DAS LEBEN GEHÖRT UNS/LA GUERRE EST DÉCLARÉE
Ein erstaunlich positiver Film, der ein äußerst bedrückendes Thema ausgesprochen authentisch behandelt
Auf einer Party sehen sich Juliette (Valérie Donzelli) und Roméo (Jérémie Elkaïm) erstmals und verlieben sich sofort ineinander. Als sie sich einander vorstellen, befinden sie, dass ihnen aufgrund ihrer Namen Fürchterliches widerfahren wird. Und lachen.
Die beiden erleben einen wahren Frühling des Verliebtseins, die genießen diese Zeit in vollen Zügen. Roméo will Architekt werden, Juliette sieht sich als Künstlerin. Die Welt steht ihnen offen.
Bald wird Juliette schwanger. Sie bekommt einen Sohn, Adam (César Desseix im Alter von 18 Monaten). Und so wird das junge, glückliche Paar von der Realität eingeholt: Schlaflose Nächte, Sorgen, dass mit dem Jungen alles in Ordnung ist, erste Gereiztheit, weil man sich uneins ist und auch ratlos. Und doch immer auch das grundlegende Gefühl der Liebe zueinander und für das gemeinsame Kind.
Adam schreit viel, die Kinderärztin hält dies aber für normal. Sie empfiehlt, den Jungen an Stillzeiten zu gewöhnen. Adam läuft nicht und auch sein Sprachvermögen scheint hinter den Gleichaltrigen zu liegen. Dennoch wird Adam zur Kinderkrippe zugelassen. Zusätzlich zu den bisherigen, besorgniserregenden Zuständen tritt nun auch ein hartnäckiger Husten auf, Adams Bronchien scheinen ständig verschleimt.
Währenddessen geht das Leben des jungen Paars aber normal weiter. Sie haben mit Hilfe von Juliettes Eltern (Philippe Laudenbach; Michèle Moretti) eine Wohnung gekauft, die Roméo mit Hilfe seines Freundes Nikos (Bastien Bouillon) renoviert. Das Paar geht feiern, wenn auch seltener als zuvor. Das Leben ist nach wie vor schön.
Immer häufiger erbricht Adam nun sein Essen in plötzlichen, eruptiven Schüben. Schließlich fällt einer Ärztin eine Asymmetrie in Adams Gesicht auf. An sich muss dies nichts bedeuten, sie möchte es allerdings neurologisch untersuchen lassen, da ein solcher Befund auf tieferliegende gesundheitliche Probleme hinweisen kann.
Da Juliette beruflich nach Marseille muss, verweist die Ärztin sie an Dr. Fitoussi (Anne Le Ny), eine ihr vor Ort bekannte Neurologin, die ein MRT erstellen soll. Bei dem MRT stellt sich heraus, dass Adam einen schweren Hirntumor hat.
Die Diagnose versetzt nicht nur Juliette, die allein vor Ort ist, und Roméo, dem sie den Befund am Telefon mitteilt, einen Schock, sondern auch den jeweiligen Eltern. Roméo, seine Mutter Claudia (Brigitte Sy) und deren Ehefrau Alex (Elina Löwensohn) reisen sofort nach Marseille, später kommen auch Juliettes Eltern nach.
Gemeinsam entscheiden die Familien, dass der operative Eingriff in Paris vorgenommen werden solle, wo alle vor Ort seien und helfen und sich gegenseitig unterstützen könnten. Die Operation soll von Professor Sainte-Rose (Frédéric Pierrot) durchgeführt werden.
Sie dauert neun Stunden und verläuft zunächst für alle Beteiligten zufriedenstellend. Allerdings teilt der Professor Juliette und Roméo mit, dass der Tumor tatsächlich bösartig ist und die Behandlung deshalb weitergeführt werden muss.
Doch hat die Chemotherapie bei Adam nicht den gewünschten Effekt. Da der Tumor ein sogenannter rhabdoider Tumor ist, also besonders bösartig, werden immer weitreichendere Behandlungsoptionen in Betracht gezogen.
Obwohl Juliette und Roméo sich bemühen, ein „normales“ Leben zu führen – sie gehen weiterhin tanzen und ins Kino, treffen sich mit Freunden, nehmen am Alltag teil – wird es zusehends schwieriger, die Angst und Sorge zurückzudrängen, die sie empfinden. Freunde wissen nicht mehr, wie sie sich dem Paar gegenüber verhalten sollen, Juliettes Eltern, vor allem ihre Mutter, sind keine wirkliche Unterstützung, da sie immer das Schlimmste annehmen und damit den Teufel an die Wand malen.
Im Gegensatz dazu bemühen sich Claudia und Alex, Contenance zu wahren und das Paar so gut es geht zu unterstützen. Weitestgehend gelingt ihnen das auch.
Doch können auch Claudia und Alex nicht verhindern, dass Juliette und Roméo sich zusehends isolieren. Adams Überlebenschancen werden schließlich auf nur noch zehn Prozent geschätzt, er muss in die keimfreie Station einer Spezialklinik verlegt werden. Die Eltern verkaufen ihre Wohnung, um ein speziell dafür vorgesehenes Appartement der Klinik zu beziehen.
Hier kommen die beiden erstmals wirklich an ihre Grenzen. Tagtäglich besuchen sie Adam, wachen an seinem Bettchen, spielen mit ihm, dabei immer in isolierendes Material und Schutzanzüge gepackt. Als Roméo eines Morgens einfach liegen bleibt, anstatt mit Juliette zu Adam zu gehen und auch später einfach in die Stadt fährt, um sich abzulenken, kommt es zu einem Bruch zwischen den beiden, der zwar wieder gekittet werden kann, dennoch anzeigt, dass sie sich mittlerweile am Rande des für sie Erträglichen befinden.
Eines Tages fragt Roméo Juliette, weshalb es ausgerechnet sie beide getroffen habe, die doch schön, jung, erfolgreich, ja glücklich gewesen seien. Juliette überlegt und antwortet dann: Weil wir damit fertig werden. Trotz allen Schmerzes, all der Angst und Sorge gibt sie nicht auf. Roméo erklärt ihr, dass er all das nur wegen ihr durchstehen könne.
Dennoch übersteht die Beziehung der beiden diese Zeit nicht. Sie trennen sich, kommen wieder zusammen, trennen sich erneut und bleiben schließlich getrennt.
Der nunmehr achtjährige Adam (Gabriel Elkaïm) bekommt in Gegenwart seiner Eltern von Professor Sainte-Rose mitgeteilt, dass er nun, fünf Jahre nach dem Eingriff und der Behandlung, als geheilt gelten könne und sein Risiko an Krebs zu erkranken nicht höher sei, als das aller anderen Menschen.
Adam, Juliette und Roméo fahren ans Meer, wo Roméo seinen Sohn den Strand entlangträgt, umarmt von Juliette.
[1] Nicht einmal jener Moment, in dem Roméo erfährt, dass sein Sohn einen Tumor im Hirn hat, ist davon ausgenommen, obwohl er, auf der Straße stehend am Handy die Nachricht hört, schreiend auf die Knie sinkt und von seinem Freund aufgefangen wird. Auch hier bewahren die distanzierte Kamera und vor allem Donzellis Sinn fürs Detail – sein Freund Nikos greift nach dem Handy, welches Roméo achtlos auf die Straße hat fallen lassen – den Moment vor übergroßem Pathos. Es ist einfach eine glaubwürdige Darstellung eines plötzlichen Schmerzes, eines Schocks.
Der Tod des eigenen Kindes ist der wahrscheinlich übelste, schmerzhafteste Schlag, den das Schicksal, das Leben selbst, einem Menschen versetzen kann. Es stört die Ordnung der Dinge, wenn die Kinder vor den Eltern gehen, es ist die maximale und definitive Störung der natürlichen Abläufe. Manche gehen daran zugrunde, zerbrechen, andere versteinern innerlich, schotten sich ab von der Welt. Doch schon die Drohung, das eigene Kind zu verlieren, kann Fürchterliches in und mit Menschen anrichten. Ein Unfall, die Momente, in denen man nicht weiß, was wird; eine Krankheit, deren Ausgang unsicher ist – es sind Vorboten dessen, was nicht sein darf. Einige wenige können diesen Schmerz vielleicht verarbeiten, indem sie ihn kreativ ummünzen, ein Buch schreiben oder, wie im Falle von Valérie Donzelli und ihres Mannes Jérémie Elkaïm, einen Film drehen, der ihre Geschichte erzählt. Und vielleicht, wie im Falle von Donzelli und Elkaïm, muss die Geschichte ein gutes Ende genommen haben, damit man sie überhaupt erzählen kann.
LA GUERRE ÉST DÉCLARÉE (2011) erzählt die Geschichte des Ehepaars Donzelli/Elkaïm, bei deren Sohn im frühen Kleinkindalter einen Gehirntumor diagnostiziert wurde und der dies nach einer Operation ohne spürbare Folgeschäden überlebte. Obwohl die Ehe der Eltern an den Folgen der Krankheit und der Behandlung zerbrach – unter anderem musste ihr Sohn nahezu zwei Jahre in einem Krankenhaus unter aseptischen Bedingungen leben, was dazu führte, dass die Familie sich zusehends isolierte -, blieben sie miteinander befreundet, schrieben das Drehbuch zum Film und spielten sich auch jeweils selbst. Donzelli führte zudem Regie bei dem Werk. Entstanden ist ein anrührender aber niemals kitschiger, ein allerdings auch sehr positiv stimmender Film, der einerseits mit Humor, andererseits mit angemessener Dramatik, ohne dabei je ins Melodramatische abzugleiten, diese extrem belastende Zeit im Leben der Familie schildert. Der Originaltitel (der deutsche Titel lautet DAS LEBEN GEHÖRT UNS, womit die der Geschichte so oder so innewohnende Dramatik etwas pathetisch hervorgehoben wird) – übersetzt lautet er „Der Krieg ist erklärt“ – vermittelt recht gut die Einstellung der Eltern gegenüber der Krankheit ihres Sohns. Sie sind nicht bereit, aufzugeben, um keinen Preis. Koste es, was es wolle; und sei es die Ehe, der Beruf, das vermeintliche Glück.
An einer Stelle des Films fragt der für einen Moment zweifelnde Roméo Benaim (so der Rollenname Elkaïms) seine Frau Juliette (wie Donzelli im Film heißt), wieso dies alles ihnen widerfahren müsse, die doch so glücklich gewesen sind? Und Juliette antwortet: Weil wir damit fertig werden. Es ist diese scheinbare Lakonie, die den Film trägt, die ihn ausmacht und auch seinen Geist wie den dieses Elternpaars repräsentiert, das sich nicht geschlagen geben will, gleich, was passiert. Eine Haltung, die sie auch schon zeigen, bevor die Krankheit diagnostiziert wird und sie bis zum Äußersten gehen müssen, um für ihr Kind zu kämpfen. Denn diese Haltung ist schon gefragt, als die beiden von den Niederungen der Elternschaft eingeholt werden.
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wie Donzelli und Elkaïm den Film, ihren Film, beginnen lassen: Sie lernen sich auf einer Party kennen, verlieben sich sofort ineinander und stellen, sobald sie ihre Namen erfahren – Romeo und Julia – fest, dass ihnen dann ja ein fürchterliches Schicksal beschieden sein müsste. Dann gleitet der Film sofort in eine Zeitraffung, unterlegt von wunderbarer Musik, die dem jungen Paar in seiner ganzen Verliebtheit folgt und dem Publikum eine nahezu perfekte Liebe präsentiert. Ein stilistisches Mittel, das selten gleich zu Beginn eines Films genutzt wird. Doch sobald das Kind – im Film heißt der Junge Adam – geboren ist, beginnt der Alltag, der noch die liebevollsten Eltern auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat: Übermüdung, weil der Kleine die Nächte durchschreit, erste Unstimmigkeiten, weil man sich nicht wirklich einig ist, wie die Erziehung erfolgen soll, Arztbesuche und die Eltern immer begleitenden Unsicherheit, gerade beim ersten Kind. Adam schreit unentwegt, er scheint Schmerzen zu haben, er erbricht sich. Verschiedene Ärzte und Ärztinnen nehmen sich des Jungen an, bis endlich jemandem auffällt, dass er eine Asymmetrie im Gesicht aufweist, was verschiedenen Ursachen haben kann und auf jeden Fall genauer untersucht werden sollte. So kommt schließlich die schreckliche Diagnose „Gehirntumor“ zustande.
Donzelli – worauf noch zurückzukommen sein wird – bedient sich eines ausgesprochen nüchternen, gelegentlich fast distanzierten Stils, um diese Schritte im Leben der Familie zu schildern. Und auch diese werden immer wieder unterbrochen von liebevollen Momenten. Romeo streicht mit einem Freund die neue Wohnung des Paars, man isst, feiert, man freut sich des Lebens. Und immer wieder Momente bei den Ärzt*innen, in denen nahezu dokumentarisch verfolgt wird, wie diese das Kind untersuchen, den Eltern Mut machen, andere, alternative Untersuchungen vorschlagen, abwiegeln und doch eine gewisse Unruhe und Besorgnis nicht unterdrücken können.
Die Geschichte wird von – erstaunlicherweise wechselnden, mal weiblichen, mal männlichen, nicht wirklich zuzuordnenden – Stimmen im Voiceover erzählt, die gelegentlich auch die Gefühlslage der Eltern zusammenfassen, bei anderer Gelegenheit Figuren – Elkaïms Mutter und deren Gattin, Juliettes Eltern, Schwestern und eine Freundin – einführen und ohne viel Federlesens die verschiedenen Standpunkte und gesellschaftlichen Stellungen aller Beteiligten darlegen. So muss sich der Film nie mit erzählerischen Umwegen aufhalten, muss nichts umständlich erklären, was den Kern der Erzählung nicht wirklich berührt. Die Figuren werden immer in Bezug auf das Ereignis des kranken Kindes bezogen gezeigt. Dass Romeos Mutter und deren Lebensgefährtin dabei eine wesentlichere Rolle spielen als Juliettes Eltern, ist der Tatsache geschuldet, dass sie ihrem Sohn offenbar näherstehen, als Juliettes Eltern ihrer Tochter. Doch wird dies bspw. im Film aus dem Off erklärt, jedoch nicht näher thematisiert. Es ist schlicht eine Bedingung des Lebens, eine andere Geschichte.
Das kranke Kind und die Angst der Eltern stehen also im Mittelpunkt des Films. Und Donzelli ist nicht willens, diesen Mittelpunkt ausnahmslos dem Schmerz zu überlassen, im Gegenteil: Obwohl sie auch immer wieder zeigt, wie der Schmerz, die Angst, die Sorge die Familien zu überwältigen drohen, liegt ihr Hauptaugenmerk darauf, die Kraft und Stärke zu zeigen, die aus dem Zusammenhalt der so unterschiedlichen Familien erwächst. Ohne diese Hoffnungen übermäßig zu strapazieren oder gar ins Pathetische zu übersteigern – die Hilflosigkeit angesichts dieser wirklich tödlichen Bedrohung für ein Kind, das nicht versteht, was mit ihm geschieht, bleibt immer spürbar – sind es doch sie, die die Stimmung des Films bestimmen, die ihn grundieren.
Diese Haltung wurde Donzelli später tatsächlich vorgeworfen, da der Film angeblich keine Balance zwischen Lebensbejahung und der Angst, dem Leid, dem Schmerz fände und damit auch nicht die wahre Tragik ermessen könne, die der Geschichte innewohnt. Ein etwas seltsamer Vorwurf, bedenkt man, dass es sich hier um keine erdachte, keine fiktionale Geschichte, sondern um von den Machern des Films tatsächlich Erlebtes handelt. Nein – Donzelli gelingt es vielmehr, den Film mittels ihrer Inszenierung zu einer Art Manifest des Lebens zu erklären. Indem sie auf melodramatische Momente und Gesten verzichtet[1], vielleicht stillschweigend voraussetzt, dass die Zuschauer*innen durchaus ermessen können, was sich emotional in diesen beiden Menschen – Juliette und Roméo – abspielt, bzw. davon ausgeht, dass eine filmisch überwältigende Darstellung der Ängste, Sorgen und Zweifel nur melodramatisch und damit letztlich sentimental wirken kann, unecht gar, erreicht sie auch hier ein fast dokumentarisches Level, auf welchem scheinbar nüchtern und sachlich geschildert wird, wie das Leben dieser jungen Familie langsam aber sicher zerstört wird.
Dazu trägt natürlich bei, dass der Film in bester Autorenfilmtradition nahezu ausschließlich an Originalschauplätzen unter natürlichem Licht mit einer vergleichsweise kleinen, handlichen Kamera gedreht wurde. Diese Herangehensweise hebt den dokumentarischen Charakter noch einmal hervor, ohne wirklich aufdringlich zu werden. Was vor der Kamera geschieht, scheint authentisch, wie zufällig eingefangen, immer konzentriert auf das Geschehen, nicht auf die Inszenierung. Mit diesen Stilmitteln gelingt es Donzelli sogar, ihr Publikum ein wenig zu erziehen. Denn wenn Adam in seinem Gitterbettchen sitzend zur Operation gefahren wird und die sehr bewegliche Kamera von Sébastien Buchmann diese Szene – mal vorneweg, mal dem Bettchen folgend – erneut zwar distanziert aus einiger Entfernung, aber dennoch nah genug, um uns das Kind in seiner Ratlosigkeit sich an den Stäben festklammernd zu zeigen und zugleich die kargen, nüchternen Gänge des Krankenhauses erfassen zu lassen, dann ist diese Sequenz von solcher Eindringlichkeit, fast an einen Horrorfilm gemahnend, ohne auch nur einen Moment lang die Dramatik der Situation zu übertreiben. Ein Vorgang, wie er tausendfach jeden Tag in tausenden von Krankenhäusern geschieht – und dennoch in jedem Einzelfall der blanke Horror für die Beteiligten. Schließlich erreicht die Prozession den OP-Bereich und die Türen schließen sich unerbittlich vor den Eltern. Schockierender als Donzellis Inszenierung könnte es kein Hollywood-Melodram bieten, untermalt mit dramatischer Musik und in weichgespülten Bildern. Und wir lernen noch einmal, was der wirkliche Horror, der tatsächliche Schrecken dieser Welt ist – gewiss ist sind es nicht die Albtraumgestalten, die uns die Leinwandspektakel Hollywoods verkaufen wollen.
Dass die Geschichte von Adam schließlich positiv endet – der Film schließt mit dem Gespräch, in welchem der damals operierende Arzt Adam und seinen Eltern mitteilt, dass er nun als geheilt gelte und sein Risiko, an Krebs zu erkranken, dem aller Menschen seines Alters gleiche – wird auch dadurch dokumentiert, dass Gabriel Elkaïm sich in dieser Situation selbst als Achtjähriger spielt. Anders als viele andere hatte er Glück und vielleicht gehörte dazu auch das Glück, Eltern zu haben (und hinter ihnen Familien) die bereit waren, niemals auf den Glauben zu verzichten, dass das Wunder gelingen kann und Adam überleben wird. Die Voiceover hat uns zu diesem Zeitpunkt bereits mitgeteilt, dass Adam für nahezu zwei Jahre in der eingangs erwähnten Klinik leben musste, dass seine Eltern die eigene Wohnung verkauft haben und ebenfalls in die Klinik zogen, dass sowohl ihre beruflichen Aussichten als auch ihr Sozialleben unter den Bedingungen litten, sie sich trennten, mehrfach wieder zueinander fanden, wieder trennten und schließlich auch getrennt blieben.
Und doch findet der Film, finden Donzelli und Elkaïm Abschlussbilder für ihren Film, die sehr, sehr versöhnlich und abermals hoffnungsvoll sind: Die Familie fährt ans Meer, Roméo trägt Adam am Strand entlang, Juliette greift die Hand ihres Sohns und schließlich umarmt sie auch ihren Ex-Mann. Wer weiß, vielleicht hält die Zukunft für diese beiden auch noch ein Happyend bereit? Doch trotz eines solchen, ebenfalls das Leben bejahenden Endes ist dies eben kein Happyend. Es ist der glückliche Abschluss eines fürchterlichen Lebensabschnitts, nicht mehr und nicht weniger. Das Leben aber ist offen, es wird andere, ebenfalls schwere, vielleicht nicht ganz so bedrohliche Momente für Adam, Juliette und Roméo bereithalten. Davon ist auszugehen.