DER HERRSCHER VON CORNWALL/JACK THE GIANT KILLER
Ein Prototyp des Stop-Motion-Films in seiner klassischen Epoche
Einst wurde der Zauberer Pendragon (Torin Thatcher) aus dem Königreich Cornwall verbannt. Er lebt nun, umgeben von seinem treuen Diener Garna (Walter Burke), von Hexen, Riesen und anderen mythischen Wesen, auf einer weit vor der Küste gelegenen Insel.
Am Geburtstag der Prinzessin Elaine (Judith Meredith) gelingt es Pendragon, sich unerkannt unter die Gäste zu mischen und mit seinem Geschenk den Riesen Cormoran in ihre Gemächer zu schmuggeln. In der Nacht wächst der Riese zu seiner vollen Größe heran und entführt die Prinzessin.
Unterwegs zum Strand, wo das Boot liegt, mit dem Cormoran die Prinzessin zu Pendragons Insel verfrachten soll, kommt der Riese am Hof von Jack (Kerwin Mathews) vorbei. Jack gelingt es nach einem harten Kampf, Cormoran zu töten und Elaine zu retten.
Zurück im Schloss schlägt Elaines Vater König Mark (Dayton Lummis) Jack zum Ritter und ernennt ihn zu Elaines persönlichem Beschützer. Dann schickt er seine Tochter in Jacks Gesellschaft außer Landes. Sie soll in Frankreich Schutz finden, bis sich die Lage in ihrer Heimat beruhigt hat.
Elaine und Jack gehen an Bord des Schiffes eines schottischen Kapitäns (Robert Gist). Doch Elaines Zofe Lady Constance (Anna Lee) wurde von Pendragon verhext und dient ihm nun als Botschafterin. So erfährt der böse Zauberer von Elaines Flucht. Er schickt seine Hexen zum Schiff, wo es zu einem Kampf kommt, bei dem der Kapitän getötet und die Prinzessin entführt wird.
Während Jack die Besatzung des Schiffs nicht davon überzeugen kann, die Verfolgung aufzunehmen und über Bord geworfen wird, gefolgt von Peter (Roger Mobley), dem Sohn des toten Kapitäns, verhext Pendragon auch die Prinzessin, sobald sie bei ihm auf der Insel eingetroffen ist. Dann begibt er sich an den Hof von König Mark und fordert ihn auf, sein Königreich innerhalb einer Woche an den Zauberer zu übergeben, sonst stirbt Elaine.
Nachdem Pendragon verschwunden ist, erkennt Mark anhand ihres Spiegelbilds, dass Lady Constance im Bann des Zauberers steht. Er zerschlägt den Spiegel und befreit damit die Zofe vom Fluch. Ihr wird klar, was sie getan hat.
Jack und Peter wurden von dem Wikinger Sigurd (Barry Kelley) an Bord seines Schiffes genommen. Hier machen sie auch die Bekanntschaft eines in Versen redenden Kobolds (Don Beddoe), der in eine Flasche gesperrt wurde, weil er sich Siebenmeilenstiefel ergaunert hat. Er verspricht Jack Hilfe, wenn der ihn anschließend befreit.
So segeln die vier zu Pendragons Insel, wo Jack sich daran macht, Elaine zu finden und zu befreien. Die ist allerdings auch im Bann des Zauberers und mit ihrer Hilfe lockt er Sigurd und Peter in eine Falle und verwandelt den Wikinger in einen Hund, Peter in einen Affen.
Dennoch können die beiden Jack zur Seite stehen und auch bewaffnet mit den Zaubermünzen des Kobolds dabei helfen, die Hexen und erneut einen – diesmal doppelköpfigen – Riesen zu besiegen, die Pendragons Burg bewachen. Unter anderem beschwört der Kobold dazu ein Seeungeheuer, das es mit dem Riesen aufnimmt.
Indem Jack einen Spiegel zerschlägt, gelingt es ihm, Elaine vom Zauberbann zu befreien, wodurch auch Sigurd und Peter ihre menschliche Gestalt zurückgewinnen.
Schließlich verwandelt Pendragon sich in einen Drachen, der Sigurds Schiff angreift, als die Freunde zu entkommen versuchen. Jack kämpft, am Fuß des Drachen hängend, in den Lüften mit seinem Widersacher und tötet diesen. Dadurch ist Pendragons Zauber endgültig besiegt, die Burg stürzt zusammen und verschwindet im Meer.
JACK THE GIANT KILLER (1962) ist ein Beispiel für jene Filme, die weniger wegen schauspielerischer Leistungen, ihrer tiefgreifenden Dramaturgie oder gar wegen einer ausgefeilten Inszenierung in Erinnerung geblieben sind, sondern vielmehr für die liebevolle Hingabe, mit der die Trickspezialisten und Ausstattungstechniker fremdartige Wesen, riesige Affen, bedrohliche Dinosaurier, fliegende Pferde, mehrköpfige Riesen, Drachen oder Dschinns und farbenfrohe Märchenwelten auf die Leinwand zauberten und damit Generationen jugendlicher Kinogänger – später die, die diese Filme an langen Nachmittagen im Fernsehen sehen durften – die Magie des Kinos vermittelten.
Sicherlich ist dies nicht der beste Beitrag zum Genre des Fantasyfilms und Regisseur Nathan Juran hatte bereits mit THE SEVENTH VOYAGE OF SINDBAD (1958) einen die Zeit sicherlich besser überdauernden abgeliefert, dennoch ist dieser kleine Film einer Betrachtung wert. Denn er bringt Vieles exemplarisch auf einen Nenner, was für den klassischen Fantasyfilm typisch ist. Inklusive der ebenfalls charmanten Unzulänglichkeiten, die sie im Vergleich mit den modernen, zwar perfekt anmutenden aber oft seelenlosen, am und im Rechner hergestellten Spezialeffekt-Gewittern aufweisen.
Da ist zunächst eine Welt, die sich zwar an das historische Mittelalter anlehnt, in der jedoch völlig selbstverständlich mythische Figuren – in diesem Fall vor allem Riesen, Hexen und Zauberer – existieren, handeln und funktionieren. Es gibt einen Helden, der dem „einfachen Volk“ entstammt, sich aber als jedem edlen Recken ebenbürtig erweist, indem er Riesen tötet und die Prinzessin rettet. Es gibt eine klassische Auseinandersetzung mit einem klassischen Bösewicht – ein Zauberer, der mit der Entführung der Prinzessin die Macht über das titelgebende Königreich Cornwall erringen will – , es gibt den klassischen Side-Kick in Gestalt eines kleinen Jungen, dem der Held das Leben rettet und dem er den in einem ehrenhaft ausgefochtenen Kampf gefallenen Vater ersetzt. Es kommt zu weiteren Auseinandersetzungen mit den erwähnten mythischen Wesen und schließlich zu einem Showdown mit dem Antagonisten und schließlich zur Eheschließung zwischen dem „einfachen“ Helden und der Prinzessin. Wobei erwähnt sei, dass letzteres naheliegt, nicht jedoch gezeigt wird; der Film setzt voraus, dass die Zuschauer*innen automatisch davon ausgehen, dass dies geschieht.
Das Drehbuch von Orville H. Hampton und Regisseur Nathan Juran weist wenig Originelles auf, aber wie eingangs erwähnt, kommt es darauf auch nicht an. Im Gegenteil. Die Story muss möglichst einfach, aber actionreich sein, um dem Team der Trickspezialisten um Augie Lohmann, Tim Bear und Howard A. Anderson viel Raum für ihre Kunst zu bieten. Denn es ist klar, dass es vor allem die Spezialeffekte sind, die einen Film wie diesen für das – meist kindliche, mindestens jugendliche – Publikum interessant machen. Diese allerdings – und da beginnt die kritische Analyse des Films – können in keinem Moment mit den meisterhaften Werken eines Willis O´Brien, der einst für die Stop-Motion-Effekte in dem zeitlosen Klassiker KING KONG (1933) verantwortlich war, mithalten, noch mit denen des Großmeisters der Stop-Motion Ray Harryhausen, der in 20 MILLION MILES TO EARTH (1957) und THE SEVENTH VOYAGE OF SINDBAD auch mit Regisseur Nathan Juran zusammengearbeitet hatte.
Sind die Riesen zu Beginn und am Ende des Films noch recht eindrucksvoll und ist vor allem Jacks Kampf am Strand hervorragend in Szene gesetzt, wobei vor allem originell mit Größen- und Tiefenverhältnissen zwischen Mensch, Riesen und der Umgebung, in der sie miteinander ringen, gespielt wird, bleibt selbst geneigten Zuschauer*innen nicht viel mehr als ein verlegenes Grinsen im Angesicht des Seeungeheuers, das der in einer Flasche gefangene Kobold herbeizitiert, um Jack und den Seinen zu helfen. Das nämlich erinnert an die Knetfiguren, die man aus der SESAMSTRASSE kennt, weniger an ein furchteinflößendes Wesen aus der Tiefsee. Ähnlich ergeht es zumindest dem heutigen Publikum hinsichtlich der Wesen, mit denen der Zauberer Pendragon sich auf seiner Insel umgibt. Die Hexen, Trolls und was auch immer diese zotteligen Gestalten darstellen sollen, evozieren eher Gedanken an Figuren aus der Fassenacht oder an den Krampus herauf, als dass sie an die Hexen bspw. in Shakespeares MACBETH denken lassen. Furchteinflößend sind diese Wesen jedenfalls nicht.
À propos Shakespeare: Pendragon und seine Insel mit all diesen etwas lächerlich wirkenden Figuren erinnern sicherlich nicht ganz zufällig an des Meisters Stück THE TEMPEST, in welchem der Zauberer Prospero auf einer Insel über den Luftgeist Ariel und das Wesen Caliban gebietet. Der Name Pendragon wiederum verweist auf die Artus-Sage, in welcher der Vater des mythischen Königs den Namen Uther Pendragon trägt. Buch und Regie bedienen sich für JACK THE GIANT KILLER also fröhlich in der britischen Mythen-, Sagen- und Kulturgeschichte und wie der Name des Originals bereits andeutet, lehnt der Film sich an das britische, seinerseits auf die Sage von König Artus verweisende, gleichnamige Märchen JACK, DER RIESENTÖTER an, mit dem er allerdings kaum noch Übereinstimmungen aufweist.
Wie wenig ernst es Buch, Regie und die Ausstatter mit der historischen oder auch der literarischen Genauigkeit nehmen, beweist der muntere Sprung durch die Epochen: Mal eindeutig dem Mittelalter zuzuordnen, dann, sobald Jack und Elaine in See stechen, damit die Prinzessin sich in Sicherheit bringen kann, erinnern die Kostüme eher an das frühe 18. Jahrhundert usw.
Doch – und damit schließt sich der Kreis zu den einführenden Absätzen – kommt es bei einem Film wie diesem überhaupt nicht darauf an. So schwach Jurans Film bei genauerer und vor allem kritischer Betrachtung auch scheinen mag, er erfüllt eben genau das, was von einem Werk wie diesem erwartet wird: Er entführt sein jugendliches, leichtgläubiges und freudig eine solche Reise erwartendes Publikum für anderthalb Stunden aus jedweder Realität hinein in eine Welt der Fantasie und der Märchen. Wenn der Vorhang fällt, ist die Realität schneller wieder da, als man denkt. So betrachtet, ist dies ein archetypischer Vertreter des Genres, der bespielhaft seine Stärken und Schwächen vorführt.