STREET KINGS

David Ayer erzählt nach einem Drehbuch von James Ellroy von der Korruption im L.A.P.D.

Detective Tom Ludlow (Keanu Reeves) dringt in ein Haus ein, in dem zwei entführte Kinder vermutet werden. Bedingungslos tötet er alle Anwesenden, die sich ihm in den Weg stellen wollen. Da auch Unbewaffnete darunter sind, verteilt er anschließend Waffen, um einem Disziplinarverfahren zu entgehen. Er befreit die gesuchten Kinder.

Als sein Vorgesetzter, Captain Jack Wander (Forest Whitaker) eintrifft, klärt Ludlow ihn über die Vorgänge auf, wohl wissend, daß Wander ihn decken wird. Unter den Straßen-Cops, die den Tatort absperren, ist auch sein Ex-Partner Terrence Washington (Terry Crews), der zur Streife zurückversetzt wurde. Washington lässt Ludlow wissen, daß er bei ihm rassistische Motive bei der Tötung der Entführer – Mexikaner und Asiaten – vermutet.

Wander klärt Ludlow, der zunehmend dem Suff verfällt und seit seine Frau gestorben ist immer brutaler gegen Delinquenten vorgeht, darüber auf, daß Washington mit den internen Ermittlern um Captain James Briggs (Hugh Laurie) zusammenarbeitet. Briggs seinerseits versucht, Ludlow in Fallen zu locken, um ihn verschiedener Dienstvergehen zu überführen.

Ludlow folgt Washington an dessen freien Tag und will ihn zur Rede stellen. Er ist sogar bereit, seinen Ex-Partner zusammenzuschlagen. In einem kleinen Supermarkt geht er auf ihn zu, als zwei schwer bewaffnete und vermummte Männer in den Laden eindringen und ohne Warnung das Feuer eröffnen. Washington wird geradezu hingerichtet, Ludlow setzt sich zur Wehr und schießt mit einer .38-Kaliber-Waffe, kann aber keinen der Angreifer ausschalten. Allerdings trifft er Washington.

Wander fordert Ludlow auf, das Videoband an sich zu nehmen, welches die ganze Aktion aufgezeichnet hat und Ludlows Anwesenheit im Laden beweist. Ludlow stünde mit seiner Feindschaft zu Washington als Hauptverdächtiger da. Zwar deckt Wander seinen nach eigener Aussage „besten Mann“, doch wird Ludlow vorübergehend verdonnert, bei der polizeilichen Beschwerdestelle Schreibtischdienst zu verrichten. Hier wird er sowohl von Captain Briggs aufgesucht, der ihn wissen lässt, daß er ihn auf dem Schirm hat, als auch von Detective Diskant (Chris Evans), der die Schießerei untersucht. Diskant lässt Ludlow wissen, daß auch er ihn decken wird und dafür einen unaufgelösten Fall in Kauf nimmt, was sich schlecht in seiner Akte macht. Ludlow fordert hingegen, daß Diskant mit ihm gemeinsam heimlich ermittelt.

Ludlow geht zu Washingtons Beerdigung, wo ihn dessen Witwe, mit der er einst ebenso befreundet war, wie mit Washington selbst, abblitzen lässt. Später sucht er sie zuhause auf, weil er ihr versichern will, daß nicht er der Mörder ihres Mannes sei. Als Beweis gibt er ihr die Aufzeichnung des ganzen Vorgangs. Er verspricht ihr, die Mörder ihres Mannes zu finden und auszuschalten.

Nach und nach kommen Ludlow und Diskant den Attentätern auf die Spur. Sie suchen sie auf und wollen sie in eine Falle locken, was sich aber als schwierig erweist, weil die beiden äußerst vorsichtig sind. Während des Treffens wird Ludlow und Diskant klar, daß sie es mit verdeckten Ermittlern zu tun haben. Es kommt zu einer Schießerei, bei der Diskant stirbt, Ludlow seine Widersacher aber beide tötet.

Offensichtlich handelten sie im Auftrag eines Vorgesetzten, der Washington ausgeschaltet haben wollte. Da Ludlow um Wanders Machenschaften weiß, verdächtigt er ihn. Daß er schon kurz nach der Schießerei in den Medien als Täter genannt wird, bestärkt seinen Verdacht, vollends bestätigt wird er, als er in der Wohnung seiner Freundin, einer Krankenschwester, die seine Wunden versorgen soll, von seinen Kollegen, den Detectives  Santos (Anaury Nolasco) und Demille (John Corbett), überrascht wird.

Sie entführen ihn und bringen ihn in die Berge, wo sie ihn in einer Hütte töten wollen. Auf der Fahrt verhöhnen sie ihn und erklären, daß sie ihn ständig hintergangen hätten und er nichts weiter als ein nützlicher Idiot für sie und Wander gewesen sei. Nun wollen sie Ludlow auch den folgenden Mord an Washingtons Witwe anhängen, den sie begehen wollen, um in den Besitz der Aufnahme des Mordes zu kommen.

In der Hütte kommt es nach einem Fluchtversuchs Ludlows zu einem Kampf und Ludlow tötet seine ehemaligen Kollegen. Er fährt zu Washingtons Wohnung und kann seinen dritten Kollegen, Sergeant Clady (Jay Mohr), überwältigen und fesseln, bevor dieser Washingtons Witwe töten kann. Dann fährt Ludlow zu Wanders Haus, um mit seinem Vorgesetzten und ehemaligen Freund abzurechnen.

Wander lässt Ludlow ein und erklärt ihm, daß der ihm alles zu verdanken habe. Oft habe er ihn gedeckt – das sei nur möglich gewesen, weil er über genug Informationen über nahezu jeden verfüge, der in der Stadt etwas zu sagen habe. Washington habe sterben müssen, weil er Wanders „System“ habe aufdecken wollen. Wander lässt Ludlow eine Wand aufbrechen, hinter der etliche Akten, Videos und vor allem jede Menge Geld gebunkert sind. Das, so Wander, sei der Rückhalt seines „Systems“, das ihn nicht nur zum Polizeichef befördern, sondern schließlich auf den Posten des Bürgermeisters hieven soll. Dann, so Wander, gehöre ihnen die Stadt und sie könnten machen, was sie wollten.

Ludlow erschießt Wander kaltblütig, dann informiert er Briggs. Er will einen Schlußstrich ziehen und dem internen Ermittler alles aufdecken. Doch Briggs offenbart Ludlow, daß er von Anfang an gewusst habe, was vorginge. Er habe Ludlow bewußt als eine Art Köder genutzt, um an Wander heran zu kommen. Dann teilt er Ludlow mit, daß der wieder in seinen alten Posten eingesetzt werde. Es brauche Männer wie ihn, die die Regeln brechen und bereit seien, die Drecksarbeit zu machen.

Als David Ayer STREET KINGS (2008) in Angriff nahm, konnte er auf ein schon in den 90er Jahren verfasstes Drehbuch von James Ellroy zurückgreifen. Mit dem Bestseller-Autor hatte Ayer am Script für DARK BLUE (2002) zusammengearbeitet, die beiden kannten sich.

Wie der frühere Thriller, beschäftigt sich auch STREET KINGS mit Korruption und Verrat im L.A.P.D., der Polizeibehörde von Los Angeles. Ellroy kann getrost als Experte dafür betrachtet werden, beschäftigten sich doch etliche seiner Romane genau damit. Vor allem sein L.A.-Quartett, entstanden zwischen 1987 und 1992 und teilweise auch verfilmt (L.A. CONFIDENTIAL/1997; THE BLACK DAHLIA/2006), bürgt für seine Expertise. Spielten diese vier Romane in den 50er und frühen 60er Jahren, sind die Geschehnisse von STREET KINGS zeitgenössisch angelegt, wenn auch an die Realität der 90er Jahre. Ayer modernisierte die Handlung und drehte einen harten, manchmal zynischen Action-Thriller.

Buch und Regie bemühen sich redlich, zwischen rasanten Verfolgungsjagden und gelegentlich unangenehm brutalen Schießereien ein halbwegs realistisches Bild einer Behörde zu zeichnen, in der Machtfülle, Korpsgeist und Informationsvorsprung ein Klima der Angst erzeugen. Wer die aufsehenerregendsten Verhaftungen leistet, hat Ansehen, wer Ansehen hat, hat bis zu einem gewissen Grade Narrenfreiheit bei seinen Mitteln und Methoden. Wer allerdings versucht, dieses System aufzubrechen, anzuprangern oder gar offensiv zu verändern, lebt gefährlich. Es entsteht das Bild eines Staates im Staate, in dem die Skrupellosen immer im Recht sind und ihre Agenda gnadenlos durchsetzen können. Allerdings entpuppen sich im Laufe der manchmal etwas unlogischen Handlung auch jene, die das System zu ändern versuchen als ebenso skrupellos und gnadenlos, wie ihre Widersacher. Gewalt erzeugt Gegengewalt. Eine Spirale.

Es gibt keine wirklich positive Figur in diesem Reigen. Das dürfte vor allem Ellroy geschuldet sein, der immer ein Händchen hatte, ambivalente, durchaus zwielichtige Charaktere zu erschaffen, denen sein Publikum dennoch vertraute und gern folgte. Ein gut´ Teil von Ellroys Erfolg und vor allem Qualität beruht genau darauf, den Leser die eigene Korrumpierbarkeit spüren zu lassen, wenn man Figuren mag, die brutal und teils äußerst korrupt sind. Das funktioniert auch hier. Und Ayer, der keineswegs erste Wahl für den Regiestuhl gewesen ist, ist ein kongenialer Filmemacher, der mit seinem Drehbuch zu TRAINING DAY (2001) und eben der Mitarbeit an DARK BLUE bereits bewiesen hatte, daß auch er es versteht, doppelbödige Charaktere zu erschaffen.

Neben der Korruption ist Rassismus das andere große Thema, das in STREET KINGS zumindest subtextuell verhandelt wird. Der von Keanu Reeves verkörperte Cop Tom Ludlow, der gern für die dreckigen Jobs genommen wird, wenn es hart auf hart kommt und damit gerechnet werden muß, daß es Opfer geben wird, wird mehrfach dabei gezeigt, wie er Mexikaner und auch Schwarze erschießt, was ihm bei seinen Mitarbeitern den Ruf einträgt, ein Rassist zu sein. Ludlow, der seine Frau verloren hat und mittlerweile dem Suff verfallen ist, entspricht in seiner Haltung den Menschen gegenüber allerdings eher der Figur des Dirty Harry, den Clint Eastwood im gleichnamigen Film von 1971 gespielt hatte. Wie Harry scheint auch Ludlow schlicht überhaupt niemandem leiden zu können, was aus dem vermeintlichen Rassismus ein Nullsummenspiel macht. Zudem war sein Ex-Partner ein Schwarzer und der Chef seiner Einheit ist ebenfalls Afroamerikaner. Ellroy, dem gelegentlich vorgeworfen wurde, selbst durchaus rassistische Tendenzen zu bedienen, bietet ein kompliziertes und komplexes Netz aus Verstrickungen persönlicher wie beruflicher Natur, in denen nicht mehr klar ist, wer gut, wer böse, wer Rassist, wer Menschenfreund ist. Schließlich entpuppen sich nicht nur führende Kräfte der Polizei – und eben nicht nur Weiße – als durch und durch korrupt und hinterhältig, sondern auch die Mittel der internen Ermittler werden als zumindest zweifelhaft und menschenverachtend entlarvt.

Hinzu kommt eine Haltung, die durchaus von Zynismus zeugt. Ludlow, der wie bereits erwähnt zu drastischen Methoden neigt und problemlos tötet, wenn vielleicht auch andere Mittel möglich wären (direkt die Auftaktszene zeugt davon), der lieber allein arbeitet, als im Team, da ihm so weniger Dienstverletzungen nachzuweisen sind, wird mehrfach und von ganz unterschiedlichen Seiten als nützlich bezeichnet. Will der Staat, das Allgemeinwesen, der Kriminalität Herr werden, so die unterschwellige Aussage aller Polizisten in diesem Film, braucht es Männer wie ihn. Männer, die es nicht ganz so genau nehmen mit den Vorschriften, Männer, die Gewalt kennen und favorisieren und immer eher zu brutalen Maßnahmen neigen, denn legale Wegen zu beschreiten. Männer, die denen, die sie jagen, gleichen.

All dies schwingt also in Ayers Film mit. Doch sollte man sich auch nicht täuschen. STREET KINGS bietet in erster Linie rasante, spannende und brutale Unterhaltung. Es ist ein Actionfilm, der die Dramatik, den Dialog, die Nachdenklichkeit im Zweifelsfall immer einer Schießerei, einer Schlägerei oder einer brutalen Hinrichtung opfert. Als solcher allerdings funktioniert der Film außerordentlich gut, er ist hervorragend inszeniert, lässt eben genug Raum, auch hintergründige Anliegen zu behandeln und bleibt spannend bis zum Schluß. Für Kenau Reeves, der nach seinen MATRIX-Filmen (ab 1999) kaum mehr Erfolge vorzuweisen hatte, war die Rolle des Tom Ludlow wiederum eine gute Vorbereitung für die Reihe um den Killer JOHN WICK (ab 2014), die ihm wieder Auftrieb in seiner späten Karriere gab. David Ayer hingegen legte mit seiner nächsten Regiearbeit, END OF WATCH (2012), einen weitaus besseren Film vor, der sich erneut mit der Polizeiarbeit in Los Angeles beschäftigte, der allerdings sehr viel realistischer wirkt.

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