TODFEINDE/5 CARD STUD

Ein Kriminalfilm im Gewand des Western

Die Opfer einer Mordserie sind alle selbst Täter gewesen: Alle Männer, die da auf brutalste Art und Weise umgebracht werden (erstickt im Mehl, erstickt im Stacheldraht, erhängt am Glockenseil usw.), waren an einem Lynchmord beteiligt.

Während eines Kartenspiels (5 Card Stud – was dem Film und dem gleichnamigen Song, von Dean Martin gesungen, die Originaltitel verlieh) wurde ein Mann als Betrüger entlarvt und umgehend aufgehängt. Lediglich Van Morgan (Dean Martin) versuchte, den kaltblütigen Mord zu verhindern, wurde jedoch von dem heißblütigen Anführer des Mobs, Nick Evers (Roddy McDowall), daran gehindert.

Der neue Reverend Rudd (Robert Mitchum) übernimmt die Trauerfeiern für die ermordeten Männer, die offenbar einem Rachefeldzug zum Opfer gefallen sind. Die Bewohner der kleinen aber aufstrebenden Stadt Rincon, wo sich all dies zuträgt, tappen im Dunkel und werden zunehmend ungeduldig, als der Marshal nicht in der Lage ist, die Morde aufzuklären. Nick Evers, nicht nur der Anführer des Lynchmobs, sondern auch Sohn des führenden örtlichen Ranchers, stichelt die Meute auf, sich selbst zur Wehr zu setzen. Auch die mahnenden Worte des Reverend helfen nicht, es kommt zu Unruhen in der Stadt.

Erst als der Täter einen Fehler begeht, indem er sich irrt und mit dem schwarzen Barkeeper Little George (Yaphet Kotto) einen Unschuldigen umbringt, der allerdings einen eindeutigen Hinweis auf seinen Mörder geben konnte, beginnt Van zu begreifen…

Dieser späte Film Henry Hathaways entpuppt sich nach wenigen Minuten als ein Krimi im Westerngewand, sobald klar wird, daß wir es mit einer Mordserie zu tun haben, deren Verursacher zumindest bis zum letzten Drittel des Films nicht erkennbar ist. Das alles wird gut aufgelegt und spannend erzählt, gerade durch das anfängliche „whodunnit“.

Allen Beteiligten machte die Arbeit offensichtlich Spaß, denn angefangen mit Dean Martins gewohnt lausbübischen Charme (und seiner die Handlung eher unberührt lassenden Liebesgeschichte zwischen der Farmerstochter Nora Evers, gespielt von Katherine Justice, und der „Frisöse“ Lily Langford, die von einer gut aufgelegte Inger Stevens gespielt wird), über Roddy McDowalls leichte Hysterie, bis hin zu Mitchums Variation des Priesters-mit-Kanone, den er etwas weniger cool, dafür aber etwas verrückter in Charles Laughtons THE NIGHT OF THE HUNTER (1953) gab, schafft hier ein jeder eine glaubwürdige Person, die im Kontext dessen, was erzählt wird, gut funktioniert. Ebenso sind die Nebenrollen gut und treffend besetzt.

Da wird nicht unmäßig viel psychologisiert, die Regie hält die Balance zwischen sanftem Humor (Rudds Predigt und sein Auftreten im Saloon), leichter Ironie (die Feststellung der Damen, Van/Martin glaube „etwas von Frauen zu verstehen“) und doch auch knallharter Action (mit Hang zum Sadismus). Im letzten Drittel wird dann auch das Krimielement zugunsten einer schnelleren und actiongeladeneren Handlung aufgegeben. Im Grunde haben wir es mit einer einfachen, fast biblischen Rachegeschichte zu tun, die ihr Sujet ernst nimmt, dennoch aber nicht mehr daraus machen will, als unbedingt nötig. Zudem gefällt es dem Film, sich in gewissen Nebenhandlungen zu ergehen, die Dean Martin die Möglichkeit geben, seinen Charme spielen zu lassen und zu beweisen, daß er auch in fortgeschrittenem Alter noch in der Lage ist, die Damenwelt zu becircen (allerdings darf er IM Film nicht singen).

Die Kritik ging nicht gerade zimperlich mit Hathaways spätem Western um. Düster sei der Film, verliebt in Gewalt und einem negativen Weltbild verhaftet. Wahr ist, daß man dem Film anmerkt, daß er reagieren mußte auf eine Welle überharter und in den Inszenierungen komplett anders gearteter Western aus Europa. Hathaway nutzt Kameraeinstellungen, die das klassische Hollywood nicht gebraucht hätte, er zeigt einige Extreme, auch, das stimmt schon, extreme Gewaltdarstellungen (sowohl in der Lynchszene, als auch in jener, in der ein Mann aus dem Mob in Reverend Rudds Kirche am Glockenseil hängend sein Leben auszappelt) und hat Spaß an Tricksereien a la DJANGO (1966) (wenn auch die versteckte Kanone hier nicht so groß ist, daß sie einen Sarg bräuchte um transportiert zu werden, hier reicht ein weitaus kleineres Utensil). Doch daß der Film nur düster oder brutal wäre, wäre eine übertriebene Behauptung. Wie schon gesagt – gerade die Nebenhandlungen erzählen von hellen, freundlichen und auch durchaus humorvollen Momenten.

Es bleibt ein kleiner, der Unterhaltung verpflichteter Western, der in keinem Moment mehr sein will, als genau das. Und das macht ihn durchaus  sympathisch und zu einem gelungenen Alterwerk eines der großen Regisseure der goldenen Hollywood-Ära.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.