GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK
George Clooney erinnert an ein dunkles Kapitel US-amerikanischer Geschichte
1958 erhält der TV-Reporter Edward R. Murrow (David Strathairn) einen Preis für seine Verdienste. Er hält eine Rede, in der er von den Journalisten – nicht nur den anwesenden – den Mut einfordert, sich gegen die Vereinnahmung durch die Politik und die Wirtschaft sowie die Kommerzialisierung des Mediums zu wehren, andernfalls wäre nicht mehr garantiert, dass Amerika freie und unabhängige Berichterstattung bekomme.
Murrow weiß wovon er spricht: In den Jahren 1954 und 1954 legten er– damals als Moderator der politischen Sendung See It Now im Fernsehsender CBS – und sein Team sich mit dem republikanischen Senator Joseph McCarthy an, der sich auf einem Kreuzzug gegen vermeintliche Kommunisten im Staatsapparat, im Militär und der Unterhaltungsindustrie befand.
Ausgehend von dem Bericht über einen jungen Air-Force-Angehörigen, der sich weigerte, vor McCarthys Ausschuss gegen Familienmitglieder auszusagen und daraufhin entlassen wurde, entwickelt sich zwischen der Redaktion von See It Now unter der Leitung von Murrow und seinem Freund Fred Friendly, der Produzent der Sendung ist, und dem Senator ein Machtkampf.
Der Politiker versucht, Druck auf den Sender auszuüben, was sowohl der Senderchef Sig Mickelson (Jeff Daniels), als auch der Besitzer der CBS, William Paley (Frank Langella), zu spüren bekommen und an die Redaktion weitergeben. Auch Sponsoren drohen, sich von der CBS abzuwenden, was einer Katastrophe gleichkäme.
Je mehr sich das Duell zwischen Politik und Journalisten zuspitzt, umso brutaler werden die Methoden, die angewandt werden, um die Journalisten einzuschüchtern. Murrows Mitarbeiter – darunter Joe Wersheba (Robert Downey Jr.) und Shirley Wersheba (Patricia Clarkson), die gegen die Regeln des Senders miteinander verbandelt – werden gezwungen, Erklärungen zu unterschreiben, in denen sie an Eides statt versichern, niemals Mitglied der Kommunistischen Partei oder Unterstützerorganisationen gewesen zu sein.
Als diese Einschüchterungsversuche nichts nutzen, werden Paley im Fall der Wershebas Beweise zugespielt, dass die beiden verheiratet sind, womit er ein Druckmittel und sogar Beweismaterial in der Hand hat, die zur Entlassung führen könnten.
Murrow und Friendly verwahren sich gegen den Druck und weisen sowohl gegenüber Mickelson als auch gegenüber Paley auf die Freiheit redaktioneller Arbeit hin. Sie wissen, dass der Beitrag, den sie über McCarthy zu bringen sich anschicken, große Aufmerksamkeit und dem Sender sicherlich neuen Ärger einbringen wird. Mickelson, selbst ein Journalist, fühlt sich an der Ehre gepackt und gibt den beiden grünes Licht, auch Paley willigt schließlich ein.
Der Beitrag – größtenteils Zusammenschnitte von Originalaufnahmen, in denen McCarthy sich teils wie einer jener Faschisten äußert, die Amerika keine zehn Jahre zuvor unter großen Verlusten in Europa und im Pazifik niedergerungen hatte – erregt die gewollte und erhoffte Aufmerksamkeit. Murrow kommentiert den Beitrag, wie es seine Art ist, und macht deutlich, dass ein Mann wie der Senator womöglich weitaus gefährlicher für die Demokratie und die „amerikanische Lebensart“ ist, als es ein Kommunist je sein könne. Wie immer schließt er seinen Beitrag und die Sendung mit den Worten „Good night, and good luck!“
Infolge der Sendung und Murrows Arbeit wird der junge Air-Force-Soldat wieder in Ehren in die Armee aufgenommen. Ein erster Teilerfolg für Murrow und sein Team.
Der mit Murrow und Friendly befreundete Nachrichtensprecher Don Hollenbeck (Ray Wise), der tatsächlich eine Vergangenheit als Unterstützer kommunistischer Ideen und Ideale in den 20er und 30er Jahren hat, hält dem Druck nicht mehr stand und bringt sich um. Dies wirft ein fürchterliches Schlaglicht auf McCarthys Machenschaften und das, was er den Menschen in den USA antut.
Der Senator fordert von CBS und See It Now, dass er eine Replik auf die Vorwürfe machen dürfe, die gegen ihn und sein Tun erhoben worden seien. Murrow willigt sofort ein, da er dies für sauberen Journalismus hält – auch die Gegenseite müsse zu Wort kommen.
McCarthy produziert also eine eigene Sendung, die CBS ausstrahlt, die aber derart katastrophal ist, dass sie sich zu einem Desaster für den Senator auswächst. Sie trägt maßgeblich dazu bei, dass der Abstieg des Politikers beginnt und der McCarthyismus, wie sein Treiben gemeinhin genannt wurde, aufhört.
Scheinbar konnten Murrow, Friendly und die andern einen großen Erfolg verbuchen. Doch der Sender nutzt die ganze Angelegenheit als Vorlage, See It Now ins Sonntagnachmittagsprogramm zu verbannen, wo die Sendung kaum noch Zuschauer erreicht. Offenbar war sowieso eine Umstrukturierung geplant, da zukünftig vor allem auf die immer beliebteren Quizshows gesetzt werden soll, die mehr Sponsoreneinnahmen versprechen.
Zurück auf der Preisverleihung des Jahres 1958 schließt Murrow seine Rede, die lediglich mit höflichem Applaus quittiert wird, mit den Worten, dass das Fernsehen sich besinnen müsse. Es habe die Aufgabe, unbequem zu sein, die Zuschauer aus ihrer Komfortzone heraus zu holen und manchmal sogar zu belehren. Andererseits, so sein Fazit, bleibe das Fernsehen aber eben auch einfach eine Kiste mit Drähten. Mehr nicht.
Denkt man von heute aus an die schlimmen Zeiten des McCarthyismus in den USA – jener Ära der durch den Senator Joseph McCarthy ausgelösten Kommunistenhatz in den späten 40er und frühen 50er Jahren des 20. Jahrhunderts – kommen einem meist die „Schwarzen Listen“ Hollywoods in den Sinn, sowie die Befragungen von Zeugen und Verdächtigen durch das HUAC, das House Un-American Activities Committee, welches in Washington saß, sein Netz aber über das ganze Land ausgeworfen hatte.
Berühmt sind die Auftritte jener Männer und Frauen, die die Aussage verweigerten und dadurch Unannehmlichkeiten und wirkliche Schwierigkeiten bis hin zu Berufsverboten und sozialer Ächtung in Kauf nahmen. Dazu zählten bspw. die legendären Hollywood Ten, hauptsächlich Drehbuchautoren, darunter solche Berühmtheiten wie Dalton Trumbo und Ring Lardner Jr., aber auch der Regisseur Edward Dmytryk. Ebenso berühmt-berüchtigt wurden allerdings auch die Aussagen jener, die sich vollkommen im Einklang mit McCarthys „Hexenjagd“ zeigten – Männer wie Ronald Reagan oder Walt Disney, aber auch Gary Cooper, Adolphe Menjou u.a. Hinzu kam eine ganze Liste von Schauspielern, Regisseuren und Drehbuchautoren, die als „freundliche Zeugen“ geführt wurden, da sie vor dem Komitee einknickten und andere denunzierten, darunter Liberale wie Elia Kazan, Budd Schulberg oder auch Sterling Hayden, der selbst tatsächlich eine Vergangenheit als überzeugter Sozialist hatte. Dass vor allem diese Ereignisse erinnert werden, mag nicht zuletzt an Hollywood selbst liegen, das in Filmen wie THE WAY WE WERE (1973), GUILTY BY SUSPICION (1991) oder TRUMBO (2015) immer wieder an jene Jahre erinnerte, sie gar aufzuarbeiten versuchte.
Weniger bekannt dürfte heutzutage die Tatsache sein, dass die „Säuberungen“, welche McCarthy anstrebte, keineswegs nur Hollywood und die dortigen Studios betrafen. Selbstredend suchten er und seine Häscher auch im Beamtenapparat des Staates. Ebenso im Militär, das der Senator aus Wisconsin besonders der kommunistischen Unterwanderung verdächtigte. Und selbstverständlich waren auch andere Teile der Unterhaltungsindustrie betroffen, darunter das Radio und natürlich auch das noch junge Medium des Fernsehens.
Hier, im Fernsehsender CBS, ist George Clooneys Drama GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK (2005) angesiedelt. Er und Autor Grant Heslov (der, da auch Schauspieler, im Film eine kleine Rolle übernahm) hatten gemeinsam ein Drehbuch geschrieben, dass den TV-Moderator und Kommentator Edward R. Murrow und den Kampf seiner Redaktion gegen Senator Joseph McCarthy thematisierte; eine Auseinandersetzung, die sich vor allem von Ende 1953 bis ins Jahr 1954 hinzog. Es begann mit dem Bericht über einen jungen Soldaten der Air Force, der sich geweigert hatte, vor McCarthys Ausschuss gegen Familienmitglieder auszusagen und deshalb entlassen worden war. Dies griff Murrow in der von ihm und seinem Produzenten Fred Friendly konzipierten Sendung See It Now auf, setzte sich dann allerdings über die folgenden Monate fort und gipfelte in einer Sendung, die am 9. Mai 1954 ausgestrahlt wurde und für die Murrow und Friendly etliche Originalaussagen McCarthys aneinandergeschnitten hatten. Sie wollten damit nicht nur die argumentative Widersprüchlichkeit des Mannes aufzeigen, sondern vor allem beweisen, dass er weitaus gefährlicher für die Demokratie war, als es ein Kommunist jemals sein könnte. Zudem gelang es ihnen mit den teils wirren Aussagen des Senators den Eindruck zu erwecken, dass der Mann möglicherweise nicht voll zurechnungsfähig sei. McCarthy bestand darauf, in einer eigenen Sendung auf die Vorwürfe zu antworten, was Murrow ihm zusicherte. Diese Replik artete zu einem Desaster aus, er markierte den Anfang vom politischen Ende des kommunistenhassenden Senators. Historiker sind sich sicher, dass McCarthys misslungene Replik auf Murrows Anwürfe letztlich eine verheerendere Wirkung gehabt habe, als der ursprüngliche Beitrag des Teams von See It Now.
Aus diesem Stoff einen Film zu generieren, ist nicht ganz einfach. In knappen 90 Minuten gelingt es Clooney, der – als Produzent und Regisseur natürlich daran interessiert, dass sein Film einen gewissen kommerziellen Erfolg hat – auch die Rolle des Fred Friendly übernahm, ein enggewebtes, kammerspielartiges und vor allem ausgesprochen elegant gefilmtes Drama um die beiden Männer und das Team um sie herum zu inszenieren. Ihm kommt dabei ein ganzes Ensemble hervorragender Schauspieler zugute, darunter David Strathairn, der dem originalen Edward R. Murrow erstaunlich ähnlich sieht, zudem aber auch Robert Downey Jr., Ray Wise, Patricia Clarkson, Frank Langella und Jeff Daniels; letztere beiden in herausgehobenen Nebenrollen als Geschäftsführer (Daniels) und Besitzer (Langella) der CBS. Sie alle tragen maßgeblich dazu bei, dass die Betrachter*innen des Films gebannt werden, sich in die immer nur angedeuteten Schicksale der Figuren eindenken und einfühlen können und bereit sind zu folgen, obwohl der Film ohne wirkliche Vorkenntnisse nur schwer verständlich ist.
Dies ist sicherlich auch das Hauptmanko, welches Clooney und Heslov sich vorwerfen lassen müssen: Der Film ist im Grunde die Bebilderung einer, gemessen an dem ganzen Skandal, den die McCarthy-Ära als solche in der amerikanischen Geschichte darstellt, vielleicht doch eher marginalen Begebenheit, auch wenn sie zum Sturz des in seinen Methoden durchaus faschistoiden Senators beigetragen haben mag. Zwar sind in einzelnen Szenen – so vor allem anhand des Ehepaars Washeba, gespielt von Downey Jr. und Clarkson, die dem Sender eine Unbedenklichkeitserklärung hinsichtlich ihres politischen Vorlebens unterschreiben sollen, mehr noch anhand des von Ray Wise gespielten Nachrichtensprechers Don Hollenbeck, der sich schließlich umbrachte – der politische Druck und die damit verbundenen Schicksale jener Jahre zu spüren, doch kaprizieren sich Buch und Regie letztlich völlig auf die Vorgänge um die Sendung und den Kampf gegen den mächtigen Politiker. Um diese allerdings wirklich verstehen und nachvollziehen zu können, müssen Betrachter*innen sich schon gut in der Materie auskennen, sonst wird es schwierig, dem Film zu folgen.
Formal spiegelt sich der Fokus des Scripts darin, dass der Film – sieht man einmal von der einrahmenden Zeremonie ab, bei der Murrow 1958 ein Preis verliehen wird und wo er eine sehr kritische Rede zum allgemeinen Zustand des amerikanischen Journalismus generell, dem des TV-Journalismus im Besonderen hält – ausschließlich in den Räumen des Senders CBS spielt. Kameramann Robert Elswit fängt das Geschehen in ausgesprochen eleganten schwarz-weißen Bildern ein, unterlegt wird das Ganze von der rauchigen Stimme von Dianne Reeves. Die Jazzsängerin spielt hier tatsächlich eine namenlose Sängerin, die live im Fernsehen singt, zugleich liefert Reeves so aber auch den Soundtrack und setzt damit den Ton des gesamten Films; ein Ton, der dann von den Bildern, in der die Mise en Scene, durch die ganze Atmosphäre aufgegriffen wird.
Ästhetisch langsam winden sich die Schwaden der ewig glimmenden Zigaretten – Murrow war Kettenraucher und erlag später einem Lungenkarzinom; aber auch alle anderen hier rauchen nahezu ununterbrochen, was dem Film etwas Mondänes gibt, heute kaum mehr denkbar – durch die Schatten der Räume, was an die Schwarz-weiß-Kontraste des ‚Film Noir‘ erinnert, in den Gläsern klirrt das Eis, das den Whiskey kühlt. Die Gespräche sind durch Sottisen und hintergründige Anspielungen, sarkastischen Witz und gelegentlichen Zynismus gekennzeichnet. Es entsteht der Eindruck, es hier mit kultivierten, intelligenten, ja intellektuellen Menschen zu tun zu haben, was extrem kontrastiert zu den flegelhaften, manchmal geradezu obszönen Ausfällen McCarthys, die durch die eingeschnittenen Originaldokumente belegt werden.
Clooney gelingt eine distanzierte Atmosphäre, ein distanzierter Blick auf das Geschehen, wodurch es exemplarisch wird; exemplarisch für den Mut, den gerade Journalisten in schwierigen, antidemokratischen Zeiten aufbringen müssen, wollen sie ihrem Berufsethos gerecht werden, aber auch, wenn sie sich im Dienst einer Sache – der Demokratie – sehen. Clooneys Vater Nick Clooney war Journalist, wie der Regisseur und Schauspieler in verschiedenen Interviews erzählt hat, moderierte Quiz-Sendungen, aber auch Talkshows. Clooney – sein Erwachsenenleben lang ein eingefleischter Demokrat – erklärte, dass er sein politisches wie moralisches Credo von seinem Vater geerbt habe und nicht zuletzt dessen Werte mit GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK in Ehren halten wollte.
Doch ganz sicher war der Film zu seiner Zeit auch ein Kommentar auf die aktuelle amerikanische Politik unter George W. Bush, die geprägt war von Halb- und Unwahrheiten, Kriegen, die unter falschen Vorzeichen oder verursacht durch direkte Lügen geführt wurden, und einer generell für die amerikanische Demokratie bedenklichen Entwicklung. Bürgerrechte wurden eingeschränkt, die Machtbasis der Regierung immer breiter. So gesehen ist der Film sicherlich auch als Warnung zu verstehen gewesen.
Unter solchen Vorzeichen sollte er natürlich auch heutzutage betrachtet werden, wo ein Präsident Trump die Lüge zur Wahrheit erhoben hat. Denn auch, wenn vielleicht nicht jedes Detail verständlich ist, heutige Betrachter*innen die Dringlichkeit, die ein Mann wie Murrow ausdrückte vielleicht nicht sofort werden nachvollziehen können – ein Film wie dieser, dem es trotz aller Verständnisschwierigkeiten eben doch gelingt, Spannung aufzubauen und über die relativ knappe Laufzeit auch zu halten, kann nur dazu beitragen, wachsam zu sein und dem Staat und seinen Institutionen auf die Finger zu schauen. Erst recht, wenn die, die diese Institutionen gekapert haben, behaupten, dies im Sinne „des Volks“ zu tun und gegen einen „Deep State“ vorzugehen, der heimlich herrsche.
Gerade McCarthy war und ist ein gutes Beispiel, dass „der Staat“, wenn er sich anheischig macht, seine Befugnisse maßlos auszuweiten, dies meist sehr sichtbar tut, in dem Bewusstsein, sich dies leisten zu können. Auch die Administration von Donald Trump verheimlicht ja nichts. Im Gegenteil: Trump hat ja bereits als Kandidat seine Pläne offengelegt, hat erklärt, was er vorhabe – Massendeportationen ohne Rücksicht auf Personen; persönliche Rachefeldzüge gegen demokratische Gegner mittels der Justiz; brutale wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Disruptionen, auch hierbei ohne Rücksicht auf Verluste -, da braucht es den ihm so verhassten „Deep State“, der sich angeblich gegen ihn und seine Ideen stelle, gar nicht mehr.
In Zeiten wie diesen könnte ein Film wie GOOD NIGHT, AND GOOD LUCK wieder an Brisanz gewinnen, denn möglicherweise wird das, was der Demokratie in den Vereinigten Staaten von Amerika in den kommenden vier Jahren, vom Dezember 2024 aus betrachtet, droht, weitaus gefährlicher, als es die McCarthy-Ära je war. Man sollte, man muss wachsam bleiben. Und manchmal helfen dabei Filme, Bücher, sogar TV-Sendungen.