INSIDIOUS

Ein gelungener Geisterfilm - frei von Splatter, blutigen Details und Gemetzel

Die Familie Lambert – Vater Josh (Patrick Wilson), Mutter Renai (Rose Byrne), die Söhne Dalton (Ty Simpkins), Foster (Andrew Astor) und Baby Gage– ziehen in ein neues Haus. Renai ist nervlich angeschlagen und hofft mit dem neuen Haus auch auf einen beruflichen und persönlichen Anfang. Sie ist Songwriterin, Josh Lehrer.

Josh bleibt immer länger in der Schule, was Renai zunächst nicht stört, doch relativ bald nach dem Einzug treten im Haus merkwürdige Phänomene auf. Renai hört Schritte auf dem Dachboden und findet dort eine Kiste mit Eigenkompositionen, die sie beim Umzug verloren gegangen glaubte, durch das Babyfon hört sie seltsame Geräusche, sogar Stimmen, Dalton benimmt sich zusehends seltsam und Foster bittet schon bald darum, wieder auszuziehen.

Bei einem Ausflug auf den Dachboden stürzt Dalton von einer Leiter. Er fällt nach einem Schlag auf den Kopf in ein Koma. Die Ärzte können keinen organischen Grund feststellen. Dalton wird im Haus der Lamberts in ein Krankenbett gelegt und medizinisch versorgt.

Erneut geschehen unerklärliche Dinge im Haus. Auf Daltons Bettwäsche finden sich blutige Handabdrücke, Foster behauptet, sein Bruder laufe nachts durch den Flur. Auch die Anwesenheit und Unterstützung von Joshs Mutter Lorraine (Barbara Hershey) ändert nichts daran, daß die Familie zunehmend verunsichert ist.

Renai stellt Josh zur Rede, da dieser weiterhin spät heimkehrt. Er erklärt ihr, daß er lange in der Schule zu tun habe, tatsächlich ist es aber so, daß er einen tiefen Widerwillen spürt, in das Haus zurückzukehren.

Schließlich ziehen die Lamberts erneut um. Im neuen Haus setzen sich die Merkwürdigkeiten jedoch fort. Nun wird auch Lorraine einiger seltsamer und teils sehr beunruhigender Dinge ansichtig.

Lorraine bringt schließlich Elsie Rainier (Lin Shaye) ins Haus. Elise, eine Freundin von Lorraine, ist ein Medium. Sie und ihre beiden Helfer Specs (Leigh Whannel) und Tucker (Angus Samspon) untersuchen das Haus. Dabei entdeckt Elise mit ihren medialen Fähigkeiten eine fürchterliche Gestalt, die über Daltons Bett hängt.

Elsie erklärt den Lamberts, daß Dalton über die Gabe verfügt, seinen Körper zu verlassen und auf einer Astralebene zu reisen. Diese Reisen führten jedoch auch in Bereiche, die eigentlich den Toten vorbehalten seien. Offenbar habe der Junge unterwegs einen Dämon auf sich aufmerksam gemacht, der Daltons Geist im Schattenreich gefangen hält und möglicherweise versucht, durch den Körper des Jungen in die diesseitige Welt zu gelangen.

Josh findet einige Zeichnungen seines Sohnes, die ihn an etwas erinnern. Schließlich konfrontiert Lorraine Josh mit Fotos aus seinen Kindertagen. Josh ist verwundert, weil er meint, nie gern fotografieren worden zu sein. Doch dafür, so erklärt ihm Lorraine, gibt es eine Erklärung: Auch er hatte die Gabe, seinen Körper zu verlassen, auch er wurde möglicherweise von einer Erscheinung verfolgt, die auf ihn aufmerksam wurde. Immer wieder habe er sich vor einer alten Frau gefürchtet, die Lorraine jedoch für Einbildung gehalten habe. Bis sie die Bilder sah, auf denen eben diese Frau neben Josh zu sehen ist.

Elise war es, die den jungen Josh von seinen Ängsten und Erlebnissen befreite. Nun schlägt sie eine Séance vor, um Kontakt zu Daltons gefangenem Geist aufzunehmen. Doch die Séance schlägt insofern fehl, als daß seltsame Wesen einen Riss in der Wirklichkeit auftun und in die Realität einzudringen versuchen. Mit letzter Kraft gelingt es allen Beteiligten, das Experiment abzubrechen und sich dessen zu erwehren, was da durchzubrechen versucht.

Elise fordert Josh auf, sich in Trance versetzen zu lassen und seine Fähigkeiten zu nutzen, um in der Schattenwelt nach Dalton zu suchen und ihn von dort heim zu holen. Josh erklärt sich einverstanden.

Er findet sich in absoluter Düsternis wieder und ertappt seinen Weg, nur beleuchtet vom spärlichen Schein einer Funzel, die er mitgenommen zu haben meint. Er kämpft sich durch die Finsternis vor, nur erahnend, was da in den Schatten lauert, und kommt schließlich an ein Haus, das entschieden jenem ähnelt, in das er und Renai gezogen waren und wo der Spuk begann. Hier muß Josh sich dem Dämon stellen, der Dalton gefangen hält. Es gelingt ihm schließlich, den Jungen zu befreien und mitzunehmen.

Verfolgt von den Geistern Hunderter und Aberhunderter Tote, die sich Zugang zur realen Welt zu verschaffen suchen, kehrt Leben in Daltons Körper zurück und erwacht Josh aus der Trance. Derweil bemühen sich die im Haus Verbliebenen, alle Zugänge, durch die die Geister einzudringen versuchen, zu verschließen, was schließlich auch gelingt.

Während sich alle um Dalton bemühen, sind Elise und Josh allein im Wohnzimmer. Während sie sich unterhalten, bemächtigt sich ein ungutes Gefühl Elise´. Sie nimmt die Polaroidkamera, die Tucker immer bei sich hat und fotografiert Josh frontal. Der verliert daraufhin die Beherrschung und beginnt, Elise zu würgen. Als Renai, durch Elise´ Schreie aufgeschreckt, in das Zimmer eilt, findet sie das Medium tot. Josh ist verschwunden. Renai findet das Foto, betrachtet es und muß entsetzt feststellen, daß darauf nicht Josh zu sehen ist, sondern die alte Frau, vor der er sich schon als Kind fürchtete. Während Renai erkennt, daß nicht ihr Mann, sondern offenbar der Geist aus der Schattenwelt zurückgekehrt ist, nähert sich Josh ihr von hinten….

Eines vorneweg: Wer nicht bereit ist, sich auf das Irrationale, das erwartbar Unerwartete einzulassen, sollte sich – egal, ob in der Literatur, im Film oder gar auf der Bühne dargeboten – von Geister- und Spukgeschichten fernhalten, denn er wird, erwartbar, enttäuscht werden. Wer aber bereit ist, gewisse Logiklöcher in Kauf zu nehmen und sich in die Fänge des Unheimlichen, das aus dem Übernatürlichen resultiert, zu begeben, der kann auch heute noch fündig werden – in der Literatur und im Film, vielleicht etwas weniger auf der Bühne – und hervorragende Geschichten aus der Schattenwelt entdecken.

Der Regisseur des Splatterinfernos SAW (2004), James Wan, beweist mit INSIDIOUS (2010) nicht nur, daß er selbst auch anders kann, als lediglich mit Eingeweiden und abgetrennten Körperteilen zu sudeln, sondern auch, daß es möglich ist, mit teils sehr althergebrachten Mitteln Grusel und Schauer zu erzeugen. Sicher, das ist oftmals alter Wein in neuen Schläuchen, aber gerade im Horrorfilm – Abteilung Geister – wird man nur selten auf wirklich Neues stoßen, doch geht es gerade in diesem Metier meist eher darum, eine treffende Atmosphäre zu schaffen, das Bekannte so zu verpacken und zu verkaufen, daß es dennoch überzeugt und den Zuschauer fesselt. In diesem Fall kann man guten Gewissens sagen, daß dies gelungen ist.

Wan erzählt eine im Grunde mindestens seit THE AMITYVILLE HORROR (1979), mehr noch POLTERGEIST (1982), bekannte Geschichte: Familie zieht in ein Haus, bald geschehen seltsame, unerklärliche Dinge, schließlich erfasst das Böse eines der Kinder, ein Medium wird eingeschaltet, zumindest rudimentär gelingt es, eine Erklärung zu finden und den Dämon oder Geist – oder gleich Satan selbst – zu bannen. Allerdings mischen James Wan und Drehbuchautor Leigh Whannel diesem Grundgerüst noch einige Zutaten bei, die man vielleicht aus anderen Filmen schon kennt, die aber im Kontext von INSIDIOUS hervorragend funktionieren. Und Besessenheit als genetischer Defekt war bisher noch keine Erklärung für die Anfälligkeit eines Familienmitglieds für außergewöhnliche Erscheinungen.

So ist es schließlich auch nicht die Story, die Wans Film trägt, sondern es sind die Inszenierung, die Kameraführung (John R. Leonetti und David M. Brewer), das Setting (Aaron Sims/Jennifer Spence/Charles Leal) und die Musik (Joseph Bishara), die den Film so gut funktionieren lassen. Es entsteht eine wahrlich grausliche Atmosphäre, in der die Familie Lambert nach und nach verloren zu gehen droht. Wan setzt gelegentlich auf wirklich uralte Effekte – knarrende Türen, Schritte auf dem Dachboden, Schatten hinter dem Fenster, plötzlich aufblitzende Fratzen – und versteht es doch, diese so zu inszenieren, daß sie überzeugend wirken und manchmal geradezu Entsetzen hervorrufen. Zudem versteht er – das hatte er schon in SAW bewiesen – daß guter Horror immer dann am besten funktioniert, wenn man ihm Humor beimischt, einfach weil das Grauen immer schon die Hysterie, das Auflachen zur Bindung des Schreckens, in sich trägt. Spätestens mit dem Auftritt der Helfer des Mediums Elise Rainier, selbst schon ein Original erster Güte, tritt dieses komische Element in die Handlung und sorgt zugleich für eine weitere Ebene des Unwohlseins. Diese beiden – Specs, gespielt von Autor Whannel, und Tucker, überzeugend dargestellt von Angus Sampson, Mitglieder eines alles in allem guten Ensembles – sich ständig über die Überlegenheit von Worten oder Bildern streitenden Experten sind hinreichend seltsam, um den Zuschauer ebenso wie die Familie Lambert, die so dringend auf Hilfe angewiesen ist, zweifeln zu lassen. Dieses Trio – Rainier, Specs und Tucker – wirkt gelegentlich den Erscheinungen, die sie suchen und auch sehen, näher als den Hilfesuchenden.

Ganz besonders hervorheben sollte man jene Szenen, in denen Vater Josh Lambert in Trance eine Jenseitsreise antritt, um seinen sich in den Weiten der Zeitlosigkeit des Todes verlierenden Sohn Dalton zu retten und sicher heimzuführen. Ob aus Überzeugung oder Budgetgründen – die Idee, Josh durch das absolute Dunkel, sozusagen die elementare Finsternis stolpern zu lassen, nur hier und da erhellt von der Funzel, die er mit sich führt, ist brillant. Es erinnert ein wenig an jene Szenen in Terry Gilliams TIME BANDITS (1981), in welchen die Protagonisten in Käfigen eingesperrt sind, die in scheinbar absoluter Düsternis irgendwo im Nichts hängen. Josh wird, beleuchtet durch das wenige Licht seiner Lampe, immer wieder grauenerregender Gestalten ansichtig, die offenbar im Dunkeln hausen. Hier nimmt INSIDIOUS einen Umweg über das Fantastische, doch steht ihm das gut an, denn es verhindert die für Filme seiner Machart oft scheinbar unvermeidliche Geisterbahnfahrt, die selten überzeugend, dafür umso häufiger lächerlich anmutet. Wan gelingt es, das Dunkel so zu inszenieren, daß wir, wenn wir denn sehen, was da alles in der Dunkelheit lauert, uns wirklich zu fürchten beginnen. Und das heißt schon einiges in Zeiten von CGI-gesteuerten Super-Zombies, Ungeheuern aus der Tiefe oder dem All und allerlei Schrecklichkeiten, die meist aus lauter Begeisterung ob der technischen Möglichkeit überdeutlich ausgestellt werden.

Es gab in den vergangenen 20 Jahren einige großartige Geisterfilme, darunter sogar echte Meisterwerke wie M. Night Shyamalans THE SIXTH SENSE (1999) und Alejandro Amenàbars THE OTHERS (2001). Ganz in diese Sphären vorstoßen kann INSIDIOUS nicht, doch ist James Wan ein kleiner, unheimlicher Schocker gelungen, der sein Publikum spannend unterhält, der wirklich gruselt, gelegentlich verstört und alles in allem sehr überzeugend ist.

Gleich vier Fortsetzungen wurden zwischen 2013 und 2018 gedreht – darunter ein Prequel – bei deren erster noch einmal James Wan den Regiestuhl erklomm. Allerdings konnte keiner dieser Filme an das Original heranreichen.

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