VORPOSTEN IN WILDWEST/TWO FLAGS WEST

Robert Wise trägt auf zynische Weise zur Verständigung zwischen dem Norden und dem Süden bei

In einem Gefangenenlager der Union soll Captain Mark Bradford (Cornel Wilde) die gefangenen Kavalleristen der Sezessionsarmee unter Colonel Clay Tucker (Joseph Cotten) überreden, sich der regulären Unionsarmee anzuschließen. Allerdings sollen die Männer nicht in die Schlacht gegen ihre bisherigen Kameraden ziehen, sondern vielmehr dazu beitragen, die aufständischen Kiowa in New Mexico in Schach zu halten.

Nach anfänglichen Bedenken willigen Tucker und seine Männer ein, finden sie jedwede Art nützlicher Betätigung doch vernünftiger als in Gefangenschaft zu vergammeln.

Auf dem Weg gen Westen freunden sich der zum Lieutenant degradierte Tucker und Bradford ein wenig an. Beide haben einen gewissen Respekt voreinander, beide sind bereit, die Meriten des andern, aber auch die Opfer, die gebracht wurden, anzuerkennen. So wurde Bradford schwer am Auge verletzt, weshalb ein weiterer Kriegseinsatz für ihn nicht mehr in Frage kommt.

Im Fort angelangt, machen die Konföderierten schnell die Bekanntschaft von Major Henry Kenniston (Jeff Chandler), der hier das Kommando führt. Der Mann, ebenfalls kriegsversehrt, hasst nicht nur die Südstaatler, sondern auch die Indianer, wie jeder schnell feststellen kann, der mit ihm zu tun bekommt.

Tucker lernt bei einem abendlichen Essen im Haus von Kenniston Mrs. Elena Kenniston (Linda Darnell) kennen, die er wie selbstverständlich für die Frau des Majors hält. Doch schnell wird deutlich, daß sie vielmehr die Witwe seines in einer Schlacht gefallenen Bruders und eigentlich auf der Durchreise nach Kalifornien ist. Kenniston will sie allerdings – er hält sich für verantwortlich ihr gegenüber, um seinem Bruder gerecht zu werden – nicht ohne Weiteres ziehen lassen, da er ihre Sicherheit gefährdet sieht.

Es kommt zu einem Eklat, als Kenniston Tucker zwingt, zuzugeben, daß er bei exakt jener Schlacht, in der sein Bruder fiel, anwesend war. Tucker geht soweit, ihm zu erklären, daß er selbst womöglich den Angriff geführt habe, welchem Kennistons Bruder zum Opfer fiel.

Zwischen den alteingesessenen Mannschaften und den Neuankömmlingen kommt es zu den erwartbaren Auseinandersetzungen. Nordstaatler und Konföderierte haben zu lange miteinander gerungen, als daß sie nun ohne Probleme Seit´ an Seit´ kämpfen könnten. Doch gelingt es Tucker und Bradford, ihre jeweiligen Untergebenen zur Räson zu bringen.

Daß auch die Konföderierten einiges zu lernen haben, müssen sie während einer Patrouille begreifen: Die Männer verfolgen trotz anders lautenden Befehls eine Gruppe Indianer. Daß Kenniston sie mit aller Kraft zurückhält, tun sie als in ihren Augen typische Feigheit der Unionisten ab, die immer nur kämpften, wenn sie in der Überzahl seien. Doch Kenniston weist sie darauf hin, daß sie es nun mit einem anderen Feind zu tun hätten, einem Feind, der sehr genau wisse, was er tut: Die Männer waren drauf und dran, den Indianern in eine wahrscheinlich tödliche Falle zu folgen. Langsam beginnen Tucker und seine Männer, den Ernst der Lage zu begreifen.

Das hindert Kenniston jedoch nicht daran, sie grundsätzlich zu verdächtigen, bei erstbester Gelegenheit zu türmen. Zudem glaubt er auch, daß die Männer bereit seien, ihm und seinen Leuten in den Rücken zu fallen, um selbst der Gefahr zu entgehen.

Wie extrem Kenniston in seinen Ansichten ist, müssen Bradford und Tucker erleben, als er sich mit einigen Häuptlingen der Kiowa trifft, die mit ihm verhandeln wollen und der Major nicht einmal bereit ist, sie anzuhören. Stattdessen beschimpft er sie, nennt sie „Rebellen“ und droht ihnen fürchterliche Strafen an, sollten sie sich weiterhin seinen Befehlen widersetzen. Es wird deutlich, daß ihm die Indianer und die Südstaaten-Rebellen dabei verwischen, ja in eins fallen.

Mit welch harten Methoden Kenniston vorgeht, erfahren die Männer hingegen, als er ohne viel Federlesens zwei Männer zum Tode verurteilen lässt, die er des Waffenschmuggels verdächtigt. Da es beides Angehörige der konföderierten Truppen im Fort waren, vermuten Tuckers Männer, daß dies eine gezielte Provokation in ihre Richtung gewesen sei. Sie fordern Tucker auf, sich einen Plan zu überlegen, um aus dem Fort abzuhauen. Tucker willigt ein, sich einen solchen auszudenken.

Kenniston und Bradford geraten sich in die Haare wegen der Rolle der Südstaatler. Kenniston erklärt seinem Untergebenen, daß er, wenn der Kampf beginne, den Feind vor sich, nicht im Rücken haben wolle. Und da er weder Tucker noch dessen Leuten glaube, wolle er sie aus genau diesem Grund aus dem Weg haben.

Kenniston beauftragt Tucker deshalb, mit seinen Leuten eine Wagenkolonne mit etlichen Siedlern zu begleiten. Elena, die endlich aus dem Fort und von ihrem allzu übergriffigen Schwager weg möchte, findet heimlich Unterschlupf bei einem mitreisenden Pfarrer. Bradford entdeckt sie vor der Abreise, die auch er begleiten soll, behält das Geheimnis aber für sich.

Unterwegs entdeckt auch Tucker die Frau, zu der er sich seinerseits hingezogen fühlt, der er aber zumeist mit feiner Ironie begegnet. Er glaubt nicht daran, daß es zwischen einem Konföderierten und der Witwe eines Unionisten zu einer tragfähigen Beziehung kommen kann, will zudem aber auch Bradford, dessen Gefühle für Elena er ernst nimmt, nicht im Wege stehen. Denn Bradford zeigt immer deutlicher sein eigenes Interesse an der Witwe. Daß auch Kenniston sich Elena gegenüber erklärt hat und sie um ihre Hand bat, ahnen weder Tucker noch Bradford.

Der Zivilist Ephraim Strong (Harry von Zell), der ihm Treck mitfährt, erklärt sich gegenüber Tucker: Er sei ein konföderierter Agent und sei damit beauftragt, die kalifornische Regierung dahingehend zu beeinflussen, daß der neue Staat sich der Konföderation anschließe. Dafür sei es dringend notwendig, Tucker und seine Männer als eine Art 5. Kolonne im Fort zu wissen.

Um jedweden Verdacht Kennistons gegenüber Tucker und dessen Leuten zu zerstreuen, sollen diese nicht nur entgegen ihres Plans, sich abzusetzen, sobald der Treck auf sicherem Grund ist, ins Fort zurückkehren, sondern auch Mrs. Kenniston wieder dorthin zurückbringen. Damit könnten sie Kennistons Vertrauen gewinnen. Tucker erklärt sich einverstanden.

Während dieser Vorkommnisse wird Major Kenniston ein junger Kiowa als Gefangener gebracht. Es ist der Sohn des Häuptlings. Kenniston bringt den jungen Mann einfach um, als er es für geboten hält, gegenüber den Indianern Härte zu demonstrieren. Dies fordert die Kiowa heraus und bringt sie dazu, das Fort anzugreifen.

Kenniston und seine Leute überlegen, was sie nun tun sollen. Zum Fort durchzubrechen, scheint ein Himmelfahrtskommando zu sein. Doch schließlich wagen sie es und es gelingt den meisten, ins Fort einzudringen.

Kenniston zeigt sich überrascht, daß Tucker und seine Männer überhaupt zurückgekehrt sind, womit er keinesfalls gerechnet hatte. Noch mehr überrascht ihn die Tatsache, daß Tucker Mrs. Kenniston bei sich führt. Doch auch jetzt bleibt Kenniston gegenüber Tucker mißtrauisch und wachsam.

Eine Angriffswelle nach der anderen brandet gegen das Fort. Bei den Kämpfen wird Bradford getötet. Erst als die Sonne untergeht, ziehen die Kiowa sich zurück. Tucker, der seinen Leuten freigestellt hat, ob sie bleiben wollen, entschließt sich, selbst im Fort zu auszuharren. Er nimmt den Eid, den er auf die Kavallerie der Union abgelegt hat, ernst. Seine Männer schließen sich ihm erneut an.

Die Kiowa fordern ein Opfer: Sämtliche führende Offiziere des Forts hätten sich ihnen auszuliefern als Vergeltungsakt für seinen Sohn. Doch Kenniston, der ein wenig von den Indianern und ihren Wert- und Ehrvorstellungen versteht, ist der Meinung, daß er allein als direkter Mörder des jungen Kriegers schon Opfer genug sei. Er verabschiedet sich von seinen Männern, auch von Tucker, dem er als ranghöchstem Offizier nun das Kommando übergibt, dann erklärt er Elena seine Liebe und auch, daß er immer gewusst habe, daß er nicht den Platz seines Bruders habe einnehmen können.

Kenniston legt seine Waffen ab und geht zu Fuß durch das offene Tor des Forts. Lange hört man nichts, ist die Nacht mucksmäuschenstill, dann ertönt ein markerschütternder Schrei. Am Morgen liegt die geschändete Leiche Kennistons vor den Toren des Forts.

Während im Fort aufgeräumt wird, trifft eine Botschaft aus dem Osten ein: Shermans Marsch durch Georgia ist beendet, er ist bis zum atlantischen Ozean durchgestoßen, der Krieg ist mehr oder weniger verloren für die Sezession. Elena erklärt gegenüber Tucker, daß auch für ihn und seine Männer wieder bessere Zeiten kämen.

Robert Wise gehörte zu den Tausendsassas unter Hollywoods Regisseuren. Er durfte sich in nahezu allen Genres versuchen, die die Traumstadt zu bieten hatte und setzte in nahezu jedem Metier dann auch Meilensteine. Zweimal – früh in seiner Karriere – wandte er sich dem Western zu und auch wenn seine Beiträge nicht zu den ganz großen Meisterwerken gerechnet werden, kann man zumindest BLOOD ON THE MOON (1948) doch als wegweisend für jene Spielart des Westerns betrachten, die später als „erwachsener“ oder auch „psychologischer“ Western bezeichnet wurde.

TWO FLAGS WEST (1950) ist weniger bekannt und sicherlich auch weniger bedeutend als der ältere Film, kann aber dennoch überzeugen und greift vor allem ein Thema auf, das so direkt im klassischen Western eher selten behandelt wurde – den amerikanischen Bürgerkrieg. Der spielt zwar in vielen Western eine unterschwellige Rolle, markiert er doch häufig Konfliktlinien, wenn Held und Antagonist einander nicht zuletzt dadurch beschnuppern, indem sie sich mitteilen, auf welcher Seite sie gekämpft haben, doch daß ein Western direkt im Krieg spielte oder dieser die Handlung bestimmt, ist eher selten. Nicht so in diesem Werk, das nach einem Drehbuch von Casey Robinson, basierend auf einer Idee des großen Frank S. Nugent, gedreht wurde. Zudem greift es wahre Begebenheiten auf.

Die sogenannten „galvanized yankees“, um die es in dem Werk geht, gab es wirklich. Es handelte sich dabei um Soldaten des Südens – häufig Angehörige der Kavallerie – die in Kriegsgefangenschaft geraten und dann durch die Union rekrutiert worden waren. Sie schworen einen neuen Eid auf die Union und wurden dann allerdings selten im Krieg selbst eingesetzt, sondern vor allem in den westlichen Territorien, wo langsam jene Auseinandersetzungen mit den Ureinwohnern begannen, die dann die 1870er Jahre prägen und unter dem Namen „Indianerkriege“ in die – weiße – Geschichte des Westens eingehen sollten. Um ein solches Regiment handelt es sich in Wise´ Film. Joseph Cotten spielt einen Südstaaten-Colonel namens Clay Tucker, der es seinen Männern freistellt, ob sie ihm folgen wollen. Er jedoch zieht den Rücken eines Pferdes der Gefängniszelle vor. Natürlich folgen ihm seine Leute. Im Fort irgendwo in New Mexico angelangt, werden die ehemaligen Konföderierten schnell mit einem Vorgesetzten konfrontiert, der ihnen nicht traut und aufgrund der eigenen Verbitterung nur schwer zugänglich ist.

Dieser Major Kenniston wird von einem formidabel aufspielenden Jeff Chandler dargestellt, der im gleichen Jahr mit der Rolle des Häuptling Cochise in Delmer Daves BROKEN ARROW (1950) seinen Durchbruch in Hollywood feiern konnte. Für Wise spielt er im Grunde das genaue Gegenteil seiner Paraderolle: Kenniston ist ein Indianerhasser mindestens ebenso, wie er ein Verächter der Südstaatler ist. Diese verdächtigt er, bei erstbester Gelegenheit türmen zu wollen – und behält damit auch fast recht. Doch in letzter Minute kehren die unionisierten Kavalleristen zurück und helfen, das Fort gegen die Indianer zu verteidigen. Im Kampf gegen einen gemeinsamen Feind werden aus Feinden Freunde, werden aus Gegnern Kampfgenossen. Es gab eine Reihe von Western, die dieses Motiv aufgriffen, doch Wise setzt es äußerst offensiv – und leider auch rassistisch – ein, um den Mythos des gemeinsamen Feindes als Verbindendes zu befeuern. Man darf nie vergessen, daß 1950 noch einige Männer lebten, die in jungen Jahren selbst in jenem Krieg gekämpft hatten, mehr noch aber sollte man nicht vergessen, daß die Auswirkungen des Sezessionskrieges vor allem in den ehemaligen Südstaaten immer noch zu spüren waren (und teils bis heute sind). Ein Werk wie dieses trug zu seiner Zeit also ganz bewusst zur Verständigung ehemaliger Gegner bei und wiederholte auf der Metaebene somit, was es auf der Leinwand zeigt. TWO FLAGS WEST ist im Grunde also ein Propagandafilm.

Ein Western wäre allerdings kein Western – erst recht nicht, wenn ein Mann wie Frank S. Nugent involviert ist – wenn es nicht gelänge, den Konflikt auf (mindestens) eine persönliche Ebene zu tragen. So baut das Drehbuch eine verkappte Liebesgeschichte ein, in der Kenniston um seine Schwägerin Elena buhlt, die verwitwet im Fort auf einen Transfer nach Kalifornien wartet und von Kenniston mit allerlei Tricks von ihrer Weiterreise abgehalten wird. Vornehmlich, weil er sich seinem toten Bruder gegenüber verantwortlich für ihre Sicherheit fühlt, doch selbstredend hofft er auch auf die Gunst der Dame. Die ist zugleich mit dem von Cornel Wilde gespielten Unionsoffizier Captain Mark Bradford befreundet, lässt sich allerdings schnell auf einen Flirt mit dem charmanten Colonel Tucker ein. Der gibt sich häufig ironisch, wodurch seine Absichten nur schwer zu durchschauen sind. Will der Mann wirklich etwas von der Witwe eines Soldaten, den er – kämpfte er doch in derselben Schlacht an vorderster Front, nur auf der anderen Seite – potentiell hätte töten können? Oder nutzt er nur jede Möglichkeit, in den Reihen seiner vermeintlichen Feinde Unruhe zu stiften und die eigenen Chancen auf eine Flucht somit zu erhöhen? Daß er sich schließlich – Kenniston gibt ihm den Auftrag, einen Treck zu begleiten, wohl wissend, daß es die Südstaatenehre verbietet, Hilflose mitten in der Wildnis allein zu lassen – entscheidet, nicht nur zurückzukehren, sondern die sich heimlich dem Treck angeschlossen habende Elena Kenniston ins Fort zurückzubringen, wird ihm von Kenniston selbst zwar als Tat der Ehre ausgelegt, bleibt im Kontext des Films allerdings ein ambivalentes Unterfangen, könnte es doch sein (und wird auch so angedeutet), daß Tucker dies vor allem als ein Zeichen nutzt, um Kenniston ob seiner Absichten in Sicherheit zu wiegen.

Ambivalenzen, Widersprüchlichkeiten, Verrat und Mißtrauen wohin man auch schaut. Robert Wise hatte bereits einige Erfahrung im Metier des ‚Film Noir‘ gesammelt und man merkt seinem Film an, daß er dessen Bildsprache verinnerlicht hatte. Leon Shamroy, Wise´ Kameramann bei TWO FLAGS WEST, war ein extrem erfahrener Kameramann, der seine Meriten – und etliche Oscarnominierungen – vor allem bei allerlei Großproduktionen verdient hatte. Hier aber stellt er sein Können ganz in den Dienst des Films und zaubert einige wirklich beeindruckende schwarz-weiße Bilder der Prärie und vor allem der darin sich bewegenden Kavalleriesoldaten auf die Leinwand. Wie vielleicht sonst nur der große John Ford, will Wise das ganz große Panorama, die Totale als raumgreifende Erfahrung von Weite und Verlorenheit, aber auch wolkenverhangene Himmel und damit das symbolisch dräuende Unheil, welches immer über dieser Geschichte schwebt, sie bestimmt und definiert. In diesen stimmungsvollen Bildern spiegelt sich auch immer der innere Zustand der Protagonisten, eben jene Zerrissenheit, die sie im Grunde alle umtreibt. Ein typisches Mittel auch des ‚Film Noir‘.

Wise verstand sein Handwerk aber auch als Regisseur von (Melo)Dramen und wusste, wie man zwischenmenschliche Beziehungen, wie man Leibe; Begehren, aber auch Reibungen, Angst und Hass darstellen kann, ohne den ganz dicken Strich des Melodramas aufzutragen. Mag TWO FLAGS WEST zunächst als Kavalleriewestern und als solcher eben auch als Indianer-Western der eher reaktionären Art daherkommen (worauf noch kurz zurückzukommen sein wird), die Konfliktlinien sind hier derart geschickt ausgelegt – Süd und Nord, Gefangene und Bewacher, Eifersucht und Anspruch auf eine Frau, machobedingte Rivalität – daß man selbst in einem Film von 1950 nicht sicher ist, wie die Sache ausgehen wird. Ununterbrochen schwelen all diese Konflikte und setzen alle Beteiligten – und damit auch den Zuschauer – unter Spannung, lassen jedes Wort wie einen potentiellen Sprengsatz wirken und in Kennistons Suaden gegen die Südstaatler und ihre vermeintliche Ehrlosigkeit kulminieren, in denen die Feindschaft offen zu Tage tritt.

Der Katalysator, um die Spannung aufzulösen, liegt im Angriff der Indianer auf das Fort und darin, daß sich Tucker und die Seinen darauf besinnen müssen, ob sie Kenniston, aber eben auch den anderen Männern im Fort, zur Hilfe kommen oder lieber das Weite suchen. Tucker entscheidet sich im Sinne des seines Eids und somit der soldatischen Ehre, welche ihm gebietet, seinen Leuten zur Hilfe zu kommen. Seine Männer schließen sich ihm – einmal mehr – an. Und so geht man gemeinsam gegen die Indianer vor und in Wise´ Inszenierung ebenso wie im Script erfüllt sich einmal mehr das grundrassistische Motiv, das die Ureinwohner des Kontinents als das absolut Fremde und letztlich auch Böse darstellt. Wise befleißigt sich einer Härte, die unüblich war für einen Western jener Tage; immer wieder sehen wir die Leichen von Siedlern, entstellt, gemartert, wir sehen, wie Pfeile und Lanzen die Leiber der Soldaten durchbohren und die Indianer über das Fort herfallen wie ein Heuschreckenschwarm – eben einer Naturkatastrophe gleich, als welche sie in Hollywood gern betrachtet wurden. Ein Teil des Landes und einer potentiell bösen, feindlichen Natur, welche so oder so zu bändigen, zu bewältigen und zu domestizieren war. Was dann im Umkehrschluß eben auch für die Ureinwohner gilt. Zwar sieht Captain Bradford, wie auch einige der unteren Chargen, durchaus, unter welchen Bedingungen die Indianer leben müssen, keinesfalls goutieren sie Kennistons Ausfälle gegen die Häuptlinge der Kiowa, die hier der tonangebende Stamm sind. Doch stehen sie selbstredend hinter ihrem Offizier als es zum Schwur kommt. Und TWO FLAGS WEST gibt sich nicht sonderlich viel Mühe, die Sitten und Riten der Indianer zu zeigen oder gar zu verstehen.

Ein Paradebeispiel, wie ein Film nahezu unkritisch das Narrativ vom Sündenbock aufgreift und bestätigt, daß es einen gemeinsamen Feind braucht, um das Kollektiv der exklusiven Gesellschaft – die auf den kleinsten gemeinsamen Nenner als „Weiße“ heruntergerechnet werden kann, gleich ob Nord- oder Südstaatler – zu einen und zusammenzuschweißen. Wise, der in seiner späteren Karriere erstaunlich liberale Filme drehte – erstaunlich für Hollywood, das sicherlich immer etwas liberaler war als der Durchschnitt eines eher konservativen Landes, sich aber niemals das Geschäft verdorben hätte, indem man eindeutig Position bezieht; das gab es nur vereinzelt, bedenkt man bspw. die Kampagne der Warner Bros. gegen die Nazis in Deutschland – bedient hier also mit größter Selbstverständlichkeit zutiefst reaktionäre Sichtweisen.

Allerdings verpasst er seinem Film ein Ende, welches es in sich hat und das man durchaus doppeldeutig interpretieren kann. Kenniston hat – aus Wut, Verzweiflung über die eigene Beschränktheit in der Kommunikation mit seiner Umwelt, aus Hass auf die Indianer, die eine Projektionsfläche für seinen Hass auf Tucker und „die Rebellen“ darstellen, die er in einer Ansprache gegenüber den Kiowa immer wieder mit den Indianern gleichsetzt, bis man seiner Rede kaum mehr entnehmen kann, an wen er sich eigentlich gerade richtet – den Sohn des Häuptlings getötet. Es war lediglich ein verängstigter Junge, den er skrupellos über den Haufen schießt. Nun verlangen die Indianer ein Opfer: Die führenden Offiziere des Forts sollen sich ihnen ausliefern. Kenniston beschließt, allein zu gehen. In der Dämmerung legt er seine Waffen ab, verabschiedet sich von denen, die ihm etwas bedeuten, und geht dann zu Fuß durch das Tor des Forts hinaus in die beginnende Dunkelheit über der Prärie. Die Kamera verfolgt das stoisch, in einer Totalen. Die Männer im Hof des Forts verharren, Kenniston verschwindet. Lange sehen wir nur den Hof, die ruhig dastehenden Männer, das Tor und die dahinter gähnende Nacht. Dann hören wir einen markerschütternden Schrei. Anderntags liegt die geschändete Leiche Kennistons vor dem Tor. Das kommt einem aufmerksamen Zuschauer sehr bekannt vor. Denn Wise nutzt exakt die gleiche Einstellung, den gleichen Effekt in THE BODY SNATCHER (1945), als er die Kamera eine ein Abendlied singende Frau beobachten lässt, die in einer dunklen Gasse verschwindet, wir hören das Klappern der – wie wir wissen – todbringenden Kutsche, hören einen Schrei und dann – nichts. Die Nacht verschluckt ihre Gespenster.

Für einen Moment hält nicht nur der ‚Film Noir‘ Einzug in diesen Western, der, wie wir bereits gesehen haben, nicht nur hier von den für den Noir-Film typischen Licht- und Schattenspielen lebt, sondern auch der Horrorfilm. Im älteren Film wissen wir, daß das arme Mädchen das unfreiwillige Opfer des Kutschers John Gray geworden ist; hier ist uns bewusst, daß Kenniston wirklich in den sicheren – und schrecklichen – Tod gegangen ist. Daß er ein Opfer dargebracht hat, um das Fort und die darin Befindlichen zu retten. So kann er sich auch dem Zuschauer gegenüber reinwaschen und als Ehrenmann aus der Story entkommen. Die Indianer sind hier, anders als Karloffs Gray, jedoch nur das ausführende Organ. Denn Kenniston kann nicht anders, mit seinem pathetischen Opfergang entspricht er seinem Zwangscharakter. Er ist im Kontext der Geschichte, die der Film uns bis dahin aufgetischt hat, ein Opfer seiner selbst und des psychischen, geistigen Käfigs, in dem er steckt. Zudem erfüllt sein Tod den dramaturgisch günstigen Effekt, daß so der Weg für Tucker und die Witwe frei ist, denn auch Bradford wurde zuvor Opfer der Kämpfe.

TWO FLAGS WEST ist ein hochinteressantes Beispiel dafür, wie ein gesellschaftlicher Propagandafilm in Hollywood funktionierte. Er stellt exemplarisch heraus, wie man Themen setzen muß, um bestimmte Narrative nicht nur zu bedienen, sondern als geradezu als natürlich zu definieren. Es herrscht ein unausgesprochenes Einverständnis zwischen einem Film wie diesem und seinem Publikum. Daß Wise´ Film gelegentlich als indianerfreundlich bezeichnet wird, kann man sich kaum erklären, es sei denn, man führt es auf den Einsatz von Jeff Chandler zurück und die Differenz zu seinem Auftritt als Cochise in BROKEN ARROW. Und es stimmt ja auch, daß Chandler hier allen die Schaus stiehlt, selbst dem eigentlichen Star des Films, Joseph Cotten. Chandler verleiht Kenniston Abgründe und dennoch Würde, er verleiht ihm Charisma und lässt die Beschädigungen dieses Mannes doch immer wieder aufblitzen und durch dessen raue Art hindurchscheinen.Erst recht, wenn er sich schließlich gegenüber seiner Ex-Schwägerin erklären muß. Doch kann diese differenzierte Darstellung eines Hassenden eben nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Film seine Art wohl kritisieren mag, dennoch – um einer größeren Sache Willen, der nationalen Einheit ehemaliger Feinde – bereit ist, auch in seinen Handlungen Notwendigkeit zu erblicken. Die Indianer dienen schlicht als fremdes und bedrohliches Anderes, weil es eben des äußeren Feindes bedarf, um die weißen Männer, die vorhin noch aufeinander schossen, endlich wieder zu einen. Da kommt doch jeder und alles recht, um dafür herzuhalten. Letztlich ist das blanker Zynismus.

Aber es ist ein Zynismus, der – auch dies (leider) typisch für Hollywood – auch deshalb funktioniert und vom Publikum goutiert wird, weil er sehr, sehr gut gemacht ist. Wise gehörte zu den Regisseuren, die hochprofessionell Zugriff auf jeden Stoff hatten, den man ihm anbot. Sicher, ein Handwerker, doch einer, der das Kino liebte, sich im Genre-Kino zuhause fühlte und ganz grundlegend die Bedingungen, Regeln und Konventionen jedes einzelnen Metiers kannte und zu bedienen wusste. So ist TWO FLAGS WEST vor allem ein temporeicher, spannender, actiongeladener Western, der den Zuschauer mitzureißen versteht und jede Minute seiner 92 Minuten Laufzeit nutzt, um das Publikum zu unterhalten. Auftrag erfüllt…

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