DREI RIVALEN/THE TALL MEN

Von allem zu wenig in einem der typischen Über-Western der 1950er Jahre

Die Brüder Ben (Clark Gable) und Clint (Cameron Mitchell) Allison, desillusionierte Heimkehrer des großen Schlachtens auf den Feldern des Bürgerkriegs, wollen den Viehzüchter Nathan Stark (Robert Ryan) überfallen und ausrauben. Diesem – ein nüchterner Mann ohne heldische Ambitionen – gelingt es, die beiden Männer zu überreden, von dem Überfall abzulassen und stattdessen mit ihm nach Texas zu reiten und dann von dort eine Rinderherde mit nahezu 5000 Stück Vieh zurück nach Montana zu treiben. Ein unglaubliches Unterfangen, wie Ben sofort feststellt, denn es hat noch niemand gewagt, so viel Vieh über eine Strecke von nahezu 1500 Meilen nach Norden durch unwegsames Gelände und durch Indianergebiet zu treiben. Die beiden schlagen ein.

Auf dem Weg nach Süden treffen sie in einem Schneesturm einen Treck, der nach Kalifornien will. Unter den Reisenden ist die ebenso lebenstüchtige wie burschikose Nella Turner (Jane Russell), die sowohl Ben als auch Nathan sofort gefällt. Nach dem Sturm brechen die Männer wieder auf, finden jedoch bald Zeichen dafür, daß Indianer die Gegend unsicher machen. Ben reitet zurück, kann aber nur noch Nella retten. Die beiden fliehen gemeinsam und verbringen einige Tage in einer Berghütte, um den Sturm abzuwarten.

Schließlich machen sie sich auf nach Texas, nicht jedoch, ohne zuvor festzustellen, daß sie sich zwar lieben, ihre Träume jedoch sehr verschieden sind: Er will lediglich eine kleine nette Farm an „Rande der Prärie“, sie will das große Leben einer Dame von Stand. In Texas angekommen, läßt Nella sich von Nathan bewirten und erliegt dessen Ideen davon, wie ihm einst „halb Montana“ gehören wird.

Der Viehtreck bricht auf, Nella erhält einen eigenen Wagen und begleitet die Männer. Unterwegs begegnen ihnen die üblichen Gefahren eines Trecks – Banditen wollen Wegegeld, werden jedoch von Ben und seinen mexikanischen Kumpels gnadenlos niedergemacht, Flüsse müssen überquert werden, Indianerüberfälle sind abzuwehren. Clint legt sich mit Nathan an, wird von Ben zurechtgewiesen, haut ab und kommt zurück…schließlich gelingt es, Montana zu erreichen. Ben will seinen vereinbarten Anteil am Gewinn, Nathan jedoch Bens Kopf für den ursprünglichen Überfall. Ben kann handstreichartig verhindern, daß er festgesetzt wird, überläßt jedoch Nathan das Geld (bis auf einen angemessenen Lohn), da er meint, dieser brauche es dringender für dessen „große Träume“.

Er begibt sich zu den feiernden Cowboys, will sich gerade schlafen legen, als aus dem Wagen, unter dem er liegt, die Stimme Nellas ertönt, die den Treck zuvor schon den ganzen Weg über mit einem zynischen Liedchen, daß sich über Ben und dessen Herkunft lustig machte, unterhalten hat.

Letztlich ist es dann eben doch die Liebe, die stärker ist, als alles Geld der Welt…

Hollywoodpionier Raoul Walsh hat einige der wichtigsten, besten und eindringlichsten Western überhaupt vorgelegt – THE BIG TRAIL (1930), THEY DIED WITH THEIR BOOTS ON (1941) oder PURSUED (1947) seien stellvertretend genannt – , wenn es denn einmal nicht ganz für die Spitze reicht, sollte man ihm dies nachsehen. Dieser Mittfünfziger-Cinemascope-Starvehikel-Western erfüllt leider nicht, was man sich von einem Meister wie Walsh versprechen würde. Sicher, es ist alles da – die Massenszenen, die Action, eine knackige Liebe, die Rivalität zweier Männer auf Leben und Tod – doch wird man den Eindruck nicht los, es mit einer Art Nummernrevue zu tun zu haben, bei der Häkchen für Häkchen die Liste abgearbeitet wird.

Gable darf einmal mehr, besser: noch einmal, seinen Charme spielen lassen und seinem eigenen Machomythos frönen (und tut dies erstaunlich souverän), Russell darf ihr Liedchen trällern und ansonsten ihrem Pin-Up-Image entsprechend mit Dessous, nasser Kleidung oder lediglich einer Badewanne bekleidet glänzen, Robert Ryan, ein unfassbar unterschätzter Schauspieler, der nie wirklich die Rollen bekam, die er hätte ausfüllen können, dafür aber in Klassikern wie BAD DAY AT BLACK ROCK (1955) oder Spätwestern wie Sam Peckinpahs THE WILD BUNCH (1969) sadistischen Bösewichtern und gebrochenen Männern eine tragische Dimension verleihen durfte, wird hier vergeudet in einer eindimensionalen Rolle, deren Funktion sich darin erschöpft, den kernigen Gable besser aussehen zu lassen.

Walsh hat eigentlich alles zur Verfügung, was seine Film immer groß gemacht hat: Eine Menge Außenaufnahmen, Massenszenen, wilde Landschaften (vom Schneesturm bis zur Wüste, von der platten Prärie bis zum Gebirge Montanas ist alles dabei), Spektakel, ein an sich gelungenes Drehbuch, das den Hauptprotagonisten jede Menge gute Dialoge verschafft und zwei Hauptdarsteller, die es eigentlich knistern lassen müssten. Doch nichts davon will wirklich greifen. Sicher, die Maseenszenen des Trecks, wie sich Wagen, Pferde und die Rinderherde Berghänge hinaufquälen und durch Flüsse und Bäche waten, die Souveränität, mit dem er den Raum nutzt, der ihm auf der Leinwand zur Verfügung steht, wie man in diesen Bildern teils versinken kann auf der Suche danach, was alles Bewegung darin verursacht – das alles hat natürlich seine Qualität. Und macht mit Abstand das Beste dieses Films aus. Doch schon die Actionsequenzen, sonst eine von Walshs absoluten Stärken, wirken hier seltsam blutarm, alles kommt schnell und routiniert daher. Auch das Treiben des Viehs wirkt hier eher wie ein Betriebsausflug einer texanischen Reisetruppe.

Es ist vielleicht unfair, einen Vergleich anzustrengen, doch nimmt man als Referenz den wirklich großen Viehtriebwestern, Howard Hawks Meisterwerk RED RIVER (1948), in dem man den Staub zu schmecken scheint, der von den Tieren aufgewirbelt wird, der die Arbeit zeigt, ohne Schauwerte um ihrer selbst Willen zu provozieren, der gelegentlich wie eine Dokumentation wirkt, dann merkt man sofort, wo die Schwächen dieses Films liegen: Keiner der Darsteller und gleich gar nicht die Darstellerin, machen den Eindruck, daß hier schwer gearbeitet wird, im Gegenteil, jede Szene scheint schon anzudeuten, daß es gleich zurück in den behaglichen MGM-Trailer geht. Und so sehr die Dialoge des Drehbuchs teils auch stimmen mögen: Zugleich weist es die Schwäche auf, sich nie ganz entscheiden zu können, was es eigentlich will. Bis der Viehtrieb aufbricht, ist nahezu eine Stunde Filmzeit vorbei und man hat den Eindruck, es bis dahin lediglich mit der Exposition zu tun gehabt zu haben. Episch geht anders.

Doch das größte, das eigentliche Manko des Films ist seine Besetzung: Clark Gable war ein alterndes Sexsymbol der 30er Jahre, seine besten Jahre schienen hinter ihm zu liegen (und die 40er hatten ihm keine großen Hits mehr beschieden). Jane Russell war das Sexsymbol der Stunde. Und genau so sieht sie auch aus – jede Glaubwürdigkeit dieser Figur wird durch ihren Pin-Up-Look zerstört. Und dann kommt natürlich die Frage auf, warum sich diese sexy Lady in diesen alten Cowboy verliebt, der „klein träumt“, wie er sagt. Sicher – er hat sie gerettet, ist eben ein Held, ein ganzer Kerl. Stark hingegen ist ein Feigling und kann lediglich mit seinem Geld protzen. So ist die Schlußmoral des Films derart hausbacken, wie die hölzernen Küsse und Umarmungen der beiden Liebenden in der Hütte im Schnee: Wahre Liebe braucht kein Geld, keinen Reichtum und keine „großen“ Träume…daß Walsh zudem anstatt die „Vorzüge“ seiner Hauptdarstellerin voll auszuspielen, darauf setzt, das sich-gegenseitig-die-Stiefel-Ausziehen zur doppeldeutigsten Anspielung zu machen, zeigt vielleicht, daß er diesem Paar selbst nicht so ganz getraut hat. Obwohl die Anlagen da sind und gut sind – die beiden plänkeln gut gelaunt und richtig aufdrehen dürfen sie, wenn sie sich streiten. Und die Streitereien machen eh am meisten Spaß…

Seltsamerweise kann man den Film bei aller Kritik gut schauen. Es ist ein Starvehikel voller Fehler, das aber eben Spaß macht, solange man sich darauf einläßt, lediglich unterhalten zu werden. Ein Unterhaltungsfilm, eine Großproduktion, ein typisches 50er-Jahre-Hollywood-Produkt, kann der Film allerdings weder mit den wirklich relevanten Western seiner Zeit, noch mit denen seiner Macher und Darsteller mithalten. Ein netter zweistündiger Zeitvertreib, der schon mit dem Abspann zu verblassen beginnt.

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