonmachen wollen, scheitern sie an einer Straßensperre, wo gerade an diesem Tag der Asphalt aufgerissen wird. Zudem finden sie auf einer der abgelegenen Farmen der Umgebung nicht nur die schrecklich zugerichtete Leiche des Farmers, sondern auch seine gesamte Schafsherde, sämtliche Tiere zerrissen und dahingemeuchelt.

Zurück im Dorf werden sie beauftragt, in die ca. 30 Meilen entfernte Stadt zu fahren und den Sheriff zu informieren, da offenbar die Telefonleitung beschädigt wurde, zumindest gibt es keine Verbindung mehr. Unterwegs stoßen sie auf die Überreste der Straßenarbeiter, die offenbar von irgendetwas angegriffen und schließlich unter einer Gerölllawine begraben wurden. Val und Earl rasen zurück ins Dorf, wo sie und die Bewohner, die sich versammelt haben, um zu erfahren, was los ist, ein schlangenartiges Wesen an der Hinterachse ihres Wagens entdecken. Während der Teenager Melvin (Robert Jayne) und der lokale Krämer Walter Chang (Victor Wong) das Ding bestaunen und schnell anfangen zu überlegen, worum es sich handeln, wie man es benennen und vor allem vermarkten könnte, beschließen die anderen Dorfbewohner, Val und Earl auf Pferden loszuschicken, querfeldein durch die Wüste, um endlich Hilfe zu holen.

Unterwegs treffen sie auf das halb fertige Haus des Dorfarztes, finden zudem dessen Auto, nahezu in der Erde vergraben. Sie reiten weiter und werden unterwegs von einem riesigen Wurm angegriffen, der plötzlich aus dem Erdreich auftaucht. Mit einiger Finesse und sehr viel Glück gelingt es ihnen, das Monstrum in die Nähe einer im Wüstenboden eingelassenen Betonrinne zu lotsen, and er es sich zu Tode rammt. Gerade mit dem Schrecken davongekommen, treffen sie auf Rhonda. Sie ist von dem Wesen ebenso fasziniert wie angeekelt. Und sie kann anhand ihrer Aufzeichnungen schnell feststellen, daß es nicht allein ist: Drei weitere von den Viechern scheinen ihr Unwesen in der Gegend zu treiben. Und sofort taucht auch ein zweiter Wurm auf, der die drei angreift. Mit Müh und Not können sie sich auf eine Felsgruppe retten, wo sie zunächst sicher sind.

Nach einer frostigen Nacht in der Wüste, gelingt es ihnen anderntags, dem Wurm zu entkommen. In der Stadt ist man alarmiert, scheint den Ernst der Lage aber weiterhin nicht begriffen zu haben. Vor allem, daß die Würmer offenbar durch jedwede Erschütterung des Bodens angelockt werden, begreift scheinbar niemand. So gelingt es Val mit letzter Kraft, die kleine Mindy (Ariana Richards) zu retten, die mit einem Hüpfstab auf der Hauptstraße spielt. Für Walter hingegen kommt jede Hilfe zu spät, als einer der Würmer durch den Boden des Krämerladens kracht und sich den Mann schnappt und anschließend verspeist.

Nun fliehen die verbliebenen Bewohner von Perfection auf ihre Dächer. Nur das Ehepaar Burt (Michael Gross) und Heather (Reba McEntire) Gumner – in steter Erwartung des 3. Weltkriegs bis an die Zähne bewaffnet und mit Nahrung und Wasser für Monate ausgestattet – verbarrikadiert sich in seinem Atombunker, der von einem der Würmer aber problemlos geknackt wird. Über Funk verfolgen die andern mit, wie die Gumners sich ein Duell mit dem Monstrum liefern und dabei so ziemlich jede Waffe zum Einsatz bringen, über die sie verfügen. Doch gelingt es ihnen schließlich, auch mit Hilfe eines Elefantentöters, das Ungeheuer zu töten.

Val und Earl überlegen sich, daß sie mit einem Bulldozer und einer stählernen Wanne die Überlebenden in die Berge fahren könnten. Mit einigem Aufwand gelangen sie an das Fahrzeug und sammeln alle nach und nach ein. Unterwegs in die Berge werden sie erneut von den zwei verbliebenen Würmern angegriffen. Einen können sie mit einer Sprengladung, die Burt selbst gebastelt hat, ausschalten. Das letzte Ungeheuer scheint allerdings zu lernen und fällt auf keine der Fallen, die man ihm stellt, herein. So wagt Val schließlich ein Wettrennen gegen den Wurm, lockt ihn dadurch in die Nähe einer Schlucht und bringt ihn schließlich dazu, aus dem Erdreich hervor in den Abgrund zu stürzen, wo das Monster zerplatzt.

Nachdem die Behörden alarmiert sind, wollen Earl und Val endlich los. Val verabschiedet sich von Rhonda, Earl versucht, ihn dahingehend zu beeinflussen, daß er die junge Frau endlich küsst und mit einiger Überwindung gelingt es dem jungen Mann schließlich, Rhonda seine Liebe zu gestehen.

Manchmal wundert man sich einfach nur. Man überprüft ein Datum, man hätte schwören mögen, der Film, den man eben gesehen hat, entstammt einer bestimmten Zeit und dann ist es doch alles anders. Ein gutes Beispiel: TREMORS (1990). Ein Film, den man in Machart und Witz eigentlich in der 2. Hälfte der 80er Jahre verortet hätte, der tatsächlich aber aus dem Jahr 1990 stammt. Und der, schaut man ihn bspw. im Jahr 2020, immer noch erstaunlich gut funktioniert.

Regisseur Ron Underwood verfilmte ein Drehbuch, an dessen Story er selbst maßgeblich beteiligt war, mit der Unterstützung eines großartigen Ensembles – u.a. Kevin Bacon und Fred Ward – und lieferte einen sehr humorvollen Monster-Horrorfilm ab, der seiner Gattung treu bleibt, gebührend eklige Schockmomente bietet und doch mit seiner Ironie und seinem gut durchdachten Personal genug Distanz aufbaut, um den Zuschauer nicht nachhaltig zu verstören. Es mag vor allem an dieser Mischung gelegen haben, damit sich TREMORS im Laufe der Jahre nicht nur an der Kinokasse, sondern vor allem am auch in den 90er Jahren noch florierenden Videomarkt durchsetzen und den Status eines Kultfilms erlangen konnte.

Der Plot – in einem verschlafenen Wüstenkaff irgendwo in Nevada tauchen (buchstäblich) eines Tages riesige Würmer auf, die sich sehr schnell durchs Erdreich graben können, mit sich windenden Tentakeln ausgestattet ihre Mahlzeiten direkt in ihre Mäuler stopfen und zunächst alles fressen, was sich ihnen bietet, Dieselmotoren oder ganze Pick-Up-Trucks inklusive – wirkt direkt dem Monster-Sci-Fi-Kino der 50er Jahre entlehnt und Underwood schämt sich dieser Vorbilder und ihrer Inspiration ganz offensichtlich nicht. Er weiß aber sehr genau, wie man einen solchen Stoff modernisieren muß, damit er sowohl glaubwürdig (zumindest überzeugend) rüberkommt, dem Metier gerecht wird und zugleich unterhält.

So treffen wir zunächst auf die Buddies Valentine ‚Val‘ McKee und Earl Bassett, von Bacon und Ward angemessen tölpelig gespielt, die in Perfection, wie das No-Name-Kaff in der Wüste heißt, für alle Arbeiten zuständig sind, die sonst keiner machen will. Sie entrümpeln alte Schuppen, erneuern Zäune, helfen bei Hausbauten und leeren die Sickergruben, was gelegentlich zu derben Frotzeleien und ebensolchen Schimpfkanonaden führt. Beide möchten aus dem Tal raus, irgendwo neu anfangen, sich richtige Jobs suchen. Leider scheitern sie bei all ihren Versuchen an irgendwelchen alltäglichen Widrigkeiten – und sei es nur, daß ihnen im falschen Moment jemand Freibier anbietet. Diese beiden sind so liebenswert in ihrer schluffigen Art – und so überzeugend dargestellt – daß man eigentlich schon genug hat, ihnen zuzuschauen. Underwood lässt sich dementsprechend Zeit, sie einzuführen und ihren Alltag zu schildern. Aber weil er als Drehbuchautor und Regisseur eben auch weiß, was er dem Genre schuldig ist, baut er vom ersten Moment an Spannung auf, indem er dem Publikum reichlich – auch durchaus blutige – Hinweise gibt, daß sich in Perfection – oder besser: UNTER Perfection – etwas tut. Und zwar etwas Ungutes. Zumindest ungut für jene, die den fremdartigen Wesen allein und unbewaffnet begegnen.

Diese Begegnungen inszeniert Underwood dann in einer Mischung aus Slapstick und Splatter, womit er anfangs der 90er Jahre einen Nerv traf. Der harte Splatter-Horror war auf dem Rückzug, Zu viel des Immergleichen hatte das Publikum abstumpfen lassen, endlose Serien mit den immer gleichen Killern – ob sie nun Jason, Michael oder Freddy hießen – hatten zu einer gewissen Übersättigung geführt. Wollte man im Genre reüssieren, musste man andere Wege gehen. Schon die 80er hatten den einen oder anderen ironisch gebrochenen Horrorfilm erlebt (FRIGHT NIGHT/1985; im Grunde auch GREMLINS/1984), doch perfektioniert wurde die Mischung erst durch Filmemacher wie Peter Jackson (BRAINDEAD/1992) und den notorischen Wes Craven (SCREAM I-IV/ab 1996), der das Genre endgültig in die Postmoderne führte, indem seine Helden alle vollkommen selbstreferentiell wissen, was man genau nicht tun sollte, wenn man von einem verrückten Killer verfolgt wird, nur um genau das dann zu tun. TREMORS darf man getrost als frühen und gelungenen Versuch betrachten, eine solche Formel anzuwenden.

Da es Underwood versteht, um seine beiden best buddies eine ebenso skurriles wie liebenswertes Grüppchen von Protagonisten anzuordnen – darunter ein pubertierender Teenager, der nahezu jeden im Ort nervt, und Paar, welches man heute der sogenannten „Prepper“-Szene zuordnen würde, da sie sich auf den nahenden 3. Weltkrieg vorbereiten und bis an die Zähne bewaffnet in einem atombombensicheren Bunker unter ihrem Haus hocken – und zugleich ein Spiel mit Stereotypen und Klischees zu treiben, das diese entlarvt – der immer geldgierige Chinese, dem zu all den Vorkommnissen nichts anderes einfällt, als über einen Namen für die offenbar neuartigen Viecher nachzudenken und darüber, wie man sie vermarkten könne; aber auch das Kaff selbst, als ein Paradebeispiel des Backwoods, der Provinz, der im amerikanischen Horrorfilm der 70er Jahre meist die Gefahr, das Grauen entwuchs und das hier nun selbst terrorisiert wird – kann TREMORS vor allem mit der Figurenzeichnung überzeugen. Man mag diese Typen nahezu alle, man lernt sie kennen und fiebert so mit ihnen um ihr Überleben.

Doch was wäre ein Monsterhorror ohne überzeugende Monster? Genau – er wäre lächerlich (wie etliche Filme gerade aus den 70er und 80er Jahren beweisen). Umso größerer Respekt gebührt Alan Barlow und Bill Brasso, die federführend für die Umsetzung der Würmer verantwortlich zeichneten. Bei einem auch damals nicht allzu üppigen Budget von etwa 11 Mio. Dollar ist ihnen – genau wie der Special-Effects-Crew – Hervorragendes gelungen. Die Monster sind überzeugend, ebenso die Art, wie sie sich bewegen, wie sie angreifen oder sich durch die Erde wuseln. Und erst recht überzeugt die Art, wie sie zerplatzen, wenn Val und Earl einige von ihnen dazu bringen, sich entweder an Hartbetonrinnen den Schädel (so man in diesem Fall davon sprechen darf) einzurammen oder einen Abgrund hinunter zu stürzen. Und wie es spätestens seit Ridley Scotts ALIEN (1979) bei Monstern nun einmal zu sein hat, sind die Riesenwürmer auch entsprechend ekelerregend.

Underwood treibt seine Handlung ab dem Moment, da wir wissen, womit wir es zu tun haben, gnadenlos voran, gönnt seinem Personal und dem Zuschauer kaum Atempausen, erzeugt Spannung, die allerdings immer wieder durch die Sprüche von Val und Earl konterkariert wird, und nimmt sich doch auch die Zeit, Reminiszenzen an seine Vorbilder einzubauen. Die Würmer selbst evozieren nicht von ungefähr Bilder des von H.R. Giger geschaffen Alien-Wesen in Scotts Film; wenn der arme Walter einem der Viecher zum Opfer fällt, erinnert auch dies nicht zufällig an das Ende des alten Seebären Quint in Steven Spielbergs JAWS (1975). Das Setting selbst entspricht jenem in Jack-Arnold-Filmen der 50er wie TARANTULA (1955) und die Vermutungen, die die Dorfbewohner hinsichtlich der Ungeheuer anstellen, könnten ebenfalls aus den unzähligen Monsterfilmen jener Dekade entstammen. Außerirdische, mindestens!

So hat man es auch 30 Jahre nach der Erstveröffentlichung mit einem sehr unterhaltsamen Film zu tun, der perfekt die Balance zwischen wirklichem Grusel und parodistischen Momenten hält, dessen Protagonisten man gern zuschaut, von dessen Ungeheuern man durchaus angetan ist und der zudem genügend Spannung, Action und dumme Sprüche bietet, um immer noch jede Videonacht (gibt es sowas noch?) aufzulockern. Fast schon ein Klassiker….

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