DURCH DIE GELBE HÖLLE/DESTINATION GOBI
Ein Kriegs- und Abenteuerfilm von Robert Wise
Ende 1944. Der Chef-Bootsmaat Sam McHale (Richard Widmark) bekommt die Aufgabe, mit einem Kommando dem Militär angehörender Meteorologen in die Wüste Gobi zu ziehen, wo eine Wetterstation Aufzeichnungen machen und die Ergebnisse der Navy übermitteln soll. Diese seien wichtig für die Operationen im Pazifik.
Widerwillig tritt McHale sein Kommando an. Nach sechs Monaten in der Wüste, Sandstürmen, Hitze und Trockenheit ausgesetzt, sollen die Männer abgelöst werden. Sie warten tagtäglich auf ihren Marschbefehl.
Unterdessen hat sich ein mongolischer Nomadenstamm direkt neben dem Camp der Amerikaner niedergelassen. Nach anfänglichem Mißtrauen kommt man sich näher. Einer der amerikanischen Soldaten will die Nomaden fotografieren, was diese zunächst nicht mögen, doch dann entspannt sich die Lage. Der Häuptling Kengtu (Murvyn Vye) befiehlt seinen Leuten sogar, alle Gegenstände zurückzugeben, die sie den Amerikanern geklaut haben.
Eines Tages kommt die Nachricht, daß es einen japanischen Gegenangriff gegeben habe und der Ersatz nicht kommen könne. Vielmehr sollten die Männer im Camp verstärkt Ausschau halten, die Japaner kontrollierten das Gebiet, in dem sie sich befänden.
McHale schließt mit Kengtu einen Pakt: Gegen sechzig gute Armeesättel erklärt sich der Häuptling bereit, die Amerikaner gegen japanische Patrouillen zu verteidigen. McHale und der Chef der Meteorologen-Crew, Hobart Wyatt (Russell Collins) besorgen die Sättel, eine Bitte, die in der Armee zunächst Unverständnis auslöst und bis in höchste Zirkel weitergereicht, dann aber gebilligt wird.
Doch als die Japaner kommen, greifen sie mit zwei Flugzeugen an. Es gelingt den Männern, die Frauen und Kinder des Stammes weitestgehend in Sicherheit zu bringen, dennoch gibt es einige Opfer bei dem Bombenangriff, der das Camp zerstört. Und auch Wyatt wird getötet.
Nachdem die Toten begraben sind, muß McHale am nächsten Morgen feststellen, daß die Mongolen abgezogen sind. Er und die anderen Amerikaner sitzen nun allein in der Wüste – ein leichtes Ziel. So entschließt sich McHale, das Wagnis einzugehen und nahezu 800 Meilen durch die Wüste in Richtung Küste zu fliehen. Von dort, so rechnet er sich aus, könne man mit einem Boot Richtung Okinawa fliehen, welches die Amerikaner mittlerweile eingenommen haben.
Unterwegs treffen sie erneut auf den Nomadenstamm und McHale zeigt sich gegenüber Kengtu enttäuscht. Der soll die Sättel zurückgeben, da er ja den Preis – den Schutz der Amerikaner – nicht entrichtet habe. Die Mongolen geben die Sättel zurück. Kengtu erklärt, er habe seine Leute schützen müssen, er sei Häuptling und dies sei sein erstes Gebot. Derweil lernen die Amerikaner einen chinesischen Kaufmann kennen, der ihnen anbietet, sich seiner Karawane anzuschließen. Die benötigten Kamele könnten mit den Sätteln bezahlt werden. McHale erklärt sich einverstanden.
Nachts kampiert die Karawane in der Wüste. Der Chinese hat beschlossen, die Amerikaner zu töten. Rechtzeitig taucht Kengtu mit einigen Männern auf und hilft McHale und seinen Leuten. Nun wird der Pakt erneuert und die Mongolen führen die Amerikaner in Richtung Küste.
In einer Oase werden sie erneut mit Japanern konfrontiert. Kengtu führt die Amerikaner in eine Falle. Sie werden gefangen genommen und in ein Lager gebracht. Dort wird McHale vom diensthabenden Offizier verhört. Da McHale und seine Leute sich in mongolischer Tracht gekleidet haben, werden sie offiziell als Spione, nicht als Kriegsgefangene behandelt. Das bedeutet, daß man sie standrechtlich erschießen darf. Während McHale und die anderen überlegen, wie sie sich befreien können, wird ein weiterer Gefangener ins Lager gebracht. Es ist Wali-Akhun (Leonard Strong), einer von Kengtus Männern, der sich in der Uniform von Wyatt gefangen nehmen ließ. Er hat einen Fluchtplan und die nötigen Werkzeuge bei sich.
So können die Männer fliehen. Wali-Akhun führt sie in die nahe gelegene Küstenstadt, wo Kengtu eine Dschunke ihren rechtmäßigen Besitzern entwendet hat und sogar eine Kanone an Bord bringt, damit die Amerikaner nicht vollends wehrlos auf offener See sind. Doch die Japaner haben den Ausbruch bemerkt und so müssen Kengtu und seine Männer ebenfalls an Bord. Im dichten Nebel über dem Meer versuchen die Amerikaner die Dschunke aufs offene Meer zu lenken, müssen sich aber zuvor dem Angriff eines Boots der japanischen Marine erwehren. Dies gelingt dank der Kanone, kostet jedoch den jungen Wilbur Cohen (Darryl Hickman) das Leben.
Tagelang befinden sich die Männer auf dem Meer, McHale, der Seemann, kann aus den „Wetterfröschen“ halbwegs brauchbare Matrosen machen. Schließlich sichten sie ein Geschwader amerikanischer Flugzeuge, die zunächst zum Angriff auf das Boot ansetzen, dann aber sehen, daß auf dem Dach des Schiffes mit Farbe U.S.S. COEN geschrieben steht. Sie begreifen, daß sie es mit Amerikanern zu tun haben.
Einige Wochen später kehren Kengtu und seine Leute mit einem Flugzeug und McHale an ihrer Seite zurück zu ihrem Stamm. Sie haben nicht nur die Sättel, sondern auch nagelneue Satteldecken für den ganzen Stamm dabei. McHale trägt den Orden, den er dafür bekommen hat, daß er seine Leute durch feindliches Gebiet gebracht hat. Als die Amerikaner wieder im Flugzeug sitzen und gen Heimat starten, erklärt McHale, eigentlich habe Kengtu den Orden verdient gehabt, nicht er. Dann fällt ihm auf, daß sein Orden fehlt. Jemand hat ihn geklaut.
Spätestens mit dem Beginn des Koreakrieges 1950 war die Nachkriegszeit zumindest auf politischer, ideologischer und militärischer Ebene beendet, der Kalte Krieg trat in seine erste heiße Phase ein. In Korea fand der erste der sogenannten Stellvertreterkriege zwischen den Weltmächten USA und der Sowjetunion statt, die sich nun verfeindet gegenüberstanden.
Hollywood reagierte darauf und drehte nun zunehmend Filme über den Pazifikkrieg. Denn der offizielle Feind waren auch nun wieder Asiaten. So konnte man zugleich auf den Krieg rekurrieren und das alte Feindbild von den mordgierigen Japanern mit neuen Bildern mordgieriger Asiaten überschreiben und reaktivieren. So fungierten einige dieser Filme ganz unumwunden als Propaganda gegen einen Feind, bei dem der Durchschnittsamerikaner kaum unterscheiden konnte, ob er es mit Japanern, Chinesen oder Koreanern zu tun hatte. Es reichte, daß die ethnischen Unterschiede zu den eigenen weißen Jungs wahrgenommen wurden. Es sollten die eigenen Truppen unterstützt werden.
An diesen Filmen fällt aber auch eine andere Veränderung in Haltung, Machart und Tendenz auf. In den Filmen der 40er Jahre, die teils noch während des Kriegs gedreht wurden, war der Krieg zumindest ein Moloch, etwas, das zwar fatalistisch hingenommen wurde, dessen Schrecken aber in vielen dieser Werke spürbar war. Nun aber wurde der Krieg mehr und mehr als ein Abenteuer dargestellt. Ein Männerspielplatz, wo zwar Gefahr drohte, mehr noch aber Kameradschaft, Freundschaft, Heldenmut zählten und wo Männer echte Kerle sein konnten, die über sich hinauswachsen, schwierige Aufgaben bewältigten und immer auf der richtigen Seite der Geschichte stehen. Man griff zunehmend auf exotische Schauplätze zurück und die Storys drehten sich oft um Aufträge, die sich weitab vom eigentlichen Kampfgeschehen ereigneten. So entstand auch eine Nähe zu Spionagefilmen und anderen eher dem Spannungs- und Actionkino (das es damals als solches noch nicht gab) zuzurechnenden Genres. Ein typisches Beispiel, das sowohl die propagandistischen wie auch filmimmanenten Veränderungen in sich vereinte, ist Robert Wise´ DESTINATION GOBI (1953).
Wise hatte gerade THE DESERT RATS (1953) abgedreht, ebenfalls für 20th Century Fox, und war somit im Thema. Nicht nur was den Krieg betraf, sondern auch, jene oben aufgezählten Veränderungen aufzunehmen und zu verwirklichen. Denn im Vorgänger, der allerdings erst nach DESTINATION GOBI erschien, wurde dem deutschen General Rommel reichlich Respekt gezollt als ehrenhafter und militärisch versierter Gegner. Der Film war seinerseits eine Art Sequel zu Henry Hathaways THE DESERT FOX: THE STORY OF ROMMEL (1951), in dem ebenfalls James Mason den General spielte. Für DESTINATION GOBI wandte sich Wise, basierend auf einem Drehbuch von Everett Freeman, nun im weitesten Sinne dem Pazifikkrieg zu.
Richard Widmark spielt den Navy-Angehörigen Sam McHale, der einer Einheit zugeordnet wird, die in der Wüste Gobi Wetteraufzeichnungen machen und an die Marine übermitteln soll. McHale, der sich selbst als Wasserratte sieht, versteht den Auftrag nicht unbedingt, folgt aber seinen Ordern. In der Wüste wird man mit Mongolen konfrontiert, mit denen man einen zweifelhaften Pakt schließt. Sollten japanische Besatzer auftauchen, sollen die Mongolen den Amerikanern helfen. Es kommt, wie es (dramaturgisch) kommen muß und die amerikanische Mannschaft – insgesamt sieben Mann unter dem Kommando eines hauptberuflichen Meteorologen plus McHale – flieht mit Hilfe der Mongolen durch die Wüste Richtung Küste.
Wise verpasste seinem nominellen Kriegsfilm den Look eines Western, ersetzte die Indianer durch Japaner, ließ seine Helden eine Fluchtbewegung vollziehen und schließlich auf einem Boot entfliehen. Die Amerikaner treten in ihrem Camp auch wie die Besetzung eines Western auf. Sie könnten Cowboys sein oder bei einem Eisenbahnunternehmen arbeiten. McHale entspräche dann dem einsamen Revolverhelden, der aufpassen und sie im Notfall verteidigen soll. Die Männer sind einer fremden Umgebung, einer rauen Natur, ausgesetzt und müssen sich einer feindlichen Übermacht erwehren. Spätestens wenn sie die von den befreundeten Mongolen entwendete Dschunke besteigen, wechselt Wise dann in den Modus des Abenteuerfilms. Nun müssen sich die Meteorologen als Seemänner erweisen. Zum Glück werden sie von einem amerikanischen Jagdgeschwader entdeckt und fast alle gerettet. Natürlich gibt es Verluste, um die Ernsthaftigkeit des Ganzen zu unterstreichen.
DESTINATION GOBI zählt im großen Oeuvre von Robert Wise sicher nicht zu den Glanzstücken. Auch unter den Kriegsfilmen des Regisseurs rangiert der Film sicher auf den hinteren Plätzen. Das ist alles zu durchschaubar, folgt zu offensichtlich ausgetretenen Drehbuchpfaden, die Figuren sind nicht wirklich interessant und die Action ist ebenso begrenzt wie es die Spannung des Ganzen ist. Allerdings sind die wenigen Actionsequenzen, vor allem der Fliegerangriff auf das Camp, hervorragend inszeniert und die Explosionen und Detonationen der Bomben und eines getroffenen Waffen- und Munitionsdepots sind extrem realistisch und dementsprechend bombastisch. Doch nahezu sämtliche Szenen der Flucht der in mongolische Gewänder gekleideten Amerikaner entbehren jeglicher Spannung oder Aufregung. Man sieht ununterbrochen, was Drehbuch und Regie wollen, nur leider findet es nie statt. Man zittert nicht mit den Figuren, man hat keine Angst um sie. Und da man diese Männer nie wirklich kennenlernt, außer in einigen wenigen Sequenzen, in denen sie sich unterhalten, trauert man auch nicht um die, die sterben müssen.
Stattdessen wird ein leidlich lustiger Humor geboten, wenn die Wetterfrösche sich gegenseitig anfrotzeln oder es zu Kommunikationsproblemen zwischen den Amerikanern und den Mongolen kommt. Die Order von sechzig Sätteln durch die Hierarchie der amerikanischen Armee wird ebenfalls humoristisch aufbereitet. Teils geht dieser Humor auf Kosten der den Amerikanern Fremden. Auch Wise ist leider, wie viele seiner Kollegen jener Jahre, vor einer gewissen rassistischen Tendenz nicht gefeit. In einer ebenfalls humoristisch angelegten Szene fordert der Häuptling des Stammes seine Leute auf, alle den Amerikanern gestohlenen Gegenstände zurück zu geben, woraufhin nahezu jeder und jede Angehörige des Stammes etliche Gebrauchsgegenstände abliefern.
DESTINATION GOBI punktet mit recht ansehnlichen Kulissen, Widmark spielt routiniert eine Rolle, die er so oder ähnlich auch zuvor schon gespielt hatte und man verfolgt die Flucht durch die Wüste zumindest amüsiert. Doch ist das alles mittlerweile heillos veraltet und eben wenig spannend, somit auch nicht wirklich unterhaltsam. Wise´ Film reiht sich also ein in eine Riege mittlerweile längst vergessener Kriegsfilme der 50er, die für den schnellen Gebrauch gedreht wurden. Schaut man diesen Film mit der Distanz von fast siebzig Jahren, fällt zudem auf, wie unbekümmert er mit einigen Tatsachen umgeht. Weder wird auf die Gräuel eingegangen, die die Japaner im besetzten China angerichtet haben, die Verhörszene, in der Widmark von einem japanischen Offizier befragt wird, ist dem, was japanische Soldaten auch Amerikanern antaten, kaum angemessen und erst recht ist es unangemessen, wie die Voice-Over, Widmarks Stimme, am Ende des Films darauf hinweist, daß der Krieg dann zuende gewesen sei. Mit keiner Silbe wird darauf eingegangen, wie dieser Krieg im Pazifik beendet wurde, welch unglaubliches Unrecht die Abwürfe der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki bedeuteten. Gerade in diesen Momenten erfüllt Wise alle Kategorien eines Propagandafilms.
So ist ein Film wie dieser am ehesten filmhistorisch interessant. Ihn einzuordnen und mit dem Abstand der Jahre zu analysieren und zu interpretieren mag vernünftig und notwendig sein, ernst zu nehmen ist ein Film wie DESTINATION GOBI nicht mehr. Wenn er es denn je war.