KATZENMENSCHEN/CAT PEOPLE

Jacques Tourneur lässt den Horror auf leisen Pfoten heranschleichen

Im New Yorker Zoo lernt der Ingenieur Oliver Reed (Kent Smith) die geheimnisvolle Modezeichnerin Irena Dubrovna (Simone Simon) kennen. Er begleitet sie nach hause. Dort zu einem Kaffee eingeladen, fällt ihm die Statuette eines Ritters auf, der eine Katze auf seinem in die Höhe gereckten Schwert aufspießt. Irena erklärt ihm, dies sei König Johann, der einst das Christentum nach Serbien gebracht und die muslimische Bevölkerung vertrieben habe. Er habe aber auch dafür gesorgt, daß den Serben vor- und unchristlicher Aberglaube und Hexerei ausgetrieben worden seien. Die Katze symbolisiere den Unglaube, aber auch sündhaftes und frevlerisches Verhalten.

Bei einem erneuten Treffen will Oliver Irena ein Kätzchen schenken, das er eigens aus einer Tierhandlung mitgebracht hat. Doch die Katze will sich nicht von Irena berühren lassen. Also bringen sie das Tier zurück, doch als sie den Laden betreten, bricht unter den Tieren in ihren Käfigen ein Aufruhr aus. Irena bedeutet Oliver, daß sie vor der Tür warte. Er misst dem Zwischenfall keine weitere Bedeutung bei, doch die Dame im Laden zeigt sich verwundert über das Verhalten der Tiere. Oliver tauscht die Katze gegen einen Vogel.

Schnell verlieben sich Oliver und Irena ineinander und schon bald steht die Hochzeit an. Das Ehepaar und seine Freunde – darunter einige der Kollegen aus dem Schiffbau-Büro, in dem er arbeitet – feiern in einem serbischen Restaurant. Olivers Vorgesetzten fällt eine Dame am Nebentisch auf, die sie an eine Katze erinnert. Als die Dame das Lokal verlässt, bleibt sie am Tisch stehen und grüßt Irena mit den Worten „Moja Sestra“ – meine Schwester. Dann geht sie. Irena scheint verstört.

Oliver, der alle seine Gedanken und auch Gefühle mit seiner Kollegin und Freundin Alice Moore (Jane Randolph) teilt, berichtet dieser davon, daß Irena sich sämtlichen ehelichen Pflichten verweigere, in einem eigenen Schlafzimmer ruhe und Geduld von ihm verlange. Sie hat ihm erzählt, daß sie einem Geschlecht von sogenannten Katzenmenschen angehöre. Sobald sie ihren Emotionen freien Lauf ließe, sich streite oder gar eifersüchtig werde, verwandle sie sich in ein pantherartiges Wesen und töte die ihr Nahestehenden. Weshalb sie weder Freunde noch je einen Geliebten gehabt habe.

Irena will den Vogel, den Oliver ihr geschenkt hat, streicheln, doch das Tier ist außer sich und stirbt an einem Schock, als sie nach ihm greift. Bei gelegentlichen Besuchen im Zoo bleibt Irena immer wieder vor dem Panthergehege stehen und betrachtet das gefangene Tier, dem der Zoowärter unterstellt, eine Ausgeburt des Teufels, etwas zutiefst Böses zu sein.

Alice empfiehlt Oliver Dr. Judd (Tom Conway), einen Psychiater, der auch ihr einmal geholfen habe, als sie nicht mehr weiter wusste. Irena bekommt mit, daß Oliver Alice von ihren Ängsten berichtet hat und es kommt zu einer Szene, weil sie sich von ihm hintergangen fühlt. Dennoch sucht sie Dr. Judd auf, der sie unter Hypnose befragt und allerlei Wissenswertes aus ihrem Leben und ihrer Vergangenheit erfährt. Dennoch ist er der Meinung, es handle sich um unterdrückte und verdrängte Ängste, die Irena in der Geschichte um die Katzenmenschen lediglich narrativ zu verarbeiten versuche.

Dr. Judd hat sich während der Behandlung, die Irena schnell wieder abbricht, da sie ihr nicht zu helfen scheint, in seine Patientin verliebt. Daheim kommt es zwischen Irena und Oliver vermehrt zu Streitereien, obwohl sie ihn inständig bittet, niemals mit ihr zu streiten oder sie eifersüüchtig zu machen, da dies zur Folge habe, daß sie sich verwandle und für ihn zur Bedrohung werde.

Oliver leidet zusehends unter den Begleitumständen seiner Ehe. Zugleich gesteht Alice ihm eines Tages, daß sie schon lange in ihn verliebt sei. Oliver beginnt, über das Wesen der Liebe nachzudenken und begreift, daß er Irena keineswegs liebt, sondern lediglich ihrer Faszination, letztlich ihrer sexuellen Ausstrahlung und Anziehung verfallen ist. Nun erkennt er auch, daß er viel mehr in Alice verliebt ist, die mit ihrem Selbstbewußtsein und ihrer forschen Art einer Großstädterin auch besser zu ihm passt.

Mit seiner Entscheidung, sich scheiden zu lassen, konfrontiert, verfällt Irena in eine emotionale Starre. Nun häufen sich Vorfälle, die bedrohlich wirken: Eines nachts auf dem Nachhauseweg fühlt Alice sich verfolgt, bei einer anderen Gelegenheit, als sie im Pool ihres Wohnhauses schwimmen will, hört sie Geräusche und scheiinbar das Fauchen eines Panthers. Sie springt in den Pool und beobachtet verängstigt die Schatten um den Beckenrand, bis die Dame vom Empfang sie hört und zur Hilfe eilt. Zugleich taucht auch Irena auf und teilt Alice mit, sie habe mit ihr reden wollen. Irena gibt Alice deren Bademantel, der vollkommen zerrissen ist.

Bei einem weiteren Besuch bei Dr. Judd wird Irena damit konfrontiert, daß der Arzt sie mittlerweile für ernsthaft gefährdet hält, einem Wahn zu verfallen. Er bietet ihr an, sie in einem Sanatorium unterzubringen, wo sie geheilt werden könne. Sie lehnt dies aber ab.

Auch Alice und Oliver sprechen mit Dr. Judd. Sie wollen die Ehe lösen, zugleich aber auch, daß Irena Hilfe erhält, da sie weiterhin davon ausgehen, daß bei ihr wahnhafte Züge für Halluzinationen und Einbildungen sorgen. Allerdings ist Alice mittlerweile nicht mehr ganz so sicher, ob Irenas Geschichten von Verwandlungen und Tierwesen nicht doch der Wahrheti entsprechen. Bei einem weiteren Treffen mit Dr. Judd, diesmal alleine, erzählt sie ihm von diesen Befürchtugnen. Doch Dr. Judd beruhigt sie – es seien ihre eigenen Ängste und ihr schlechtes Gewissen gegenüber Irena, die sie nun ebenfalls an die Geschichten glauben ließen, die Irena verbreite.

Dr. Judd stellt Oliver vor die Möglichkeit, die Ehe annullieren zu lassen oder aber als ihr Ehemann dafür zu sorgen, daß sie eingewiesen werde. Dann sei allerdings rechtlich eine Scheidung nicht möglich. Oliver will, daß Irena Hilfe erhält. Er, Alice und Dr. Judd verinbaren mit Irena ein Treffen in deren Wohnung.

Doch zum angegebenen Zeitpunkt taucht Irena nicht auf. Oliver und Alice gehen zurück in ihr Büro, Dr. Judd, der durch einen Trick dafür gesorgt hat, daß die Tür der Wohnung offenbleibt, kehrt zurück und wartet auf Irena.

Im Büro werden Oliver und Alice von einem Panther bedroht, der dann aber verschwindet.

In der Wohnung treffen Irena und Dr. Judd aufeinander. Dr. Judd versucht, sie zu küssen, gesteht ihr, daß er sich in sie verliebt habe und deutet an, daß ein Kuss möglicherweise jene Fesseln lösen könnne, die sie von ihrem Glück abhielten. Doch Irena scheint sich in ein Katzenwesen zu verwandeln, es kommt zu einem Kampf, bei dem der Doktor getötet wird, nicht jedoch, bevor er das Wesen mit einem Dolch, der in seinem Spazierstock versteckt ist, verletzt hat.

Oliver und Alice kommen zur Wohnung und finden dort einen Pulk Menschen vor, die Leiche des Doktors weist Spuren von Bissen und Krallen auf.

Oliver und Alice eilen zum Zoo, wo die tödlich verletzte Irena den Panther befreit hat, der aus dem Käfig entflohen ist und auf der Straße von einem Taxi überfahren wurde. Vor dem Pantherkäfig findet das Paar die tote Irena.

Jacques Tourneur war bereits in den frühen Jahren Hollywoods mit seinem Vater Maurice Tourneur, einem Pionier des Films, in die entstehende Traumstadt gekommen, wo er bei dessen Filmen assistierte und sich in allerlei kleinen Jobs bei größeren Studios versuchte, bis er 1931 die Chance erhielt, selber bei einem französischen Film Regie zu führen. Seine Laufbahn sollte jedoch erst Anfang der 40er Jahre Fahrt aufnehmen, nachdem er den Regisseur und Produzenten Val Lewton kennenlernte, der beim Studio RKO als Chef einer neuen Abteilung eingesetzt worden war, die speziell billige und dadurch möglichst profitable Horrorfilme produzieren sollte – eine Formel, die die Universal Studios seit den 30er Jahren entwickelt hatten und die RKO, welche in eine finanzielle Schieflage geraten war, wieder sanieren sollte. Lewton bot Tourneur an, beim ersten der unter seiner Ägide zu drehenden Filme die Regie zu führen und der Regisseur nahm das Angebot nur allzu gern an.

CAT PEOPLE (1942) sollte der Titel des Streifens lauten. Er setzte den Maßstab für die RKO-Horrorfilme, die sich von den Produktionen der Universal Studios unterscheiden  sollten, indem sie weniger auf Schocks und Schauereffekte, dafür auf eher hintergründigen, subtilen Schrecken setzten. Tourneur war der richtige Mann dafür. Was er meisterlich beherrschte, war das Spiel mit Licht und Schatten. Was er angeblich nicht mochte, war der Begriff „Horrorfilm“. CAT PEOPLE kann man als Beleg für beide Aussagen betrachten. Der Film ist ein Meisterstück der düsteren Leinwand, ein wahres Lehrbeispiel, wie man Schatten symbolisch  einsetzen kann, zugleich funktioniert er auf vielerlei Weise und Ebenen, wobei die des „Horrors“ möglicherweise sogar die geringste ist. Es ist ein Melo um eine Ehe, die nicht funktioniert, das Psychodrama einer Frau, die mit ihren inneren Dämonen ringt, ein Spiel mit Metaphern und Allegorien und eine Auseinandersetzung der Moderne mit dem Aberglaube und seinen Auswirkungen in scheinbar aufgeklärten Zeiten. All das kann man nur unschwer aus Tourneurs Film herauslesen. Leider kann man ihn auch als ein Beispiel dafür betrachten, daß im frühen Horrorfilm Hollywoods – und dort gerade auch in Tourneurs Verantwortung –  immer wieder Werke entstanden, die einen gewissen Rassismus, Ressentiments und eine deutliche Misogynie transportierten.

Nach einem Script des Bühnenautors DeWitt Bodeen erzählt Tourneur von einer serbisch-stämmigen jungen Frau, die eine seltsame Obsession für den Panther im Zoo von New York hegt, dort einen Mann kennenlernt, in den sie sich schnell verliebt und der sie ebenso schnell heiratet. Erst nach der Hochzeit erzählt sie ihm davon, daß sie zu einem Geschlecht sogenannter Katzenmenschen gehört. Diese seien einst von König Johann, der das Christentum in Serbien verteidigte, verfolgt und in die Berge getrieben worden. Wenn sie Zorn, zu große Leidenschaft oder gar Eifersucht verspüre, verwandle sie sich in ein einem Panther ähnliches Wesen und würde zu einer Gefahr für jeden, der sich ihr in den Weg stelle. Deshalb sei sie nicht in der Lage, ehelichen Pflichten nachzukommen und Oliver, ihr Gatte, dürfe sie niemals wütend oder eifersüchtig machen. Um ihre Ängste in den Griff zu bekommen, sucht sie schließlich einen Psychiater auf, der ihr verdeutlichen will, daß sie unter Halluzinationen und Verbildlichungen ihrer eigenen Ängste und Befürchtungen leide – zugleich verliebt er sich aber auch in die rätselhafte Frau.

Zu allererst ist es die Diskrepanz von Moderne und Aberglaube, die in CAT PEOPLE ins Auge sticht. Schon bei ihrem ersten Treffen erzählt Irena, die Dame aus Serbien, Oliver, der als Ingenieur bei einem Schiff- und Bootsentwickler arbeitet, von der Legende ihres Heimatdorfes, die von den Katzenmenschen handelt. Oliver wird in ihrem Appartement auf die Statue eines Reiters aufmerksam, eben jener besagte König Johann, der eine Katze auf seinem Schwert aufspießt. Diese, so erklärt Irena, stünde für das sündige, unchristliche Leben, dem sich ihre Vorfahren verschrieben hätten und die deshalb der Hexerei verdächtigt wurden. Folgerichtig spielen Katzen in Tourneurs Film eine große Rolle: Auf einer Zeichnung Irenas gleich zu Beginn des Films sehen wir einen von einem Schwert durchbohrten Panther; Oliver will Irena eine Katze als Haustier schenken, doch diese sträubt sich, will nicht von der jungen Frau berührt werden; als die beiden das Tier in einer Tierhandlung gegen einen Vogel umtauschen wollen, entsteht Aufruhr im Laden – sämtliche Tiere, ob Katzen, Hunde oder Vögel, beginnen zu kreischen, zu winseln und in ihren Käfigen wie wild hin und her zu rennen; immer wieder hört man von der Gasse hinter dem Haus, in dem Irena lebt, Katzenjaulen; im Ingenieurs-Büro gibt es eine Katze, mit der sich Olivers Kollegin und Freundin Alice auffallend gut versteht.

Es sind immer nur kleine Gesten, Symbolismen und Hinweise, die Tourneur dem Publikum liefert, um für Verunsicherung zu sorgen und anzudeuten, daß an Irenas Geschichte eben doch mehr dran sein könnte, als ihre Freunde glauben wollen. In einem Restaurant spricht sie eine Fremde auf Serbisch an und nennt sie „Schwester“, als Irena den Vogel aus seinem Käfig nehmen will, um ihn zu streicheln, stirbt er vor Schrecken, sobald Irena jemand zu nah kommt oder sie argumentativ in die Ecke drängt, beginnt sie, an einer Art Siegelring zu spielen, dessen tiefere Bedeutung wir nie erfahren.

Tourneur lässt seine Geschichte bewusst in New York spielen, in einem für die 40er Jahre typischen Setting aus Art déco, mondänen Eingangsbereichen und moderner Technik, die Damen tragen breitschultrige Kostüme und die Herren sind ebenfalls nach der letzten Mode gekleidet. Lediglich das Haus, in dem Irena lebt, weist Merkmale des Vergangenen auf: Eine breite Treppenflucht und Flügeltüren weisen auf etwas Verwunschenes, Altmodisches hin. Ansonsten könnte uns das Setting des Films nicht vertrauter vorkommen und wäre nichts unangebrachter, als ein Aberglaube um Halbwesen und Verwandlungen in mythische Tiere. Mit dem Auftritt des Psychiaters Dr. Judd setzen Buch und Regie auf den damals in Hollywood beliebten letzten Schrei: Die Psychoanalyse. Dr. Judd versucht Irena klarzumachen, daß sie unter Ängsten leidet, die aus ihrer Vergangenheit herrühren, in einer späteren Szene spricht er mit Alice, nachdem diese erstmals fürchtet, daß Irenas Geschichten doch wahr sein könnten, und erklärt ihr, daß sie, die sie sich in Oliver verliebt habe, unter Ängsten der Gegenwart litte, nämlich einem schlechten Gewissen. In Dr. Judds Welt ist alles erklärbar, zu analysieren und dadurch nachvollziehbar und letztlich auch heilbar. Er ist der absolute Vertreter der Moderne und ihres wissenschaftlichen Ansatzes.

Dennoch wird er von der Maske mit einem Menjou-Bärtchen ausgestattet, das ihn als Dandy ausweist, etwas halbseiden wirken lässt und vielleicht andeutet, daß er Hintergedanken hegt. Genau diese offenbart er natürlich in dem Moment, in dem er Irena zwingen will, ihn zu küssen, weil sie ihn fasziniere und er sich in sie verliebt habe, zugleich aber glaubt, ein Kuss könne schon therapeutische Wirkung erzielen, da er Irenas unterdrückte Leidenschaft freisetzte. Obwohl der Psychiater, bzw. der Psychologe in der Gestalt des Analytikers, in den 1940er Jahren langsam ein positives Image in Hollywood bekam, galt er doch lange Zeit als Teil jener Wissenschaft, die anmaßend ist, voller Hybris und gerade im Horrorfilm, als „Weird Scientist“ – Dr. Frankenstein war hier das Vorbild – , wieder und wieder auftaucht und für Schrecken sorgte. In CAT PEOPLE übernimmt Dr. Judd also eine Doppelfunktion, wenn er einerseits als Vertreter der Moderne auftritt und zugleich doch beweist, daß sich hinter dem klugen Kopf auch etwas Verschlagenes findet.

Man kann als Zuschauer also recht lange daran festhalten, daß Irenas Ideen wirklich nur Hirngespinste sind. Oder  gar – und da weist die Geschichte die erwähnten frauenfeindliche Aspekte auf – Versuche, ihren Mann zu binden, durch ihre Egozentrik, ihre Leiden zu domestizieren und zugleich seine sexuellen Gelüste unter Kontrolle zu halten, wie sie die eigenen kontrollieren muß. Tourneur, der später mit OUT OF THE PAST (1947) eines der wesentlichen Werke des ‚Film Noir‘ drehte, ein Genre (wenn man so will), das grundlegend starke, eigenwillige Frauen, sogenannte Femmes fatales, präsentierte und mit eher schwachen Männern zusammenbrachte, deren Untergang sie meist waren, nutzt das stereotype Muster auch in CAT PEOPLE. Allerdings in gespaltener Weise: Irena lässt eher Merkmale der Femme fragile erkennen, also einer eher zarten und feingliedrigen, geheimnisvollen und zurückhaltenden Frau, während Alice jene Aspekte der Femme fatale erfüllt, die diesen Typus so stark und für Männer damals bedrohlich wirken ließen. Alice ist selbstbewusst, zunächst eher burschikos, sie ist für Oliver ein Freund, wenn nicht gar ein Kumpel, mit dem er in den Pausen raucht und nach der Arbeit einen Drink zu sich nimmt. Zudem arbeitet sie – ohne, daß ihre Profession je näher benannt wird – offenbar gleichberechtigt im Ingenieurbüro, also in einem technischen Beruf, der ebenfalls die Moderne symbolisiert. Irena hingegen ist Modezeichnerin, musisch veranlagt, still, jedoch weitaus bedrohlicher als Alice. Irena bittet Oliver um seine Freundschaft, zwei Szenen später sind die beiden verheiratet, kaum verheiratet, erklärt sie ihm, daß sie gefährlich sei und für sich bleiben müsse. Und Oliver ist schließlich bereit, sich all ihren Wünschen – getrennte Betten und getrennte Zimmer, Nachsicht und Geduld etc. – zu beugen. Anzeichen einer Hysterie, Versuche, einen Mann zu ent-mannen, gar Kastrationsängste, Verweichlichung durch die Fesseln des Häuslichen – das Buch von Bodeen ist voller subtiler Anspielungen und leiser Verweise.

Daß Irena zudem aus Serbien stammt, gibt ihr etwas Geheimnisvolles, darin Universals Graf Dracula oder auch dem Baron Frankenstein nicht unähnlich, und dem Film einen Hauch des Xenophoben. Wie so oft im Horrorfilm jener Jahre, kommt die Bedrohung aus Ländern und Gegenden, unter denen sich ein amerikanisches Publikum kaum etwas vorstellen konnte, die zugleich aber im Ruf standen, rückständig zu sein, Länder, in denen Aberglaube und Mystizismus noch starke Kräfte waren. Was in CAT PEOPLE eher unterschwellig anklingt, wird bei Tourneurs eigenem I WALKED WITH A ZOMBIE (1943) virulent. Selten, außer vielleicht in KING KONG (1933), ebenfalls eine RKO-Produktion, wurde Rassismus auf der Leinwand so deutlich ausgespielt, wie in I WALKED WITH A ZOMBIE.

Aus der Melange von Irenas Ängsten und Olivers zusehends schwindenden Verständnisses, geht das Ehedrama hervor. Oliver verfällt Irena, doch er kennt sie nicht, schlägt alle Warnungen in den Wind und merkt zu spät, daß Anziehung – letztlich sexuelle Attraktion, die ja von einer animalischen, „katzenhaften“ Frau ausgehen soll – nicht mit der Liebe zu verwechseln ist. Die erfordert dann eben doch Vertrauen, Hingabe, den Glaube an das Miteinander, also alles, was Irena nicht bieten kann oder will. Und ist in Tourneurs Lesart erstaunlich a-sexuell. Oliver erkennt, fast zu spät, daß Alice die Frau ist, an deren Seite er glücklich werden kann. Er bittet Dr. Judd um Hilfe, der ihm erklärt, er könne die Ehe annullieren lassen, dann sei er frei, oder seine Gattin einweisen lassen, dann aber sei eine Scheidung unmöglich. Oliver, aufrecht und ehrlich, wie er ist, entscheidet sich für die Einweisung. Er will Irena nicht allein lassen mit ihren inneren Kämpfen. Und Dr. Judd ist seinerseits längst dem Animalischen, der Anziehung der geheimnisvollen Frau verfallen. Eine Einweisung macht sie ihm erreichbar und bietet ihm die Möglichkeit, über sie zu verfügen. Für sein zwielichtiges Verhalten wird er schließlich mit dem Tode bestraft, wie es der moralische Code in Hollywood verlangte. Dr. Judd ist es, der in einem wilden Kampf von einem Panther getötet wird. Zuvor bedroht ein nicht sichtbares Wesen zwei Mal Alice und sie und Oliver werden im Büro von einem Panther – es ist die einzige Szene, in der das Tier wirklich sichtbar ist – bedroht, der sich dann aber entfernt.

Die von allen verkannten inneren Kämpfe, die Irena durchzustehen hat, entpuppen sich also als wirklich. Sie ist ein Halb- oder Tierwesen, das sich verwandelt, wenn ihre Emotionen überkochen. Und dennoch kann sie sich auch kontrollieren, lässt Oliver in sein Glück entkommen und greift Alice weder auf der Straße an, noch im Swimming Pool. Beides Gelegenheiten, in denen das Tier in Irena Rache hätte nehmen können. Rache für unerwiderte Liebe, für Eifersucht und Verrat. Das ist die tragische Seite, die Tourneur seinem Drama einschreibt. Die sterbende Irena befreit schließlich den Panther im Zoo – ein Akt der symbolischen Entfesselung, Endlich, im Tode, kann sie sich íhren inneren Kräften überlassen. Doch wird das Tier umgehend überfahren. Man mag auch dies als dem moralischen Code jener Jahre entsprechend betrachten. Doch vielleicht verdeutlicht dieses Ende auch nur die Einsamkeit einer Frau wie Irena, deutet an, daß in der Zivilisation kein Platz mehr ist für Enthemmung, für entfesselte Sexualität, für das Animalische. Melodramatisch ist ist letztlich vor allem Olivers Rolle, hin und hergerissen zwischen zwei Frauen, zwischen unerfülltem Begehren und ehrlicher Liebe und Zuneigung.

Die eigentliche Meisterschaft des Films liegt jedoch in seiner Visualisierung. Tourneur macht die Bilder enorm dunkel, manchmal werden die Figuren von den Schatten geschluckt und dann, wenn sie wieder vor ein Fenster oder in den Schein einer Straßenlaterne treten, gleichsam wieder ausgespuckt. Bei einem ihrer ersten Treffen sitzen Irena und Oliver im dunklen Zimmer und lediglich die äußersten Ränder ihrer Gesichter und Figuren werden vom Straßenlicht beschienen, während ihre Körper mit der Dunkelheit verschmolzen scheinen. Das Düstere, der schwarze Rücken eines jeden Menschen, seines Charakters, kann kaum besser symbolisiert werden, als Tourneur und sein Kameramann Nicholas Musuraca dies in diesen Szenen gelingt. Diese beiden Figuren scheinen auszufransen, erscheinen uneinheitlich, müssen wohl etwas Dunkles, vielleicht Unentdecktes in sich zu tragen. Erst im Laufe des Films treten Oliver und Alice immer weiter ins Helle, werden dadurch aber auch von Irena getrennt. Es gibt Szenenfolgen, in denen immer das Paar Oliver/Alice in einer Kadrierung erscheint, dann im Umschnitt Irena allein gezeigt wird. Die Entfremdung setzt ein, die Trennung wird immer offensichtlicher. Und doch bleibt alles im Vagen. Nichts wird ausgesprochen oder gar gezeigt. Selbst der Angriff auf Dr. Judd und Irenas Ende, wenn sie tot  vor dem Leopardenkäfig gefunden wird, lassen Spielräume zur Interpretation. Da wir nie eine Verwandlung sehen und Irena zusehends verwirrt, aber auch aggressiver erscheint – man achte auf ihre Finger, die sich wortwörtlich in die Rückenlehne des Sofas krallen, als Oliver ihr seinen Entschluß zur Trennung mitteilt – könnte sie sich die tödliche Verletzung, auch wenn alles darauf hindeutet, daß sie von dem Kampf mit Dr. Judd herrührt, selbst zugefügt haben. Und den Kampf erleben wir lediglich als Schattenspiel. Wir meinen wohl, das Abbild eines Tiers auf den Psychiater losgehen zu sehen – aber könnten wir nicht genauso gut einer optischen Täuschung unterliegen? Sitzen wir die ganze Zeit einem Hirngespinst auf? Eben jenem Hirngespinst, das auch die junge Irena an den Rand des Wahnsinns treibt? Spielt sich alles in ihrer Psyche ab und wir sind getäuscht durch ihre Wahrnehmung, die sich der Film zusehends zueigen macht und somit auch uns, das Publikum, in diesen Wahn mit einbezieht? Blicken wir auf diese Geschichte durch die Augen einer jungen Frau, die sich zwischen moralischen Ansprüchen und sexuellem Begehren zu zerreiben droht?

CAT PEOPLE bietet somit ganze Bündel von Deutungsmöglichkeiten an, wobei Sexualität und ihre Verdrängung/Unterdrückung sicher die offensichtlichsten sind. Weibliche Lust und ihre gesellschaftliche Tabuisierung, Psychose und Halluzination, Wahn und der Wunsch nach Liebe, der selbst wieder wahnhafte Züge annimmt – all diese Möglichkeiten sind im Film vorhanden. Spannung erzeugt allein die Ungewißheit. Einzelne Szenen – erwähnt sei noch einmal die Poolszene, in welcher Alice, im Badeanzug, Geräusche zu hören meint und schließlich ängstlich ins Wasser springt und in die Schatten am Beckenrand starrt, doch nichts außer dem Spiel des reflektierenden Wassers sieht – bieten einen gewissen Thrill, der sich jedoch schnell auflöst und den Zuschauer ebenso ratlos zurücklässt, wie die völlig verunsicherte Alice.

Getragen wird der Film von einer eher ruhigen Grundstimmung, bei einem gemächlichen Tempo. Daß Buch und Regie vollkommen auf Schocks und Gewalt verzichten, ist ausgesprochen ungewöhnlich für einen Horrorfilm seiner Zeit und man erkennt auch heute noch, daß Tourneur mit seinem Erstlingswerk für RKO etwas wirklich Neues gelungen ist. Psychologischer Horror im Gewand des ‚Film Noir‘, Doppeldeutigkeiten, Ambivalenzen und Symbole, Metaphern in den Bildern und Bilder als Metaphern – CAT PEOPLE zeigt, daß Horror auch anders funktioniert. Tourneur selbst mochte den Begriff nicht, wie eingangs erwähnt. Und vielleicht trifft der Begriff Psychothriller eher auf sein Werk zu. Es öffnete Räume für andere Formen des Schreckens, vor allem aber für andere Formen, Schrecken zu vermitteln. Darin liegt seine innovative Kraft, die immer noch spürbar ist.

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