TRANSCENDENCE

Wally Pfister bietet alten Wein in neuen Schläuchen - und glaubt, er sei ein Schlaumeier....

Dr. Will Caster (Johnny Depp) gilt als Genie auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Gemeinsam mit seiner Frau Evelyn (Rebecca Hall) und anderen Wissenschaftlern arbeitet er an einem Computer, der in seiner Komplexität nicht nur wie ein menschliches Gehirn funktionieren soll, sondern darüber hinaus auch empfindungsfähig, sensibel und empathiefähig ist. Caster ist zutiefst von der Idee der Technologischen Singularität überzeugt, davon, daß ein solches Rechnernetzwerk, wie er es anstrebt, lernfähig ist und ein eigenes Bewußtsein ausbilden kann.

Während einer Podiumsdiskussion wird er, nachdem er dargelegt hat, letzten Endes die Bausteine des Seins durchdringen, die Natur des Universums verstehen zu wollen, gefragt, ob er mit seiner ganzen Idee nicht einen Gott schaffe? Trocken gibt er zur Antwort, daß der Mensch das schon immer getan habe. Er hingegen wolle eine „Transzendenz“ herstellen, ein höheres Bewußtsein, in dem das menschliche aufgehen könne. Nicht zuletzt, so erläutert seine Frau dem Auditorium, läge hier die Möglichkeit, den Planeten zu retten und die Menschheit auf jenen ökologischen Weg zu führen, der so bitter nötig sei.

Nach der Diskussion steht Caster mit Getreuen im Foyer des Saals, als er plötzlich angeschossen wird. Zugleich werden landesweit Einrichtungen angegriffen, in denen an Künstlicher Intelligenz gearbeitet wird. Etliche Wissenschaftler sterben bei diesen Attentaten, die auf das Konto einer radikalen Gruppe von Technik-Skeptikern gehen.

Durch Glück hat der Leiter jenes Versuchslabors, in dem Caster und Evelyn das Rechnernetzwerk P.I.N.N. (Physically Independent Neural Network), einen Quantencomputer, installiert haben, überlebt. Joseph Tagger (Morgan Freeman) war einst Casters Lehrer und Mentor und ist zutiefst von der Genialität seines ehemaligen Schülers überzeugt. Kurz bevor der Angriff stattgefunden hat, wurden ihm von einem befreundeten Neurologen dessen Ergebnisse eines Versuchs überspielt, bei dem es darum ging, ein bereits bestehendes organisches Hirn – das eines Affen – in ein Netzwerk einzuspeisen.

Will Caster wurde bei dem Angriff scheinbar nur leicht verletzt. Doch schnell verschlechtert sich sein Zustand und die Mediziner stellen fest, daß er mit Polonium vergiftet wurde. Caster stirbt einen langsamen und schmerzhaften Tod. Seine letzten Wochen will er eigentlich in Ruhe, sein Haus und seinen Garten genießend, in der Gegenwart von Evelyn verbringen. Die beiden sind einander in tiefer Liebe zugetan. Nur ihr gemeinsamer enger Freund Max Waters (Paul Bettany) leistet ihnen Gesellschaft.

Evelyn studiert die Aufzeichnungen, die Tagger ihr hat zukommen lassen. Und sie und Will Caster beschließen, sein Hirn in das Netzwerk von P.I.N.N., dessen wesentliche Komponenten Evelyn aus dem Labor mitgenommen hat, bevor sie den Superrechner abschaltete, einzuspeisen. Doch Will stirbt, bevor der Prozess abgeschlossen scheint. Evelyn und Max beschließen, auch ihre Variante von P.I.N.N. abzuschalten und die Festplatten zu löschen. Doch im letzten Moment, bevor Evelyn den Befehl dazu geben kann, meldet sich Will Caster aus jener virtuellen Welt, in der sein Hirn, sein Geist, nun beheimatet ist. Der Übertragungsprozeß hat scheinbar wirklich funktioniert.

Evelyn ist außer sich, als ihr Mann sich zu erkennen gibt. Doch sehr schnell verlangt er nach mehr Rechen- und Speicherkapazität, er will die bestmögliche Internetverbindung und die Daten von Banken der Wall Street und der Börse. Max ist skeptisch, was dieses Wesen, das sich da offenbart, betrifft. Zwischen ihm und Evelyn kommt es zu einer Auseinandersetzung, da sie ihm vorwirft, an Wills Genie zu zweifeln und ihre Arbeit zu sabotieren. Max entgegnet, daß weder er noch sie wüssten, mit was für einem Bewußtsein sie es wirklich zu tun hätten. Der Streit eskaliert und Evelyn wirft Max raus.

Während der skeptische Max, der zwar selbst Forscher ist, immer aber auch die kritische, philosophische Seite seiner Ergebnisse mitgedacht hat, von Bree (Kate Mara), der Anführerin jener Gruppe, die für die Attentate verantwortlich zeichnet, zunächst kontaktiert, später entführt wird, weil sie in ihm eigentlich einen natürlichen Verbündeten in ihrem Kampf gegen die rigorose Technisierung der Welt sieht, versuchen Joseph Tagger und das FBI weiterhin aufzuklären, wer genau hinter den Anschlägen steckt.

Evelyn vernetzt derweil Caster immer besser mit dem Internet, erfüllt seine steten Forderungen nach weiterer Verbesserung und wird mehr und mehr zu seinem Handlanger. In seinem Auftrag – er hat in kürzester Zeit aufgrund seines Zugangs auch zu geheimen Datenbanken ein riesiges Vermögen angehäuft – kauft sie eine marode Kleinstadt in der Wüste auf. Hier entsteht binnen zwei Jahren ein unterirdisches technologisches Zentrum, wo Caster, dessen geistige Kapazität immer weiter wächst, bahnbrechende Erfolge auf den Gebieten der Medizin, der Nanotechnik, der Biologie, aber auch der Energiegwinnung erzielt. Versorgt wird die Anlage von einem riesigen Solarfeld, daß Evelyn auf sein Betreiben hin in der Wüste hat errichten lassen.

Es gelingt Caster, einen Schwerverletzten in wenigen Minuten zu heilen und darüber hinaus, einen Blinden wieder sehen, einen Lahmen wieder gehen zu lassen. Dies alles  mittels der Nanotechnik, die er entwickelt hat. Was allerdings niemand erfährt, ist, daß er seinen Patienten zugleich Naoroboter eingepflanzt hat, mit denen er ihnen nicht nur ungeheure Kräfte verleiht, sondern sie auch kontrollieren kann. Zudem nutzt er sie, um durch Körper mit Evelyn zu sprechen.

Eines Tages besuchen Tagger und der FBI-Agent Donald Buchanan (Cillian Murphy) die Anlage. Evelyn zeigt ihnen voller Stolz, was sie und Will erreicht haben. Als die  beiden wieder fahren wollen, umarmt Tagger seine alte Freundiin und steckt ihr dabei einen handgeschriebenen Zettel zu. Als sie diesen öffnet, steht dort: Hau ab von diesem Ort!

Evelyn wird Casters zunehmende Hybris zusehends unheimlich. Caster bechwört sie, daß seine Forschungen darauf abzielten, Nanopartikel herzustellen, die sich weltweit ausbreiten, die Meere und die Luft säubern und Wälder wachsen lassen sollen. Doch Evelyn sieht zunehmend, wie er sich mit seinen Nanorobotern nach und nach eine Art Armee aufzubauen scheint.

Max konnte von Bree überzeugt werden, daß man Will stoppen muß. Gemeinsam mit Tagger und Buchanan entwickelt er die Idee, einen von ihm geschriebenen Virus in die weltweit vernetzten Rechnersysteme einzuspeisen, um Will dadurch zu töten. Doch da er mittlerweile eine Art Herrscher über sämtliche Programme ist, gibt es nur eine sichere Methode, den Virus wirklich in sein Betriebssystem zu bekommen: Er muß Evelyn injiziert werden und dann, wenn Caster auch ihr Bewußtsein hochlädt und in sein Programm einspeist, das System angreifen.

Die Aktivisten, Buchanans FBI-Einheiten und Sicherheitsleute der Regierung, greifen die Solaranlage an und es kommt zu Auseinandersetzungen mit Casters willigen Helfern. Evelyn kehrt zur Basis zurück, wo Will, der einen Weg gefunden hat, synthetische Körper herzustellen, ihr in seiner alten Gestalt entgegentritt. Er durchschaut ihren Plan. Doch eine der Granaten, die bei dem Angriff genutzt werden, verletzt Evelyn schwer. Sie wird sterben, wenn Caster ihr Hirn nicht in den Rechner lädt. So muß er sich entscheiden und beginnt mit der Übertragung.

Die körperlich sterbende Evelyn begreift, daß ihr Mann nie vorhatte, die Weltherrschaft zu übernehmen, wie Max, Tagger und Buchanan ihr suggerierten, sondern wirklich aus Liebe ihr gegenüber gehandelt hat.

Um den Virus wirken zu lassen, braucht es einen weltweiten Kollaps sämtlicher Computersysteme. Während Max seine Freunde sucht und die Liebenden tot auf einem Bett vereint findet, kommt es zu dem erwarteten Zwischenfall. Wills Superrechner wird zerstört, ebenso alle Nanopartikel, die sich bereits ausgebreitet haben.

Jahre später kommt Max zum alten Haus seiner Freunde, wo Will im Garten einen Faraday´schen Käfig eingerichtet hatte, damit er und seine Frau einen Ott hatten, wo sie wirklich vollkommen unabhängig von technischen Mitteln und Elektrosmog beieinander sein konnten. Max beobachtet, wie von einer Sonnenblume ein Wassertropfen in eine Öllache fällt und diese sofort reinigt. Hier haben Prototypen von Wills Nanopartikeln offenbar überlebt.

Vielleicht sollte man bei der Analyse eines Filmes, der sich TRANSCENDENCE (2014) nennt, zunächst bei den profanen Dingen bleiben und zumindest auf zwei Punkte hinweisen, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben: Johnny Depp soll für sein Mitwirken an Wally Pfisters K.I.-Sause ca. 20 Millionen Dollar – und damit gut 15% des Gesamtbudgets des Films – als Gage erhalten haben. Das ist eine Menge Geld für einen Film, in dem der etwas abgehalfterte Star vornehmlich krank in Betten liegt oder nur auf Monitoren in Erscheinung tritt – und darüber hinaus eine sehr materialistische Absicherung bei einem Film, dem es vor allem doch um die Ent-Materialisierung des Menschen zu tun ist. Aus reiner Publikumssicht wesentlicher dürfte aber der Hinweis sein, daß das Abfilmen von Menschen, die die meiste Zeit auf Monitore starren vor allem eines produziert: Langeweile. So willkürlich diese beiden Punkte herausgegriffen wirken mögen – sie sind doch wesentlich im Gesamtkontext dieses Blockbusters mit vermeintlichem Tiefgang. Nicht zuletzt, weil sich in beiden Punkten ein gewisser Zynismus zeigt, der nicht unterschätzt werden sollte.

So weit also zu den scheinbar eher banalen Aspekten des Films, der so gern so viel sein möchte: Philosophisch, zukunftskritisch, selbstreflexiv und damit dem Autoren- und Kunstkino zugehörig. Doch begeht der Film etliche Fehler, die so typisch sind für Produktionen seines Kalibers. Pfister, der sonst die Kamera bei den Filmen von Christopher Nolan führt – ebenfalls einer von denen, die sich gern strecken, um größer zu erscheinen, als sie eigentlich sind – erzählt die Geschichte eines jener Silicon-Valley-Nerds, die uns das digitale Zeitalter beschert haben und in ihrem Technikglauben, in ihrem Positivismus, nach immer Höherem streben. Dieser von Depp gespielte Dr. Will Caster wird Opfer einer militanten Gruppe, die sich der Verhinderung der Weltübernahme durch Maschinen verschrieben hat, und stirbt langsam an einer Polonium-Vergiftung. Das ist an sich schon eine perfide und eben auch zynische Strategie des Drehbuchs, da dies bisher eher eine Methode ehemaliger KGB-Agenten zur Abstrafung Abtrünniger gewesen ist, weniger eine von militanten Gruppen idealistischer Aktivisten. Die Assoziation, die Jack Paglens Script nahelegt, hat schon einen gewissen Hautgout. Casters Bewußtsein – oder Hirn oder was auch immer es sein mag – wird nun von seiner Frau und einem gemeinsamen Freund in einen Quantenrechner eingespeist und mir nichts dir nichts haben sie unwillentlich eine Art Superhirn geschaffen, ein „transzendentales“ Bewußtsein, das sich das Beste aus beiden Welten – der humanen und der technologischen – zunutze macht, um in kürzester Zeit ein unglaubliches Vermögen zu generieren, eine Art Fabel-Laboratorium aufzubauen und die Kontrolle über nahezu alle Rechner der Welt zu übernehmen. Interessanterweise hat dieses Superbewußtsein dann erstmal nichts besseres zu tun, als sich eine Art Privatarmee aus Supermenschen, mit Superkräften und scheinbar unbegrenzter Lebensdauer aufzubauen, um nach und nach auch die Kontrolle über die materielle Welt in Besitz zu nehmen. Und natürlich tut es das nur in den besten Absichten – nämlich der Optimierung des Lebens auf einem vom ökologischen Untergang bedrohten Planeten.

Wahrscheinlich sind die restlichen 85% des Budgets nach Abzug von Depps Gage in den Look, das Design des Films geflossen. Denn das ist vorzüglich. Ausstattung und Setting sind hervorragend, an den Tricks, den visuellen und den Spezialeffekten, wurde wahrlich nicht gespart. Für das Stopfen etlicher Logiklöcher hat es dann offenbar nicht mehr gereicht. Und so läuft am Ende alles auf ein Actionspektakel hinaus und man kommt nicht umhin, festzustellen, daß einmal mehr alter Wein in neuen Schläuchen serviert wird. Denn die Figur des „Mad Scientist“, des verrückten Wissenschaftlers, der sich Gott gleich stellt und damit meist nicht Transzendenz her-, wohl aber Hybris zur Schau stellt, gehört seit Doktor Frankensteins seligen Tagen zum Grundinventar des Horror und Science-Fiction-Films. Dieser Will Caster ist letztlich die postmoderne, digitalisierte Form dieser Figuren, die immer glaubten, sich an Gottes Seite stellen oder aber Gott gleich ersetzen zu können. Wobei Caster natürlich die für die Postmoderne passende Antwort auf die entsprechende Frage bei einer Podiumsdiskussion hat, ob wir uns mit seinen Versuchen und Forschungen nicht einen Gott erschafften? Haben wir das nicht immer getan? – so seine Replik. Und mehr gibt es dann im Kontext dieses Films auch nicht dazu zu sagen.

Oder doch? Denn Will Caster entwickelt eine Menge technischer Möglichkeiten, die Welt und menschliche Wesen zu retten. Seine Nanopartikel helfen, Meere und Luft zu säubern und einem Messias gleich schafft er es, Blinde sehen und Lahme gehen zu lassen. Daß er im Stillen auch an der Gleichschaltung der menschlichen Spezies arbeitet, an einer Art Kollektivbewußtsein, kann natürlich als ein Schritt zu Übernahme der Weltherrschaft sein – doch TRANSCENDENCE legt in seinem weiteren Verlauf nahe, daß es Will eben wirklich um das „Gute“ ging, er wirklich aus Liebe zu seiner Frau und zur Schöpfung handelte und somit offenbar wirklich in einer transzendentalen Erfahrung, die er durchlaufen hat, als sein Geist in die Rechensysteme eingespeist wurde, zu höherer Erkenntnis gelangt ist. Schöpfungsakte durch Technologie, sozusagen. Wenn dies bedeutet, daß der Mensch fremdgesteuert werden soll, so scheint dies für die Entwicklung, die der Film vorschlägt, nicht unbedingt der schlimmste Schritt zu sein. Hier braucht es eben keinen freien Willen, sondern Einsicht, Erkenntnis und Bescheidung.

Der Begriff der „Transzendenz“ ist gerade in post-religiösen Zeiten, bzw. in Zeiten, in denen das Religiöse auf seltsam martialische Weise auf die Bühne auch des politischen Handelns zurückdrängt, einer der komplexesten und kompliziertesten, mit denen man hantieren kann. Im klassisch theologischen Sinne bezeichnet er die Überwindung des Materiellen, des Diesseitigen und den Blick – oder die Erfahrung – des Jenseitigen, jenes Raums, der keiner ist, den im klassischen Sinne eben Gott bewohnt. In welcher Form und Ausstattung auch immer. Allerdings ist auch dies eine dem Begriff unangemessen verkürzte Beschreibung. TRANSCENDENCE in seiner Unbescheidenheit setzt ihn allerdings mit Unsterblichkeit gleich, die durch die Überwindung des Körperlichen (als materialistische Hülle des menschlichen Geistes) errungen werden kann. Wobei Caster – also der Caster, der mit dem Superrechner verschmolzen ist oder diesen gekapert hat oder von diesem gekapert wurde, so recht kann der Film sich nicht entscheiden, was es nun sein soll – schlußendlich ein Programm entwirft, daß den Körper synthetisch wieder herstellt, überhaupt in der Lage ist, Materielles in Windeseile wieder herzustellen, weshalb die  ganze Bombardierung seines Laborkomplexes in der Wüste Nevadas auch vollkommen nutzlos ist. So ganz scheint also auch das Superbewußtsein nicht auf die materielle Wirklichkeit verzichten zu können und zu wollen.

Man kann in gewisser Weise sagen, daß TRANSCENDENCE, der ausgesprochen kritisch erscheint gegenüber allen Bestrebungen hinsichtlich der K.I., richtige Fragen stellt, aber keine Antworten darauf findet. Zumindest nicht im Kontext eines Unterhaltungsfilms, der über 100 Millionen Dollar gekostet hat und also Gewinn einspielen muß. Vielleicht ist das Thema für einen solchen Film auch gar nicht geeignet? So oder so: Im Grunde ist spätestens seit Donald Cammells Thriller DEMON SEED (1977), in welchem eine K.I. Julie Christie zu schwängern wünscht, um der Welt eine Art neuen Messias zu präsentieren, alles Wesentliche zum Thema, wenn auch auf triviale und fast ordinäre Weise, bereits gesagt. Will man es hingegen reichhaltiger, erwachsener, intelligenter, philosophischer und in diesem Sinne vor allem dialektischer, so ist das Ende von HAL 9000, dem Supercomputer aus Stanley Kubricks 2001: A SPACE ODYSSEY (1968) geradezu Anfang und Ende, Alpha und Omega, allen Nachdenkens über Künstliche Intelligenz und ihr Wechselverhältnis zum Menschen. Vor allem in emotionaler, psychologischer und – was gerade in Kubricks Interpretation des Themas wesentlich ist und auf keinen Fall unterschätzt werden sollte – ästhetischer Hinsicht. Mit dieser Größe möchte sich TRENSCENDENCE offenbar messen, scheitert dabei aber selbstredend kläglich.

Das liegt neben all den bereits erwähnten Gründen vor allem daran, daß ein Film wie TRANSCENDENCE es nicht schafft, den grundlegenden Widerspruch aufzulösen, der auch anderen Produktionen anhaftet, die sich bemühen, mit enormen technischem Aufwand kritisches Bewußtsein hinsichtlich unserer technologischen Entwicklungen unter Beweis zu stellen. James Camerons AVATAR (2009) ist dafür exemplarisch: Ein Film, der die Wunder der Natur beschwört und die Menschheit der Vernichtung eben dieser Wunder durch ihren ungebrochenen Glauben an das technisch Machbare anklagt und zur Herstellung dieser Natur eben jene Technik nutzt, ja geradezu braucht, die er inhaltlich angreift. Auch TRANSCENDENCE leidet genau darunter, daß ein Film dieser Machart, mit diesem enormen Budget und dem Aufwand, der betrieben wird, um uns überwältigende unterirdische Laboratorien, unglaubliche transparente Bildflächen und spektakuläre Innenräume digitalisierter Welten  zu präsentieren, eben all die Algorithmen, Logarithmen, Rechenleistungen benötigt, die Will Caster beschwört und angeblich  mißbraucht. TRANSCENDENCE funktioniert nur, indem er jene Technik, die er angeblich kritisch hinterfragt, nicht nur nutzt, sondern geradezu obsessiv ausstellt. Das Feigenblatt – und letztlich zynischer Höhepunkt der Story – ist natürlich Evelyns späte Einsicht, daß ihr Mann wirklich nur Gutes tun und nie Herrscher der Welt sein wollte. Die richtige Technologie in den richtigen Händen, scheint hier suggeriert zu werden, schadet nicht, sondern hilft. Die kritischen Aspekte dieser Haltung lässt der Film lieber nur oberflächlich zu. Die Kritiker haben eben geirrt und damit verhindert, daß die Rettung des Planeten schnell möglich gewesen wäre.

Vielleicht sollten sich Filmschaffende wie Wally Pfister noch einmal Filme von Andrej Tarkowskij, Chris Marker, Pier Paolo  Pasolini oder Jean-Luc Godard anschauen, um zu begreifen, wie man filmisch Transzendenz, eine Metaebene oder auch „nur“ Dialektik herstellt. So aber erstarrt ein Film wie TRANSCENDENCE, weil es ihm nicht gelingt, eine höhere Ebene überhaupt herzustellen, weil er am Ende auf das abgeschmackte, herkömmliche Instrumentarium des Actionfilms setzen muß und zudem – und damit wäre man wieder am Anfang der Analyse – langweilt, weil die Protagonisten, wenn sie denn nicht gerade die Wüste verwüsten, mit Pick-Up-Trucks durch die Ödnis rasen oder Granaten auf Kleinstädte abfeuern, meist vor Bildschirmen sitzen, Zahlenkolonnen folgen und Formeln an Tafeln schreiben, die kein Mensch versteht. So bleibt all das, was dieser Film zeigt, bloße Behauptung. Und genau darin gründet sein Zynismus. Filmemacher wie Wally Pfister, Christopher Nolan und auch James Cameron sind längst ihren Figuren gleich geworden: Wie die Will Casters dieser Filmuniversen sind sie der technischen Machbarkeit erlegen, suchen nach immer noch mehr Spektakel, noch größerer Überwältigung ihres Publikums und – da scheint sie dann eben auch das Gewissen zu zwicken – meinen dann, mit „kritischen“ Stories genau diese Obsessionen hinterfragen zu können. Ein Irrweg.

2 thoughts on “TRANSCENDENCE

  1. Gerald Zorman sagt:

    Eine Kritik , die ihre eigene Oberflächlichkeit mit der des Films verwechselt.
    Dieser Film hat schon einige sehr schöne Themen&Momente gefunden: die Dauer-Präsenz des Computer-Bewußtseins (wenn Evelyn aufwacht, isst, ….., immer ist „er“ „da“); die seltsame Art der Kommunikation mit dieser Präsenz (vor allem wenn es um die exklusive Liebes-Kommunikation geht); die Schwellen-Logik der Transzendenz (einmal sagt „er“, er habe Gedanken, wisse aber nicht, zu wem sie gehören); die sterilen Räume mit ihren Gerätschaften, die mehr Interfaces sind als Werkzeug, Das erinnert optisch tatsächlich in einigem an Kubrick – nur behandelt dieser Film die Erfahrung der Transzendenz: den Übergang des Bewußtseins in ein Programm. Irritierend ist das auch deswegen, weil Bewußtsein selbst ein Programm ist. Und das zeigt dieser Film schon , mit der Schlusspointe, dass die Moral der Bewußtseins-Apostel vielleicht dich nicht der Weisheit letzter Schluss ist.

  2. Gavin sagt:

    Hallo Gerald Zorman,
    danke für Ihren Kommentar.

    Schade natürlich, daß Sie meine Kritik als „oberflächlich“ wahrnehmen. Wahr ist in meinen Augen, daß der Film sich viel Mühe gibt, auffallend ambitioniert rüberkommt und doch leider nicht halten kann, was er verspricht. Aber das habe ich – meiner Meinung nach durchaus tiefer greifend – im Text ja erklärt.

    Ich bin immer bereit, meine eigenen Texte kritisch zu hinterfragen, ungern tu ich dies, wenn ich erstmal beleidigt werde. Nichts für ungut. Und bitte beachten Sie, daß auch Sie selbst mit Vorgaben arbeiten, die hinterfragbar sind. Ist das Bewußtsein ein „Programm“? Kann man so sehen, kann man aber ebenfalls hinterfragen. Wahrscheinlich ist der Kommentarbereich eines Blogs schlicht der falsche Ort, um diese Diskussion zu führen.

    TRANSCENDENCE – bitte seien Sie mir da nicht böse, ich verstehe durchaus, daß man unwirsch reagiert, wenn man ein Werk, welches man mag, angegriffen sieht – ist und bleibt in meinen Augen genau die Mogelpackung, als die ich ihn beschrieben habe: Ein überdimensionierter Möchtergern-Blockbuster, ein Scheinriese, der letztlich sein Geld einspielen muß. Eine Prämisse, der sich Kubrick eher selten gebeugt hat.

    Grüße
    Gavin Armour

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