KING KONG (2005)

Peter Jacksons mißlungener Versuch einer werkgetreuen Neuverfilmung

Carl Denham (Jack Black), seines Zeichens Regisseur, ist im Besitz einer Karte, die eine geheime Insel zeigt. Skull Island, irgendwo im Indischen Ozean gelegen. Er überredet ein paar Produzenten, ihm den Film, den er dort drehen will, als Hauptdarsteller den Star Bruce Baxter (Kyle Chandler), die Passage auf einem Frachter und mit Jack Driscoll (Adrien Brody) einen Autor, der gerade seine ersten Meriten am Broadway feiert, zu finanzieren. Doch sind die Leute nicht sonderlich angetan von seinen ersten Mustern und beschließen, das Material an andere Produzenten zu verkaufen, um ihr Geld wieder reinzuholen. Daraufhin stiehlt Denham kurzerhand die bisher abgedrehten Rollen.

Als der Regisseur von seinem Assistenten Preston (Colin Hanks) erfährt, daß soeben die Hauptdarstellerin abgesprungen ist, zieht er durch die einschlägigen Burlesque-Theater, um eine neue Besetzung zu finden. Die entdeckt er schließlich in der jungen Ann Darrow (Naomi Watts), die von einer Karriere am Theater träumt, in der Depression – wir schreiben das Jahr 1933 – hungert und sich mit Engagements über Wasser hält, bei denen sie mit ihren Fähigkeiten als Tänzerin, Jongleurin und Akrobatin zu glänzen versucht. Da sie Driscoll verehrt, kann Denham sie schließlich für sein Unternehmen gewinnen.

Nach einem turbulenten Aufbruch – die Produzenten des Films haben natürlich die Polizei informiert, die Denham nun sucht – steuert das Schiff, das offiziell gen Singapur unterwegs ist, aufs offene Meer. Weder Kapitän Englehorn (Thomas Kretschmann), noch dessen erster Offizier Mr. Hayes (Evan Parke) sind sonderlich begeistert, als sie von der Zielkorrektur Richtung Skull Island erfahren. Das Filmteam hat derweil Bekanntschaft geschlossen und Ann und Jack sind sich gar nähergekommen – nach anfänglichen Mißverständnissen. Driscoll ist nur deshalb noch an Bord, weil Denham auch ihn mit einem Trick genötigt hat, das Schiff nicht rechtzeitig vor dem Ablegen verlassen zu können. Englehorn erhält einen Funkspruch, der ihn ultimativ auffordert, den nächsten Hafen anzusteuern, um Denham dort der lokalen Polizei zu übergeben. Doch gerade, als der Kapitän der Order folgen will, fährt die Venture in eine Nebelbank.

Nachdem es Englehorn und Mr. Hayes gelungen ist, das Schiff mit allerhand Glück und Können, aber auch seltsamen Manövern, die sich die beiden nicht wirklich erklären können, durch die im Nebel verborgenen Riffs zu navigieren, erblicken sie schließlich die Insel, die schroff aus dem Meer aufragt. Denham will sofort an Land. Er, Preston, der Kameramann Herb (John Sumner), Driscoll und die Hauptdarsteller sowie einige Männer der Crew gehen an Land, wo sie auf ein scheinbar verlassenes Eingeborenendorf stoßen. Offensichtlich wird es mit einer gewaltigen Mauer gegen den Rest der Insel abgeschottet. Lanzen sind mit allerlei menschlichen Überresten, mit Skeletten, Skalps und Totenschädeln geschmückt. Herb filmt, die anderen staunen, wohl fühlt sich hier niemand. Dann kommen die Inselbewohner langsam hervor – es sind scheinbar steinzeitliche Menschen, die sich den Fremden ausgesprochen feindselig gegenüber verhalten. Es kommt zu einer Auseinandersetzung, die einen der Männer das Leben kostet. Kurz bevor auch Denham von einem der Eingeborenen der Kopf zerschmettert werden kann, tauchen Englehorn und die Männer der Venture auf, töten etliche Eingeborene und können Denham und sein Team befreien.

Das Schiff hängt an einem der Riffs. Die Crew bemüht sich, es wieder seetüchtig zu machen, Englehorn hat beschlossen, sofort, wenn die Venture wieder seetüchtig ist, das Weite zu suchen. Doch nachts dringen ein paar der Inselbewohner auf das Schiff vor und entführen Ann Darrow. Driscoll, der Ann längst mit Haut und Haaren verfallen ist, fällt dies gerade noch rechtzeitig auf. Englehorn, Denham, das Team und die Crew stellen eine Rettungsmannschaft zusammen, um Ann zu suchen und zurück zu holen.

Derweil haben die Eingeborenen Ann an einen beweglichen Opferaltar gefesselt, den sie jenseits der gewaltigen Mauer über eine Schlucht hinablassen. Während der Stamm immer wieder ein einziges Wort intoniert und die Trommeln einen gleichmäßigen Takt schlagen, hört Ann etwas durch die Zweige und Äste des Urwalds vor ihr brechen. Ein riesiger Affe taucht aus dem Grün auf und reißt Ann aus ihren Fesseln, betrachtet sie und nimmt sie dann mit. Sie liegt zwar sicher in einer seiner Hände, wird aber gewaltig durchgeschüttelt, während der Affe sich seinen Weg durch den Dschungel bahnt.

Englehorn und die Männer der Venture sind gerade rechtzeitig aufgetaucht, um das Ritual mitzuerleben, doch nur der furchtlose Denham, der für eine gute Aufnahme alles riskieren würde, hat sich so nah an das Tor der Mauer herangewagt, um zu sehen, was Ann da entführt hat. Die Mannschaft aus Matrosen und Film-Crew macht sich auf, Ann zu folgen und hoffentlich zu befreien. Denham weist Herb an, einfach nur die Weitwinkelobjektive für die Kamera mitzunehmen, sie würden reichen.

Auf ihrem Weg durch den dichten Urwald entdecken sie atemberaubende Wasserfälle, sehen riesige Insekten und sind schließlich sprachlos, als eine Herde von Brontosauriern vor ihnen friedlich grasend auftaucht. Allerdings versetzt die Tiere irgendetwas in Panik und es entsteht eine Stampede durch eine Felsschlucht und schließlich einen schmalen Weg an einer steilen Felswand entlang, der die Männer beinah zum Opfer fallen.

Unterwegs mit seiner Beute, muß sich Kong, wie der Affe von den Inselbewohnern wohl genannt wird, ebenfalls mit allerlei Getier und Reptilien auseinandersetzen. Mehrfach versucht Ann, ihm zu entkommen, ist aber angesichts der Schrecken, die die Insel in Form von Sauriern und anderen Urzeitmonstern bietet, bald froh, in Kongs Obhut zu sein. Der rettet sie u.a. vor mehreren Fleischfressern. Schließlich bringt er sie auf einen der Berge, die das Innere der Insel beherrschen, wo er eine Art Nest hat. Einen Ausblick weit über die Insel aufs Meer hinaus. Hier kann sie den Riesenaffen mit allerlei ihrer Kunststücke ein wenig beruhigen und offenbar sogar unterhalten. Sie muß ihn sich aber auch vom Leib halten, findet er es doch ebenfalls witzig, sie immer wieder umzustoßen. Und auch hier werden die beiden von fliegenden Ungeheuern angegriffen und erneut wirft Kong sich für seine neue Freundin ins Getümmel.

Der Suchtrupp kommt Kong ein einziges Mal nahe. Bei dieser Begegnung schüttelt der Affe seine Verfolger von einem umgestürzten Baumstamm, der ihnen als Brücke über eine weitere Schlucht dient. Als die Überlebenden – Mr. Hayes ist der Attacke Kongs zum Opfer gefallen – sich in der Schlucht wiederfinden, werden sie von allerlei riesigen Insekten, Würmern und Spinnen angegriffen. Einige der Männer fallen den Angreifern zum Opfer, auch Driscoll scheint unter der Attacke einiger Kakerlaken sein Leben lassen zu müssen, als gerade rechtzeitig Englehorn und Baxter mit den auf der Venture verbliebenen Männern auftauchen und rettend eingreifen. Während Denham und die Überlebenden zurück zum Schiff wollen, entscheidet sich Driscoll, Ann weiterhin zu folgen.

Schließlich gelingt es ihm, Ann aufzustöbern und mit ihr zu entkommen, was in einem waghalsigen Manöver gelingt. Kong verfolgt nun beide und als sie die Mauer erreichen, müssen sie gewahren, daß Denham die Brücke hochgezogen hat. Er will Kong fangen und wartet eiskalt, bis das Untier hinter Ann und Driscoll auftaucht. Dann bekämpfen die Männer den Affen mit allem was sie haben: Maschinenpistolen, Karabinern, vor allem aber mit Chloroform, welches die Venture in rauen Mengen gelagert hat, da Englehorn seinen Lebensunterhalt üblicherweise damit verdient, wilde Tiere für Zoos und Zirkusse zu jagen und zu fangen – lebend, natürlich. Und es gelingt dann auch, Kong so mit einer Flasche des Mittels zu treffen, daß er das Bewußtsein verliert.

Die Venture verfrachtet Kong nach New York, wo Denham, nun wieder in trauter Eintracht mit seinen Geldgebern, eine Show am Broadway organisiert, die er kühn als KONG: DAS ACHTE WELTWUNDER annonciert. Weder Ann noch Driscoll wollen etwas damit zu tun haben, weshalb sie am gleichen Abend selbst unterschiedlichen Theaterdarbietungen beiwohnen: Ann auf der Bühne einer kleinen Off-Broadway-Show, Driscoll bei der Premiere seines eigenen neuesten Stücks. Allerdings erkennt er während der Aufführung, daß er einen großen Fehler begangen hat, als er Ann nicht seine Gefühle offen gezeigt hatte. So rennt er hinüber, um Denhams Spektakel zu betrachten – in der Annahme, Ann nehme daran teil.

Erst im Theater begreift er, daß Ann sich geweigert hat, an Denhams Show teilzunehmen. So aber wird Driscoll Zeuge, wie Kong auf der Bühne angekettet ist und von einem ebenso faszinierten wie entsetzten Publikum begafft wird. Als dem riesigen Affen eine Frau vorgesetzt wird, die für Ann eingesprungen ist, zudem das Blitzlichtgewitter ihn mehr und mehr irritiert und aufregt, reißt er sich schließlich los und beginnt einen Amoklauf durch das Theater und anschließend auf dem Broadway.

Ann ist derweil selbst unterwegs zum Broadway und sieht, wie Kong die Straßen unsicher macht. Er schmeißt Autos durch die Gegend, als wären es Spielzeuge, egal, womit Polizei und Feuerwehr gegen ihn vorgehen, nichts scheint ihm etwas anhaben zu können. Als er droht, eine komplette Straßenbahn umzukrempeln, schreitet Ann ein und macht Kong auf sich aufmerksam.

Wie schon auf Skull Island, ergreift Kong Ann und flieht mit ihr. Im Central Park verleben sie einige glückliche Momente, als der Affe erstmals Eis erlebt und auf einem See umhergleitet. Doch auch hier werden sie aufgestöbert und die Hatz beginnt von Neuem. Schließlich erklimmt Kong das Empire State Building, dabei seinem Instinkt folgend, daß je höher er klettert, er umso sicherer ist. Doch längst ist eine Fliegerstaffel unterwegs, um ihn zu bekämpfen. Während Kong Ann vorsichtig auf einer der Plattformen des Gebäudes absetzt, wird er aus etlichen Maschinengewehren beschossen und massiv verletzt. Zwar gelingt es ihm, einige der Doppeldecker vom Himmel zu holen, doch letztlich ist der Angriff zu heftig. Mit einem letzten Blick und einer zärtlichen Geste gegenüber dem Objekt seiner Begierde lässt er los und stürzt in die Tiefe.

Während Driscoll Ann von der Plattform befreien kann und die beiden sich endlich in den Armen liegen, betrachtet Denham den toten Affen auf der Straße. Als ein Passant anmerkt, da hätten die Flieger ganze Arbeit geleistet, erklärt Denham, das stimme nicht – Schönheit habe das Biest getötet.

Den Regisseur Peter Jackson gibt es zweimal, man könnte sogar behaupten, es gäbe ihn dreimal. Zunächst ist da jener allen Aficionados des schlechten Geschmacks bekannter Macher solcher Meisterwerke wie BAD TASTE (1987), MEET THE FEEBLES (1989) und des unvergesslichen und unvergleichlichen BRAINDEAD (1992). Vor allem letzterer Film machte Jackson international über die Grenzen der Gemeinde der Hardcore- und Splatterfreaks hinaus bekannt, da sich schnell herumsprach, daß der Film zwar extrem blutig, aber auch extrem lustig sei. So wurde er ein Hit in den Studentenkinos. Zwei Jahre später machte sich erstmals der zweite Peter Jackson bemerkbar. HEAVENLY CREATURES (1994) geriet zu einem ausgefeilten, sehr sensiblen Drama um zwei Teenager, die zu Mörderinnen wurden. Der Film basierte auf einer wahren Geschichte und wurde ein Achtungserfolg. Mit THE FRIGTHENERS (1996) kehrte Jackson noch einmal zum Horrorgenre zurück, bevor dann bekannt wurde, daß0 er eines der gewaltigsten Werke der Fantasyliteratur zu verfilmen gedachte: Die Trilogie THE LORD OF THE RINGS (2001-03) wurde ein Triumph. Jackson verfilmte Tolkiens Mammutwerk familienfreundlich und dennoch als Spektakel. Vor allem als CGI-Spektakel. Und doch gelang es ihm, trotz aller animierten Kulissen, animierter Massenszenen und animierter Charaktere, die Geschichte die meiste Zeit mit viel Wärme und viel Liebe zum Detail und voller Zuneigung zu den Figuren zu erzählen, wurden sie nun real gespielt oder später in den fertigen Film hineinkopiert, Dies war der endgültige Durchbruch des zweiten Peter Jackson. Er wollte den Erfolg später wiederholen, scheiterte jedoch krachend mit der Filmtrilogie THE HOBBIT (2012-14), erneut an der berühmten Vorlage von J.R.R. Tolkien orientiert. Dazwischen jedoch erfüllte er sich einen Herzenswunsch, den er eigentlich bereits nach Fertigstellung von THE FRIGHTENERS hatte angehen wollen und dann zugunsten der LORD OF THE RINGS-Filme hintanstellte: KING KONG (2005). Dies ist der dritte Peter Jackson, der Post-LORD-OF-THE-RINGS-Jackson.

Bereits 1976 hatte es eine Neuverfilmung des Stoffes gegeben, der unter der Regie von Merian C. Cooper und Ernest B. Schoedsack erstmals 1933 das Licht der Leinwand erblickt hatte. Über das Original muß wenig gesagt werden. Der Film gehört auf mehreren Ebenen zu den Klassikern Hollywoods. Er zeigte eine für damalige Verhältnisse erstaunlich gut funktionierende Tricktechnik, seine Heldin Fay Wray wurde mit dem Film zu einer Ikone nicht nur des Horrorfilms, und zu guter Letzt gelang es, mit dem enormen Erfolg an den Kinokassen das schlingernde Studio RKO wieder in die Spur zu bringen. Der Film funktioniert und überzeugt sogar heute noch, trotz all der vielfältigen Möglichkeiten, die die heutige Technik zur Verfügung stellt. John Guillermins Remake KING KONG (1976) unterschied sich – neben etlichen der Zeit angepassten Momente, die unter anderem einem gierigen Publikum Jessica Langes Brüste präsentierte – vor allem darin vom Original, daß es die erst 1973 eröffneten Türme des World Trade Center in Szene setzte, die Kong hier erklomm. Im Original war es das damals selbst als Weltwunder betrachtete Empire State Building gewesen, auf dessen Spitze sich der Showdown zwischen dem Riesenaffen und einem guten Dutzend Doppeldecker abspielte. Ansonsten ist es gegenüber den Beteiligten – neben Jessica Lange, die die Rolle Fay Wrays übernahm, waren dies u.a. Jeff Bridges und Charles Grodin – fair, den Mantel des Schweigens über dieses, ja, Machwerk zu breiten. Einziges Detail, das auch in Bezug auf Jacksons Versuch einer Neugestaltung noch nennenswert sein dürfte, ist die Laufzeit von 134 Minuten, die die des Originals schon um eine gute halbe Stunde übertraf.

Peter Jackson ist selbst ein Aficionado, das merkt man vor allem seinen frühen Splatterfilmen an. Der Neuseeländer zeigte ein ungeheures Gespür für einzelne Szenen und ebensolche Kreativität, um mit geringsten Mitteln maximale Effekte zu erzielen. Mit den LORD OF THE RINGS-Filmen wiederum hatte er bewiesen, was mittlerweile alles möglich ist auf der Leinwand. Und nun wollte er diese Möglichkeiten einsetzen, um sich den Traum eines Aficionados zu erfüllen und einen der Filme, die ihn selbst geprägt hatten, neu zu verfilmen. Und, natürlich, sein Publikum mit einem Spektakel wie selten zu überwältigen. Letzteres ist ihm zweifelsfrei gelungen – wenn auch auf Kosten all dessen, was die Geschichte, den Originalfilm, die Figuren einst so sehens- und liebenswert machte. Denn diesmal – eine Erfahrung, die sich dann bei den HOBBIT-Filmen wiederholen sollte – gelang es ihm eben nicht, die Wärme auf die Leinwand zu bringen, die aus einem Spektakel aus dem Rechner einen wirklichen Film macht. Denn spätestens im letzten Drittel seines Films, der in der Kinofassung bereits 187 Minuten aufweist, hat man es hier mit einer reinen Leistungsschau modernster Technologie zu tun. Und mit sonst nichts. Und leider muß man konstatieren, daß diesmal nicht einmal die Technologie so funktioniert, daß der Zuschauer glaubt, was er sieht. Denn dies ist alles zu echt, zu genau, zu authentisch. Die Wirklichkeit als hochauflösende Bildgestaltung.

Doch der Reihe nach. KING KONG kann zunächst mit einem wirklich guten und überzeugenden Ensemble überzeugen. Naomi Watts, Jack Black und Adrien Brody spielen die Hauptrollen und sie tun dies weitestgehend sehr gut. Black in der Rolle des Regisseurs Carl Denham ist voll in seinem Element, wenn er wie ein Derwisch durch ein New York der Wirtschaftskrise der (computergenerierten) frühen 30er Jahre wüten darf, um seine Produktion zusammenzuhalten, eine Hauptdarstellerin zu suchen und das Schiff, das ihn und sein Team offiziell nach Singapur verfrachten soll, dazu zu animieren, abzulegen, bevor die Polizei, die ihn sucht, vor Ort an den Docks eintrifft. Das ist lustig und bietet genau das, was Jackson durchaus kann: Voller Anspielungen auf das Original (so teilt sein Assistent Denham mit, daß Fay Wray nicht zu bekommen sei, da sie mit Cooper drehe, was Denhams Mine sich verfinstern lässt) und detailverliebt bis in die kleinsten Nebensächlichkeiten der Mise en Scene. Dies ist, betrachtet man den Film in der Rückschau, letztlich auch der beste und überzeugendste Teil des ganzen Films. Obwohl man auch hier oftmals sieht, daß dieses New York im Rechner entstanden ist, bestaunt man doch die Aufnahmen der Straßen und die Totalen der Auffahrt zur Brooklyn Bridge, die auch 1933 schon völlig verstopft gewesen sein muß – folgt man Jacksons Version dieses New York.

Adrien Brody gibt einen Bühnen-Autor im Stile Clifford Odets. Ein Intellektueller, ein wenig verträumt, ein wenig weltfremd, der natürlich nicht weiß, wie man sich Frauen nähert, aber das Glück hat, daß seine Angebetete alle seine Stücke kennt und ihn verehrt. Die Angebetete ist natürlich Naomi Watts in der Rolle der Ann Darrow. Ihre Rolle wurde von Jackson im Vergleich zum Original am ehesten modernisiert und dafür leicht modifiziert. Darrow ist eine Schauspielerin, die sich am Varieté versucht, wo sie als Mann auftritt, steppt und singt und die Leute zum Lachen bringen will. Diese Fähigkeiten nutzt sie später im Film, um Kong erst in Schach zu halten und dann mit ihm zu kommunizieren. Es ist eine der besseren, sogar schönen Szenen des Films, wenn sie, auf einer Felsklippe balancierend, ihre Tricks und akrobatischen Kunststücke vorführt und den riesigen Affen offenbar zum Lachen bringt. Dessen Humor allerdings ist etwas rauer, wenn er anschließend die kleine Frau, bei der er sich noch darüber klar zu werden versucht, ob er sie fressen oder vergewaltigen soll, immer wieder aufrichtet und umstößt und sich seiner (physischen) Macht erfreut.

Jackson gelingt es in solchen Momenten besser, seinem Ungeheuer Nuancen abzugewinnen, als allen seinen Vorgängern. Ein wenig haben wir in diesem Moment sogar den Eindruck, daß hier moderne Geschlechterrollen verhandelt werden. Denn als es ihr reicht, verpasst Darrow dem Riesen einfach einen Faustschlag, klopft ihm gleichsam auf die Finger – eine Reaktion, mit der der sehr männliche Kong so offensichtlich nicht gerechnet hatte. Allerdings – und damit ist man beim größten den Film betreffenden Komplex, der zu bedenken ist – wird auch in dieser Szene der immanente Rassismus des Films überdeutlich.

Schon das Original vertrat ein inhärent rassistisches Weltbild. Filmliebhaber und Cineasten haben sich diesen Aspekt immer damit schöngeredet, daß dies eben ein Ausdruck der damaligen Zeit gewesen sei. Und ganz Unrecht haben sie damit nicht. Hollywood – und darin gerade der Horrorfilm – hat in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts etliche rassistische Motive transportiert. Schwarze oder auch Asiaten dienten, wie die Indianer im Western, vor allem als Fremde, die angsteinflößend sind und darüber hinaus als Bedrohung gerade der Vormacht des weißen Mannes betrachtet wurden. Eine Figur wie Dracula stand bspw. für den Latin Lover, jenen Verführer südlicher oder europäischer Provenienz, der es auf die wackere amerikanische Biederfrau abgesehen habe. Schwarzen Männern wurde eine enorme Potenz zugeschrieben, der der weiße Mann nichts entgegen zu setzen habe. Der Riesenaffe Kong symbolisiert diese (fremde) Potenz nahezu perfekt. Aber auch die Darstellung der Eingeborenen der Insel, des Skull Island, auf der die Besatzung der Venture den Affen auftreibt, entspricht allen gängigen Klischees über „Wilde“: Sie sind primitiv, ihre Riten ebenfalls, sie opfern Menschen und darunter vor allem Frauen und noch lieber weiße Frauen. Daß es schließlich eine weiße Frau ist (der deutsche Titel des Originals – KING KONG UND DIE WEISSE FRAU – definiert diesen Aspekt sogar explizit), die die Liebe des Affen erringen kann, nicht von ihm getötet und gefressen wird, die ihn letztlich domestiziert – ein ewiges Thema in Hollywood: Die Domestizierung des Mannes und seiner Triebe, seiner Potenz, seiner eigentlichen Bestimmung durch Frauen – ist ein zutiefst rassistischer Aspekt der Geschichte.

Peter Jackson, es wurde bereits erwähnt, ist ein Aficionado. Und so wirkt sein Film wie eine Hommage. Und einer Hommage entsprechend huldigt er dem Original, ohne es zu demontieren oder zu dekonstruieren. Es scheint hier keine Distanz zum Film von 1933 zu geben, Buch und Regie übernehmen nahezu unkritisch all dessen Motive und auch die Darstellung. Das beginnt beim Eingeborenenstamm, welcher extrem bedrohlich und fremdartig wirkt, auch wenn es ursprünglich Denham ist, der aggressiv und arrogant auf die Fremden zugeht. Doch ab diesem Zeitpunkt sind die Eingeborenen schlicht Feinde. Sie sind brutal, sie entführen die weiße Frau vom Schiff, sie töten ohne Skrupel und ihr Aussehen spottet jeder Beschreibung. Mit Schmuck behängt, tätowiert und über und über mit Knochen und anderen menschlichen Körperteilen ausgestattet, wird ihnen in Jacksons Darstellung schlicht das Menschliche abgesprochen. Es sind im Grunde Steinzeitmenschen, eine Zwischenstufe vom Primaten zum Menschen: Man fühlt sich ein wenig an den unsäglichen Bo-Derek-Streifen TARZAN THE APE MAN (1981) erinnert, der mit ähnlichen rassistischen Stereotypen arbeitete und spielte. Und selbstredend dürfen sie getötet werden, wenn es darum geht, daß edle weiße Männer eine unschuldige weiße Frau retten. Diese Haltung war auch 1933 rassistisch, man kann sie sich mit einer grundlegend anderen kulturellen Haltung erklären, entschuldigen kann man diese Haltung jedoch nicht. Eine solche Haltung aber ungebrochen zu übernehmen und im Jahr 2005 schlicht zu reproduzieren, ist noch mal etwas ganz anderes. Und daran krankt Jacksons Film.

Doch bei Weitem nicht nur an seiner indifferenten Haltung zum Rassismus. KING KONG, das war immer schon so, ist eben auch eine Variante jener Geschichte von der Schönen und dem Biest. Die Liebe des Riesenaffen zu der blonden Frau, die er zunächst einfach „haben“, also besitzen will, die er beherrschen will, die er – geht man einmal von den Knochen und Skeletten aus, die wir an seinem Rastplatz zu sehen bekommen – wahrscheinlich fressen will, erweckt sozusagen den Mann im Tier, erweckt – in Umkehr zur herkömmlich sexuellen Konnotation der Redensart – einen sentimentalen, romantischen, also menschlichen Zug in Kong. Er beginnt zu lieben. Und da die moderne Tricktechnik dies eben kann, verpassen Jackson und seine IT-Experten Kong allerlei Gesichtsausdrücke, die diese Menschwerdung, diese wirkliche Liebe eben auch auszudrücken vermögen. Da ist KING KONG 2005 dem KING KONG von 1933 fraglos überlegen. Doch wirft dies ganz andere Probleme auf. Denn für Naomi Watts bedeutet dies, Pixel, Bits und Bytes zu lieben, gar anzuschmachten – und das funktioniert nicht. Jackson kreiert einige Szenen, die den romantischen Aspekt unterstreichen sollen – und setzt sich da vielleicht am deutlichsten vom Original ab – indem wir Kong sinnierend auf seiner Felskante sitzen sehen, er genießt den weiten Blick und schaut sehnsüchtig in die untergehende Sonne. Die Plateaus, die der Film bietet – großartig, keine Frage. Nur ist uns eben auch immer bewusst, daß das alles im Rechner entstanden ist. Es ist herzlos, es hat keinen emotionalen Kern. Allerdings hat es jede Menge Aufforderungspotential. Denn in genau diesen Szenen wird dem Zuschauer genauestens mitgeteilt, was er nun gefälligst zu fühlen habe. Wenn es ihm nicht gar befohlen wird. Los! Gerührt sein! – so schreit es geradezu aus den Bildern.

Dazu ist der postmoderne, Ironie gewöhnte und aufgeklärte Betrachter des Jahres 2005 aber nicht bereit. Hier kann man vergleichen, zieht man die berühmte Szene aus James Camerons TITANIC (1997) hinzu, in der Leonardo Di Caprio und Kate Winslet am Bug des dem Untergang geweihten Schiffes stehen und I am the king of the world! Rufen, wie man mit CGI umgehen sollte, um echte Emotionen zu entfachen und wie dies eben nicht funktioniert. Naomi Watts hat keinen Counterpart, kein Gegenüber, mit dem sie im Zusammenspiel etwas entfachen kann, den Zuschauer berühren kann. Eher wirkt dies wie ein überdimensioniertes Katzenvideo, in dem die Katze nicht mal echt ist.

KING KONG in der Peter-Jackson-Variante krankt generell an seiner Überwältigungsstrategie. Er will alles zugleich sein: Romanze à la TITANIC, Abenteuerfilm à la INDIANA JONES (1981ff.), apokalyptischer Actionfilm à la INDEPENDENCE DAY (1996), Monsterfilm à la GODZILLA (1998) inklusive jeder Menge JURASSIC PARK (1993). Zudem Hommage an das klassische Hollywood mit all der Kolportage, wie gerade die 1930er Jahre sie boten, wenn Clark Gable wieder und wieder ins schwüle Südostasien geschickt wurde, wo er allerhand Abenteuer erleben und schöne Frauen erst retten, dann lieben durfte. Dazu braucht Jackson ewige 187 Minuten (in der Extended Version gleich mal 200 davon) und scheint dabei irgendwie nie von der Stelle zu kommen. Spätestens wenn Kong besiegt, gefangen und nach New York verfrachtet ist, beginnt der Film zu langweilen. Das liegt zum einen daran, daß natürlich jeder Filmkundige sowieso weiß, wo es ab nun hingeht – nämlich auf das Dach des Empire State Building und in den ebenso sicheren wie bitteren Tod – doch wie schon am Ende seiner LORD OF THE RINGS– und bei der späteren HOBBIT-Trilogie, findet der Regisseur weder Mitte noch Maß und treibt die Action weiter und weiter und noch weiter. Fast ist man froh, wenn der Affe endlich erlegt ist, seinen letzten Atemzug getan hat und vom Wolkenkratzer abgeschmiert auf den Straßen der Metropole zerschellt.

Ähnlich wie bei Werken wie Victor Halperins WHITE ZOMBIE (1932) oder Jacques Tourneurs I WALKED WITH A ZOMBIE (1943), ist es eben auch mit KING KONG: Will man den Affen in seiner Urform erleben (und nicht in einer seiner zahlreichen japanischen Ableger, wo er in den originalen GODZILLA-Kosmos integriert wurde), kann man das Original in dem Bewußtsein des zeitlichen Abstands durchaus genießen, den Stoff neu verfilmen kann man nicht. Denn man wird automatisch und zwangsläufig in die hier geschilderten Fallen des Ressentiments tappen. Wie man es besser machen kann, auch, indem man sich und sein Sujet nicht wirklich ernst nimmt und allerhand moderne Botschaften einbaut, bewies Jordan Vogt-Roberts mit KONG: SKULL ISLAND (2017). Weit von der Vorlage entfernt, bietet er ein Abenteuer voller Ironie, Seitenhieben auf und Kritik an westlichem Neo-Kolonialismus und tut dabei nie größer als er ist. Ein Unterhaltungsfilm, der ein paar gelungene Kreaturen bietet, wirklich gut animiert ist und ununterbrochen verdeutlicht, daß man diese Nummer niemals größer machen sollte als sie realiter ist. Ein Film, der 2 Stunden lang Zerstreuung bietet, dann endet und der Zuschauer geht befriedigt heim. Ein relativ leichtes Unterfangen, welches Peter Jackson in keiner Minute seines Mammutprojekts gelingt.

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