DER EINZELGÄNGER/MAN WITH THE GUN

Clint Tollinger (Rober Mitchum) kommt nach Sheridan City geritten. Ihm eilt ein Ruf voraus als Town-Tamer, als Troubleshooter für von Banditen heimgesuchte Städte. Einmal angekommen, läßt er sich zum Sheriff oder Hilfssheriff benennen und führt dann ein eisernes Regime, bis die Stadt vom Gesindel befreit ist und die braven Bürger wieder ruhig schlafen können.

Diesmal jedoch sind es private Gründe, die ihn in diese ebenfalls unter Banditen leidende Stadt führen. Er will seine Frau Nelly (Jan Sterling) finden und endlich erfahren, wie es der gemeinsamen Tochter geht, die er seit 5 Jahren nicht gesehen hat. Doch Nelly verweigert sich dem kühlen und distanzierten Mann, der seinen Gefühlen keinen Ausdruck zu verleihen vermag.

Die Stadt ist in der Hand des Großranchers Dade Holman (Joe Barry), dem auch der Saloon „The Palace“ gehört. Hier tritt eine Showgirltruppe auf, deren Managerin Nelly mittlerweile ist. Tollinger läßt sich durch den Schmied und Stadtrat Saul Atkins (Emile Meyer) anwerben, er wird Hilfssheriff.

Unmittelbar nach seiner Ernennung beginnt er damit, die Männer Holmans zu provozieren, er will, daß der Rancher, der sich auf seiner Ranch verbarrikadiert und die Stadt Jahre nicht besucht hat, zeigt. Die Methoden, die er anwendet sind rigoros, manchmal brutal und er hat auch keine Probleme damit, daß schon am ersten Tag seines Dienstes drei Leichen auf der Hauptstraße liegen. Die Versuche der Männer von der Ranch, gegen ihn vorzugehen, enden alle mit weiteren Toten und Verletzten. In der Bürgerschaft der Stadt gibt es erste Risse, ob die Idee, einen Mann wie Tollinger anzuheuern, eine gute war.

Während dieser Zeit versucht Tollinger immer wieder Kontakt zu Nelly aufzunehmen und schließlich stellt sie sich ihm. Sie sagt ihm, wie sehr er sie verletzt hatte mit seiner Kühle. Und auch, daß die gemeinsame Tochter tot ist, schon seit 3 Jahren. Tollinger will nun die Dinge auf die Spitze treiben, da er eh der Meinung ist, schon zu lange in der Stadt zu sein. Seine Jobs gehen schnell: er kommt, provoziert, räumt mit den Banditen auf und geht wieder.

Also steckt er nun den „Palace“ in Brand und tötet dabei dessen Besitzer Lesceaux (Ted de Corsia), der jedoch lediglich ein Handlanger Holmans gewesen ist. Die Bürger – sogar Atkins und seine Tochter Stella (Karen Sharpe), die Tollinger zwischen Bewunderung und Verachtung verbunden ist, sich auch ein wenig in ihn verliebt hat – sehen ihn nun als gefährlichen Mann an, der vor nichts zurückschreckt. Tollinger hatte aber von Anfang an klar gesagt, daß seine Methoden heftig seien und er keine Einmischung wünsche.

Holman versucht, Tollinger eine Falle zu stellen mit Hilfe der jungen Kittiy (Angie Dickinson), einem der Mädchen aus Nellys Truppe. Dazu will er sich Tollingers „Werte“ – in diesem Fall seine Gentleman-Art gegenüber Frauen – zu nutze machen. Allein – es gelingt nicht. Mit Hilfe des jungen Jeff Castle (John Lupton), der mit Stella verlobt und Tollinger deswegen eher feindlich gegenüber eingestellt ist, gelingt es, die Banditen auszuschalten. Verletzt liegt Tollinger auf der Hauptstraße, Nelly kommt hinzu, die Bürger, die ihn ja eher kritisch sahen, treten ebenfalls hinzu. Tollinger beschließt, den Beruf zu wechseln und seßhaft zu werden. Nelly stimmt zu.

Kaum 80 Minuten braucht Richard Wilson, um diese harte Story direkt, ohne Umschweife, zu erzählen. Robert Mitchum, der seine Coolness hier einmal mehr hervorragend ausspielen kann, stapft durch die Stadt und den Film, als sei er unberührbar, unverletzbar und unbesiegbar. Und er ist es ja auch. Dieser Tollinger ist ein Klotz, ein Mann aus Granit, der zwar Manieren hat (die ihm dann fast zum Verhängnis werden), der jedoch seine gute Kinderstube vergißt, wenn es einen Job zu tun gibt. Er ist seinen Widersachern immer voraus: Sei es, daß er, bevor sie kommen, längst den besseren Platz und damit den besseren Schußwinkel hat, sei es, daß er nunmal grundsätzlich schneller schießt, sei es, daß er offenbar keine Skrupel kennt, um an seine Ziele zu kommen. Im Kleinen zeigt sich dies anhand der Hartnäckigkeit, mit der er versucht, an Nelly heranzukommen. Immer wider taucht er vor deren Haustür auf, immer wieder versucht ihr Dinestmädchen (Maidie Norman), ihn der Tür zu verweisen. Einmal läßt er das zu, dann stellt er den Fuß in die Tür oder tritt einfach ein, was seine gute Kinderstube ebenfalls vergessen macht. Doch ist dieser Tollinger auch derjenige, der eine Veränderung durchmacht während der Geschehnisse in Sheridan City. Er wird weicher, dadurch verletzlicher und dadurch menschlicher. Gut möglich, daß die Kenntnis des Todes seines Töchterchens massiv dazu beigetragen hat. Schließlich will er sein Leben sogar klar ändern.

Ähnlich wie in Fred Zinnemanns HIGH NOON (1952) sehen wir einen Mann, der allein gegen eine vermeintliche Übermacht steht. Anders als dort, ist Tollinger ein extra dazu angestellter Revolvermann, während Will Kane der Sheriff des Städtchens war, das in HIGH NOON Angst vor Frank Miller hatte. Gleich ist in beiden Filmen, daß die Bürger der Stadt zu feige sind, selbst mit ihren Problemen fertig zu werden, bzw. zu helfen. Und wie dort sind es auch hier die Krämerseelen – also die Barbesitzer und Kolonialwarenhändler oder der Schmied – die sich nicht trauen. Und man merkt auch, daß diese Bürger sich nicht einig sind. In Gesprächen zwischen Atkins und seinen Kollegen Stadtratsverordneten kommt immer wieder zum Ausdruck, daß sie Tollinger zum einen wollen, zum anderen aber auch Angst vor ihm und vor allem vor seinen Methoden haben. Der Arzt Doc Hughes, der einmal Zeuge der Aufräumarbeiten Tollingers wurde, verweist mehrmals darauf, daß eine Medizin, die ein Geschwür beseitigen soll, oftmals bitterer sein kann, als der Grund des Übels selbst.

Wilson inszeniert das alles flott und direkt, so daß keinen Moment Langatmigkeit aufkommt. Die einzelnen Handlungsstränge – Tollinger/Nelly, Tollinger/Holman/Bürger, Tollinger /Jeff/Stella – sind so ineinander verkreuzt, daß ein guter Erzählfluß entsteht. Tollinger als Mann wird ein wenig gezeichnet wie die Westernhelden alter Schule. An einer Stelle des Films sagt er es sogar, etwas verbittert, zu Nelly: Er habe nichts anderes gelernt, er könne eben nur mit zwei Pistolen umgehen und so sein Geld verdienen. Damit steht er in einer Reihe mit den großen Westernern. Allerdings erzählt dieser Film aus einer Zeit, da die Ära der reinen Helden längst abgelaufen ist. Einer wie Tollinger stellt sich zwar in den Dienst des Gesetzes (das hier in Form von Marshal Lee Sims einen eher bräsigen Eindruck macht; erst als Tollinger Erfolge hat, stellt sich der Marshal hinter ihn), methodisch unterscheidet er sich allerdings nicht von den Banditen, im Gegenteil, in gewissem Sinne geht er viel weiter als diese.

Dies ist keins der für die 50er Jahre so typischen Edelepen. Es ist ein eher kleiner Film, der Mitchum die Bühne bietet, die er braucht, um seine speziellen Fähigkeiten auszuspielen. Und das tut er dann perfekt. Es ist ein Stadtwestern, das Land und v.a. die Bewohner dieses Landes bekommen wir nie oder selten zu sehen, Indianer spielen in diesem Film keine Rolle und kommen auch nicht vor. Nein, MAN WITH THE GUN (1955) erzählt aus einer Zeit, da der Westen langsam befriedet wurde und diejenigen, die gestern noch frei und wild leben konnten, entweder bei den Großgrundbesitzern unterkriechen und deren Handlanger werden, oder sie stellen ihre Fähigkeiten eben in den Dienst des Gesetzes. Es geht darum, das Land zu befrieden. Wie es von seinen Ureinwohnern entleert wurde, davon erzählen andere, breitere, epischere Filme.

Dies jedenfalls ist ein wunderbares Robert-Mitchum-Vehikel und ein Kleinod des Westerns.

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