IT FOLLOWS
Ein kleines Meisterstück des zeitgenössischen Horrorfilms
Ein junges Mädchen kommt aus einem Haus in einer anonymen Vorstadt gerannt. Sie rast mit einem Auto an das Ufer eines Sees, ruft von dort ihre Eltern an und entschuldigt sich dafür, nicht immer nett zu ihnen gewesen zu sein. Am folgenden Morgen liegt sie fürchterlich zugerichtet tot am Strand.
Jay Height (Maika Monroe) trifft sich mit Hugh (Jake Weary). Bei einem Kinobesuch benimmt er sich seltsam und bittet sie, noch vor Beginn der Vorstellung wieder zu gehen. Bei einem weiteren Date schläft sie mit ihm in seinem Auto. Anschließend betäubt er sie mit Chloroform. Als Jay erwacht, ist sie in einem alten Bürohaus an einen Stuhl gefesselt.
Hugh erklärt ihr, daß er ihr beim Sexualakt einen Fluch angehängt habe. Sie werde immer wieder Menschen auf sich zugehen sehen, langsam, nie schnell, die sich manchmal in Gestalt ihr bekannter Menschen, manchmal in der eines Fremden zeigen. Sie dürfe diese nie an sich herankommen lassen, da eine Berührung sie töten würde. Dann würde sich der Fluch umdrehen und den letzten in der Kette verfolgen – in dem Falle also ihn, Hugh. Und wirklich – während Hugh erklärt, womit Jay es zu tun hat, erscheint eine nackte Frau und nähert sich den beiden. Hugh erklärt Jay, daß sie den Fluch bei einem intimen Kontakt weitergeben müsse. Dann flieht er mit ihr zu seinem Auto, fährt sie bis zu dem Haus, in dem sie mit ihrer Mutter und ihrer Schwester Kelly (Lili Sepe) lebt und wirft sie förmlich aus dem Auto.
Jay wird schon bald in der Schule von einer alten Frau verfolgt, die nur sie sehen kann. Sie erklärt sich Kelly. Die und ihre Freunde Yara (Olivia Luccard) und Paul (Keir Gilchrist) glauben ihr und wollen ihr helfen.
Paul bietet an, nachts im Haus der Heights Wache zu schieben. Er ist schon lange in Jay verliebt. Die beiden haben sich als Kinder sogar einmal geküsst, was Paul nicht vergessen hat. Mitten in der Nacht wird ein Fenster in der Küche eingeschlagen. Doch weder Paul noch Kelly können jemanden entdecken. Jay hingegen sieht nicht nur eine Frau auf sich zukommen, sondern später, eingeschlossen in ihrem Zimmer, dringt auch ein riesenhafter Mann ein. Jay springt aus dem Fenster und versucht, sich zu retten.
Jay flieht auf einen Spielplatz, wo die anderen sie einholen. Greg (Daniel Sovatto), der auf der anderen Straßenseite, gegenüber dem Haus der Heights, lebt, kommt hinzu, weil er beobachtet hat, daß etwas im Haus der Heights vor sich geht. Die Freunde erklären ihm die Situation. Gemeinsam beschließen sie, Hugh zu suchen.
Mit Gregs Wagen fahren sie zu jenem Haus in einem heruntergekommenen Teil der Stadt, wo Hugh angeblich gelebt habe. Doch es ist nur ein verlassenes altes Haus. Allerdings finden sie hier ein Bild von Hugh in seiner alten Highschool. Dort erfahren sie, daß Hugh in Wirklichkeit Jeff heißt. Sie besuchen ihn und er erklärt ihnen noch einmal, was es mit dem Fluch auf sich hat. Auch, daß nur der gerade Verfluchte und jene, die zuvor mit ihm belegt waren, die Gestalten sehen können, die sich nähern.
Die Freunde beschließen, eine Weile zu verschwinden. Sie fahren zu einem Haus am See, das Gregs Familie gehört. Paul bietet Jay an, mit ihr zu schlafen, um den Fluch auf sich zu ziehen. Jay lehnt das ab.
Während eines Nachmittags am Strand erscheint erneut eine Gestalt und greift Jay an. Paul prügelt mit einem Strandstuhl auf die für ihn Unsichtbare ein, wobei der Stuhl geradezu zerschellt. Jay rennt in einen nahegelegenen Schuppen und nimmt die Waffe an sich, an der Greg sie zuvor ein wenig unterrichtet hatte, wie man schießt. Jay feuert auf die sich nähernde Gestalt, trifft diese auch, doch greift diese weiter an. Sie durchbricht die Tür des Schuppens, was auch die andern wahrnehmen.
Jay flieht, nimmt den Wagen und rast mit diesem einen Feldweg entlang. Dort kracht sie beinahe in einen anderen Wagen, lenkt ihren in ein Maisfeld und kommt dort zum Stehen.
Jay erwacht in einem Krankenhaus, ihre Freunde und ihre Mutter bewachen sie. Paul bietet noch einmal an, mit ihr zu schlafen, doch Jay will dies weiterhin nicht. Greg, mit dem sie Jahre zuvor mal eine kurze Beziehung hatte, bietet ihr den Liebesdienst ebenfalls an. Jay geht nun darauf ein.
Zurück aus dem Krankenhaus, geschieht jedoch nichts. Greg erklärt, er habe noch nichts und niemanden gesehen, der oder das ihm folgen würde. Doch eines nachts sieht Jay durch ihr Schlafzimmerfenster, wie eine Gestalt in Gregs Haus einbricht. Sie versucht ihn telefonisch zu warnen, es meldet sich jedoch niemand. So rennt sie hinüber und dringt in das Haus ein. Dort wird sie Zeugin, wie eine Gestalt, die aussieht wie Gregs Mutter, in Gregs Zimmer eindringt und diesem regelrecht vergewaltigt. Dabei stirbt Greg.
Jay flieht. Sie fährt zum See. Dort beobachtet sie drei junge Männer auf einem Boot. Jay entledigt sich ihrer Kleidung und geht ins Wasser.
Zurück in ihrem Haus erhält sie Besuch von Paul, der wissen will, warum sie Greg, nicht aber ihn erwählt habe. Sie erklärt ihm, daß Greg keine Angst gezeigt habe. Paul fragt sie, ob sie sich noch an ihren früheren Kuss erinnern könne? Jay bejaht. Dann beginnen beide, einen Plan zu schmieden.
Die Freunde bringen allerhand Elektrogeräte in die Schwimmhalle. Dort wollen sie das Wesen, das Jay folgt, ins Wasser locken und es dann unter Strom setzen. Doch anstatt zu Jay ins Wasser zu steigen, beginnt das Wesen, die Geräte nach ihr zu werfen. Paul und Kelly versuchen, das Ding dadurch sichtbar zu machen, indem sie ihm eine Decke überwerfen. Paul feuert auf das Wesen, verletzt aber Yara. Schließlich gelingt das Vorhaben mit der Decke und Paul schießt der Gestalt in den Kopf. Die kippt ins Wasser, packt aber Jays Fuß und versucht, diese zu ertränken. Jay kann sich befreien, als eine von den Kugeln, die Paul weiterhin auf das Wesen abfeuert, trifft. Kelly fordert Jay auf, nachzuschauen, ob das Wesen tot ist. Doch Jay sieht nur eine riesige Blutwolke, die sich im Wasser ausbreitet.
Jay schläft nun mit Paul. Der fährt in einen abgewrackten Teil der Stadt zum Straßenstrich.
Jay und Paul gehen Hand in Hand die Straße ihres Viertels entlang, im Hintergrund sieht man eine sich nähernde Gestalt…
Man kann ja getrost von zwei Arten des Horrorfilms sprechen. Da gibt es einmal jene harten, oft in Subgenres zersplitternden Werke, die dem Zuschauer einiges abverlangen, seine Nerven strapazieren und oft einen Angriff auf seine Psyche darstellen, weshalb sie auch gern das Label „Terrorfilm“ angeheftet bekommt. Die meisten dieser Filme finden Widerhall in der Gemeinde, selten finden sie einen Weg in die Feuilletons, bestenfalls als Beispiele für Verrohung oder Enthemmung. Sie sind und bleiben das, was der Horrorfilm immer schon war: Ein wenig despektierlich, ein wenig schmuddelig und dem denkenden Menschen kaum zumutbar. Deshalb lieben wahre Horrorfans genau diese Filme so sehr.
Daneben gibt es jene Horrorfilme, die sich erwachsen geben, die ihr Publikum nicht mit allzu viel Gewalt konfrontieren und die alle paar Jahre ein Produkt hervorbringen, das dann im Feuilleton gefeiert wird und auf das man sich allgemein einigen kann. In den 70er Jahren waren das Filme wie THE EXORCIST (1973) oder THE OMEN (1976), in jüngerer Zeit Werke wie GET OUT (2017) oder HEREDITARY (2018). Eher gediegene Filme, die ihr Publikum angenehm zu gruseln verstehen, dabei aber geschmackvoll und somit anschlußfähig an ein breiteres Mainstreampublikum bleiben.
Nur selten überschneiden sich beide Bereiche. Umso schöner ist es, wenn es dann doch einmal ein Werk gibt, das intelligent, atmosphärisch dicht, durchaus verstörend, angemessen in seinen Schocks (ohne direkt einem Splatterfilm zu entsprechen) und vor allem originell ist. David Robert Mitchells IT FOLLOWS (2014) erfüllt wirklich alle diese Merkmale, darüber hinaus gelingt es ihm aber auch noch, eine zweite Ebene einzuziehen, die dem Film etwas Allegorisches gibt.
Mitchell bedient sich zunächst einmal einer Bedrohung – im Horrorfilm nun einmal das wesentliche Merkmal – , die nicht alltäglich ist. Im Kern geht es um einen Fluch, der nicht erläutert, dessen Basis und Herkunft nie erklärt wird, was ihn umso furchterregender wirken lässt. Flüche sind zwar ein bewährtes Mittel, um Schrecken zu erzeugen, doch fallen einem auf Anhieb nicht allzu viele Werke der Literatur oder im Film ein, in denen ein Fluch wesentlich ist. Es sei denn, man betrachtet den Werwolf als grundlegend verflucht, ebenso den Vampir. Doch hier ist es ein wirklicher Fluch, der den- bzw. diejenige, die betroffen ist, im wortwörtlichen Sinne verfolgt. „Es folgt“, wie die direkte Übersetzung des Titels lauten würde.
Mitchell bedient sich in seinem Plot herkömmlicher Muster des Horrorfilms der 80er Jahre. Eine Gruppe Teenager versucht gemeinsam, einer tödlichen Bedrohung zu widerstehen und ihr zu entkommen. Da Mitchell sich viel Mühe gibt, seinen Film so wirken zu lassen, als spiele er in den 80er Jahren – man achte nur einmal auf die Wagen, die hier gefahren werden – kann man den Film getrost auch als Hommage an jene goldenen Zeiten des Schmuddelfilms auf Videokassetten in den hinteren Ecken der Videotheken betrachten. Anders, als bei seinen Vorbildern, haben wir es aber weder mit einem Serienmörder, einer Traumfigur oder einem vampirischen Nachbarn zu tun, sondern eben mit einem Fluch. Im Film stellt dieser sich so dar, daß der Verfluchte immer wieder für andere unsichtbare Menschen auf sich zugehen sieht, der ihn aber nicht erreichen darf, da eine Berührung tödliche Folgen hätte. Was eine solche Berührung bedeuten kann, wird uns in einem ebenfalls nie näher erläuterten Prolog zur eigentlichen Handlung recht drastisch vor Augen geführt.
Das wesentliche jedoch bei diesem Fluch ist, daß er sich durch sexuelle Kontakte überträgt. Um ihn los zu werden, muß man ihn bei einem intimen Kontakt weitergeben. Genau dies geschieht Jay zu Beginn des Films – sie wird Opfer des jungen Hugh, der den Fluch loswerden muß. Nun ist die Frage: Selbst weitergeben oder aushalten, bzw. sich opfern? Mitchell präsentiert also auch eine böse Parabel auf das AIDS-Virus, womit der Kreis zu den 80er Jahren wieder geschlossen wird. Hatte man es damals mit einer Krankheit zu tun, die kaum einer verstand, die dann gern als „Geißel Gottes“ für sündhaftes Leben – vornehmlich waren Schwule und Prostituierte gemeint – gebrandmarkt wurde und vor der der durchschnittliche Heterosexuelle sich gefeit sah, ist es im Film ein Fluch, dessen man sich entledigt, indem man ihn bewußt jemand anderem anhängt. Man kann das zynisch nennen, man kann es aber auch als eine böse und hintersinnige Allegorie auf den Umgang mit der Krankheit während jener Dekade betrachten.
Umso geschickter mischt Mitchell diese Parabel mit den in den 80rn ebenfalls beliebten Coming-of-Age-Geschichten, die nicht nur, aber auch im Horrorfilm eine große Rolle spielten. Das Erwachen der Sexualität, die Erfahrung der ersten Liebe, das Bewußtsein um den Wert der Freundschaft wurden damals auf unterschiedlichste Art und Weise thematisiert und im Horrorfilm gern in ihr Gegenteil verdreht. So mussten die Teenager in NIGHTMARE ON ELM STREET (1984) wach bleiben, um dem Traumdämon Freddy Kruger zu entgehen. Wach bleiben, die Nacht zum Tag machen – typische Merkmale jener Jahre, in denen man gern über die Stränge schlägt und die nun auf einmal zu unbedingten Überlebensstrategien wurden. Zugleich wirkte der sogenannte Slasher-Film der 80er, der gern Teenagergruppen auf Massenmörder treffen ließ, auf seltsame Weise konservativ, da hier oftmals vorehelicher Sex dadurch „bestraft“ wurde, indem jene Jungs und Mädels, die sich ihm ungehemmt hingaben, die ersten Opfer all der Jason Voorhees´, Michael Myers und Freddy Krugers wurden. IT FOLLOWS verfährt in ähnlicher Art mit dem Thema Sexualität. Er ironisiert dieses Verhalten allerdings, wenn er den intimen Kontakt mit dem andern Geschlecht sogleich zu einer tödlichen Falle an sich werden lässt. Hier wird also nicht verschwurbelt um die Ecke konservatives Gedankengut an ein jugendliches Publikum vermittelt, das sich gefälligst auf konservative Werte besinnen soll, sondern Sex wird ganz direkt zum „Fluch“ erklärt. Und kurzgeschlossen mit jenem Virus, das ganz real die sexuelle Revolution der 60er und 70er Jahre in Frage stellte – und zwar drastisch und höchst unironisch. Zugleich nimmt Mitchell sich in einigen Szenen die Zeit, seine Protagonisten ganz ernsthaft über ihre Gefühle zueinander sinnieren zu lassen und erzählt so recht sensibel von jenen Jahren im Leben eines jeden Menschen, in denen man unsicher ist, seiner selbst ungewiß. Das Begehren eines Jungen, die vorsichtigen Versuche eines Mädchens, dieses Begehren irgendwie freundlich zurück zu weisen – Mitchell bietet Momente, in denen diesen juvenilen Entwicklungen sehr gut Rechnung getragen wird.
Regisseur und Autor David Robert Mitchell hat also ein gutes Gespür für die doppelten Böden seiner Geschichte, doch bedeutet das ja noch lange nicht, daß ihm auch formal ein guter Horrorfilm gelingen muß. Doch ist dem so. Ohne allzu harte Schockeffekte, ohne ein Übermaß an Gewalt – vor allem nie an dramaturgisch unmotivierter Gewalt – gelingen ihm ausgesprochen spannende Szenen, eine immerwährende unterschwellige Bedrohlichkeit und eine Atmosphäre, der etwas Surreales anhaftet. Oft sehen wir bereits eine Figur im Bildhintergrund, bevor die Protagonisten sie erspähen, bzw. die Betroffene, die als einzige in der Lage ist, die Gefahr zu begreifen. Nur, wer den Fluch bereits hatte und ihn weitergegeben hat, sieht auch weiterhin die Erscheinungen, die äußerlich wenig bis nichts Auffallendes an sich haben. Mal treten sie in Gestalt den Betroffenen bekannter Menschen auf, oft aber auch vollkommen fremd. Zielstrebig, doch niemals schnell, nähern sie sich ihrem Ziel. Man kann rennen, oder in den nächsten Wagen springen, irgendwann, egal, wie weit man fährt, holt „es“ einen ein. Wenn „es“ allerdings dazu übergeht, das Opfer anzugreifen, kennt es keine Gnade.
Mitchell bedient sich auch in seinem Spannungsaufbau und im Erschaffen eben jener surrealen, sehr dichten Atmosphäre bei Vorbildern aus den 80er Jahren. Die Kamera, von Mike Gioulakis geführt, bewegt sich oft quälend langsam durch Räume und durch die Straßen der Vorstadt, in der der Großteil der Handlung spielt. Auch dies sind Anspielungen auf die Vorstadtsiedlungen aus Klassikern wie HALLOWEEN (1978) oder NIGHTMARE ON ELM STREET, die schon damals dafür sorgten, den Vorgängen hinter den heilen Fassaden wenig Glauben zu schenken. Das heile Suburbia gebiert die Monster, die unsere Kinder stehlen und töten – sei es in Form eines psychopathischen Serienmörders, sei es in Form einer Traumgestalt, der selbst schon etwas wie ein Fluch anhängt, oder sei es eben in Form eines klassischen Fluchs, der sich über jenes Abenteuer überträgt, das gerade die amerikanische Adoleszenz so dominiert, die Sexualität. Gioulakis zeigt in fast zeitlupenhaften, träumerischen Fahrten die Häuser und Vorgärten, die weiten Rasenflächen und breiten Straßen, die Auffahrten und die Basketballkörbe, die zurückgelassenen Fahrräder und die Rasensprenger. Doch wagen die fünf jugendlichen Helden im Verlauf der Geschichte mehrere Ausflüge in andere Teile der Stadt und so werden wir auch der Verkommenheit der Abbruchviertel, der stillgelegten Fabriken und der Wohnsilos ansichtig, die diese Städte eben auch prägen. IT FOLLOWS zeigt auch ein waches Bewußtsein für die Verwerfungen der amerikanischen Städte, die gerade in den 80er Jahren voranschritten und virulent (sic!) wurden. Die Innenräume, in denen die Handlung spielt. durchfährt die Kamera ebenso langsam und kundschaftend, manchmal geradezu lauernd. Immer wieder lenkt sie unsere Aufmerksamkeit auf scheinbar Nebensächliches, verweilt auf einer Tür, späht durch einen Durchgang, beobachtet bspw. die Sekretärin einer Schule, die Jahrbücher sortiert, und vermittelt uns ein Wissen, das doch nichts mit dem Fortgang der Geschichte zu tun hat. Denkt man.
Unterstützt werden diese Bilder von einem manchmal enervierenden, selten an „Musik“ erinnernden Score des Elektromusikers Disasterpeace. Auch sie orientiert sich an den Soundtracks eines John Carpenter, der die Musik zu seinen Filmen meist selbst geschrieben hat und dabei enorme Effekte zu erzielen verstand, sie evoziert aber auch Erinnerungen an die den Zuschauer wahrlich angreifende Musik, die die Gruppe Goblin zu den Meisterwerken eines Dario Argento wie PROFONDO ROSSO (1975), SUSPIRIA (1977) oder auch der von Argento verantworteten europäischen Fassung von George A. Romeros DAWN OF THE DEAD (1978) beisteuerte. In IT FOLLOWS wird der Score zu einem die Handlung ebenso unterstützenden, wie auch kommentierenden, selten vorweggreifenden Element, das im Laufe des Films fast ein Eigenleben zu entwickeln scheint. Lange war musikalische Begleitung eines Filmes nicht mehr so intensiv, wie hier.
Mitchell gelingt es auch, all die genannten Filme zumindest zu zitieren, manchmal ruft er auch nur mit einer Einstellung oder einer (filmischen) Geste eine Erinnerung wach. Die langsam dahinstaksenden Figuren, die sich Jay nähern, haben natürlich auch etwas von Romeros Zombies, die Fahrten durch die Straßen Suburbias erinnern, wie bereits erwähnt, an HALLOWEEN, und die Atmosphäre, die dem Zuschauer, trotz einiger versteckter Hinweise darauf, daß die Geschichte in den 80ern spielt (man beachte neben den Wagen einige Kleidungsstücke und Frisuren), immer auch etwas Zeitloses und zugleich bedrohliches vermittelt, kann es durchaus mit Argentos oft seltsamen, entfremdenden und äußerst bedrückend anmutenden Atmosphären aufnehmen. Unterstützt wird die Stimmung des Films – auch dies erinnert an viele vergleichbare Filme der 80er – durch die charakteristische Abwesenheit aller Eltern. Jay und ihre Schwester scheinen vollkommen auf sich gestellt, lediglich in einer Einstellung, als Jay im Krankenhaus liegt, gleitet die Kamera auch über eine Frau hinweg, die wohl die Mutter der Schwestern sein muß. Gregs Mutter taucht zwar einmal auf, scheint aber ebenfalls wenig Interesse an ihrem Sohn zu haben und Yara, die Freundin von Jays Schwester, wohnt quasi bei Jay und Kelly Height. Auch daß die Teenager immer wieder für Tage verschwinden, sich die Nächte in Badeanstalten um die Ohren schlagen oder verängstigt in Autos springen und davonrasen, scheint hier keinen Erwachsenen sonderlich zu interessieren. So bekommt schon das Setting des Films, auch ohne den Jay heimsuchenden Fluch, etwas Unheimliches, Dysfunktionales. Dazu trägt auf eigenartige Weise bei, daß Mitchell weite Teile der Handlung eben nicht bei Nacht, sondern am hellichten Tage spielen lässt, was bspw. die Sichtung der auftauchenden Gestalten erleichtert, zugleich aber auch jenen Teil der 24 Stunden, der im Horrorfilm symbolisch „Rettung“ bedeutet, nämlich die Helligkeit des Tages, ungreifbar und bedrohlich macht. Auf kaum etwas hier ist Verlaß, eben auch nicht auf das Tageslicht, welches das Grauen vertreibt.
Man muß allerdings konstatieren, daß Mitchells Ideen irgendwann etwas nachlassen. Wenn sich die Freunde in einem Hallenbad einschließen, um, was auch immer da kommen mag, ins Wasser zu locken und unter Strom zu setzen, ermangelt es der Szene in vielerlei Hinsicht an Logik. Einerseits fragt man sich, woher die vier Freunde all die Elektrogeräte haben, die sie zu versenken gedenken, andererseits versteht man nicht, wieso sie glauben, auf diese Weise Herr des Fluchs zu werden, da wir zuvor bereits zweimal gesehen haben, daß sogar Kopfschüsse nicht in der Lage sind, das „Ding“ zu töten. Wie so viele Horrorfilme, fehlt es Mitchell schlußendlich an einem homogenen Ende für seine Geschichte. Doch sollte man nicht zu viel daran herumkritteln. Zu Vieles in diesem Film funktioniert zu gut, als daß man aufgrund einiger weniger Logikfehler wirklich Kritik üben wollte.
David Robert Mitchell ist ein kleines Meisterstück des zeitgenössischen Horrorfilms gelungen. Originell und sich doch der Traditionen bewußt, intensiv, ohne auf allzu viel Gewalt und Drastik zu setzen, in einem Mid-Tempo gehalten, das den Zuschauer dennoch gefangen nimmt und mit einer Atmosphäre, die nachwirkt, hat man es hier mit einem der raren Werke zu tun, die nicht nur dem Feuilleton gefallen, sondern auch die Gemeinde der Afficionados befriedigen dürfte.