DER LANGE, HEISSE SOMMER/THE LONG, HOT SUMMER
Martin Ritts schwüles Südstaaten-Drama nach verschiedenen Vorlagen von William Faulkner
Ben Quick (Paul Newman) wird der Brandstiftung angeklagt. Obwohl man ihm keine Schuld nachweisen kann, wird er der Stadt und des Landkreises verwiesen.
Quick reist auf dem großen Fluss, dem Mississippi, und zieht über die Landstraßen des Südens. Im Staat Mississippi versucht er sich als Anhalter. Hier nehmen ihn schließlich zwei Frauen mit. Es sind Clara (Joanne Woodward) Varner und ihre Schwägerin Eula (Lee Remick). Zwischen Eula und Quick kommt es zu einem eher harmlosen Flirt, Clara hingegen lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie nichts von dem Herumtreiber hält. In der nahegelegenen Stadt verlässt Quick die Damen dann.
Schnell findet er heraus, dass Will Varner (Orson Welles), Claras Vater, der Mann ist, der alles in der Stadt bestimmt. Ihm gehört eine große Plantage, die örtliche Bank und auch die meisten Geschäfte vor Ort sind sein Eigentum. Quick geht also zu den Varners, wo er erfährt, dass der Alte im Krankenhaus ist. Doch Sohn Jody (Anthony Franciosa) ist bereit, eine alte Farm, die sich ebenfalls im Besitz der Familie befindet, an Quick zu verpachten.
Varner kehrt einige Tage später heim. Seine Rückkehr löst in der Stadt Aufsehen aus, nicht zuletzt, weil er als erstes zu Minnie Littlejohn (Angela Lansbury) geht. Minnie betreibt das örtliche Hotel; sie und Varner unterhalten ein kaum verheimlichtes Verhältnis zueinander. Minnie würde gern heiraten und so eine „ehrbare“ Frau werden, Varner hingegen sträubt sich.
Als er auf der Plantage ankommt, wird schnell deutlich, wie es sich innerhalb der Familie verhält: Eula wird von ihrem Schwiegervater geherzt, allerdings ist er enttäuscht, dass sie immer noch nicht schwanger ist; Jody wird von seinem Vater mehr oder weniger verachtet, der Alte traut dem Jungen nicht zu, die Familiengeschäfte vernünftig weiterführen zu können – da kann auch die Tatsache, dass es Jody gelungen ist, die alte Farm gewinnbringend zu verpachten, die Meinung des Vaters nicht ändern. Clara ihrerseits wird von ihrem Vater angehalten, endlich zu heiraten.
Sie unterhält eine enge Freundschaft zu Alan Stewart (Richard Anderson), der gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester Agnes (Sarah Marshall), einer engen Freundin Claras, auf einem angesehenen alten Anwesen in der Nähe der Varners lebt. Doch scheint er Clara nicht um ihre Hand zu bitten, was bei Will Varner nicht nur Unmut, sondern auch einen gewissen Verdacht auslöst, was Alans „Männlichkeit“ betrifft.
Will Varner sucht Quick auf der Farm auf. Die beiden erkennen sich selbst in einander. Varner hält Ben an, für ihn zu arbeiten. Gern willigt der ein, will aber vor allem auf eigene Rechnung handeln, was Varner zunächst nicht gefällt. Er trägt Quick auf, einige Wildpferde zu verkaufen, die er bei einem Schuldner gepfändet hat. Quick gelingt es tatsächlich, die Pferde gewinnbringend zu verkaufen, auch und obwohl er dabei seine Kunden mehr oder weniger übers Ohr haut, denn denen büxen die Tiere umgehend aus.
Nach und nach steigt Ben Quick in Varners Gunst. Er darf in dessen Laden arbeiten, wo er schnell das Kommando übernimmt. Jody ist zwar eifersüchtig, genießt aber auch, dass er im Grunde nicht mehr arbeiten muss. Damit bestätigt er allerdings all die Vorurteile, die sein Vater ihm gegenüber hegt. Denn der hält ihn u.a. für faul und sagt ihm das auch.
Bei einem Abendessen bei den Varners, zu dem Alan Stewart ebenso eingeladen ist wie Ben Quick, kommt es zu einem Eklat, als Will seinen Gast beleidigt und mehr oder weniger als Schwächling bezeichnet, da der Clara scheinbar nicht heiraten will. Es wird deutlich, dass der Alte neidisch darauf ist, dass die Stewarts alteingesessener Südstaaten-Adel sind, während er eher als „neureich“ zu bezeichnen ist. Er hat sein Vermögen zwar selber gemacht – und ist dabei offenbar recht skrupellos vorgegangen – doch fehlt ihm der Stammbaum, die Tradition, die Ehre der Alten.
Nach diesem Abend kommt Will auf die Idee, Quick mit Clara zu verkuppeln. Er bietet dem immer noch fremden Mann Clara praktisch in einem Tauschgeschäft an. Quick, der sich natürlich geschmeichelt fühlt, der aber auch seine Chancen sieht und aushandelt, dass ihm ein beträchtlicher Teil von Varners Vermögen und Besitz zufällt, schlägt ein. Ab nun darf er auch im Haus wohnen, was sowohl Clara als auch Jody als Affront wahrnehmen.
In der Folge kommt es zu verschiedenen Zusammenstößen zwischen Clara und Ben Quick, der sie einmal sogar sehr offensiv, wenn nicht gar mit Gewalt zu verführen sucht.
Bei einem Picknick kommt es zu einer Aussprache zwischen Clara und Alan, bei der er ihr klarmacht, dass sie ihm sehr viel bedeutet, aber eben nicht so, wie das zwischen Mann und Frau üblich sei. Sie fühlt sich verletzt, da sie findet, er habe sie viel zu lange im Ungewissen gelassen. Alan gibt ihr recht und entschuldigt sich bei ihr.
Bei demselben Anlass kommt es zwischen Jody und Ben zu einer heftigen Auseinandersetzung bei der Jody seinen Kontrahenten mit einer Pistole bedroht. Ben tut alles, um sich zu retten. Schließlich zeigt er Jody einige Münzen, die er angeblich aus einem Schatz hat, den er auf dem alten Farmgelände gefunden haben will. Die Legende hatte immer von einem dort seit dem Bürgerkrieg vergrabenen Schatz geraunt. Jody, gierig wie er ist, will sofort zu graben beginnen, um den Rest des Geldes zu finden. Ben bietet an, ihm zu helfen.
Tief in der Nacht, Ben ist längst heim und ins Bett gegangen, findet Will seinen Sohn auf dem Grundstück, immer noch wie besessen grabend. Er macht ihm klar, dass er auf eine Täuschung Quicks reingefallen ist, denn die Münzen datieren aus dem Jahr 1905 und nicht aus den Tagen des Bürgerkriegs. Jody bricht zusammen, einmal mehr sieht er sich in den Augen seines Vaters gedemütigt.
Anderntags gewinnt Varner durch ein Missverständnis den Eindruck, Alan Stewart habe sich nun endlich entscheiden, Clara zu heiraten. Er fährt umgehend zum Anwesen der Stewarts und will die Hochzeit planen. Erst Alan klärt ihn auf, dass es keineswegs zu einer Ehe zwischen ihm und Clara kommen wird.
Wutentbrannt kehrt Varner zurück zur Plantage und erklärt Clara, dass sie nun Quick zu heiraten habe, er, der Patriarch, wolle endlich Enkel, Stammhalter! Clara verbittet sich diese Art über ihr Leben zu verfügen. Es kommt zunächst zum Bruch zwischen ihr und ihrem Vater.
Will zieht sich in die Scheune zurück, als er hört, dass ein Pferd ein Fohlen geboren hat. Während er das Tier mit Stroh abreibt, spricht er vor sich hin, erzählt, wie sehr er seine Kinder für deren Unfähigkeit und den mangelnden Respekt ihm gegenüber verachte. Jody hört diese Tirade zufällig. Er sperrt die Scheunentore zu und entzündet das Stroh. Schnell brennt das Gebäude lichterloh.
Varner, der weiß, dass es sich um Jody handeln muss, der ihm nach dem Leben trachtet, fleht seinen Sohn an, zumindest die Pferde rauszulassen. Schließlich öffnet Jody die Tore, ein Mörder will er dann doch nicht sein. Die Menschen kommen herbei und versuchen, die Scheune zu retten. Währenddessen haben jene Männer, die Quick bei dem Pferdegeschäft übers Ohr gehauen hat, beschlossen, Ben aufzusuchen und zur Rechenschaft zu ziehen – was im Süden durchaus bedeutet, am nächsten Baum aufgeknüpft zu werden. Als sie von dem Feuer hören, verdächtigen sie ihn zudem der Brandstiftung.
In letzter Sekunde kann Varner dazwischengehen. Er erklärt, es habe überhaupt keine Brandstiftung gegeben, vielmehr sei ihm eine seiner ewig in seinem Mund vor sich hin glimmenden Zigarren ins Stroh gefallen, er selbst sei für das Feuer verantwortlich.
Ben beschließt nun, die Plantage zu verlassen. Er stellt Varner vor Clara und Jody zur Rede und bezichtigt ihn und sich selbst der dreckigen Deals, die sie hinsichtlich einer Ehe mit Clara ausgeheckt hätten. Er habe aber eingesehen, dass man so nicht mit Menschen umgehen könne, auch nicht, wenn man, wie er, hoch hinauswolle.
Bei einer Unterredung mit Clara erzählt er ihr davon, dass sein Vater tatsächlich ein Feuerteufel gewesen sei und er selbst deshalb zeitlebens immer schon im Verdacht gestanden habe, ebenfalls gern zu zündeln. Verbittert erklärt er ihr, dass man aus bestimmten Rollen, die einem zugeschrieben würden, nie mehr herauskäme. Vielleicht sei er ja, wie er sei, weil er damit nicht mehr zurechtkäme. Clara, die diese Beichte berührt und die langsam Zutrauen zu Ben Quick gefasst hat, bittet ihn zu bleiben.
Zu guter Letzt taucht auch Minnie am Schauplatz des Feuers auf, weil sie sich Sorgen um Will gemacht hat. Der ist nun ebenfalls geläutert und bittet sie um ihre Hand.
Im Jahr 1958 musste Paul Newman sich gleich zweimal mit einer patriarchalen Überfigur herumschlagen. In CAT ON A HOT TIN ROOF (1958) – der Verfilmung des Broadwaykassenschlagers von Tennessee Williams – war der damals aufstrebende Jungstar in der Rolle des Brick Pollitt zu sehen, der sich gegen seinen Vater, „Big Daddy“, im Film von dem eindrucksvollen Burl Ives gespielt, zur Wehr setzen muss; in der Verfilmung gleich mehrerer Short Stories sowie eines Romans von William Faulkner, THE LONG HOT SUMMER (1958), gab Newman den undurchsichtigen und immer wieder aus Städten des Südens verjagten Ben Quick, der sich beim Plantagenbesitzer Will Varner unabkömmlich macht und dadurch in dessen Familie einiges Chaos anrichtet. Hier hatte er es mit dem ebenfalls sehr eindrucksvollen Orson Welles zu tun, der den Patriarchen Ives´ Interpretation nicht unähnlich und doch mit eigener Note gab.
Martin Ritt, der sich nach Jahren auf der sogenannten „Black List“ Hollywoods – er wurde in den dunklen McCarthy-Jahren der Sympathie mit dem Kommunismus verdächtigt – erst langsam wieder einen Namen im damals noch gültigen Studio System der Traumstadt machen musste, führte die Regie und gab seinem Film eine schwül-träge Atmosphäre, die dem Titel vom „langen, heißen Sommer“ alle Ehre machte. Natürlich im Rahmen der Möglichkeiten des Jahres 1958, was bedeutete, dass er weder Faulkners Sinn für Erotik, noch dessen manchmal brachial-archaische, oft ausgesprochen düstere Brutalität vergleichbar umsetzen konnte. Stattdessen musste er eine eigene, filmische Version zur Umsetzung des Stoffs finden. Weitestgehend ist ihm das gelungen, allerdings gab er nach seiner zweiten Faulkner-Verfilmung, THE SOUND AND THE FURY (1959), zu bedenken, dass der eigentliche Star in den Geschichten des Meister-Romanciers und Nobelpreisträgers von 1950 letztlich eben die Sprache sei. Und die sei zu reich, zu dicht, zu intensiv und zu gewaltig, als dass man daraus einen überzeugenden Film entwickeln könne.
Ein Verdikt, das jeder, der jemals einen Roman von Faulkner las, nur teilen und unterschreiben kann. Dennoch sind es immer auch konkrete Geschichten, die der Autor erzählt, vielleicht lag es also eher an der Spezifik der Vorlage, dass eine Umsetzung sich als nahezu unmöglich erwies[1]. Denn sowohl Ritts eigener THE LONG, HOT SUMMER, als auch das gut zehn Jahre später entstandene Steve-McQueen-Vehikel THE REIVERS (1969) beweisen, dass sich aus Faulkner-Vorlagen zumindest ansprechende Filme generieren lassen. Ob sie der Tiefe, der Intensität, der sprachlichen Macht der Romane gerecht werden, ist dabei eine andere, vielleicht sogar eher nebensächliche, zu vernachlässigende Frage.
Der geneigte – und Faulkner-erprobte – Betrachter wird sich sicherlich wundern, wie das Drehbuch von Irving Ravetch und Harriett Frank Jr. (beide waren ebenfalls sowohl für das Script zu THE SOUND AND THE FURY als auch jenes für THE REIVERS verantwortlich) es schafft, zwar Faulkners Themen zu setzen – wobei das bei ihm immer zugrundeliegende Thema der Rassenschranken und des Rassismus hier weitestgehend ausgespart bleibt – zugleich aber einen eher leichten und unterhaltsamen Ton anzuschlagen und schließlich das ganze Chaos, das im Laufe der Handlung entsteht, in einem für alle Beteiligten gelungenen Happyend aufzulösen. Im Kern ist dies die Geschichte der Widerspenstigen Zähmung, wobei man darüber streiten kann, wer widerspenstig ist und wer wen zähmt.
Welles gibt Will Varner als ein recht verkommenes Subjekt, eine neureiche Charge, ein Mann, der um jeden Preis etwas darstellen will, sich aber weder der von ihm angestrebten Rolle entsprechend zu benehmen weiß, noch sonderliches Interesse daran hegt, es zu lernen. Zu Beginn des Films kommt er aus dem Krankenhaus heim, besucht zunächst die Hotelbesitzerin Minnie Littlejohn – herrlich nervös dargestellt von Angela Lansbury – mit welcher ihn ein Bratkartoffelverhältnis verbindet und die in seiner Abwesenheit beschlossen hat, nun eine ehrbare Frau werden zu wollen – sprich: Will soll sie heiraten. Der hält davon gar nichts, ihm gefällt das Arrangement so, wie es ist. Weniger gefällt ihm, dass seine Schwiegertochter Eula – Lee Remick einmal mehr in der Rolle, die sie zu Beginn ihrer Karriere immer wieder spielen musste, nämlich die einer frivolen, meist etwas nymphomanisch veranlagten jungen Dame – immer noch nicht schwanger ist. Varner verdächtigt seinen Sohn Jody, es einfach nicht zu bringen, er hält ihn für verweichlicht und merkt nicht, dass er mit seiner Art höchstselbst für die Probleme des jungen Mannes verantwortlich ist. Es kommt Varner also ganz recht, dass gerade mit seiner Heimkehr auch der Streuner Ben Quick in der Gegend aufgetaucht ist. Der steht zwar im Verdacht, ein notorischer Brandstifter zu sein, hat es aber faustdick hinter den Ohren und weiß, ein Geschäft voranzutreiben. Varner erkennt sich durchaus selbst in dem jungen, ehrgeizigen Mann wieder. Und bietet ihm einen Deal nach dem anderen an – bis er ihm schließlich seine älteste Tochter Clara anbietet, da die mit ihrem Langzeitverehrer Alan Stewart nicht recht voran zu kommen scheint. Varner will Statthalter, will Enkel, er will Patriarch einer Dynastie werden – und dafür müssen die Töchter und Schwiegertöchter endlich liefern. Varner versteht sich also als eine Art Gott, der mit denen, die ihn umgeben, spielen und verfahren kann, wie es ihm beliebt.
Es ist erstaunlich für eine Produktion von 1958, wie offensiv, fast aggressiv mit Sexualität und dem, was damit bezweckt werden soll, umgegangen wird. Das war auch in CAT ON A HOT TIN ROOF bereits zu beobachten und setzt sich hier nun fort. Doch so sehr Newman sich in der Williams-Verfilmung verweigert – bis hin zu dem Punkt, an welchem er unter dem für damalige Zeiten skandalösen Verdacht der Homosexualität steht – und Elizabeth Taylor für die schwüle Erotik zuständig ist, so lasziv darf Newman hier nun seinen prächtigen Oberkörper präsentieren und die ihm innewohnende Erotik zum Ausdruck bringen. Nicht umsonst war er damals das kommende männliche Sexsymbol an Hollywoods Himmel. James Dean tot, Marlon Brando auf Abwegen – da wurde es Zeit für Ersatz. Newman bot ihn gern. Dass der Film gerade in seinen erotischen Szenen so überzeugend wirkt, hat natürlich auch mit dem Verhältnis zu tun, dass der Hauptdarsteller zu seinem weiblichen Pendant hatte.
Die Geschichte gehört mittlerweile zu den gängigen Hollywood-Legenden: Paul Newman und Joanne Woodward, die die Clara spielt, heirateten kurz nach den Dreharbeiten. Die Anziehung zwischen Ben Quick und Clara Varner ist also kaum gespielt, sondern echter Ausdruck echter Zuneigung zwischen zwei sich Liebenden. Allerdings – und da beginnt die kritische Auseinandersetzung mit dem Film – passt dies nicht zu der eigentlichen Geschichte des Films. Denn Clara Varner ist seit der ersten Begegnung mit Quick eher angewidert von dem aufschneiderischen und selbstgerechten Kerl. In der klassischen Hollywood-Diktion bedeutet dies natürlich erst recht, dass sie ihn eigentlich an ihrer Seite will, doch passt eine solche Haltung eher nicht zu Faulkner und auch nicht zu einem modernen Film, der sich Mühe gibt, ernsthaft von ernsthaften Problemen zu erzählen. Aber vielleicht liegt der Fehler hier ja im Auge des Betrachters und es ist keineswegs das Anliegen von Buch und Regie, einen modernen Film zu inszenieren, sondern doch eher ein klassisches Hollywood-Drama? Mag sein. Zumindest läuft es darauf hinaus.
Doch bevor es soweit ist und nicht nur Minnie ihren Will bekommt, sondern auch Quick endlich Clara in seinen starken Armen halten darf und zudem auch die zwischenzeitlich gefährdete Ehe von Eula und des Varner-Sohns Jody wieder gekittet ist, kommt es zu einigen doch bedenkenswerten und erinnerungswürdigen Szenen. Vor allem Welles und Newman liefern sich dabei das ein oder andere Schauspiel-Duell. Da steht der Hollywood-Rebell von einst dem aktuellen Rebellen gegenüber und die beiden schenken sich nichts. Quick durchschaut Varner und dessen Methoden, aber eben auch dessen Sehnsucht vom ersten Moment an, so wie der seinerseits Quicks brennenden Ehrgeiz erkennt und zu nutzen versteht. Der Alte haut den Jungen übers Ohr, will aber eigentlich dessen Respekt und Zuneigung, mehr noch seine Gene, um das eigene Geschlecht zu dem zu machen, was er nicht ist – und letztlich auch nie sein wird: Alter Süden.
An diesem Punkt spürt man dann doch den klassischen Faulkner; den Faulkner, dessen erster Roman der sogenannten „Snopes-Trilogie“, DAS DORF (THE HAMLET, 1940 erschienen), auch zu den direkten Vorlagen des Films gehört. Ab Snopes ist dabei das direkte Vorbild für Ben Quick. Die Varners im Buch sind allerdings alteingesessener Südstaaten-Adel und die Herren des Örtchens Frenchman´s Bend, im Film wird deutlich, dass Will genau das gern sein möchte: Alter Adel, alter Süden eben. Doch bleibt ihm bei all seiner Macht genau diese Stellung verwehrt. In einer Schlüsselszene des Films – man trifft sich am Abendbrottisch im Hause Varner – demütigt Will den vermeintlichen Verehrer seiner Tochter Clara, Alan Stewart, der seinerseits aus eben solch einer Familie stammt, wie Will Varner sie gerne hätte, respektive gründen möchte. Doch anstatt sich mit Stewart auf guten Fuß zu stellen, fällt Varner nichts anderes ein, als sich über ihn lustig zu machen und ihn als Schwächling hinzustellen. Diese Behandlung zielt insgeheim allerdings auf den ebenfalls anwesenden Quick ab, der sich ein Bild von Varners Familie machen soll – und dies auch genauestens tut. Schnell begreift er, dass es für ihn hier einiges zu holen gibt, wenn er es nur richtig anstellt. Die Konstellation, mehr noch die Themen, die hier angesprochen werden, sind typisch für Faulkner und seine Romane. Der Neid, der Ehrgeiz der Neuen, der vermeintlichen Habenichtse, der Aufstrebenden und der Hochmut der Alteingesessenen – all das spielt in Faulkners Romanen und Geschichten immer wieder eine Rolle, manchmal explizit, meist implizit.
Das Drehbuch weicht jedoch erheblich von Faulkners Vorlage ab. Dem Autor ging es vor allem darum, exemplarisch den Aufstieg der Familie Snopes nachzuzeichnen, der sich dann in DIE STADT (THE TOWN, 1957) und DAS HAUS (THE MANSION, 1959) fortsetzte, bzw. zum Abschluss kam, weshalb Ab Snopes im Roman auch seinen Bruder in die Familie einschleust, indem er ihn die Varner-Tochter Eula heiraten lässt und damit die Position der Snopes, die scheinbar aus dem Nichts in der Stadt aufgetaucht sind, festigt und stärkt. Im Film ist Eula allerdings die Frau von Jody, also Varners Schwiegertochter. Allerdings hält das den Alten nicht davon ab, auch sie wie sein persönliches Eigentum zu behandeln. Der Film hat ein anderes Anliegen, als der Roman. Ravetch und Frank Jr. sowie Martin Ritt wollten offenbar eine schwüle Südstaaten-Ballade komponieren, die aber ohne die Schwere und die Gewalt dessen auskommt, was man in der Literaturwissenschaft gern Southern Gothic nennt und wofür William Faulkner gern als Pate aufgerufen wird. Einem filmischen Versuch solcherart entspricht viel eher Robert Aldrichs Psychothriller HUSH…HUSH, SWEET CHARLOTTE (1964), der aber erst sechs Jahre später entstand.
THE LONG, HOT SUMMER bietet zwar etliche Szenen, die zumindest andeutungsweise der Faulkner´schen Düsternis huldigen – allein Welles´ Spiel bürgt dafür und auch Newman gelingt es immer wieder, seinen Ben Quick zumindest ansatzweise verschlagen und damit bedrohlich wirken zu lassen – doch schlussendlich will der Film versöhnlich sein. Deshalb muss es dem Drehbuch schließlich gelingen, alle Konflikte sich in Wohlgefallen auflösen zu lassen. Dafür greift es dann auch zu fragwürdigen Mitteln. Da ist einmal das Verhältnis von Clara zu Alan Stewart. Der Mann lebt bei seiner Mutter in einem fast verzauberten Südstaaten-Anwesen. Er wirkt verweichlicht, also genau so, wie Varner ihn sieht und darstellt. Der Film unterstützt also Varners Sichtweise und verrät Stewart schließlich, als der Clara auf für die späten 50er Jahre typische – also verdruckste – Art und Weise klar macht, dass er sie zwar mag, aber eben nicht so, wie Männer Frauen mögen (sollten). Mit anderen Worten: Er ist homosexuell, worauf das Klischee des bei seiner Mutter lebenden Junggesellen ja bereits überdeutlich hingewiesen hatte. Also ist der Weg für eine glückliche Zusammenkunft mit Ben Quick nun frei. Der allerdings hat sich im Laufe des Films ein ums andere Mal als Widerling erwiesen und ist dabei auch vor einer – im Film lediglich angedeuteten – Vergewaltigung nicht zurückgeschreckt. Nun muss der Film also eine Wendung finden, die es plausibel erscheinen lässt, dass Clara sich dann tatsächlich für ihn entscheidet. Das richtet dann das genretypische Geständnis, bei dem Quick sein Seelenleben offenbart und seine Verletzlichkeit zeigt. Als er dann auch noch offen gegen Varner opponiert und dem deutlich zu verstehen gibt, dass beide, Quick und der Alte, sich eklig benommen haben, als sie einen regelrechten Deal um Clara abgeschlossen hatten, er nun aber geläutert sei und sein Fehlverhalten eingesehen habe, ist auch Clara versöhnt. Und holt den Mann, der schon wieder dabei ist, weiterzuziehen, zurück. Dass der Alte schließlich nachzieht und die darbende Minnie endlich zu seiner Gattin nimmt, ist dann nur folgerichtig.
So schließt der Film ein wenig burlesk und schon fast wie eine der damals typischen Komödien. Man kann das mögen, es hinterlässt ein gutes Gefühl beim Publikum, jedoch wenig Spuren, der Film bleibt kaum hängen und tut niemandem weh – außer, dass er eben doch eine Menge Klischees bedient und bestätigt, gegen die eine Garde junger Hollywood-Regisseure und Hollywood-Stars Mitte bis Ende der 50er Jahre aufzubegehren angetreten waren. Auch ein Paul Newman, denkt man bspw. an THE LEFT HANDED GUN (1958), Arthur Penns Regiedebut für die große Leinwand aus demselben Jahr. Ein Western, der antrat, mit den herkömmlichen Heldengeschichten aufzuräumen und exemplarisch für den sogenannten „psychologischen Western“ der Dekade steht. Newman verkörperte hier Billy the Kid und interpretierte ihn als juvenilen Spätpubertierenden, der sich wenig Gedanken um die Folgen seines Tuns macht. Ben Quick hingegen ist ein Macho alter Schule, ein Spitzbube, der seinen Vorteil sucht, wenig Respekt vor anderen, erst recht nicht vor Frauen hat, und damit durchkommt. Er mag unter seinem Ruf als Zündler, als Feuerteufel leiden, wie sein Vater zuvor, der ebenfalls als solcher galt, doch nimmt man Quick oder aber Newman am Ende dieses Films und dessen, was man über die gesamte Laufzeit gesehen hat, dieses Leiden kaum ab. Oder hält es für eine weitere Finte, die Ben Quick nutzt, um an sein Ziel zu kommen. Dass er Clara mit seiner hemdsärmeligen Art nicht für sich gewinnen wird, hat der Mann früh verstanden – da zieht die Mitleidsnummer vielleicht besser? Aber nein, Buch und Regie richten es schon so ein, dass das Publikum begreifen möge, dieser Mann meint es ernst.
Was also bleibt vom LONG, HOT SUMMER, wenn von der eigentlichen Handlung schon nicht viel verfängt? Mindestens die Bilder von Hollywood-Veteran Joseph LaShelle. Dem gelingt es, der Geschichte und der unterschwelligen Erotik des Films entsprechend atmosphärisch dichte Bilder des Südens einzufangen. Die Hitze des Sommers ist spürbar, wenn an Newmans Stirn und Brust der Schweiß nur so perlt und die Kamera dessen Reflektionen wiedergibt. Das Flirren über den Feldern und dem Fluss kann man spüren und sehen und so hat man es hier mindestens mit einem der besseren Südstaaten-Dramen zu tun, welchem es durchaus gelingt, die Spezifik dieses Landstrichs zu vermitteln. Und dadurch gelingt es schon auch, zu vermitteln, dass die Uhren hier anders ticken, langsamer ticken, wie eben auch die Menschen. Sie sind konservativ und folgen, wenn überhaupt, fast archaischen Regeln und Werten. Nur so ist es möglich, dass ein Will Varner so viel Macht nicht nur an sich reißt, sondern auch ausüben kann über seine Familie und die Menschen, die ihn umgeben. Das zu vermitteln, gelingt Ritt und seinem Stab dann doch gut. Dennoch bleibt THE HOT, LONG SUMMER ein eher harmloser Film, der den Süden auf gewisse Weise auch feiert und damit ein wenig apologetisch wirkt – auf eine Art, wie Faulkner sich dies niemals erlaubt hätte.
[1] THE SOUND AN THE FURY gilt nicht nur als eines der besten und wesentlichen Bücher Faulkners, sondern gehört auch zum Kanon jener Romane, die das 20. Jahrhundert literarisch, sprachlich und damit in seinen sprachlichen Möglichkeiten geprägt haben; ähnlich Joseph Conrads HEART OF DARKNESS oder James Joyce´ ULYSSES.