QUANTEZ, DIE TOTE STADT/QUANTEZ

Ein Emanzipationswestern

Ein Trupp Banditen – 4 Kerle und eine Frau – erreichen auf der Flucht vor der Posse aus Stadtbewohnern die kleine Stadt Quantez. Sie hoffen hier neue Pferde zu bekommen, sind die eigenen doch ausgemergelt vom langen Ritt durch die Wüste. Zudem mussten sie unterwegs eines erschießen. Die Stadt jedoch ist vollkommen ausgestorben, offenbar erst seit Kurzem verlassen. Das gibt sowohl dem Banditen Gentry (Fred MacMurray) zu denken, als auch seinem Kumpan Gato (Sidney Chaplin), einem Weißen, der bei Indianern aufwuchs. Der Anführer der Männer, Heller (John Larch) hat während des Überfalls einen Menschen getötet. Die Frau namens Chaney (Dorothy Malone) – deren Rolle bei dem Überfall unklar bleibt, sie scheint dennoch involviert gewesen zu sein – erleidet deshalb einen Nervenzusammenbruch. Sie will sich von Heller befreien, dem sie seltsam verfallen scheint. Dazu kommen ihr die beiden Banditen Gentry und Teach (John Gavin) gerade recht.

So entwickelt sich im Laufe der Nacht ein wechselreiches Spiel, in dem Cheney mal diesem, mal jenem schöne Augen macht, während Heller einerseits versucht, wechselseitig Gentry und Teach auf seine Seite zu ziehen und einen gegen den anderen auszuspielen. Sowohl Gentry als auch Teach beginnen, sich ernsthaft für Chaney zu interessieren. Gentry jedoch – der ältere und erfahrenere der beiden Männer – spürt schnell, daß nicht nur Liebe gefagt ist.

Im Laufe der Nacht taucht ein reisender Händler und Musikant auf, dessen Pferd Heller natürlich haben will. Er läßt den Alten singen; dieser trägt die Ballade von „John Coventry“ vor, einem Banditen, der zum Töten gezwungen war. Heller kann das Lied nicht ertragen, er selbst könne auch so in Balladen besungen werden, fordert er. Gentry verhilft dem Musikus zur Flucht – der nämlich hatte in ihm Coventry erkannt und dies mit seinem Lied zu verstehen gegeben.

Als der Morgen heranbricht, kommt es zur endgültigen Abrechnung zwischen Heller und den Männern. Gentry/Coventry tötet den Widersacher. Gato, der die ganze Nacht außerhalb des Hauses verbracht hatte, will die Weißen tot sehen, das geraubte Geld zur Hälfte einsetzen, um Gewehre für die Indianer zu kaufen. Diese greifen nun an, Gentry opfert sich am Ende einer wilden Verfolgungjagd, damit Teach und Chaney, die miteinander ein neues Leben beginnen wollen, fliehen können.

Alle wollen frei sein: Ein Emanzipationswestern! Western-Regisseur Harry Keller rührt eine Neuversion von William A. Wellmans YELLOW SKY (1948) an, dabei mixt er eine ordentliche Portion Psychologie unter, damit alle was zu tun haben, während nichts passiert. Ein weitestgehend actionfreier Western, der stattdessen auf die Macht des Wortes setzt…

Es ist natürlich in B-Western, dem man das auch ansieht mit seinen manchmal doch arg ausgeprägten Studiobauten, der sich aber viel Mühe gibt, die eingeschränkten Produktionsbedingungen mit „echten“ zwischenmenschlichen Konflikten wettzumachen. Daß gelingt leider nicht wirklich, da, wie Joe Hembus in seinem WESTERN LEXIKON zu Recht schreibt, v.a. andere Darsteller, aber auch ein anderes Drehbuch dazu nötig wären. Dorothy Malone zeigt in Momenten, da der Fokus auf der Leinwand nicht auf ihr liegt, sie jedoch im Bild ist, daß sie mehr könnte, wenn sie dürfte; sie darf aber offenbar nicht. Fred MacMurray gibt sich redlich Mühe, hat auch mit Abstand die dankbarste Rolle, von John Larchs Bösewicht Heller einmal abgesehen. Aber die Bösewichter sind ja eh immer die interessanteren Figuren. MacMurray jedenfalls muß als wandelnder Friedensstifter durch den Film schreiten, was sowohl seine Rolle, als auch das „Anliegen“ des Films ehrt, jedoch viel Dynamik nimmt. Und Teach könnte ein überaus interessanter Part sein, dafür werden seine „dunklen“ Seiten jedoch nicht zur Genüge ausgespielt.

Es wird deutlich, daß man es bei beiden Männern im Grunde mit zivilisierten Menschen zu tun hat: Teach ist ein junger Engländer, ein Greenhorn im Westen, der wohl über eine höhere Bildung und dabei auch Erfahrung/Ausbildung mit Waffen verfügt, seine Unerfahrenheit macht ihn jedoch zu einem willkommenen Opfer, das Beherrschen einer Waffe bedeutet nicht, daß er auch töten kann. Gentry seinerseits setzt sich mit Teach, mit Cheney und auch Gato jeweils differenziert auseinander – und er bringt sogar Heller zu einem ehrlichen Moment verbaler Kommunikation. „Ich will nie mehr Befehle annehmen“ ist sein Credo. Nie mehr Befehlsempfänger – da will er raus.

Sie alle wollen raus: Raus aus ihrem Leben, ihrer Geschlechterrolle, ihrer sozialen Klasse, gar ihrer Rasse. Wobei die Figur „Gato“ eine eigene Betrachtung wert wäre, denn einerseits ist sie die geheimnisvollste, andererseits auch die ambivalenteste – ein Verräter. Eine erst neutrale, im Laufe des Films immer unsympathischere Figur, die schließlich auch von den Indianern abgelehnt wird – als Verräter. Aber woran? Letztlichh an seiner Rasse. Ein seltsames Bild, das der Film sich da wählt…

QUANTEZ (1957)ist einer jener Western, die, wie auch viele Horror- und Science-Fiction-Filme der Ära, wie ein Spiegel, manchmal wie ein Katalysator ihrer Zeit wirken. Das macht ihn interessant anzuschauen. Einmal. Denn all die Diskussionen darum, wie man einem Leben entkommt, das man teils gewählt, teils „zugeteilt“ bekam, erschöpfen sich dann doch in relativ banalen Weisheiten und Einsichten.WEsentlicher vielleicht die Sehnsucht, die der Film artikuliert, indem er all seine Figuren in ein anderes Leben sich wünschen lässt. Ein für seine Zeit ein vielleicht eher ungewöhnliches Anliegen, gar nicht gewollt von Buch und Regie, und doch mag es sich eingeschlichen und irgendwo zwischen den vielen, vielen Zeilen des Drehbuchs festgesetzt haben.

Seis drum: Mit wenig Aufwand kann der Film immerhin für seine 77 Minuten Laufzeit die volle Aufmerksamkeit erhaschen.

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