DUELL DER GRINGOS/THE LAST CHALLENGE

Richard Thorpes letzter Film ist leider nur ein mittelmäßiger Western

Der Südwesten der USA in den 1870er Jahren. Der ehemalige Revolverheld Daniel ‚Dan‘ Blaine (Glenn Ford), der einst wegen eines Raubüberfalls lange im Gefängnis saß, ist nun Marshal in einer kleinen Stadt in der Prärie. Hier geht er neben seinem im Großen und Ganzen ruhigen Job vor allem Freizeitbeschäftigungen wie dem Angeln nach.

Auf einem seiner Ausflüge in die Umgebung trifft er eines Tages den Pistolero Lot McGuire (Chad Everett) und lädt ihn ein, mit ihm seinen Fang zu teilen. Als die beiden Männer sich am Lagerfeuer unterhalten, stellt sich heraus, daß Blaine der Grund ist, weswegen McGuire in die Gegend gekommen ist. Der junge, draufgängerische Mann will sich mit Blaine messen. In einem Revolverduell will er ausfechten, wer von ihnen der bessere, der schnellere Schütze ist. Blaine erklärt McGuire, daß er selbst der Gesuchte sei, woraufhin McGuire den Lagerplatz verlässt und Blaine bittet, davon auszugehen, daß er nichts von ihm angenommen hätte, wenn er gewusst hätte, daß er es mit dem Objekt seiner Obsession zu tun hat.

McGuire folgt strengen moralischen Grundsätzen: Er will in dem, was er tut, der Beste sein und sich deshalb mit den Besten seines Fachs – und das ist nun einmal das Schießen – messen und bestehen. Daß dies bedeutet, sein Gegenüber zu töten, scheint McGuire nicht sonderlich zu stören.

Wie locker ihm der Revolver sitzt, beweist er abends im Saloon von Lisa Denton (Angie Dickinson): Bei einer Pokerpartie überführt er einen Kontrahenten des Falschspiels und obwohl er seine Behauptung beweisen könnte, lässt er es eiskalt auf ein Duell mit dem Falschspieler ankommen. Der überlebt den Kampf nicht.

Blaine kommt am Morgen zurück in die Stadt und kehrt in der Küche des Saloons ein, wo er seinen Fang an die Köchin Sally (Amanda Randolph) übergibt. Blaine ist Hausgast in Lisas Saloon und Freudenhaus, da er und die Chefin eine Beziehung pflegen. Lisa erzählt ihm von McGuires Auftritt am Abend zuvor und daß er ihr Angst macht. Blaine verteidigt den jungen Mann, da er sich selbst in ihm wieder zu erkennen meint. Wie McGuire, war auch Blaine einmal ein ungestümer junger Mann: Lisa ahnt, daß es zwischen Blaine und McGuire zu einem Kampf kommen kann und macht sich große Sorgen.

Bei mehreren Gelegenheiten sucht Blaine das Gespräch mit McGuire. Er will dem Jüngeren dessen Vorhaben ausreden. Nicht unbedingt, weil er sich vor ihm fürchtet – Blaine ist fest davon überzeugt, daß er auch gegen McGuire in einem Duell bestehen würde – sondern weil er den Mann mag und glaubt, daß dieser nicht der Killer sei, den er darzustellen versucht. Lisa sieht dies allerdings anders und beschwört Blaine, sich auf keine Händel einzulassen. McGuire seinerseits will von Blaines scheinbar altersweisen Ratschlägen nichts hören. Mehr und mehr steigert er sich in seine Obsession hinein, gegen Blaine in einem fairen Kampf anzutreten.

Ernest Scarnes (Jack Elam), ein alter Bekannter von Blaine, mit dem er gemeinsam gesessen hat, will von Lisa Geld erpressen, da er glaubt, daß Blaines Vergangenheit ein Geheimnis sei. Dem ist aber nicht so. Jedermann in der Stadt weiß von Blaines Jahren als Outlaw und es weiß auch jeder, daß er ein Bratkartoffelverhältnis zu Lisa pflegt. So muß Scarnes unverrichteter Dinge wieder abziehen. Doch Lisa bietet ihm einen Deal an: Er soll McGuire töten, dann bekäme er Geld von ihr. Scarnes erklärt sich dazu bereit.

Bei einem Ausritt wird McGuire von Scarnes aufgelauert. Die beiden bekämpfen einander in einem wilden Feuergefecht, bei dem McGuire schließlich die Oberhand behält. Er verletzt Scarnes tödlich, erfährt von diesem aber noch, wer ihm nach dem Leben trachtet.

McGuire stellt Lisa zur Rede. Sie gibt zu, Scarnes angeheuert zu haben und fleht McGuire an, Blaine nichts davon zu sagen. McGuire, der Lisas Not begreift und versteht, daß sie letztlich aus Liebe gehandelt hat, verspricht ihr gentlemanlike, Blaine nicht an seinen Erkenntnissen teilhaben zu lassen.

Blaine sucht McGuire auf und stellt ihn wegen des toten Ernest Scarnes zur Rede. Gemeinsam reiten sie zu der Stelle, an der McGuire seinen Widersacher zurückgelassen hat. Blaine will Scarnes beerdigen. Bei der Leiche angelangt, müssen sie feststellen, daß sie skalpiert wurde. Ein aus dem Reservat entkommener Indianer treibt in der Gegend sein Unwesen. Und prompt taucht der mit seinem Trupp auf und fordert Blaine auf, seinen Bruder aus dem Gefängnis zu entlassen. Der Marshal hatte ihn festgenommen, weil er betrunken in der Stadt randaliert hatte. Es kommt zu einem Palaver, bei dem Blaine den Indianern seinen Whisky anbietet. Bald sind diese betrunken und Blaine und McGuire, die bei dem gesamten Vorfall zusammenarbeiten müssen, können sie fesseln und in den Arrest bringen.

Blaine wundert sich, weshalb Scarnes McGuire aufgelauert hat. Er vermutet, daß jemand den Mann bezahlt hat. Als er Lisa abends in ihren Räumen mit einer Pistole erwischt, mit der sie nun selbst McGuire erschießen will, stellt er sie zur Rede und bringt sie dazu, zuzugeben, daß sie Scarnes auf McGuire angesetzt hat. Für Blaine ist das ein Loyalitätsbruch, kennt sie doch seine Einstellung zum Töten und weiß, wie sehr er es verabscheut. Das ist der Grund, weshalb er McGuire das Duell auch ausreden will. Er, Blaine, weiß, daß man jedes Mal, da man einen anderen tötet, auch ein Stück seiner selbst verliert. Er verlässt Lisa voller Groll.

Als er den Saloon betritt, ist McGuire bereits an der Bar. Blaine stellt sich in Position, da er weiß, daß er dem Duell nun nicht mehr entgehen kann. Als es soweit ist, zieht Blaine wirklich schneller – wie er es erwartet hatte. McGuire stirbt.

Am nächsten Morgen wird McGuire beerdigt. Blaine kommt hinzu geritten und wirft seinen Revolvergürtel auf den Sarg. Dann reitet er wortlos aus der Stadt. Lisa sieht ihm mit tränenüberströmten Gesicht nach.

THE LAST CHALLENGE (1967) war der letzte Film des Hollywood-Veteranen Richard Thorpe, der nahezu 40 Jahre in Tinseltown arbeitete und in den unterschiedlichsten Genres meist solide Arbeit ablieferte. Leider kann man dies über sein finales Werk nur mit größtem Wohlwollen sagen. In einem Jahr, das als eines der Höhepunkte des Italowestern betrachtet wird, zu einer Zeit, in der Filme wie FIVE CARD STUD (1968) und FIRECREEK (1968) gedreht wurden, Filme, die in etwa der Preisklasse von THE LAST CHALLENGE entsprechen, wird dem Zuschauer hier ein Western präsentiert, wie er gut und gerne 1955 hätte entstehen können. Wäre Hauptdarsteller Glenn Ford sein Alter nicht deutlich anzusehen, man würde es glauben, gäbe jemand das genannte Jahr als Produktionsjahr an.

Ford gibt den ehemaligen Revolverhelden Daniel ‚Dan‘ Blaine, der nach einer langen Haftstrafe beschlossen hat, auf die andere Seite des Gesetzes zu wechseln und nun als Marshal in einem Kaff irgendwo im Südwesten der USA ein vergleichsweise ruhiges Leben führt – bis mit dem Pistolero Lot McGuire, gespielt von Chad Everett, ein junger Mann in der Stadt auftaucht, der sich mit dem berühmten Schützen messen will. Blaine, vielleicht geläutert, vielleicht auch nur altersmilde und ein wenig weiser, will das Duell verhindern, nicht zuletzt, weil er sich selbst in dem Kerl wieder zu entdecken meint. Auch er war mal ein solcher Rabauke, der sich mit den Besten messen und sie besiegen wollte. Blaine gerät also zusehends in Gewissenskonflikte, auch, weil er glaubt, in McGuire auch Gutes erkennen zu können, nicht nur den Killer, der er zweifellos ist.

Damit ist der Grundkonflikt des Films umrissen, doch sind die Probleme, die er auftürmt, noch längst nicht alle benannt. Denn Blaine unterhält eine außereheliche Beziehung zur lokalen Saloon-Besitzerin Lisa Denton, die zugleich eine veritable Puffmutter ist und von Angie Dickinson mit ihrer ganzen Eleganz als Lady of the west gegeben wird. Die Verbindung der beiden wird in der Stadt toleriert, ebenso die Tatsache, daß Blaine einst wegen eines Raubüberfalls im Gefängnis saß. Blaine ist allerdings auch der Typus Westerner, den auch ein Gary Cooper oder Kirk Douglas geben konnte: Geläutert und in seinen alltäglichen Ansichten zivilisiert, zugleich aber in seinen ureigenen Idealen einem tradierten Männerkodex (und damit einem Heldenkodex des traditionellen Western) folgend. Ein Mann rennt nicht weg, erklärt er Lisa, als diese ihn um jeden Preis davon abhalten will, sich mit McGuire zu duellieren. Am Ende des Films wird es der Konflikt zwischen dem Prinzip und der Liebe gewesen sein, der ein wirkliches Happyend verhindert. Denn Blaine muß, um sich selbst gegenüber treu zu bleiben, auch mit Lisa brechen, als er erfährt, daß sie dafür verantwortlich war, daß ein Mann gestorben ist. Sie hatte ihn engagiert, um McGuire auszuschalten – aus Liebe zu Blaine.

Alles typische Themen des sogenannten erwachsenen, also psychologischen Westerns der 50er Jahre. Und dort dockt THE LAST CHALLENGE eben auch deutlich an. Die Grundidee ist Henry Kings Klassiker THE GUNFIGHTER (1950) entnommen, in welchem Gregory Peck als Scharfschütze Jimmy Ringo auf den Mann wartet, der berühmt werden wird, weil er die Legende im Duell tötet. Auch Blaine ist ein alternder, jedoch kein gebrochener Held. Das Altern dieser Männer, die einst das Land erschlossen haben mögen, aber auch immer auf der Flucht vor Regulierung und Domestizierung waren, thematisierte u.a. Sam Peckinpah in Filmen wie RIDE THE HIGH COUNTRY (1962) oder THE WILD BUNCH (1969), allerdings mit einem melancholischen Unterton und im Bewußtsein der Metaebene, die der Konflikt dieser Figuren aus einer mythischen Zeit mit einer historischen Wirklichkeit bedeutete. Peckinpah erkannte die Tragik, die dem Thema innewohnt. In seiner Logik gibt es nur eine Lösung dieses Konflikts: Diese Männer suchen oberflächlich betrachtet vielleicht meist einen Schatz, Gold, den letzten großen Coup – also eine Möglichkeit, sich einen angenehmen Ruhestand zu ermöglichen – , darunter jedoch schwelt immer auch die semibewußte Erkenntnis, daß sie den Zustand eines Ruhestands niemals ertragen könnten. Deshalb suchen diese Männer bei Peckinpah letztlich immer den Tod. Und es muß ein gewalttätiger Tod sein, der einem gewalttätiger Leben entspricht – und in ihrer Logik seiner würdig ist.

All dies – die Tragik, den Gewissenskonflikt, das spürbare Vergehen der Zeit, die den Mann geprägt hat – behauptet THE LAST CHALLENGE ziemlich penetrant. Da dem Drehbuch von Albert Maltz und Robert Emmett Ginna aber nur wenig einfällt, um die Tragik der Figuren wirklich zu begründen, sie auszudrücken, werden diese Themen dauernd besprochen. Blaine, der weiß, daß McGuire ihn töten will, sucht immer wieder das Gespräch mit seinem jungen Widersacher und Wiedergänger. Er will ihm sein Anliegen ausreden – natürlich im Kampf um dessen Seele, ist er sich doch so oder so sicher, einen eventuellen physischen Kampf mit den Waffen zu gewinnen. Um die Geschwätzigkeit auszugleichen, bauen die Autoren einige wilde Schießereien in ihren Plot ein, damit es ein bisschen Action gibt. Zudem bemühen sie sich, die Story mit Humor aufzulockern, allerdings ist der Effekt fatal. Denn in der ersten halben Stunde des Films rätselt man, ob man es hier vielleicht mit einer jener meist verunglückten Western-Komödien zu tun hat, die gerade in den 60ern beliebt waren. Wenn, wäre es eine sehr verunglückte.

Blaine, den wir so gut wie nie in seinem Job als Marshal sehen, dafür umso mehr bei Freizeitbeschäftigungen, wirkt wie jemand, der eine ruhige Kugel schieben will, fast wie ein Filou, der den Posten des Marshals vor allem dazu nutzt, sich einen Lenz zu machen. Das Handlungsgerüst führt zu allerlei Situationen, in denen der Zuschauer die Bewohner des Städtchens kennenlernt und begreift, daß da durchaus auch Bigotterie im Spiel ist, ebenfalls typisches Western-Terrain der 50er. Es treten eine Reihe von Figuren auf, die durchaus für Komik sorgen, auch der von dem ausnahmsweise mit einer größeren Rolle bedachten Jack Elam gespielte Ernest Scarnes gehört dazu, bevor ihn später im Film ein sehr ernstes Anliegen in den Tod treiben wird, was wie ein Bruch wirkt. Das Drehbuch weist einige solcher Brüche auf und ist gelegentlich holprig, um die Story voranzutreiben. So leuchtet es nicht ein, weshalb McGuire gleich am ersten Abend in der Stadt einen Mann tötet, dem er Falschspiel vorwirft und den er eindeutig hätte überführen können. Es gelingt dem Buch auch nicht, die Faszination zu verdeutlichen, die ein Mann wie Blaine auf McGuire ausübt. Auch dies bleibt lediglich Behauptung. In seinem Sprechen und mehr noch im Handeln bleibt McGuire jedoch so erratisch, daß er schließlich wie ein verbohrter Kerl wirkt, der nur noch seinem Prinzip folgen kann, da es ihm, wie Blaine ihm einmal ins Gesicht sagt, an einer moralischen Basis mangelt. Doch für den Zuschauer wirkt er schlicht ein wenig dumm.

THE LAST CHALLENGE bleibt so ein etwas langatmiger Western, der wie aus der Zeit gefallen wirkt. Betrachtet man sich Stil, Inhalt und die formale Umsetzung der eingangs erwähnten Werke, fällt auf, wie altbacken Thorpes Film ist. Hier und da gibt es gewisse Reminiszenzen an modernere Stile, vor allem der gelegentliche Einsatz des Zooms, an sich ein no go in Hollywood, verweist auf den Italowestern. Kameramann Ellsworth Fredericks fängt einige stimmungsvolle Bilder der Landschaft, vor allem der majestätisch den Hintergrund bestimmenden Berge, ein – gedreht wurde der Film größtenteils vor Ort in Arizona – und auch einige der Actionsequenzen sind gut, wenn auch konventionell gedreht.

Was allerdings auch zur Wahrheit des Films gehört, sind seine rassistischen Untertöne. Lisa beschäftigt einen Schwarzen als Hausdiener und eine ältere schwarze Lady als Köchin. Beide sind im Film reine Befehlsempfänger, die eigentlich nur durch die Gegend gescheucht werden, wenn auch meistens freundlich. In einer Szene rettet Blaine sich und McGuire aus einer prekären Lage, indem er den sie angreifenden Indianern ein Palaver vorschlägt, bei dem Whiskey getrunken wird. Als die Indianer alle betrunken sind, können Blaine und sein unfreiwilliger Helfer diese fesseln und in das Gefängnis im Marshal-Büro bringen. An sich eine hübsche, gewaltfreie Lösung, würden die Indianer nicht derart blöde dargestellt, daß man sich sowieso fragt, ob eine echte Gefahr von ihnen ausgeht.

Man hätte Richard Thorpe einen besseren, vor allem angemesseneren Abschied von einer langen, langen Karriere, die bereits in der Stummfilm-Ära begonnen hatte, gegönnt. So ist es ein mittelmäßiger Western geworden. Aber immerhin ein Western – für einen alten Haudegen der Traumfabrik zumindest ein angemessenes Genre.

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