UNDER THE SILVER LAKE

David Robert Mitchell verliert sich in seinem Verschwörungsthriller irgendwo zwischen Neo-Noir, Parodie und Hommage

Sam (Andrew Garfield) bewohnt ein Appartement in einem Komplex im angesagten Stadtteil Silver Lake in Los Angeles. Arbeiten muß er nicht, allerdings ist er mit der Miete im Rückstand, was ihm Ärger mit seinem Vermieter einbringt. Seine Tage verbringt er damit, auf seinem Balkon zu sitzen und die Nachbarn unten am Pool zu beobachten. Vornehmlich vor allem Nachbarinnen.

Dabei kommt ihm auch die junge Sarah (Riley Keough) vor den Feldstecher. Durch Zufall kommt er mit ihr ins Gespräch und hat den Eindruck, daß sie ihn mag, was auf Gegenseitigkeit beruht. Doch bevor sie sich wirklich näherkommen können, verschwindet Sarah spurlos.

Sam ist sich sicher, daß es eine Reihe von direkten und indirekten Zeichen gibt, die auf ihren Verbleib hindeuten. Da ist der im Viertel umgehende Hundekiller – und immerhin hatte Sarah auch einen Hund; da sind die Comics des Zeichners Comic Man (Patrick Fischler), die eindeutige Hinweise enthalten, die aber alle zunächst ins Nichts führen. Allerdings lernt Sam hier auch alles über die Eulenfrau (Wendy Vanden), die im Viertel seit jeher ihr Unwesen treibt.

Durch die Underground-Band Jesus and the Brides of Dracula kommt Sam mit Freundinnen von Sarah in Berührung. Dann sieht Sam in den Nachrichten, daß der bekannte Hollywood-Produzent Jefferson Sevence (Chris Gann) bei einem Autounfall tödlich verunglückt ist. In seiner Begleitung waren drei junge Frauen, eine davon offenbar Sarah.

Weitere Ermittlungen führen Sam in die Musik- und Künstlerszene von Los Angeles. Unter anderem trifft er einen Musikproduzenten und Komponisten (Jeremy Bobb), der in einer atemberaubend großen Villa lebt und im Besitz der Instrumente vieler Rock- und Popstars ist. Zudem erklärt er Sam, daß er nahezu jeden Popsong der Musikgeschichte geschrieben habe. Sam verzweifelt nahezu und brüllt den Mann an, daß er ihm nicht glaube. Der Komponist schießt mit seinem Revolver auf Sam, der ihm daraufhin mit Kurt Cobains Gitarre den Schädel einschlägt.

Mit Hilfe des Königs der Obdachlosen (David Yow) findet Sam den Einstieg zu einem geheimen Tunnelsystem unter den Hollywood Hills. Dort stößt Sam auf weitere Hinweise, daß Sarah womöglich noch am Leben ist. Zudem erinnern die Tunnel erstaunlich an die altägyptischen Pyramidensysteme.

Auf einer Performance-Party lernt Sam Sevence` Tochter Millicent (Callie Hernandez) kennen. Die beiden stromern durch Silver Lake und gehen schließlich im Reservoir baden. Vom Ufer aus werden sie beschossen und eine Kugel tötet Millicent. Im Sterben nimmt die Pose eines PLAYBOY-Covers an, den Sam einst seinem Vater geklaut hatte.

Sam entkommt und kann mit Hilfe einer Karte des Viertels aus einer Kellogg-Packung endlich passende Puzzleteile zusammensetzen. Dieses führt ihn zu einer Hütte in den Hollywood Hills, wo Sam auf einem Mann (Don McManus) in Begleitung von drei Frauen trifft, die er alle bei diversen Gelegenheiten schon gesehen und kennen gelernt hat. Sam zwingt ihn, die ganze Angelegenheit zu erklären.

So erfährt er, daß die Superreichen sich in Bunker unter der Erde zurückziehen, jeweils mit einigen Gespielinnen, die ihnen dort Gesellschaft leisten. Man werde sterben, doch die Seelen der Eingeschlossenen stiegen in höhere Sphären auf. Sam verlangt, irgendwie mit Sarah sprechen zu können, was sogar möglich ist. So kann er mit ihr über eine Videoanlage reden. Sie teilt ihm mit, daß sie freiwillig dort und dies vielleicht ein Fehler gewesen sei, sie aber nun sowieso nicht mehr hinauskönne.

Der Mann in der Hütte und seine Frauen legen sich schlafen. Sam, der nach einer traurigen Verabschiedung von Sarah vor der Hütte sitzt, wird vom König der Obdachlosen gefangen genommen und in das Tunnelsystem gebracht. Da er Hundekuchen in seiner Tasche hatte, verdächtigt ihn der König, der berüchtigte Hundekiller zu sein. Sam erklärt ihm, daß dies lediglich Erinnerungen an Sarahs Hund seien, den er immer gemocht habe. So lässt ihn der König – einstweilen, wie er sagt – gehen.

Sam kehrt zurück in sein Appartement, wo ihn zuvor schon die Eulenfrau angegriffen hatte und wo nun allerhand Zeichen an der Wand zu finden sind, die er auf seiner Odyssee zu deuten gelernt hat. Wieder blickt er durch seinen Feldstecher und wieder sieht er eine barbrüstige Frau, die er auch schon zu Beginn des Films beobachtet hatte, bevor er auf Sarah aufmerksam wurde.

Sam geht zu der Frau, die ihn willkommen heißt. Die beiden verbringen die Nacht miteinander. Am nächsten Tag steht Sam auf ihrem Balkon und beobachtet, wie der Manager des Appartement-Komplexes und eine Frau vom Sicherheitsdienst in seine Wohnung eindringen, die geräumt werden soll, weil er die Miete immer noch nicht bezahlt hat.

Verschwörungstheorien sind etwas Wunderbares. Sie ermöglichen es, alternative Wirklichkeitsentwürfe auszuarbeiten, zu spekulieren, die Geschichte umzuschreiben und neu zu interpretieren. Sie sind spannend und bieten ungeheures Potential für politische, gesellschaftliche, ökonomische oder mediale Verwicklungen, die gruseln und empören können. Ja, Verschwörungstheorien sind etwas Wunderbares – im Film und in der Literatur. Sie sind etwas ganz anderes in der Realität, wo sie meist eher rechtes Gedankengut bedienen, zu extrem vereinfachten Wirklichkeitswahrnehmungen führen, exkludieren – meist bestimmte Gruppen, klassisch vor allem Juden – und auf eine bösartige Art und Weise Hass und Hetze begünstigen. Die Vorstellung von geschlossenen Systemen oder Gruppen, die ganze Aspekte der Realität bestimmen, wenn nicht gar Geschichte und Gegenwart en Gros, hilft vielleicht, eine Welt zu akzeptieren, die zusehends komplexer wird, sie ist aber nicht hilfreich, vernünftige Analysen dieser Welt zu liefern. Verschwörungstheorien sind unterkomplex, vereinfachend und tendenziell gesellschaftszersetzend.

Soviel als Vorrede. Es gilt, eine klare Abgrenzung zwischen jenen Verschwörungstheorien zu ziehen, die momentan in den politischen Diskurs einsickern und denen, die für oft guten Stoff gerade in Filmen sorgen. Da nämlich taugen sie durchaus zur Wirklichkeitsanalyse. Als Filme wie THE PARALLAX VIEW (1974) oder ALL THE PRESIDENT`S MEN (1976) in den 70er Jahren auf die Leinwand kamen – in diesem Fall beide von Alan J. Pakula inszeniert, doch brachten die 70er etliche sogenannte Paranoia-Thriller hervor, die oftmals verschwörungstheoretisches Denken bedienten und ihm folgten – nutzten hier vor allem liberale und linke Autoren und Regisseure Verschwörungstheorien, um eine Wirklichkeit zu durchdringen, die zunehmend verschwörerische Züge annahm. Denn natürlich gibt es Verschwörungen. Sie unterscheiden sich aber grundlegend von Verschwörungstheorien. Sowohl der „militärisch-industrielle Komplex“, vor dem immerhin schon der stockkonservative U.S.-Präsident Dwight D. Eisenhower warnte, als auch Nixons Versuch, die Demokratische Partei auszuspähen, waren de facto Absprachen und Verschwörungen, die an der Öffentlichkeit vorbeiliefen. Auch 9/11, also der Anschlag auf die Türme des World Trade Centers in New York im Jahr 2001, war de facto eine Verschwörung, wenn auch nicht von Mossad und CIA, wie es die Verschwörungstheoretiker so gern hätten, sondern von letztlich 19 Männern mit Teppichmessern, die sich verabredet hatten, ein Fanal gegen „den Westen“ zu setzen und dies schließlich auch verwirklichten.

In den 70er Jahren korrespondierten Filme wie die oben genannten mit einer Spielart vor allem der amerikanischen postmodernen Literatur, die ihre Wurzeln in der Gegenkultur hatte und von Autoren wie Thomas Pynchon (V.; 1963), Don DeLillo (LIBRA; 1988) oder Joseph Heller (CATCH-22; 1961) bedient wurde. Sie bemühten sich, eine Welt, die nach dem 2. Weltkrieg zusehends komplexer wurde, im Spiel mit Verschwörungstheorien und reellen Verschwörungen zu durchdringen und vor staatlichen wie ökonomischen Machtkonglomeraten zu warnen, die die Freiheit des Individuums immer stärker zu beschneiden drohte. Darüber hinaus zeigte gerade ein Autor wie Thomas Pynchon auch die Verwandtschaft zum Faschismus auf. Doch bewegten sich dieser und seine Kollegen auf Metaebenen, die vielleicht nur die Literatur in ihrer Vielschichtigkeit und Mehrdeutigkeit zu bedienen versteht. Sie konnten Verschwörungstheorien nutzen und sie zugleich ab absurdum führen. Diese Möglichkeiten stehen dem Film nur bedingt zur Verfügung. Vor allem dem kommerziellen Kino, das zur Eindeutigkeit neigt und Abschlüsse finden muß, stehen die Mehrdeutigkeiten und Metaebenen nur begrenzt zur Verfügung. Konnten es sich Regisseure wie Chris Marker, Jean-Luc Godard oder Michael Haneke mit ihrem eher experimentellen Kino leisten, ihr Publikum auch ratlos zurückzulassen, muß ein kommerziell ausgerichteter Film, der mit einem hohen Budget arbeitet, zumindest ein Publikum ansprechen, das sich eben auch unterhalten lassen will.

David Robert Mitchell hatte mit dem Jugendfilm THE MYTH OF THE AMERICAN SLEEPOVER (2010) und vor allem mit IT FOLLOWS (2014), einem Horrorfilm, für Aufsehen gesorgt, bevor er UNDER THE SILVER LAKE (2018) vorlegte, einen Neo-Noir-Thriller, der als gigantische Verschwörungstheorie daherkommt. Und an dem man perfekt beobachten kann, weshalb Verschwörungstheorien im Film oft nur bedingt funktionieren. Mitchell, der seinen Film auch selber schrieb und damit die klassischen Voraussetzungen für einen „Autorenfilm“ erfüllt, packt nahezu alle Verschwörungstheorien in seinen Film, die man sich nur vorstellen kann – nur von den eindeutig antisemitischen lässt er die Finger. Er verpackt das Ganze in einen ebenfalls klassischen Noir-Plot. Junger Mann, dessen Einkünfte nie wirklich geklärt werden, der sich aber offenbar ein Appartement in einer der besseren Gegenden des modernen Los Angeles leisten kann, macht die Bekanntschaft einer jungen Frau, die ihn reizt, die dann aber sehr plötzlich verschwindet und auf deren Spuren er sich setzt. Diese Suche wird von allem Anfang an durch seltsame Zeichen an der Wand, geheime Codes, möglicherweise wirklich mythische Wesen und undurchschaubare Verwicklungen in höchste Hollywoodkreise und deren popkulturellen Ableger bestimmt.

Mitchell führt sein Publikum in einer Tour de Force durch ein extrem sonniges und ebenso artifizielles Los Angeles, er bedient sich klassischer filmischer Methoden, die heute längst nicht mehr genutzt werden – bspw. Rückprojektionen – und einem riesigen Fundus populärer Musik, um seinen Film durchweg als FILM zu markieren. Nichts hier korrespondiert mit einer wirklichen Wirklichkeit, alles – Handlung, Figuren, Beziehungsebenen – ist lediglich in einem schier unendlichen System filmischer, popkultureller und subkultureller Verweise zu verorten. Da schimmert Kenntnis poststrukturalistischer Theorien (Signifikantenketten in dekonstruktivistischem Spiel), eine genaue Kenntnis der Film- und Literaturgeschichte, vor allem verschiedener Genrewerke, aber auch das Wissen um die spezifische Bedeutung von Los Angeles in seinen diversen Erscheinungsformen – als Stadt, als Symbol, als Zustand – durch und wird zu einem potentiell endlosen Muster verarbeitet, das letztlich keinen Sinn ergibt. Mitchell lässt immer wieder ein Verständnis für sein Sujet aufblitzen, das an Thomas Pynchon erinnert. Dessen immer auch ironisch gebrochenen, ausufernden und manchmal mäandernden Sprachsysteme machen in ihrer letzten Konsequenz die Wirklichkeit selbst zu einer Verschwörung – und zwar einer gegen die Vorstellung von „Erkenntnis“ im klassisch-aufklärerischen Sinne. Hier – da ähnelt Pynchons Auffassung der seines Kollegen DeLillo – wird Sprache, besser: werden Zeichensysteme, Texturen selbst zu Verschlüsselungscodes, die einen direkten Zugriff auf eine wie auch immer geartete Wirklichkeit verhindern. Und genau diesen hochkomplexen theoretischen Zugriff suggeriert auch Mitchell.

Allein – er ist eben weder ein Thomas Pynchon, noch ein Don DeLillo. In einer Szene, die seinen Helden Sam (in Erinnerung an einen der großen Detektive der Literatur- und Filmgeschichte, Sam Spade) zu einem Musikproduzenten und Komponisten führen, kommt er einer Groteske, wie Pynchon sie sich hätte einfallen lassen können, dann einmal nahe: Während Sam sich im Musikzimmer des uralten Mannes umblickt und dort allerhand Artefakte der populären Musikgeschichte findet, erklärt ihm der Alte, daß er der Erschaffer nahezu jeden populären Musikstücks der Vergangenheit, Gegenwart und der Zukunft sei. Eine Art Gottheit des Pop, dessen Offenbarung die Allgegenwart und Allgegenwärtigkeit des Popkonsums verdeutlicht, spielt der Alte all die Stücke an, die er geschrieben habe und die Sam – und wir, das Publikum – natürlich kennen. Ob Beatles, Stones, Elton John oder Abba – alles entstammt den Ideen, dem Kopf dieses Kerls. Doch anstatt dem Zuschauer die Erkenntnis zuwachsen zu lassen, lässt Mitchell den Mann eine Art teuflische Vorlesung (sic!) halten. Anstatt uns selbst ein wenig Spielraum zu geben, in dem wir unsere Gedanken ordnen können, wird uns exakt das, was einige Zeilen weiter oben geschrieben steht, erklärt. Das ist platt, es zeugt davon, daß Mitchell seinem Publikum nicht traut und vor allem – davon zeugt dann die Auflösung der Szene – daß er seinem eigenen Film nicht traut. Denn Sam, zusehends entnervt und verletzt durch die Tiraden und Erklärungen des Alten, die Gitarre, die einst Kurt Cobain auf der Bühne spielte, auf dem Schoß, gerät außer sich und geht auf den Mann los. Der setzt sich zwar zur Wehr, doch zertrümmert ihm Sam schließlich mit Cobains Instrument den Schädel. So wenig Sam auszuhalten scheint, was der Alte ihm erzählt, so wenig scheint Mitchell die Richtung auszuhalten, die er selbst für seinen Film gewählt hat. So endet die zugleich beste und mißlungenste Szene des Films, jene Szene, in der Buch, Regie und schließlich dieses Werk zu sich selbst zu kommen scheinen, mit irrer Brutalität und Anleihen beim Splatterfilm in eben der Eindeutigkeit, die sich weder Pynchon noch DeLillo jemals erlauben würden – eben weil sie darum wissen, daß es keine Eindeutigkeit gibt in dem Universum, das sie auszuloten versuchen. Sam jedoch scheint hier erstmals die Erkenntnis zu haben, daß er selber ebenfalls nur ein Signifikant in einem endlosen Spiel ist, seine gesamte Referenz nichts weiter als Zeichen aus anderen Filmen, aus der Musik, der Literatur, der Theorie usw. Eine vielleicht wirklich schwer erträgliche Einsicht.

Mitchell schickt seinen Protagonisten bei diesem Spiel durch die Kunst-, Film und Musikszene und müht sich redlich, alle Bereiche abzudecken, für die L.A. signifikant steht. Und überall stößt Sam auf weitere Zeichen und Symbole. Mal trifft er auf Helfer, die ihm Hinweise geben, dann wieder auf eher bedrohliche Figuren, mal wird er von einem mythischen Vogelwesen bedroht, dann wieder landet er im Bett einer aufregenden Dame, wobei das Bett das titelgebende Silver Lake Reservoir ist, er kommt in Kontakt mit Irren, Wirren und Freaks, er nimmt jede Menge Drogen – Alkohol, Marihuana und nicht näher Definiertes – und als Zuschauer ist man sich irgendwann nicht mehr sicher, ob Mitchell einen an der Nase herumführt und irgendwann am Ende des Films alles als Trip, Rausch, Wahn verkauft. Aber nein, wir sind in einem Film, in der Fiktion, und die darf bekanntlich alles. Also gibt es schließlich eine Auflösung, die in sich derart banal ist, daß es einen schaudert. Die Superreichen! Die Superreichen entziehen sich schlicht dem alltäglichen Wahnsinn und ziehen sich zurück, tief unter die Erde, begleitet von einigen Gespielinnen, die da gern mitgehen. Sicher, es wird tödlich enden, aber das halbe Jahr bis dahin genießt man einfach das Dasein. Und wer weiß? Vielleicht finden die Illuminaten, außerirdische Aliens oder der Zauberer von Oz ja ein Mittel, daß einst dafür sorgen wird, daß die Mumifizierten ins Leben zurückgeholt werden können. Na dann.

So bringt Mitchell auch noch die letzten Details zünftiger Verschwörungen unter, und jene, die so gar nicht ins Konzept passen, werden eben nur angedeutet: Nicht umsonst trägt das Appartement, in dem Sam wohnt und aus dem er ausziehen soll, da er seine Miete nicht rechtzeitig zahlt, die Nummer 23. Jene Ziffer, die in etlichen Verschwörungstheorien eine zentrale Rolle spielt und ebenso als Symbol des Untergangs gelesen werden kann, wie auch als das geheime Zeichen der Illuminaten. Und der Freimaurer. Und wahrscheinlich noch etlicher anderer geheimer und weniger geheimer Gesellschaften. Und doch sucht er schließlich eine Auflösung, eine Erklärung und teilt damit das Schicksal solche her redundanter Verschwörungsthriller wie das Mel-Gibson-Vehikel CONSPIRACY THEORY (1997) oder Tony Scotts ENEMY OF THE STATE (1998), die mit recht unbefriedigenden, weil vollkommen durchschaubaren Lösungen aufwarten.

Mitchell hat mit IT FOLLOWS bewiesen, daß er sehr wohl in der Lage ist, Spannung aufzubauen und auch außergewöhnlichen Plots Leben einzuhauchen. Leider gelingt ihm hier nichts davon. Dank Kameramann Mike Gioulakis weist UNDER THE SILVER LAKE manchmal brillante Bilder auf, die den Zuschauer durchaus zu bannen verstehen, Rich Vreelands Originalsoundtrack unterlegt die Geschehnisse mit gelegentlich hypnotischen Sounds, ansonsten werden die bereits erwähnten Songs aus 50 Jahren Popmusikgeschichte eingesetzt. Darunter zwei wunderbare von REM. Doch der Regie unter Mitchell gelingt es nicht, eine einheitliche Linie zu finden. Ist dies eine Parodie? Ist es der Versuch einer Dekonstruktion, wie sie früher ein Robert Altman unternahm? Ist es eine Hommage, was naheliegt, wenn man bedenkt, daß es Momente gibt, die direkt aus einem David-Lynch-Film entnommen scheinen? Sicher ist nur eins: Der Zuschauer kann all den Hin- und Verweisen irgendwann kaum mehr folgen, es ist ihm an irgendeinem Punkt auch egal, was tödlich ist für einen Film. Mitchell verheddert sich letztlich in seinem eigenen Plot, seinen eigenen Spuren und Fährten.

Letztlich hat sich Mitchell hier schlicht übernommen. Denn am Ende aller Überlegungen zu Verschwörungen, Verschwörungstheorien, Neo-Noir-Thrillern und deren Helden, am Ende der Betrachtung von Sams Odyssee durch Los Angeles, steht die banale Erkenntnis, daß das alles einfach langweilig ist. Genau das: Langweilig. Und wir werden den Eindruck nicht los, daß es Sam, von Andrew Garfield etwas linkisch gespielt, ebenso ergeht. Als er am Ende des Films erschöpft in seinen Appartementkomplex zurückkehrt und im Bett jener Nachbarin landet, die er in der allerersten Szene des Films durch seinen Feldstecher beobachtet hat – natürlich ein Verweis auf Hitchcocks THE REAR WINDOW (1954) – und die gesamte Nicht-Handlung dieses Films einen Zirkelschlag gemacht hat, hat man als ebenso erschöpfter Betrachter dieses ganzen Mischmaschs den Eindruck, daß dieser Sam einfach froh ist, einen Unterschlupf und eine neue Gespielin gefunden zu haben.

Schade, will man meinen. Schade, denn das alles hätte Potential. Mit etwas mehr Mut zu losen Enden, offenen Strängen und mit etwas radikaleren Ansätzen, mit etwas stringenterer Handlung – oder gar keiner – und vor allem mit gut einer halben Stunde weniger Laufzeit, hätte dies ein Film werden können, der sich irgendwo zwischen LOST HIGHWAY (1997), CACHÉ (2005) und etlichen klassischen Noir-Thrillern à la Billy Wilder oder Robert Aldrich und deren postmodernen Epigonen wie Robert Altman hätte einordnen können. So ist es ein inkohärenter, uneindeutiger, sich selbst zu wichtig nehmender und letztlich banaler Film geworden, der bestenfalls ein hübsches Panorama von Los Angeles bietet. Zumindest jenem Los Angeles, wie Hollywood es sieht.

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