30 DAYS OF NIGHT
Ein feiner kleiner Vampirfilm, der wenig zu wünschen übrig lässt
Während sich das Gros der Einwohner von Barrow, einer Kleinstadt in Alaska, nördlich des Polarkreises gelegen, vorbereitet, die Stadt zu verlassen, da jener Monat ansteht, in dem es für dreißig Tage dunkel sein wird, die Sonne nicht aufgeht, machen die, die bleiben wollen, ihre Häuser winterfest.
Sheriff Eben Oleson (Josh Hartnett) muß ausgerechnet an diesem Tag einer Reihe mysteriöser Zerstörungsakte nachgehen. Er und ein Untergebener finden einen Haufen Satellitentelefone verbrannt im Schnee; der einzige Helikopter im Ort wurde so demoliert, daß er fluguntauglich ist; die Schlittenhunde wurden hinterrücks gemeuchelt.
Währenddessen will sich auch Ebens Frau Stella (Melissa George) auf den Weg gen Süden machen. Sie arbeitet bei der Feuerwehr, möchte aber den Winter ungern in Barrow verbringen, nicht zuletzt, weil sie und Eben sich entfremdet haben. Doch als sie zum Flughafen aufbricht, wird sie in einen Unfall verwickelt. So muß sie in der Stadt bleiben und dort den dunklen Monat ausharren.
Eben hat eine Reihe von Begegnungen mit Bewohnern der Stadt, darunter der etwas verwilderte Beau Brower (Mark Boone Junior), der abseits der Siedlung für sich lebt. Am Abend kommt Eben in eines der letzten Lokale, das geöffnet hat, wo ein Fremder (Ben Foster), der den Tag über durch die Stadt gestreift ist, sich auffällig benimmt. Er verlangt große Mengen frisches Fleisch und faselt etwas davon, daß „sie“ kämen und alle holten und niemand, der in der Stadt verweile, überleben werde. Als Eben den Mann mitnehmen will, kommt es zu einer Auseinandersetzung, die dadurch geklärt wird, daß Stella eingreift.
Eben und Stella bringen den Mann auf das Polizeirevier, wo Ebens Großmutter und sein Bruder Jake (Mark Rendall) eine Art Innendienst schieben. Der Mann erneuert seine Drohungen und versichert Eben, daß er und alle andern des Todes seien.
Während die Sonne untergeht, dringen Unbekannte in das kleine Kraftwerk vor Ort ein und töten den dortigen Angestellten. Dann sorgen sie dafür, daß die Stromversorgung von Barrow zusammenbricht. Eden und Stella, die sich langsam wieder annähern, wollen untersuchen, wie es dazu kommen konnte. Sie fahren zum Kraftwerk.
Währenddessen überfallen Vampire die Stadt. Die Kreaturen verständigen sich durch Klicklaute, sind ansonsten aber nur durch die Zähne und ihre Augen von den Menschen zu unterscheiden. Allerdings verfügen sie über enorme Kräfte und sind nur zu töten, indem man ihre Köpfe zerstört. In den kommenden Nächten gibt es in Barrow ein regelrechtes Massaker, dem nahezu alle verbliebenen Einwohner der Stadt zum Opfer fallen. Unter anderem auch Ebens Großmutter.
Eden, Stella und einer kleinen Gruppe Überlebender, zu dem auch Brower und Jake gehören, gelingt es, sich auf dem Dachboden eines Hauses zu verschanzen, nachdem sie sich mit Lebensmitteln und Munition eingedeckt haben. Dort harren sie trotz aller Widerstände Tag für Tag aus. Doch muß die Gruppe das Versteck immer wieder verlassen, um Nahrung zu besorgen. Dabei treffen sie auch erneut auf Vampire, die sie teils ausschalten können. Aber auch die Gruppe wird zusehends reduziert. Eden bemerkt dabei, daß die Infizierten bis kurz vor ihrer endgültigen Verwandlung Herr ihrer Sinne sind.
Als Marlow und seinen Handlangern klar wird, daß die 30 Tage dauernde Nacht langsam abläuft, beschließen die Vampire, die Stadt anzuzünden und die Zerstörung wie einen Unfall aussehen zu lassen. Marlow erklärt, man habe nicht jahrhundertelang alles dafür getan, die Menschen glauben zu machen, es gäbe diese Kreaturen gar nicht. Außerdem könne man in einem Jahr zurückkehren, um benachbarte Städte anzugreifen.
Eden will sich – um die verbliebenen Mitglieder der Gruppe zu retten, darunter Stella, die ein Kind retten wollte und dadurch von der Gruppe isoliert ist, und sein Bruder – Marlow stellen und ihn besiegen. Um dem Anführer der Monster gewachsen zu sein, infiziert er sich selbst mit dem Blut eines Vampirs, den er zuvor getötet hat. Dann geht er auf die Hauptstraße und stellt sich den Vampiren. Es kommt zu einem Kampf, in dem Eden Marlow töten kann, während sich der Sonnenaufgang bemerkbar macht. Wie zuvor in einer Falle mit einer Tageslichtlampe ausprobiert, scheuen die Vampire das Tageslicht und fliehen.
Stella und Eden gehen vor sie Stadt und setzen sich an den Rand einer Eisscholle, um den Sonnenaufgang zu beobachten. Eden verwandelt sich mehr und mehr, kann seine vampirischen Bedürfnisse allerdings solange unterdrücken, bis er sich in Stellas Armen in Asche verwandelt.
Wenn jenseits des Polarkreises irgendwann im Winter die Sonne untergeht, verabschiedet sie sich für ca. einen Monat. Dreißig Tage Nacht. Kalt und sehr, sehr düster. Eine Zeit, in der vieles geschehen kann, womit niemand rechnen würde – bspw. ein Angriff blutgieriger Vampire, die hier eine sehr lange Nacht, sozusagen ihr natürlicher Lebensraum, vorfinden, in denen ihnen sehr viel menschlicher Lebenssaft zur Verfügung steht. Ein Szenario, das sich Steve Niles (Autor) und Ben Templesmith (Grafik) in ihrer Comic-Reihe 30 DAYS OF NIGHT (2003) aneignen und graphisch recht anschaulich umsetzen. Eine hervorragende Vorlage für einen Horror-Film.
David Slade setzte das Konzept – unter anderem mit Niles als Drehbuchautor – 2007 für die Leinwand um. Entstanden ist mit 30 DAYS OF NIGHT (2007) ein durchaus ansprechender Vampir-Film, der seine Untoten als leicht dekadente Dandy-Monster zeigt. Schnell, kräftig und sehr durstig, töten sie in einer langen Blutorgie nahezu sämtliche Einwohner der Kleinstadt Barrow, irgendwo im Norden Alaskas. Nur ein kleines versprengtes Häuflein Überlebender setzt sich zur Wehr. Josh Hartnett und Melissa George führen das Trüppchen an, Danny Huston spielt den sich gern philosophisch gebenden Anführer der Vampire. Die scheinen einer regelrechten Strategie zu folgen, erklärt dieser Marlow genannte Vampirchef doch an einer Stelle, man habe Jahrhunderte benötigt, um die Menschen glauben zu machen, daß man lediglich etwas Unheimliches aus bösen Träumen sei. Umso größer die Freude, hier, in der Abgeschiedenheit, gleich eine ganze Siedlung mit Menschen, die nicht fliehen können, vor sich zu haben. Mit einem von Ben Foster gespielten armen Schwein, dem man die Unsterblichkeit versprochen hat, hält man sich einen Handlanger, der im schwindenden Licht des „letzten Tages“ die Stromgeneratoren der Stadt außer Betrieb setzt, die Schlittenhunde tötet und den einzigen Helikopter vor Ort so beschädigt, daß er fluguntüchtig ist. Außerdem verbrennt er sämtliche Satellitentelefone, derer er habhaft werden kann. Die moderne Version der klassischen Renfield-Figur aus Bram Stokers DRACULA (1897 erschienen).
Buch und Regie gelingt es, die Figuren sehr gut einzuführen. Konflikte unter den Bürgern werden ebenso etabliert, wie zwischen dem ehemaligen Paar, das Hartnett und George darstellen. Und zugleich gelingt es Kameramann Jo Willems, die vermeintliche Einöde und Eiswüste Alaskas – gedreht wurde tatsächlich in Neuseeland – so einzufangen, daß die untergehende Sonne das Land in irreale Schönheit taucht und zugleich eine Atmosphäre aus Melancholie und einer unterschwelligen Bedrohung entsteht. In wenigen prägnanten Szenen werden uns entscheidende Figuren aus der Stadt vorgestellt, bevor der Film relativ schnell zur Sache kommt. Und dann auch keine Gefangenen macht. Slade und sein Team bieten einen Monster-Horror, der es streckenweise in sich hat. Sie scheuen sich nicht, teils drastische Splatter-Elemente in den Film einzubauen und dem Zuschauer ein echtes Happyend zu verweigern. Dadurch bleibt der Film durchgehend – seiner Mise en Scene entsprechend – düster.
Den Vampiren, die mit komplett schwarzen Augen ausgestattet wurden, was sie trotz ihres ansonsten menschlichen Erscheinungsbildes sehr fremd wirken lässt – ein echter und recht einfacher Clou des Make-Up-Departements – , wurde eigens eine Sprache aus seltsamen Klicklauten auf den Leib geschrieben, die wohl an osteuropäische Sprachen erinnern soll, tatsächlich aber so fremdartig wirkt, daß man schnell glauben kann, es mit Außerirdischen zu tun zu haben. Allerdings wird im Film Herkunft und Geschichte dieser Vampire vollkommen ausgespart. Das macht sie allerdings noch bedrohlicher und unheimlicher, weil es ihnen etwas Unnahbares gibt. Wie eine Plage, wie etwas völlig Unerwartetes und Ungreifbares, kommen sie über diese Siedlung, deren Einwohner selbst schon kauzig und fremd wirken. Und dies auch immer mal wieder betonen: Man lebt hier draußen, weil man mit den Regeln und Pflichten der sogenannten Zivilisation wenig anfangen kann.
Das funktioniert im Großen und Ganzen alles recht gut, es gibt einige durchaus passable Schockmomente, der Härtegrad des Films besticht in seiner Kompromißlosigkeit, die Bilder der in immerwährender Nacht liegenden Stadt überzeugen, vor allem, wenn die Kamera immer mal wieder über die Häuser der Ansiedlung fliegt und uns entweder das Gemetzel dort unten zeigt, oder die Verlassenheit der menschenleeren – oder besser: der mit Toten übersäten – Straßen. Es ruckelt eher beim Tempo und dem Rhythmus des Films. Immer wieder fallen einzelne, auch wesentliche, Figuren aus der Handlung, verschwinden und tauchen zum passenden (oder unpassenden) Moment wieder auf. Die Erzählung wirkt etwas uneinheitlich. Auch, daß sich das Grüppchen, auf welches der Film sich konzentriert, wirklich an die dreißig Tage und Nächte versteckt hält, wirkt aufgesetzt. Durch Einblendungen von Zeitangaben wird uns mitgeteilt, wie lange sie nun in ihrem Versteck verweilen. Man fragt sich, weshalb sie bestimmte Unternehmungen oder Fluchtversuche nicht direkt wagen, sondern erst an Tag 8 oder Tag 21 usw. Man mag das teils für Anschlußfehler halten, teils für mangelndes Gespür in Rhythmusfragen, man kann dem Film Logiklöcher unterstellen, man kann aber auch generös darüber hinwegsehen und unter „genretypische Stolpersteine“ verbuchen. Denn der Unterhaltung und vor allem der Spannung, die 30 DAYS OF NIGHT durchweg erzeugt, tut es letztlich keinen Abbruch.
David Slade, der später einen der TWILIGHT-Filme (THE TWILIGHT SAGA: ECLIPSE/2010) gedreht hat und damit sozusagen im Sujet blieb, außerdem maßgeblich an der Produktion der Fernsehserie HANNIBAL (2013-2015) beteiligt war, ist mit dieser Comic-Adaption ein durchaus ansprechender Horrorfilm im Hochglanzlook gelungen, der – gemessen an seinen Einnahmen – nicht nur die Gemeinde der eingefleischten Horror-Aficionados ansprach, sondern durchaus auch das Mainstreampublikum.