BUG

Der späte William Friedkin überrascht mit einem eindringlichen Psycho- und Verschwörungsthriller

Agnes White (Ashley Judd) lebt seit dem Verschwinden ihrer Tochter recht einsam in einem Motel in der Wüste von Oklahoma. Sie jobbt als Kellnerin und vertreibt sich die Zeit mit ihrer Freundin R.C. (Lynn Collins), mit der sie vor allem trinkt, Drogen konsumiert und gelegentlich auch schläft.

Regelmäßig wird sie angerufen, doch nie meldet sich der Anrufer, lediglich sein Atmen kann Agnes hören. Sie vermutet, dass es sich dabei um ihren Ex-Mann Jerry (Harry Connick junior) handelt, der im Gefängnis saß und nun zu ihr zurückkehren will.

Agnes geht anders als R.C. ungern auf Partys. Eines Nachts kommt R.C. mit Peter, einem auch ihr unbekannten jungen Mann, zu Agnes ins Motel. Die fühlt sich schnell zu Peter hingezogen und bietet ihm, nachdem R.C. wieder losgefahren ist, an, bei ihr zu schlafen. Peter nimmt das Angebot an, da er, wie er zugibt, keine Bleibe hat und darauf angewiesen ist, mal hier und mal dort zu übernachten. Außerdem erklärt er Agnes, dass er lange keinen Sex mit einer Frau gehabt habe, bei ihr jedoch schwach werden könnte.

Anderntags taucht tatsächlich Jerry auf und erklärt unumwunden, dass er wieder bei Agnes einziehen und die Beziehung wieder aufnehmen möchte. Agnes erklärt ihm mehrfach, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben will, doch scheint Jerry ihre Einwände nicht einmal zu hören, geschwiege denn ernst zu nehmen. Als Agnes schließlich deutlich wird, schlägt Jerry sie nieder. Er bedroht auch Peter, als der hinzukommt. Dann verschwindet er.

Agnes und Peter schlafen miteinander und sie erzählt ihm von ihrem Leben, vom Verlust ihres Sohnes, der spurlos verschwunden ist und von dem gewalttätigen Jerry, mit dem sie sich eingelassen hat.

Peter seinerseits wird extrem unruhig als er der Meinung ist, kleine Insekten, Bettwanzen, im Laken zu finden. Er sei gestochen worden, behauptet er gegenüber Agnes. Selbst als er ihr eines der Tierchen zeigt, kann sie aber nichts erkennen.

Es kommt zu einem Streit zwischen Agnes und Peter. Er erklärt ihr, er werde sie wieder verlassen, da er verfolgt werde und sie in nichts mit hineinziehen wolle. Sie verlangt von ihm Offenheit, die er ihr allerdings verweigert. Erst nach und nach gibt er seine Geheimnisse Preis, wobei unklar bleibt, ob seine Erzählungen stimmen.

So behauptet er, in einer Spezialeinheit der U.S. Army gedient zu haben. Sie seien im Golfkrieg gewesen und dort Opfer geheimer Experimente geworden. So habe man ihnen die Wanzen ins Blut injiziert, weshalb er sich regelmäßig Blut abzapft und mit einem Mikroskop untersucht. Da er ein Deserteur sei, könne er sich nicht, wie von Agnes vorgeschlagen, an die Armee-Ärzte wenden.

Während Peter immer stärkere Kratzspuren am Körper aufweist, sucht Agnes einen Hautarzt auf, der ihr eine Salbe gegen eine Irritation gibt. Peter behauptet, „die“ steckten alle unter einer Decke, weshalb der Arzt ihr nicht die Wahrheit sage. Er selbst hat die gesamte Wohnung mit Fliegenfängern ausgestattet, um mit den gefangenen Tieren zu experimentieren.

R.C. trifft sich mit Agnes und erzählt, ein Dr. Sweet (Brian F. O´Byrne) habe sie angesprochen und nach Peter gefragt. Er sei dessen Arzt und suche ihn. R.C. erklärt gegenüber Agnes auch, dass sie Peter nicht traue und ihn seltsam fände. Agnes schmeißt R.C. schließlich raus und kündigt ihr die Freundschaft, da sie annimmt, die Freundin wolle ihre Beziehung mit dem Mann, den sie zu lieben glaubt, zerstören.

Auch Agnes ist bald übersät mir Kratzspuren und Insektenstichen und -bissen. Peter vermutet ein Nest der Insekten in seinen Zähnen und beginnt, sich diese systematisch mit einer Kneifzange zu ziehen. Um zu verhindern, dass die Insekten Signale an die Außenwelt senden, kleiden Agnes und Peter das gesamte Zimmer, in den sie leben, mit Alufolie aus. Sie wollen sich vollständig isolieren. Peter glaubt, die Insekten seien dazu gedacht, andere Menschen zu infizieren und diese so beherrschen zu können.

Als es an der Tür zum Motel-Zimmer klopft, öffnet Agnes und sieht sich einem Mann gegenüber, der sich als Dr. Sweet vorstellt. Er wurde von Jerry, der aber sofort verschwindet, zu Agnes Zuhause gebracht. Dr. Sweet dringt in das Zimmer ein, bedient sich am Haschisch, das dort offen herumliegt, erklärt, dass nur er in der Lage sei, Peter zu helfen und deutet Agnes gegenüber an, Einzelheiten über den Verbleib ihres Sohnes zu haben. Schließlich kommt Peter hinzu und ersticht Dr. Sweet. Er erklärt, es handele sich bei ihm gar nicht um einen Menschen, sondern um einen Androiden der Armee.

Nun steigern sich Agnes und Peter endgültig in eine ekstatische Phantasie hinein. Sogar ihr Treffen und dass sie miteinander geschlafen haben, sei Teil eines großen Plans im Insektenexperiment. Agnes begreift sich nun als „Wanzen-Mama“ und will zugleich aufhalten, was sich in ihrem und Peters Körper anbahnt.

Jerry taucht erneut am Motel auf und versucht, ins Zimmer einzudringen. Er will Agnes retten, zumindest behauptet er das. Doch wird er niedergeschlagen und aus dem Zimmer geschmissen.

Peter vergießt Sprit im Zimmer, übergießt dann auch sich und Agnes mit Benzin und zündet schließlich ein Feuerzeug an. In einem Feuerball explodiert erst das Zimmer, dann das gesamte Motel. Es lodert hell in die Nacht von Oklahoma.

William Friedkin, Regisseur mindestens zweier Werke von filmhistorischer Bedeutung – THE FRENCH CONNECTION (1971) und THE EXORCIST (1973) – , bewies zum Ende seiner langen Karriere nicht immer das beste Händchen bei seinen Stoffen. Mit Tommy Lee Jones und Samuel L. Jackson drehte er das Militär- und Gerichtsdrama RULES OF ENGAGEMENT (2000), das wie ein Propagandafilm für all jene Kriege wirkt, die nach 9/11 im Namen der Freiheit kommen sollten; anschließend entstand THE HUNTED (2003), ein etwas uninspiriertes, möglicherweise von der Kritik aber unterbewertetes Drama voller Freude an Männlichkeitsriten und Gewaltdarstellungen. Umso mehr erstaunt es, dass mit BUG (2006) ein als Horrorfilm deklariertes Psychodrama erschien, bei dem Friedkin noch einmal all sein Können aufbot und zeigte, was ihn einst zu solch einem außergewöhnlichen Regisseur gemacht hatte: Der Mut, andere, ungewohnte Pfade abseits des Mainstreams einzuschlagen, auch der Mut zur Improvisation, dabei eine recht freie Schauspielerführung, wodurch die Hauptdarsteller – in diesem Fall Ashley Judd und Michael Shannon – zu wahren Spitzenleistungen angetrieben wurden, und ein Sujet, mit welchem er sich auf dünnes Eis begab und angreifbar macht.

BUG basiert auf einem am Broadway sehr erfolgreichen Theaterstück von Tracy Letts, der auch am Drehbuch für den Film mitarbeitete. Größtenteils spielt die Handlung in einem einzigen Motel-Zimmer, wo eine nicht mehr ganz junge Frau namens Agnes sich regelmäßig mit ihrer Freundin R.C. trifft, Drogen nimmt, gelegentlich werden die beiden miteinander intim. Eines Tages wird R.C. von einem jungen Mann namens Peter begleitet, der eine starke Wirkung auf Agnes ausübt. Er bleibt bei ihr und entpuppt sich nach und nach als Verschwörungstheoretiker: Die Army habe ihm winzige Insekten, Wanzen – Bugs – in sein Blut gepflanzt, mit denen sie nach und nach die Menschheit kontrollieren könne. Agnes, seit dem Verschwinden ihres einzigen Kindes bereits psychisch instabil, zeigt sich hoch empfänglich für Peters Erzählungen und so nimmt ihr gemeinsames Schicksal schließlich unerbittlich seinen Lauf.

Friedkin zeigt dem Zuschauer in einer grandiosen Ersteinstellung zu Beginn des Films das Motel als winzigen beleuchteten Ort irgendwo in der Einöde des nächtlichen Oklahoma. Spürbar also die Einsamkeit, spürbar die Leere, durch welche die Menschen, die hier leben, sich regelmäßig bewegen müssen, um von A nach B zu gelangen. Eine Leere, die ausgefüllt werden muss, eine Leere, die auszufüllen ein Charismatiker wie Peter gerade geeignet scheint. Wer hier lebt, ist anfälliger für Erzählungen wie seine, anfälliger als jemand, der in der Großstadt Tag für Tag er-lebt, wie verrückt die Welt tatsächlich sein kann. Judd und Shannon spielen diese beiden Lost Souls hervorragend. Ängstliche, verlorene Menschen, die sich wie in Agnes Fall hinter der Fassade der Abgebrühtheit verstecken oder, wie in Peters Fall, sich als zwar wirrer doch hoch sensibler Mensch präsentieren, der Angst vor einer Welt hat, die mehr verbirgt, denn preiszugeben bereit ist. So gelingt es ihm, Agnes schnell mit seinen Geschichten zu infizieren – gerade so, wie er der Meinung ist, die nur für ihn sichtbaren Bugs in seinem Blut seien dazu gedacht, nach und nach die ganze Menschheit zu infizieren – und der Zuschauer darf sich fragen, ob man es hier nur mit einem herkömmlichen Verschwörungs-Spinner zu tun hat, oder ob Friedkin und Letts uns schlussendlich eine Lösung à la CONSPIRACY THEORY (1997) präsentieren, wo sich Mel Gibsons Verschwörungsnarrative als wahr entpuppen und er mit all seinen seltsamen und wirren Schutzvorkehrungen recht behält.

Friedkin und Letts gehen aber einen anderen Weg und lassen die Frage offen, wodurch ihr Film am ehesten einem Psychoschocker wie Roman Polanskis frühem Meisterwerk REPULSION (1965) ähnelt, in welchem Catherine Deneuve als junge Französin in einem ihr fremden und entfremdeten London nach und nach dem Wahn verfällt – oder aber eben doch nicht? Auch bei Friedkin treten, wie einst bei Polanski, mit Agnes´ Ex-Mann Jerry und einem sich nicht näher zu erkennen gebenden Mann namens Dr. Sweet – vielleicht ein Agent, vielleicht ein Arzt, vielleicht ein Privatdetektiv – zwei Gestalten auf, die eine äußere Bedrohung darstellen und massiv zur Eskalation der Situation beitragen. Und wie bei Polanski ereilt zumindest einen von ihnen der Tod.

Jerry – von Harry Connick junior in einer seltsamen Mischung aus Sentiment und Brutalität ebenso brillant wie beängstigend gespielt – verlangt von Agnes in etwa das, was so viele Männer von ihren geschundenen Frauen verlangen: Sie soll ihn, der zuletzt lange im Gefängnis saß, gefälligst zurücknehmen und über seine kleinen Fehler und Unzulänglichkeiten bitteschön hinwegsehen. Ja, gut, ab und an rutscht ihm die Hand aus, aber was soll´s, Herrgott, das passiert schon mal. Er tritt in Agnes Zuhause ein und nimmt es mit einer Selbstverständlichkeit in Besitz, die frösteln lässt – und in deren Beobachtung einer solchen Figur erschreckend viel Wahres über Charaktere wie diesen zum Ausdruck kommt. So entsteht allerdings in der ersten Hälfte des Films schnell der Eindruck, es mit einem Sozialdrama aus dem amerikanischen Prekariat zu tun zu haben, weniger mit einem Horrorfilm. Und es wäre gut beraten, wer diesen Film auch gar nicht erst als solchen betrachtet. Denn dann kann der Film sich auf seine ganz eigene Weise entfalten und enttäuscht keine Erwartungen. Denn sowohl als Drama als auch als Psycho-Thriller funktioniert er ganz hervorragend.

Die zweite Figur, die in das Leben von Agnes und Peter eindringt, ist dann jener Dr. Sweet, ein sehr undurchsichtiger Mann, dessen Verhalten und Betragen, als er sich Zutritt zu Agnes Heim verschafft hat, alles andere als vertrauenerweckend ist. Äußerst seltsam bspw. seine Reaktion, als er in ein Motel-Zimmer kommt, welches sich mittlerweile in eine komplett mit Alufolie ausgeschlagenen Höhle verwandelt hat, in welcher Agnes und Peter sich gegen eine wilde, gefährliche und ununterbrochen sie angreifende Welt zu verteidigen versuchen, zugleich aber darauf bedacht sind, die von ihnen ausgehende Gefahr – sehen sie sich doch als die Wirte der die Menschheit bedrohenden Bugs – einzudämmen. Doch Dr. Sweet nimmt dieses seltsam anmutende Zimmer schlicht als gegeben und unterhält sich lange mit der sichtlich irritierten, verängstigten und auch deutlich verwirrten Agnes. Zwar nimmt er Notiz von der Dekoration und weiß sie auch sofort einzuschätzen – im Grunde der berühmte Alu-Hut, der gegen manipulative Strahlung von außen schützen soll, hier auf ein ganzes Zimmer ausgeweitet – doch stört er sich nicht daran. Vielmehr bedient er sich an Agnes Drogen und hofft, irgendwie an Peter heranzukommen.

Die ab dem Moment in welchem Peter diese bizarre Szenerie betritt beginnende Szene gehört dann zum Verstörendsten, was man seit Langem auf der Leinwand zu sehen bekommen hat. Selten wurden Wahn, Angst, Eskalation, aber auch Ekstase und innerlich empfundene Erleuchtung und Erlösung derart eindringlich, überzeugend und beklemmend dargestellt. Ashley Judd und Michael Shannon liefern hier ein wahres Meisterstück sich gegenseitig bedingender Schauspielkunst, einen Moment darstellerischen Könnens und von einer Dramatik bestimmt, in welchem der Zuschauer nicht mehr unterscheiden kann, ob hier etwas vorgetragen oder er vielmehr Zeuge einer wirklichen psychischen und emotionalen Eskalation wird. Das ist großartiges Schauspielerkino: So mitreißend wie beängstigend, so eindringlich wie befremdend.

Friedkin und Letts lassen bis in die Schlusseinstellungen des Films völlig offen, wer hier Täter, wer Opfer ist. Was sie allerdings verständlich zu machen verstehen, ist die Tatsache, dass Täter meist auch Opfer sind, bzw. waren. Peter wird von Shannon durchgehend als eine verdruckste und auch verängstigte, jedoch auch unterschwellig aggressive Persönlichkeit gespielt. Man möchte ihm seine Geschichte glauben, zumindest seine Qual ernst nehmen. Er gibt vor, ein ehemaliger Soldat und im Einsatz im Irak gewesen zu sein und erfüllt damit die Voraussetzungen, die der Kenner des amerikanischen Kinos allerspätestens seit den Rambo-Filmen (1982/85/88/2008/19) auf jeden Veteranen eines Krieges projiziert, an dem die Vereinigten Staaten beteiligt waren: Nämlich ein Opfer der eigenen Leute, der gnadenlosen Militärmaschine der USA zu sein. Zugleich operiert Peter mit den herkömmlichen Verschwörungsnarrativen der vergangenen 30 Jahre, was seine Geschichten weniger glaubwürdig erscheinen lässt (auch 2006, dem Produktionsjahr des Films, war das schon so). Der Zuschauer muss letztlich also selbst entscheiden, wem er und was er glauben will und glauben kann.

Unmerklich wird der Zuschauer dann in diesen Sog hineingezogen, den Friedkin und Letts durch die Figur Peter entfachen. Wenn Peter die kleinen Viecher, die man ihm eingepflanzt haben soll, irgendwo in seinen Zähnen vermutet und beginnt, sich die Beißerchen mit einer Kneifzange herauszureißen, ekelt uns dies ebenso, wie es unser Entsetzen und auch unser Mitgefühl hervorruft. Die Außenwelt, die Regie und Buch dem Zuschauer zeigen – von den eingangs erwähnten sehr starken Luftaufnahmen und den wenigen Einstellungen in der Bar, in welcher Agnes arbeitet, einmal abgesehen – ist tatsächlich bedrohlich und da der Film uns lange, im Grunde von der ersten bis zur letzten Szene, nur Agnes Wahrnehmung zur Identifikation anbietet, folgen wir also nicht nur ihrer Faszination für diesen jungen Mann, der ihr Sicherheit und eine gewisse Zärtlichkeit zu geben scheint, sondern auch ihrem Gefühl des Bedroht-Seins. Und definitiv sind die Figuren der Außenwelt – Jerry und Dr. Sweet – keineswegs vertrauenerweckender als Peter.

Es sind eben vor allem Jerry, ihr Ex-Kerl, und Dr. Sweet, die die Außenwelt symbolisieren und dabei äußerst dubios und bedrohlich scheinen. Beide wirken so, als ob sie auf ihre je eigene Art unkontrollierbar und vollkommen undurchschaubar sind. Dabei nimmt Jerry die Position des individuell gefährlichen Psychopathen ein, ein Mann, der zu Gewalt neigt, möglicherweise Drogen und Alkohol konsumiert und dadurch noch unberechenbarer wirkt. Dr. Sweet seinerseits könnte alles sein: Der Arzt, als der er sich ausgibt, ein Agent des Militärgeheimdiensts, aber auch genau der Dealer auf den der Spitzname, den ihm durch R.C. das Drehbuch verpasst, hindeutet. Er steht für die institutionelle Bedrohung, das ominöse „sie“, welches Verschwörungstheoretiker immer wieder anführen. Eine nie näher definierte Macht, die über immense Kräfte und Möglichkeiten verfügt. So oder so muss er in seinem Auftreten für die zu diesem Zeitpunkt komplett verängstigte Agnes wie eine Bedrohung wirken. Zu selbstbewusst, seiner Sache zu sicher und zudem mit allerhand Informationen ausgestattet – so gibt er vor, etwas über den Verbleib von Agnes verschwundenem Kind zu wissen; Informationen, die er allerdings von Jerry haben wird, der ihm auch Zutritt zu dem Motel-Zimmer verschafft – die ihn allwissend erscheinen lassen, ist er Agnes von Beginn der Begegnung an überlegen.

Die Antwort, die sie und vor allem Peter auf diese bedrohliche Außenwelt haben, ist eskalierende Gewalt. Und mit dieser bleiben sie Dr. Sweet dann ihrerseits überlegen. Doch zu diesem Zeitpunkt ist beiden wohl nicht mehr zu helfen. Sie beenden ihre und die Existenz des Motels in einem brachialen Feuersturm, den sie als Erlösung wahrnehmen. Sie sind die Eltern der Wunderwanzen, die die Menschheit vernichten könnten und nun in einem Akt ekstatischer Selbstzerstörung der Wirtstiere – oder „Eltern“ – vernichtet werden. Es muss als Erlösung betrachtet werden, was Agnes und Peter sich selbst antun – ob aus Verirrung oder weil sie tatsächlich im Besitz höherer Wahrheit, besseren Wissens sind, sei einmal dahingestellt. Für den Betrachter bleibt am Ende von Friedkins Höllenfahrt nur das Gefühl, von dem Gedanken- und Gefühlsstrom zweier Menschen mitgerissen worden zu sein, die sich auf extrem gefährliches psychisches Terrain begeben haben – und, jeder auf seine Weise, dabei verloren gegangen sind.

Weniger also mit einem Horrorfilm als vielmehr einem klassischer Psychothriller, vermag der späte William Friedkin sich noch einmal zu alter Klasse aufzuschwingen und sein Publikum das fürchten zu lehren. Es ist schon genialisch, wie er aus sehr wenig – wenig Personal, wenig Raum und wenig Kulisse, zudem wenig Story, wenn man so will – sehr viel macht und das Publikum mitnimmt auf diese Achterbahnfahrt der Neurosen und Psychosen zweier in der öden Weite von Oklahoma verloren gegangener Seelen.

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