LEISE WEHT DER WIND DES TODES/THE HUNTING PARTY

Blutig, brutal und (zu) billig

Der Bandit Frank Calder (Oliver Reed) entführt die Frau des sadistischen Großranchers Brandt Ruger (Gene Hackman), Melissa Ruger (Candice Bergen). Er denkt, sie sei Lehrerin und will, daß sie ihm das Lesen beibringt. Die Entführung geschieht, während Ruger mit Freunden aus den besseren Kreisen des Staates auf Jagd ist. Dabei schenkt er jedem seiner Kumpane ein neues, extrem sicheres und weitreichendes Gewehr. Unterwegs erreicht ihn die Nachricht von der Entführung. Er nimmt gemeinsam mit seinen Jagdgefährten die Verfolgung auf.

Währenddessen muß Frank Melissa gegen die anderen Banditen verteidigen, die sie vergewaltigen wollen. Lediglich der alte Doc Harrison (Mitch Ryan) ist Frank ein wirklicher Freund, der zu ihm hält. Eines Nachts vergewaltigt schließlich Frank selbst Melissa, wobei unklar bleibt, ab welchem Zeitpunkt die Vergewaltigung umschlägt in einen Liebesakt, der von beiden ausgeht. Melissa verliebt sich in Frank Calder, der wohl eine rauhe Schale, jedoch ein gutes Herz hat.

Brandt und seine Männer verfolgen die Banditen und dank ihrer Präzisionsgewehre, gelingt es ihnen nach und nach, die Gruppe der Desperados zu verringern, indem sie diese einfach wie Vieh abschlachten. Schließlich muß sich Frank eingestehen, daß er allein mit Melissa ist. Seine Leute sind tot oder haben ihn verlassen, den schwer verletzten Doc tötet er selbst. Er flieht mit Melissa in die Wüste. Brandt folgt ihnen, nachdem auch seine Leute entweder tot sind oder ihn wegen seines Sadismus‘ und seiner Getriebenheit allein gelassen haben. Mitten in der Wüste stellt Brandt Frank und Melissa und tötet beide, selbst jedoch krepiert er ebenfalls unter der sengenden Sonne und ohne Wasser.

Das Bild dieser drei Menschen, vereint im Tode, friert ein, sie liegen auf ewig im Sand der Wüste.

Eine Europroduktion mit amerikanischen Darstellern, die sich zusammenklaubt was sie braucht, um den Zuschauer mit Spektakel zu überzeugen/einzufangen. Candice Bergen variiert ihre Rolle aus SOLDIER BLUE (1970). Durfte sie in jenem blutigen Western wenigstens noch eine starke Frau spielen, die durch ihr Leben bei den Indianern Würde und das Überleben in der Wildnis gelernt hat, ist sie hier einfach hilflos, sie  weint viel und verliebt sich in den Mann, der sie vergewaltigt, was schon Grund genug wäre, den Film abzulehnen.

Doch nichts hier funktioniert so richtig: Die Gewalt ist ebenso aus den damals angesagten Italowestern wie den Filmen Sam Peckinpahs entliehen; wie beim großen Meister des Spätwesterns, fliegen auch hier gleich ganze Fleischstücke durch die Gegend, wenn ein Protagonist getroffen wird. Doch wo es Peckinpah gelingt, seinen Desperados Würde und vor allem Charakter zu verleihen, so daß man einen jeden bei seinem Tode betrauern mag, sind die Banditen hier einfach nur Schlachtvieh. Unsympathisches dazu. Daß es gleich zwanzig sein müssen, hat wohl v.a. den Grund, daß man möglichst viele Gewalttaten zeigen wollte.

Die fast interessanteste Figur ist Brandt Ruger. Er ist ein Sadist, der seine Frau gleich in der ersten Szene während des Liebesaktes verletzt und auch später, als er in dem Zug, den er gemietet hat, um sich und seine Jagdgefährten in die Jagdreviere transportieren zu lassen, mit einer Prostituierten schlafen will, ist dies automatisch damit verbunden, ihr Schmerz zuzufügen. Er ist nahezu geil auf seine neuen Spielzeuge, die Präzisionsgewehre und Hackman – neben Robert Duvall einer der führenden Hollywood-Schauspieler der letzten 5 Dekaden – spielt das extrem überzeugend. Doch wirklich in Gang kommt dieser Brandt Ruger erst, als er endlich Jagd auf ein viel interessanteres Wild machen darf – nämlich Menschen. Einem Graf Zaroff gleich (auch hier bedient der Film sich großzüzgig bei einem Klassiker), genießt er diese Jagd weitaus mehr als alles und ist bereit, dafür die ganze Strecke zu gehen, bis zum bitteren Ende.

Man wollte meinen, eigentlich hätte dieser Film alles, was eine gute Rache- und Verfolgungsgeschichte braucht, doch ist dem leider nicht so. Zwar hat man es bei Hackman, dem gut aufgelegten Oliver Reed und der großartigen Candice Bergen mit guten Schauspielern zu tun, doch fällt dem Drehbuch nichts Originelles ein, um diese Besetzung bei Laune zu halten. Alles erstickt in Klischees oder wirkt manchmal geradezu lächerlich. Man mag ja – die Anleihen beim Italowestern sind ja überdeutlich – gern klassenkämpferische Untertöne darein lesen, daß wir es hier mit einem Banditen mit Herz(?) und einem großkopferten Sadisten zu tun haben. Doch da die Story sich fast ausschließlich auf die Jagd selbst konzentriert, erfährt man zu wenig gerade über Ruger, als daß er wirklich politisch klassifizierbar wäre. Calders Motivation, eine Lehrerin zu entführen, weil er lesen lernen möchte, mag ja herzanrührend sein, aber sie ist mindestens genauso lächerlich. Zumal nie eine Erklärung geliefert wird, warum eigentlich Lesen für diesen Menschen so wichtig ist? Außer, daß seine Eltern es konnten und er zu faul war, es zu lernen. Nun gut.

Hinzu kommt, daß, wenn man den Film politisch deuten wollte, übelst reaktionäre Ansichten dabei rauskämen. Nicht nur, daß er dem (widerwärtigen) Uraltklischee verfällt, Frauen fänden es insgeheim immer ganz nett, vergewaltigt zu werden, nein, ihm fällt auch nur ein Grund ein, warum der Bandit das alles tut: Er will so werden, wie Ruger ist: Ein Großkopferter. Das Lesen steht hier einfach für „Bildung“, die wiederum mit der Oberschicht identifiziert wird. Calder hat ja immerhin schon den Sadismus mit dem Großwildjäger gemein….

THE HUNTING PARTY (1971) ist ein exploitativer Film, der schlichtweg zynisch auf der damals angesagten „harten Welle“ mitreiten wollte. Das gelingt ihm. Er bietet für die, die es mögen, eine Menge Schauwerte, er ist leidlich spannend und kann mit einer guten Besetzung aufwarten. Dem Westerngenre etwas brauchbares mitgeben, kann er nicht.

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