CONTACT

Robert Zemeckis bietet ein philosophisch angehauchtes Science-Fiction-Spektakel

Ellen Arroway (Jodie Foster) fühlt sich seit ihrer Kindheit der Wissenschaft verpflichtet. Sie hat schon als kleines Mädchen gern die Sterne beobachtet, vor allem aber ist sie eine Amateurfunkerin.  Ihr Vater (David Morse) unterstützt sie in ihren Hobbies und gibt ihr auf ihre Frage nach außerirdischem Leben die Weisheit mit auf den Lebensweg, daß, wenn es da draußen kein Leben gibt, dies eine enorme Platzverschwendung sei.

Da ihre Mutter früh in ihrem Leben gestorben ist und auch ihr Vater stirbt, als Ellen neun Jahre alt ist, widmet sie ihr berufliches Dasein der Suche nach Funksignalen aus dem All. Sie will unbedingt einen Kontakt mit intelligentem Leben im All aufnehmen. Allerdings ist Ellen Arroway eine Rationalistin, die sucht nach wissenschaftlichen Erklärungen für Phänomene und bleibt immer skeptisch.

Der brillante Astrophysiker Kent Clark (William Fichtner) arbeitet mit ihr gemeinsam am Arecibo-Observatorium in Puerto Rico, wo Ellen auch den Schriftsteller, spirituell Suchenden und Laienprediger Pater Palmer Joss (Matthew McConaughey) kennenlernt. Die beiden diskutieren über die Gottesfrage, sind dabei folgerichtig nicht einer Meinung, verlieben sich aber dennoch ineinander.

Als Dr. David Drumlin (Tom Skerritt), ehemaliger Mentor von Ellen Arroway, die Leitung des Observatoriums übernimmt, kürzt er Clark und seinem Projekt, in den Weltraum zu horchen, um die verschiedenen Funkfrequenzen abzuhören und so möglicherweise Botschaften fremder Planeten herauszufiltern, die Mittel. Da es kaum vorzeigbare Ergebnisse gibt und Drumlin die Suche nach außerirdischem Leben so oder so für Mumpitz hält, müssen Clark und seine Mitarbeiter die Forschungsstation verlassen.

Arroway macht sich nun auf die Suche nach privaten Investoren, die bereit sind, Geld in ihre Forschungen zu stecken. Nach etlichen Vorstellungsgesprächen bei Stiftungen, Universitäten und Forschungseinrichtungen ist es schließlich der als exzentrisch geltende Milliardär S.R. Hadden (John Hurt) der ihr ein weiteres Projekt in New Mexico im Very Large Array, einem Verbund riesiger Radioteleskope, finanziert.

Hier empfangen die Forscher um Ellen eines Tages eine verschlüsselte Botschaft, die offenbar vom Stern Wega kommt. Ellen informiert Clark, da dieser ein außergewöhnliches Gehör und Gespür für Funksignale hat. Schnell wird den Forschern klar, daß sie es offenbar wirklich mit einer koordinierten Botschaft zu tun haben, da das Signal aus Primzahlen besteht und damit einer Logik folgt, zudem besteht die Oberwelle des Signals aus der Eröffnungsrede der Olympischen Spiele 1936 – dem ältesten von der Erde ausgesendeten TV-Signal.

Nach und nach gelingt es Ellen und ihren Kollegen, die Botschaft zu entschlüsseln. Es handelt sich um den Bauplan für eine Maschine, mit der es einem Astronauten möglich wäre, zum Stern Wega zu reisen. Mittlerweile ist die Entdeckung längst zu einem Politikum geworden. Dr. Drumlin ist ebenso mit an Bord, wie der Sicherheitsberater des Präsidenten Michael Kitz (James Woods) und die Sicherheitsbeauftragte Rachel Constantine (Angela Bassett). Es wird eine Kommission eingerichtet, die darüber zu entscheiden hat, wie mit der Botschaft umgegangen werden soll und falls man sich entscheidet, die Reise anzutreten, wer dafür in Frage käme.

Am Bau der Maschine beteiligen sich alle großen Nationen der Erde, aber auch Privatinvestoren, da das Unterfangen enorm teuer ist. Während der Transporter fertiggestellt wird, befragen die Mitglieder der Kommission die Kandidaten für einen etwaigen Flug. Auch Palmer Joss, mittlerweile ein recht bekannter Vertreter der Kirche, ist Mitglied der Kommission. So sehen er und Ellen Arroway sich das erste Mal seit Jahren. Die alte Anziehung spüren sie beide noch.

Bei der entscheidenden Sitzung der Kommission ist es Joss, der Ellen fragt, ob sie an Gott glaube. Da die Frage, ob es Gott gibt, schon in Südamerika ein Thema zwischen den beiden war, weiß Joss, daß Ellen als Rationalistin und Agnostikerin nicht mit „Ja“ antworten kann. Da Ellen an das Theorem Ockhams glaubt, das bei unterschiedlichen Erkenntnistheorien immer diejenige gelten sollte, die am einfachsten ist, ist Gott für sie keine maßgebliche Größe und Instanz. So lehnt die Kommission sie schließlich ab. Man argumentiert, daß die Begegnung mit Lebensformen aus der Weite des Alls für eine Erdbevölkerung, von der angeblich 95% gläubig ist, eine auch theologisch brisante Frage sei. Deshalb solle jemand reisen, der diese Glaubensfrage zumindest nicht verneint. Dieser jemand ist schließlich Dr. Drumlin, der im entscheidenden Moment die richtigen Antworten gibt.

Rund um die Welt hat die Nachricht vom Erstkontakt mit Außerirdischen brisante Folgen. Während einige auf Erlösung hoffen, andere sich wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse erwarten, sehen wieder andere in der Nachricht ein Zeichen des nahenden Weltuntergangs, den man nun hingebungsvoll erwarten solle, um dann in Gottes Gnade einzugehen. Einer dieser Endzeitprediger ist Joseph (Jake Busey). Er hat es geschafft, sich in die Sicherheitsmannschaft einzuschleusen. Als es soweit ist und Drumlin die Kapsel besteigen soll – die ganze Welt schaut per Liveschaltung zu – zündet Joseph eine Bombe, die die Kapsel und die Maschine zerstört. Drumlin und alle, die an der Rampe waren, sterben bei diesem Anschlag.

Das Projekt gilt als erledigt, da ein Neubau der Maschine viel zu teuer wäre. Bald darauf erhält Ellen eine Nachricht von ihrem Gönner Hadden. Der, todkrank, hält sich nur noch in luftigen Höhen auf, da er sich davon eine längere Lebensspanne erhofft. Mittlerweile lebt er an Bord der russischen Raumstation MIR. Er teilt Ellen mit, daß er an etlichen Subunternehmen beteiligt ist und parallel zur „offiziellen“ Maschine in den USA eine zweite, private Maschine in Japan gebaut hat. Er lädt Ellen ein, nun den Flug anzutreten, diesmal ohne Kommission, da er praktisch der alleinige Besitzer der Maschine ist.

So tritt Ellen also doch den Flug zum Wega an. Sie kann lange Kontakt mit der Bodenstation halten. Während die Maschine immer stärker beschleunigt, sieht Ellen in der Kapsel seltsame Phänomene. So scheint die Kapsel durchsichtig zu werden. Schließlich fällt die Kapsel durch die Maschine hindurch. Ellen sieht durch die transparenten Wände der Kapsel unfassbare kosmische Erscheinungen, scheinbar stürzt sie durch Lichtkorridore und wird immer weiter geschleudert. Schließlich erwacht sie nach kurzer Ohnmacht an einem Strand. Ein Mann kommt auf sie zu. Es ist ihr Vater. Sie befindet sich an einem Ort, der der Pensacola in Florida – ein Urlaubsort, wo sie und ihr Vater einst hinreisen wollten – erstaunlich ähnelt.

Das Wesen, das ihrem Vater gleicht, erklärt ihr, daß es immer so laufe: Man nehme die Gestalt an, die für die Kontakte am einfachsten zu ertragen sei. So könne man miteinander kommunizieren, ohne einander zu verstören. Die Bevölkerung des Wega handle so seit Jahrmillionen, immer mit der Maschine, deren Baupläne sie auch auf die Erde übermittelt habe. Es gäbe Millionen von Zivilisationen im All, sie suchten sie und nähmen immer wieder Kontakt auf. Allerdings wüssten auch sie nicht, wer das Wurmloch, dessen sich die Maschine bedient um die ungeheuren Entfernungen im All zu überwinden, installiert habe. Sie hätten es lediglich gefunden. Seitdem suchten und fänden sie fremde Kulturen, um die Leere des Raums erträglich zu machen. Ellen müsse nun zurückkehren und auf der Erde die Frohe Botschaft verbreiten. Eines Tages werde man wieder Kontakt mit ihnen aufnehmen.

Als Ellen zurück auf der Erde ist, sind nach den Aufzeichnungen, die sie die ganze Zeit gemacht hat, ca. achtzehn Stunden vergangen. Tatsächlich war sie aber nur Sekundenbruchteile weg – die Dauer, die die Kapsel brauchte, um durch die Maschine zu fallen.

Es kommt zu einem Untersuchungsausschuß im Senat, wo Ellens Erlebnisse vor allem von Kitz massiv in Frage gestellt werden. Ihre Erlebnisse stellt er als Halluzinationen dar, der zerstörte Sitz in der Kapsel sei eine Folge des Aufpralls nach dem Sturz der Kapsel. Ellen bietet als mögliche Erklärung ein Wurmloch an, was die zeitliche Diskrepanz zwischen ihrem Erleben und der auf der Erde tatsächlich vergangenen Zeit erklären würde. Doch der Ausschuß erklärt, daß die Reise letztlich nicht so habe stattfinden können, wie Ellen sie beschreibt. So wird allgemein angenommen, daß das Ganze eine Inszenierung des mittlerweile verstorbenen S.R. Hadden sei, der nicht nur Ellen, sondern letztlich die ganze Forschung auf den Leim gegangen sei.

Nach der Anhörung trifft Ellen vor dem Gebäude Palmer Joss. Die beiden sind froh, endlich wieder vereint zu sein. Palmer gibt zu, daß er damals die Frage nach Gott gestellt habe, um Ellen den Flug zu verweigern, weil er Angst um sie gehabt habe. Ellen kehrt zurück nach New Mexico, wo sie ihre Forschungen wieder aufnimmt.

Bei einem Gespräch erörtern Kitz und Constantine die Unregelmäßigkeiten des ganzen Vorgangs. Kitz bleibt dabei, daß er nicht an eine Reise Ellens glaube. Er will, daß ihre Aufzeichnungen unter Verschluß blieben. Denn diese dauerten achtzehn Stunden, wären aber unergiebig, da nur Rauschen auf den Bändern zu hören und zu sehen sei. Beide sind der Meinung, dies sei „eigenartig“ und bedürfe vielleicht späterer Untersuchungen.

 

Anders als der Horrorfilm, dem sie wesensverwandt ist, war die Science-Fiction immer ein anerkanntes Film-Genre. Sicher, wenn Flash Gordon in seinen Strampelanzügen durch die Serials der 30er Jahre geisterte, musste man das nicht zwangsläufig ernst nehmen, aber Filme wie METROPOLIS (1927) oder der britische THINGS TO COME (1936), an dem H.G. Wells, Erfinder der ZEITMASCHINE (erschienen 1895), beteiligt war, bewiesen, daß das Genre immer auch einen intellektuellen Zugang hatte, sich mit ernsthaften Fragen des menschlichen Zusammenlebens beschäftigte und sowohl utopische wie dystopische Entwicklungen in Aussicht stellte. Spätestens mit Stanley Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY (1968) erschloss sich auch der Leinwand-Science-Fiction jener Raum, den sie literarisch bereits erobert hatte, die Philosophie.  Und damit einhergehend auch die Theologie.

Seither sind neben jenen Actionspektakeln, die die Science-Fiction massenweise hervorgebracht hat, auch immer wieder Filme entstanden, die sich mit Fragen der Menschheitsentwicklung, nach dem Ort und dem Raum, den wir im Universum einnehmen, entstanden. Oftmals wurden dabei Fragen technischer Machbarkeit mit denen nach moralischer Integrität verbunden. Ob BLADE RUNNER (1982) oder, jüngeren Datums, ein Film wie INTERSTELLAR (2014) – es konnten ebenso Fragen nach der Identität im Zeitalter der Reproduzierbarkeit von Humanoiden gestellt werden, wie auch jene danach, ob wir uns überhaupt aufmachen sollen, fremde Planeten zu besuchen.

Ein weiterer Zweig, vielleicht beginnend mit Andrej Tarkowksis SOLARIS (1972), brachte die Science-Fiction mit der Psychoanalyse zusammen und stellte die Frage, wem wir dort draußen, in den Weiten des Weltalls, eigentlich begegnen könnten – außer uns selbst? In die Riege solcher Filme ist sicherlich auch Robert Zemeckis´ CONTACT (1997) einzuordnen.

Basierend auf dem Roman des Astrophysikers und Autors Carl Sagan, hatten James V. Hart und Michael Goldenberg ein Drehbuch verfasst, das sich redlich Mühe gab, an die weitreichenden und komplexen Fragen der Vorlage anzuknüpfen-. Sagan und seine Frau Ann Druyan waren an der Entwicklung des Films und auch des Drehbuchs beteiligt. Für die Regie wurde Zemeckis – Schöpfer der BACK TO THE FUTURE-Reihe (1985/89/90) – gewonnen, der zuvor mit FORREST GUMP (1994) einen enormen Erfolg erzielt und bewiesen hatte, daß er intelligente, auch durchaus komplexe Unterhaltungsfilme auf die Leinwand bringen konnte. Die Hauptrolle übernahm Jodie Foster, auch sie auf einem Karrierehöhepunkt Mitte der 90er Jahre. Der damals aufstrebende Matthew McConaughey übernahm eine weitere wichtige Rolle, in wesentlichen Nebenrollen traten James Woods, Angela Bassett, John Hurt und Tom Skerritt auf, zudem gab es eine ganze Reihe von Cameo-Auftritten bekannter Fernsehgrößen wie Larry King oder Jay Leno. Aus etlichen TV-Interviews und Auftritten bei Pressekonferenzen wurde eine Pressekonferenz von Bill Clinton zusammengeschnitten, die simuliert, daß er auf die außergewöhnliche Entdeckung einer Nachricht aus dem Weltraum eingeht. Zemeckis griff zudem auf Techniken zurück, die er schon in FORREST GUMP angewandt hatte, um seine Protagonisten mit dem Präsidenten im selben Raum auftreten zu lassen. So bekam CONTACT von allem Anfang an das Gütezeichen einer besonderen und besonders wertvollen Produktion, die dem Zuschauer Wichtiges mitzuteilen habe.

Obwohl es etliche Abweichungen vom Roman gibt, war durch die Mitarbeit von Sagan gewährleistet, daß dem Film intellektuell die richtige Fallhöhe zugestanden wurde. Und es gelingt Zemeckis und seinem Team auch, grundlegende Fragen des Romans aufzugreifen und zumindest in für eine Hollywood-Produktion vergleichsweise hochwertigen Weise intellektuell aufzubereiten. Zemeckis ist allerdings auch der richtige Mann, wenn es gilt, eine solche anspruchsvolle Produktion nicht gänzlich in Sphären abdriften zu lassen, denen ein breites Publikum dann doch nicht zu folgen bereit wäre. So bietet CONTACT – neben der Beschäftigung mit Fragen nach Wissenschaft und Glauben, der Reflektion, wer wir, als Menschen, eigentlich sind und wie wir uns zu der Annahme verhalten, die einzigen „intelligenten“ Wesen in diesem unendlichen Raum, den man „Universum“ nennt, zu sein – eben auch genügend Futter für die Seele, Emotionen, Herzschmerz und, anders lässt es sich leider nicht sagen, Kitsch, damit ein großes Publikum, das eigentlich und vor allem unterhalten werden will, den Film goutieren kann.

Es ist Zemeckis allerdings hoch anzurechnen, daß die zugrundeliegenden, die wesentlichen Fragen des Romans trotz allem im Mittelpunkt stehen. CONTACT behauptet zumindest eine Dichotomie zwischen Wissenschaft und Glauben, die diese Fragen überhaupt erst aufkommen lässt. Schon bei ihrer ersten Begegnung diskutieren Fosters Figur, Dr. Ellen Arroway, und der von McConaughey gespielte Laienpriester Palmer Joss die Frage, ob wir ohne den Glauben an ein übergeordnetes Wesen in der Lage sind, der Wissenschaft zu folgen. Arroway vertritt das Prinzip des Rationalismus, bei dem es für alles eine Erklärung geben muß, erst recht, wenn man sich, wie sie, mit der Suche nach außerirdischem Leben widmet. Sie ist eine Spezialistin für das Abhören von Radiofrequenzen und lauscht – zunächst in Lateinamerika, später in der Wüste New Mexicos – über die riesigen Radioteleskope, die dort aufgestellt sind, in die Weiten des Alls hinaus, immer auf der Suche nach als Kommunikation zu bezeichnenden Hinweisen anderer Sternenbewohnern. Palmer hingegen vertritt die Ansicht, daß es immer ein Anderes, eben Übergeordnetes, geben muß, welches uns Halt und Zuversicht gibt. Er ist sich nicht sicher, ob er unbedingt die letzten Rätsel des Universums gelöst sehen will. Die Ungewissheit, das Geheimnis, birgt für ihn eben auch die Hoffnung auf einen Gott, der einen Plan hat und Ordnung in das bringt, was wir als scheinbares Chaos wahrnehmen.

Wenn es, nachdem Dr. Arroway tatsächlich eine außerirdische Botschaft empfangen und entschlüsselt hat, darum geht, wer in jener Maschine, deren Konstruktionspläne die Fremden geschickt haben, nun fliegen darf – wobei „fliegen“ nicht der rechte Begriff ist, tatsächlich stürzt die Kapsel mit dem Astronauten an Bord durch ein Wurmloch – spielt die Frage nach dem Glauben erneut eine Rolle. Eine Kommission, der auch Palmer Joss angehört, entscheidet, wer in die Kapsel steigen soll. Es ist Palmer, der am Ende der Vorstellung die entscheidende Frage stellt: Glaubt Dr. Arroway an Gott? Er weiß, daß sie diese Frage nicht mit „Ja“ beantworten kann, was sie schließlich die Erfahrung kostet, als Erste diese Reise machen zu dürfen. Stattdessen fliegt ihr alter Widersacher Dr. Drumlin – jener Mann, der ihre Forschungen für obsolet erklärt hatte und sie vom lateinamerikanischen Projekt einst ausgeschlossen hatte, jener Mann, der seinerseits nicht an außerirdische Intelligenzen glaubt. Er weiß, wie er sich vor der Kommission zu verhalten, welche Antworten er zu geben hat. Dr. Arroway spricht gegenüber Palmer offen aus, was sie denkt: Drumlin sei ein Opportunist, der sich einfach die Gelegenheit zunutze mache.

Auf recht einfache Weise thematisiert das Buch hier nebenbei die Vorgänge an etlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen, wo häufig genug Professoren und Dozenten von den Forschungen ihrer Doktoranden und Studenten profitieren. Drumlin wird als typischer Vertreter einer arroganten Universitätselite dargestellt, der sich mit einem gewissen Charme und auch einer gewissen Boshaftigkeit durchzusetzen versteht. Auch andere Figuren erstarren leicht im Klischee. So ist Ellens brillanter Kollege am Forschungsprojekt in Lateinamerika blind. Es ist eine Binse der Poetik und des Blues, daß bekanntlich nur der Blinde wirklich sehen könne, da er das „wahre“ Wesen der Dinge und der Menschen erkenne. Spaßeshalber wurde dieser Mann auch noch mit dem Namen Kent Clark ausgestattet, wobei Vor- und Nachnamen von Supermans ziviler Identität vertauscht wurden. Auch die Figur, die James Woods spielt, ein Staatssekretär, der sich skeptisch gibt, ist in der Anlage und der Art und Weise, wie er dargestellt wird, ein reines Klischee. Gleiches gilt für den Milliardär Hadden. In ihm kommt der grundlegend positivistische Geist des Films zum Ausdruck. Er ist ein Philanthrop, der sein Geld natürlich zur Verbesserung des menschlichen Lebens nutzt, zugleich ist er natürlich ein Exzentriker mit seltsamen Ansichten und Lebensgewohnheiten. Man könnte dies fortsetzen, festzuhalten bleibt jedoch, daß alle diese Figuren im Drehbuch wenig Leben eingehaucht bekommen, sie sind rein funktional. Dadurch bleiben sie flach und der Zuschauer kann grundlegend nur eine emotionale Beziehung zu Dr. Arroway aufbauen.

Das Drehbuch baut zwei interessante dialektische Wendungen in den Film ein: Die eine ist Drumlins Tod. Denn es hat sich ein Endzeitprediger in die Sicherheitsmannschaft an der Abschußrampe der Kapsel eingeschleust, der dort eine Bombe legt und die Maschine zerstört. So fällt Drumlin dem zum Opfer, was Palmer Hybris nennt. Dramaturgisch braucht der Film diese Wendung allerdings vor allem, um Dr. Arroway in die Kapsel zu bekommen, denn ihr Förderer, eben der Milliardär S.R. Hadden, der sie schon lange fördert und auch einsprang, als Drumlin sie aus Südamerika fortschickte, war maßgeblich am Bau der Maschine beteiligt und hat – heimlich – ein zweites Exemplar in Japan bauen lassen, bei dem er allein bestimmen kann, wer in die Kapsel steigt. So kommt Dr. Ellen Arroway also zu ihrem „Flug“ durch die Dimensionen.

Auf dem fernen Planeten angekommen, trifft sie auf ihren Vater, den sie sehr geliebt hat und der zu früh in ihrem Leben verschieden ist. Was sie sieht, ist eine Projektion ihres eigenen Geistes: Sie steht an einem farblich fast psychedelisch anmutenden Strand, der der Pensacola Floridas gleicht. Ihr „Vater“ erklärt ihr, daß es für sie, ihren Geist, besser wäre, zunächst nicht die „Realität“ des fremden Planeten wahrzunehmen. Sie solle erst lernen, daß man ihr freundlich gesinnt sei. Allerdings sei diese ferne Zivilisation der Menschheit geistig, technisch und auch in ihren Einsichten so weit voraus, daß es wahrscheinlich Jahrhunderte dauere, bis man sich auf Augenhöhe begegnen könne. Doch wesentlicher ist die Erklärung des Wesens, daß man seit Jahrmillionen mit der Maschine, deren Pläne man an die Erde geschickt habe, Kontakte zu anderen Zivilisationen und Kulturen im All aufnehme. Derer gäbe es Millionen. Und doch sei man nach all der Zeit nur zu dem Schluß gekommen, „einander“ zu finden – und zu brauchen, um die unendliche Weite des Universums zu ertragen. Wer allerdings das Wurmloch, dessen die Maschine sich bediene, installiert habe, das wisse man nicht.

Zurück auf der Erde, erklärt Dr. Arroway vor diversen Kommissionen ihre Erlebnisse. Doch da ihr „Flug“ nach irdischer Zeit nur Sekundenbruchteile gedauert hat, glaubt ihr niemand. Nun steht sie letztlich vor demselben Dilemma, wie Palmer Joss: Wenn es mehrere Erklärungen gibt, ist die einfachste Theorie zur Erklärung von Sachverhalten vorzuziehen; eine Theorie ist dann einfach, wenn sie möglichst wenige Variablen aufweist. Bekannt wurde dieses Modell als „Ockhams Rasiermesser“ und wird so auch im Film benannt. Da alle irdischen Messungen anzeigen, daß Dr. Arroway kaum eine Sekunde in der Kapsel war, ist anzunehmen, daß ihre Erlebnisse Hirngespinste waren, Vortäuschungen ihres in hohem Maße in Anspruch genommenen Geistes. Sie selbst geht von einem Aufenthalt von nahezu achtzehn Stunden auf dem fernen Planeten aus. Doch sie kann es nicht beweisen. So bleibt ihr schließlich nur der Glaube an das, was sie erlebt hat. In ihrer Person wird die scheinbare Dichotomie von Glauben und Wissen also schlußendlich aufgehoben. Hinzu kommt die von dem Wesen in Gestalt ihres Vaters vermittelte Erkenntnis, daß es eben keine letztgültige Erklärung für die Technik, die sie nutzen, gibt. Es bleibt immer ein letztes Geheimnis, eine weitere Frage und somit auch die Möglichkeit eines Wesens, das man auf der Erde als „Gott“ tituliert.

In einem Epilog sieht man die von James Woods und Angela Bassett gespielten Regierungsbeamten im Gespräch. Die beiden kommen zu der Übereinstimmung, die Aufzeichnungen, die Dr. Arroway gemacht hat, unter Verschluß zu halten. Beide sind allerdings über die Aufzeichnungsdauer verwundert, die exakt den achtzehn Stunden entspricht, die Dr. Arroway immer als Aufenthaltszeit in der anderen Dimension angegeben hat. Leider ist auf den Bändern jedoch nichts zu sehen. Da hilft es ihnen nur, davon auszugehen, daß Hadden, der exzentrische Gönner, einen gigantischen Betrug eingefädelt habe. Aber es bleibt sich letztlich gleich: Egal, wie groß die Evidenz, wie eindeutig scheinbare Beweise, wie offensichtlich die Messungen oder die eigene Wahrnehmung auch sein mögen, wir müssen daran glauben. Sagan, die Drehbuchautoren und Regisseur Zemeckis zeigen sich trotz der positivistischen Grundhaltung des Films doch auch wissenschaftskritisch und liefern ein Beispiel für Relativität. Denn es ist immer eine Frage der Interpretation, was wir meinen, zu wissen. Oder zu glauben.

Relativ sind dann schließlich auch Palmer Joss´ Beweggründe gewesen, Ellen Arroway die entscheidende Frage, ob sie an Gott glaube, vor der Kommission zu stellen. Denn er wusste, daß sie darauf nur eine agnostische Antwort geben konnte und deshalb nicht fliegen würde. Und das war ihm, der sie liebt, lieber, da er Angst um sie hatte. Es ist also die Macht der Liebe, dieses nie messbaren Gefühls, die Joss bewegt hatte, Dr. Arroway zunächst ihren Lebenstraum zu zerstören. Und natürlich ist es die Liebe, die beide erlöst. Daß Palmer Joss die Liebe dieser Frau immer wird teilen müssen, verdeutlicht das Schlußbild des Films: Ellen Arroway sitzt wieder am Rande des Grand Canyon, hinter ihr die endlosen Reihen von Weltraumteleskopen. Sie genießt die Abendstimmung an diesem gigantischen Riss in der Erde, blickt über die Weite der Wüste, und richtet den Blick doch wieder ins All. Einander finden – auch das fremde Wesen, das ihr Vater war, hat ihr eine Botschaft der Liebe und Einigkeit vermittelt. Indem sie ihrem Vater – und damit einem Trauma ihres Lebens, hält sie sich doch für mitschuldig an seinem Tod hält – begegnet ist, versteht Ellen Arroway, daß das „einander suchen und finden“, von dem das Wesen sprach, immer nur das eigene Ich beinhalten kann. Man muß im Andern, im Fremden, nur sich selbst erkennen.

So kehrt CONTACT schließlich zu den Konventionen einer Hollywood-Produktion zurück. Die Liebe, gepaart mit Demut und dem Wissen, etwas erfahren zu haben, was dem Rest der Menschheit (noch) verwehrt bleibt, ist für diese Frau der Lohn für ihren unermüdlichen Kampf für ihren Traum, ihr Sehnen, ihre Ziele. Was auch immer sie in jenen Sekundenbruchteilen, die für sie achtzehn Stunden währten, erlebt haben mag – für sie ist es eine Wahrheit. An die sie glaubt. CONTACT rekurriert aber auch auf ganz konventionelle Muster des Science-Fiction-Films. Indem er das Motiv der Gestaltwandlung aufnimmt, evoziert er Erinnerungen an Filme wie IT CAME FROM OUTER SPACE (1953) oder INVASION OF THE BODY SNATCHERS (1956), die es ebenfalls nutzen, mal als Camouflage in friedlicher, mal in feindlicher Absicht. Hier ist es ebenfalls ein friedlicher Beweggrund, um es Ellen Arroway einfacher zu machen, die fremde Welt zu ertragen. Allerdings wird ihr offen erklärt, daß es sich um eine Projektion ihres Geistes handelt, den sich die Bewohner des Wega zunutze machen. Das wiederum ähnelt jenen Personen, denen die Astronauten in Tarkowskis SOLARIS begegnen.

Zemeckis und sein Team bieten einen Film auf der Höhe seiner Zeit. Die Spezialeffekte sind rar, doch überzeugend. Der Film beginnt mit einem mehrminütigen Flug durchs All, immer weiter fort von der Erde, wobei auf der Tonspur verschiedene Songs, Fetzen von Radiosendungen, Werbejingles, TV-Kommentare bis hin zu Hitlers Ansprache zur Eröffnung der Olympischen Spiele in Berlin – die erste Fernsehübertragung der Menschheitsgeschichte – zu hören sind. Dies soll die Distanz zur Erde und die Weitreiche der Radiowellen verdeutlichen, die im Laufe eines halben Jahrhunderts von der Erde ausgegangen sind. Die Sequenz, komplett am Computer entstanden, dennoch überzeugend, erinnert an jenen Flug durch ein psychedelisches Lichtfeld in Stanley Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY, der ebenfalls Minuten dauert und den Zuschauer komplett aus der Filmhandlung herausnimmt und ihm einen Trip ganz eigener Art beschert. Gespiegelt wird diese Anfangssequenz in dem Sturz durch das Wurmloch, der auf der Leinwand überwältigend wirkt. Zemeckis verdeutlicht so, an welchen Zweig der Leinwand-Science-Fiction er anzuschließen gedenkt.

Auch die Maschine, die auf der Erde nach Vorgabe der fremden Kultur gebaut wird, überzeugt. Gleiches gilt für die Aufnahmen in der Kapsel, auf dem fremden Planeten, Haddens Videobotschaft von der MIR, auf die er reisen durfte, weil sein Krebs ihn immer schneller zerfrisst und im Weltraum langsamer wächst.

Zemeckis, der sowohl in New Mexico am Very Large Array als auch in Puerto Rico am Arecibo Observatorium und damit also an Originalschauplätzen drehen durfte, beweist einmal mehr, daß er, trotz großer Budgets für Spezialeffekte und jeder Menge technischer Gimmicks, ein Regisseur ist, der das Menschliche, also den Kern des (Melo)Dramas, nie vergisst. Er kann Stars führen und seine Filme immer so fokussieren, daß sie weder technokratisch noch kalt wirken. Er ist sich eben nicht zu schade, sich am Rande des Kitsches zu bewegen und gelegentlich die Grenze zu überschreiten. Seine Botschaften vermittelt er mal subtil, manchmal aber auch überdeutlich und ohne doppelte Böden. Allerdings bleiben sie dann auch gelegentlich banal. So banal wie jener Satz, den Ellens Vater ihr mit auf den Lebensweg gegeben hatte: Wenn es da draußen kein intelligentes Leben gäbe, wäre das eine enorme Platzverschwendung….

Das ist dann auch das Credo zu CONTACT: Auf einer Länge von 144 Minuten, also weit über zwei Stunden, wird uns erklärt, daß alles relativ ist und am Ende eben die Liebe zählt. Mit solch einer Message eckt man nirgends an, sie verstört niemanden und ist vollkommen konsensfähig. Nur erreicht man so nicht ganz das intellektuelle Niveau der großen Vorbilder. CONTACT schließt weder an die Vision von Kubricks Film an, noch zieht er ähnlich verstörende Schlußfolgerungen wie SOLARIS oder PHASE IV (1974). CONTACT wirkt auch ein wenig wie eine Mogelpackung, ein Als-Ob-Film. Mit all seinen Stars und den teils brillanten Effekten, seiner „erwachsenen“ Geschichte und der Zeit, die er sich nimmt, suggeriert er ununterbrochen hohes intellektuelles Niveau und Tiefgang, obwohl er beides nie wirklich erreicht oder, wenn er es erreicht, halten könnte. Zu häufig ziehen sich Buch und Regie auf herkömmliche Erzählmuster Hollywoods zurück. Obwohl dies also ein durchaus intelligenter Science-Fiction-Film ist, auch ein um redliche Haltung und Abwägung bemühter, kann er seinen eigenen Ansprüchen nicht so genügen, wie es einzelne Szenen, Gedanken und Theorien, die er anreißt, andeuten. Am Scheideweg von Unterhaltung und Kunst, entscheidet Zemeckis sich für die Unterhaltung.

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