DREAMCATCHER
Eine der besseren Verfilmungen eines Romans von Stephen King
Die Jugendfreunde Henry Devlin (Thomas Jane), Gary „Jonesy“ Jones (Damian Lewis), Pete Moore (Timothy Oliphant) und Joe “Beaver” Clarenton (Jason Lee) sind nicht nur dicke Kumpels, sondern durch ihren gemeinsamen Freund Douglas „Duddits“ Cavell (Donnie Wahlberg) auf immer miteinander verbunden. „Duddits“, den sie an einem heißen Nachmittag davor bewahren konnten, von einigen Schulrüpeln mißhandelt zu werden, wurde damals Teil ihrer Bande. Gemeinsam erlebten sie einige Abenteuer, u.a. konnten sie ein verschwundenes Mädchen aufstöbern und lebend retten. Möglich war dies, weil „Duddits“ offenbar über übersinnliche Fähigkeiten, vergleichbar einer Telepathie, verfügt. Eines Tages hat er diese Fähigkeit dann auf seine vier Freunde übertragen.
Diese Fähigkeit ist Fluch und Segen zugleich. Devlin, mittlerweile Therapeut mit Doktorgrad, gelingt es nicht, sich den Blick in die Hirne, die Erinnerungen und Ängste seiner Patientin zu verkneifen. Es treibt ihn so weit in die Verzweiflung, daß er an Selbstmord denkt. Pete nutzt die Fähigkeit eher trivial und versucht gelegentlich, Frauen zu beeindrucken, erzielt damit aber eher die gegenteilige Wirkung, außerdem trinkt er zuviel. „Beaver“, bei dem zu der telepathischen Begabung auch ein telekinetischer Aspekt hinzukommt, nutzt sie meist gar nicht, eher hat sie ihn derart beeinträchtigt, so daß auch er zu einem Trinker verkommen ist, der sich hinter einer Mauer aus Vulgärsprache verschanzt hat. „Jonesy“ seinerseits verfügt über ein phänomenales Gedächtnis. „Jonesy“ wird nach einem Telefonat mit Devlin auf der Straße überfahren.
Als die Freunde ihren alljährlichen Jagdausflug in die Wälder Maines unternehmen, fragen die andern den versehrten „Jonesy“, was er mit all den Erinnerungen mache? Er räume sie um, manchmal miste er aus, dann würden einige davon, die er vorher sehr genau untersuche, einem „Gehirnfeuer“ übergeben und verbrannt. Alle seine Erinnerungen kämen ab und an auf den Prüfstand, nur die an „Duddits“ nicht. Die seien, wie die ganz persönlichen, in einem Extraraum für besondere Erinnerungen aufgehoben.
Der Name „Duddits“ lässt alle nachdenklich werden, denn sie alle haben ihren alten Schulfreund, der offenbar eine geistige Behinderung hatte, Jahre nicht mehr gesehen. „Jonesy“ erzählt den andern, daß er deshalb auf die Straße gelaufen sei, wo ihn dann der Wagen angefahren habe, weil er „Duddits“ auf der anderen Straßenseite gesehen habe. Er frage sich seither, was diese Erscheinung bedeuten könnte.
Nach einem feucht-fröhlichen Abend, bei dem alle vier zu sich kommen können und die Verbundenheit untereinander auffrischen, fahren Devlin und Pete am folgenden Morgen in die nächstgelegene Stadt, um Verpflegung und Alkoholika für alle einzukaufen. Währenddessen gehen „Beaver“ und „Jonesy“ erstmals auf die Jagd. „Jonesy“, aufgrund seiner Verletzungen gehandicapt, verzieht sich auf einen Hochsitz. Von dort beobachtet er einen Mann, der sich offenbar im Wald verlaufen hat. Er nimmt den Verwirrten mit in die Hütte.
Der Mann benimmt sich seltsam, blutet stark und verzieht sich irgendwann auf die Toilette, aus der er nicht mehr hervorkommt. Als „Jonesy“ und „Beaver“ die Tür aufbrechen, finden sie den Mann offenbar tot auf der Toilette sitzend, das Bad ist voller Blut. Nachdem die den Kerl von der Toilettenschüssel gestupst haben, sehen sie darin eine wurmähnliche Kreatur, die sie zunächst in Schach zu halten versuchen, die dann aber ausbricht und „Beaver“ mit spitzen Zähnen tötet.
„Jonesy“, der den Tod seines Freundes entsetzt beobachtet, wird Gewahr, daß hinter ihm ein riesenhafter Schatten auftaucht. Als er sich umdreht, steht ein Alien vor ihm, das erstaunlich an jene Wesen in Steven Spielbergs UNHEIMLICHE BEGEGNUNG DER DRITTEN ART erinnert. Doch dann setzt sich etwas in Gang, das Wesen scheint sich in Staub aufzulösen und für einen Augenblick erhascht „Jonesy“ einen Blick auf das, was sich hinter diesem Bild, das das Wesen scheinbar aus der kollektiven Imagination der Menschen übernommen hat, verbirgt. Was er sieht, ist grauenhaft. Dann atmet er das Wesen ein und es übernimmt seinen Geist und damit auch „Jonesy“, zumindest zum Teil. Der echte „Jonesy“ zieht sich in jenen Raum in seinem Gehirn zurück, in dem die besonderen Erinnerungen lagern. Von hier aus versucht er, gegen das Wesen anzukämpfen, das Besitz von ihm ergriffen hat. Allerdings muß er auch hilflos mit ansehen, wie dieses Wesen in und mit seinem Körper tötet und verwüstet.
Unterwegs machen auch Devlin und Pete Bekanntschaft mit einer Unbekannten. Die sitzt mitten auf der verschneiten Straße in den Wäldern und ist offenbar nicht mehr ansprechbar. Da Devlin beim Versuch, die Frau nicht zu überfahren, den Wagen geschrottet hat, schleppen die beiden die Frau zu einem Holzlager, wo Pete auf sie aufpassen soll, während Devlin zurück zur Hütte läuft und von dort das Schneemobil holt.
Während sein Freund unterwegs ist, macht Pete ebenfalls Bekanntschaft mit einem der wurmartigen Dinger, das aus dem After der Unbekannten herausgekrochen ist. Auch Pete überlebt diese Begegnung nicht. Allerdings trifft er schwerverletzt auf „Jonesy“, der die Hütte mit dem Schneemobil verlassen hat. Der lässt sich von Pete den Weg zum Interstate zeigen, dann lässt er den Sterbenden zurück. Er überfällt einen Jäger und entführt dessen Hund, den er mit dem roten Staub infiziert.
Als Devlin zur Hütte zurückkehrt, ist das Innere mit eben jenem Staub übersät, der sich pilzartig ausbreitet. Er findet den toten „Beaver“ und stößt auf den Wurm, gut einen halben Meter lang, der es sich auf einem der Betten gemütlich gemacht hat, wo er ein Gelege ausbrütet. Devlin will die Hütte in Brand setzen, wird aber von etlichen bereits geschlüpften Mini-Würmern angegriffen. Mit letzter Kraft gelingt ihm die Flucht.
Während die Freunde ihre Erfahrungen mit den fremden Wesen machen, ist die Blue Boy Unit, eine Spezialeinheit, die nach eigenem Verständnis nicht einmal dem Oberkommando der Armee untersteht, in dem Gebiet eingetroffen. Unter der Führung von Colonel Abraham Curtis (Morgan Freeman), der sich seit über zwanzig Jahren im Kampf gegen Außerirdische befindet, sollen die Aliens bekämpft und besiegt werden. Sein erster Offizier, Lieutenant Owen Underhill (Tom SIzemore), wird damit beauftragt, die Menschen in der Gegend zusammenzutreiben und in einem notdürftig errichteten Lager zusammen zu pferchen. Desweiteren konnte die Einheit das Raumschiff der Wesen orten. Es soll mit einem Helikopterangriff vernichtet werden.
Underhill versucht, seinem Vorgesetzten auszureden, die Zivilisten, viele offenbar schon mit dem pilzigen roten Staub infiziert, auszulöschen. Doch Curtis kennt keine Gnade. Er macht deutlich, daß er durchaus versteht, daß dies Unschuldige sind, erklärt aber auch, daß er – und Underhill, sowie jeder in der Blue Boy Unit – „größer“ denken müsse, global. Einige Hundert Zivilisten zu töten, um die Übernahme der Welt durch das Gewürm zu verhindern, sei angemessen. Er unterstreicht sowohl seine Entschlossenheit als auch seine Autorität, indem er einen einfachen Soldaten der Einheit schwer für ein geringfügiges Vergehen bestraft.
Bei der Attacke auf das Raumschiff können die Angreifer etliche der Aliens töten, dann aber zerstören diese ihr Raumschiff selbst, was die Einheit zwei Helikopter samt Besatzung kostet. Curtis verbucht dies unter „Gefallenen“, Underhill ist zunehmend verstört ob der Kaltherzigkeit seines Vorgesetzten.
Devlin wird bei seinem Weg durch den Wald von einer Patrouille der Einheit aufgegriffen und ebenfalls ins Lager gebracht. Dort belauscht er ein Gespräch zwischen Underhill und Curtis. Es gelingt ihm, in Underhills Geist einzudringen und versteht deshalb, daß er und alle anderen Gefangenen hingerichtet werden sollen. Er bemüht sich, Underhill zu überzeugen, die Armee zu benachrichtigen, damit die dem Wahnsinn Einhalt gebietet. Desweiteren überredet er den Lieutenant dazu, ihm zur Flucht zu verhelfen, da er ein Signal von „Jonesy“ auffangen konnte und weiß, wohin das Wesen in dessen Körper unterwegs ist. Offenbar ist die Idee, den sterbenden, infizierten Hund in das Wasserreservoir vom Boston zu werfen, wodurch das gesamte Trinkwasser verseucht würde.
Underhill schenkt Devlin Glauben und setzt Curtis fest, unterrichtet einen General der Armee und verfolgt dann gemeinsam mit Devlin dessen Freund. Unterwegs begreift Devlin, daß er und die anderen von „Duddits“ ihre Fähigkeiten übertragen bekommen haben, um genau auf diese Situation vorbereitet zu sein. Schon in ihrer Jugend sprach ihr Freund oft davon, die Welt retten zu müssen. Nun begreift Devlin, daß „Duddits“ selbst ein Außerirdischer ist, einst gekommen, um die Welt vor eben jenen wurmartigen Wesen zu schützen.
So fahren Underhill und Devlin in dem Ort vorbei, in dem „Duddits“ bei seiner Mutter lebt. Sie nehmen ihn mit. Er ist schwer von einer Leukämieerkrankung gezeichnet und wird sterben. Seine Mutter ist der Meinung, daß er besser unterwegs aufgehoben sei, denn allein in seinem Zimmer. Sie weiß aber auch, daß „Duddits“ schon seit Tagen davon sprach, seine alten Freunde wiederzusehen.
So verfolgen die drei nun also „Jonesy“, der in seinem eigenen Körper den Kampf gegen das Wesen aufnehmen muß, das nun entschlossen ist, auch an die letzten Geheimnisse seines Wirts heranzukommen. Doch kann sich „Jonesy“ immer weiter in sich selbst zurückziehen.
An dem Reservoir von Boston kommt es zum Showdown. In letzter Sekunde gelingt es, den falschen „Jonesy“ davon abzuhalten, den toten Hund ins Wasser zu werfen. Als das Wesen „Jonesy“ freigibt, um sich in seiner eigentlichen Gestalt zu materialisieren, verwandelt auch „Duddits“ sich in ein fremdartiges Wesen, das den Kampf gegen den jetzt riesigen Wurm aufnimmt und gemeinsam mit diesem stirbt.
Als der Kampf, der zuvor auch Underhill das Leben gekostet hat, als er sich gegen den sie verfolgenden Curtis verteidigen musste, vorüber ist, stehen die beiden Freunde, die letzten Überlebenden, staunend vor den Überresten der außerirdischen Wesen. Dann sieht „Jonesy“ einen winzigen Wurm, der sich Richtung Wasser aufmacht. Im letzten Moment zertritt er ihn.
Stephen King hatte im Sommer 1999 einen schweren Unfall, als er beim Joggen von einem Auto angefahren wurde, der wohl angetrunken war. King musste Monate der Rekonvaleszenz mit Beinschienen verbringen. Der Unfall wurde von ihm immer wieder erwähnt und thematisiert, sowohl in fiktionalen Werken, als auch in Essays. Er war schwer traumatisiert und erklärte auch das ganz offen. Die Zeit, in der er ans Haus gefesselt war, nutzte er aber auch, einen neuen Roman zu schreiben. Wegen der Behinderung durch die Schienen, schrieb er DUDDITS (2001) komplett mit der Hand, was ebenfalls eine neue Erfahrung für den Vielschreiber gewesen ist. King, dessen frühe Romane eine gewisse, dem Genre der Horrorliteratur angemessene Härte aufwiesen und keinesfalls immer mit einem Happyend ausgestattet waren, ist im Laufe der Jahre milder geworden, was auch daran gelegen haben mag, daß seine persönliche Lebenssituation zusehends besser wurde, er natürlich finanziell abgesichert war, aber auch gewisse Süchte – Kokain und Alkohol hat er selber thematisiert – überwand. So mag es an den Umständen gelegen haben, unter denen DUDDITS entstand, die dazu beigetragen haben, daß der Roman wieder Szenen und Momente extremer Gewalt und äußerster Härte aufwies, die in jener Phase seines Schaffens eigentlich immer seltener wurden.
Bereits zwei Jahre nach Erscheinen des Romans verfilmte Lawrence Kasdan die Geschichte um vier Freunde, die seit Kindheitstagen zusammenhalten und einst durch ihren scheinbar unter einer Behinderung leidenden Freund „Duddits“ mit der Fähigkeit zur Telepathie ausgestattet wurden. Jahre später werden sie während eines ihrer jährlichen Jagdausflüge in den Wäldern Maines mit Außerirdischen konfrontiert, die sich virusartig verbreiten und von einer Spezialeinheit der Armee gejagt werden. Die Freunde werden in den Kampf gegen die Aliens verwickelt und auch ihr alter Freund spielt auf einmal wieder eine Rolle in ihrem Leben – sogar im Überleben der Menschheit.
Unter dem Namen DREAMCATCHER (2003) entstand ein damals wenig beachteter und wenn, eher negativ rezensierter Film, der allerdings gut gealtert ist und vor allem mit einem überzeugenden CGI-gestützten Monster, Momenten größter Spannung und solchen durchaus großer Härte aufwarten kann. Die Besetzung überzeugt, vor allem Morgan Freeman als Chef der Blue Boy Unit, einer Spezialeinheit, die nicht einmal der Armee untersteht und seit Dekaden den Außerirdischen auf der Spur ist, gibt diesen Colonel Curtis doppelbödig und etwas sinister. Mise-en-scene und die Bilder selbst fangen das verschneite Maine sehr gut ein, die Einsamkeit der Wälder, die Kälte im anhaltenden Schneegestöber, das Gefühl der Verlassenheit, das die voneinander getrennten Freunde im Angesicht eines völlig unbekannten Feindes einerseits und einer Kommandoeinheit, die ganz offensichtlich keine Gefangenen macht, andererseits, befällt.
Kasdan, als Regisseur immerhin für Klassiker der 80er Jahre wie BODY HEAT (1981) oder THE BIG CHILL (1983) sowie die Drehbücher für THE RETURN OF THE JEDI (1983), George Lucas´ damals zweiten Teil der STAR WARS-Saga, und Steven Spielbergs RAIDERS OF THE LOST ARK (1981) verantwortlich, inszenierte diesen in seinem Oeuvre eher fremden Stoff mit viel Verve und Lust am Schauerlichen, auch am Sarkastischen. Er nimmt sich in seinem über zwei Stunden langen Film Zeit, die Protagonisten und ihre Freundschaft, sowie ihre Fähigkeiten vorzustellen, bevor er dann die Ereignisse auf dem Ausflug angeht und ab dann ein Feuerwerk aus Action, Gore und Splatter zündet. Kasdan ist unter den Regisseuren, die King-Vorlagen verfilmt haben, einer der bekannteren. Wie Stanley Kubrick (THE SHINING/1980) oder Rob Reiner (STAND BY ME/1986) gehörte er jedoch nicht zu denen, die im Genre bereits zuhause waren, wie es auf Brian De Palma (CARRIE/1976), John Carpenter (CHRISTINE/1983), George A. Romero (CREEPSHOW/1982), Tobe Hooper (THE MANGLER/1995) u.a. zutrifft. So mag es auch daran liegen, daß Kasdan treffende Charakterisierungen der Protagonisten gelingen. Eine Fähigkeit, die er in seinen Dramen und Thrillern erlernt hat. Und es mag auch daran liegen, daß er sein Publikum ein wenig verwirrt, wenn er recht unvermittelt Szenen in die laufende Handlung einfügt, die Rückblenden in die Kindheit zeigen und ein wenig Licht auf das Verhältnis zwischen den vier Jungs und ihrem Freund, „Duddits“, werfen. Doch auch die Action und vor allem die Spannungsmomente beherrscht Kasdan und schuf so eine der besseren King- Verfilmungen, hatte der Autor doch nicht immer Glück mit der Umsetzung seiner Werke auf der Leinwand.
Wie bereits erwähnt, gehört DUDDITS zu den düstereren Werken Kings und der Film, der allerdings in einigen Details von der Vorlage abweicht, wenn auch nicht wesentlich, nimmt diese Düsternis an. Das beginnt bei der Einführung der vier Freunde, die alle ein einsames oder dröges Leben führen. Der eine will gleich in der ersten Szene Selbstmord begehen, der nächste fristet ein Dasein als alkoholabhängiger Gebrauchtwagenhändler, einer flüchtet sich in seiner Einsamkeit in eine ewig vulgäre Sprache voller F-Worte, der letzte wird am Beginn des Films angefahren und erholt sich davon kaum mehr. Kasdan, der auch hier am Drehbuch beteiligt war, zeichnet diese Leben mit wenigen aber prägnanten Strichen, er skizziert eher, als daß er beschreibt. Manches ist geradezu anrührend, vor allem jene Szene, in der die vier Freunde erstmals auf „Duddits“ treffen und ihn davor bewahren, von einigen Rüpeln mißhandelt zu werden. Zudem baut er eine Volte in den Film ein, die seinerzeit bei der Kritik ebenfalls nicht gut ankam. Denn die Aliens sind in der Lage, einzelne Menschen zu übernehmen, in ihre Gedanken einzudringen und den betreffenden nach und nach zu kontrollieren. Das geschieht auch „Jonesy“, jenem der Vier, der anfangs überfahren wird. Der sitzt nun in seinem eigenen Kopf und gibt sich alle Mühe, das fremde Wesen, das seinen Körper nutzt, niederzuringen. Diese Szenen sind in einer riesigen, verstaubten Bibliothek angelegt, die „Jonesys“ Kopf darstellen soll und aus der heraus er die Geschehnisse im Wald von Maine beobachtet, ohne wirklich EInfluß auf das zu haben, was geschieht – und was sein Körper tut.
Kasdan verweist aber auch auf eine ganze Reihe früherer King-Verfilmungen und bedient sich auch aus den Regalen des Horror-Genres. Das beginnt mit dem Schnee in Maine und der eingeschneiten Hütte, was natürlich an das abgelegene Overlook-Hotel in THE SHINING erinnert, die vier Freunde in ihrer jugendlichen Inkarnation sind durchaus an jene vier Kids in STAND BY ME angelegt, das Auftreten und Verhalten der Blue Boy Unit wiederum evoziert sowohl THE CRAZIES (1973), George A. Romeros Virus-Thriller, als auch OUTBREAK (1995), in welchem Wolfgang Petersen die Welt durch eine Ebola-Variante bedrohen ließ. In einer ausgesprochen interessanten Volte zeigt Kasdan einen Angriff auf das Alien-Raumschiff, in der all die Alien-Angriffe aus Filmen wie INDEPENDENCE DAY (1996) praktisch umgedreht werden. Sind es doch sonst die Raumschiffe der Extraterristischen, die gnadenlos Militärkolonnen, Siedlungen und Städte angreifen und in Schutt und Asche legen. Nun kommt die Blue Boy Unit in einer an den berühmten Helikopter-Angriff auf ein vietnamesisches Dorf in APOCALYPSE NOW (1976/79) gemahnenden Attacke auf die Außerirdischen nieder. Gnadenlos und brutal werden die Menschen hier dargestellt. Die Piloten lassen sich von nichts aufhalten, nicht einmal von den um ihr Leben bettelnden Stimmen in ihren Köpfen. Die wiederum stammen von den Außerirdischen, die sich die Gedanken und Vorstellungswelt der Menschen zu eigen machen und sich in Form jener „netten“ Aliens präsentieren, wie wir sie gern mit der sagenhaften Area 51 in Verbindung bringen und seit Spielbergs CLOSE ENCOUNTERS OF THE THIRD KIND (1977) imaginieren. Damit verbergen sie ihre „wirkliche“, gar schrecklich anzuschauende Erscheinung. Und dies wiederum erinnert an all die Mimikry, die uns klassische Sci-Fi-Filme der 50er Jahre, wie INVASION OF THE BODY SNATCHERS (1956), immer wieder präsentierten. Das wurmartige Ding, das sich den Weg aus seinen Wirtskörpern durch die hinteren Öffnungen sucht, ist selbstredend ein Echo jenes Wesens, das uns in einst in Ridley Scotts ALIEN (1979) das Fürchten lehrte.
Eine Menge Verweise, das stimmt. Doch gelingt es Kasdan, dies alles so zusammen zu rühren, daß etwas Neues, Eigenständiges entsteht. Er klaut nicht, sondern zitiert in bester postmoderner Manier und zollt den früheren Werken damit seinen Respekt, ja, er liefert sogar eine echte Reminiszenz all dieser Filme, die ihre jeweiligen Genres geprägt und definiert haben. Sie wurden in ihrer Zeit oft verkannt, als reines Unterhaltungskino abgetan und viele bekamen erst im Laufe der Zeit den Status als Klassiker, als spätere Generationen sie genauer untersuchten und filmhistorisch, sozilogisch und historisch einzuordnen begannen. Sie erhoben scheinbar Triviales in den Stand von Gratmessern der Zeitläufte und erkannten gerade in der scheinbar schnell hingefuschten Beiläufigkeit einiger dieser Werke ihre Klasse und Originalität. Kasdan macht also deutlich, daß auch er sich genau da einordnen will. Er bietet keine tiefschürfende Gesellschaftsanalyse, er bietet auch nur wenig Kritik an den herrschenden Verhältnissen. Er leistet einen Beitrag zum Unterhaltungskino, das, auf der Höhe seiner Zeit, eine gute Mischung aus Inszenierung, Spezialeffekten und modernstem technischen Standard bietet. Er inszeniert ein Drama, einen Sci-Fi-Film, einen Horror-Monsterfilm und eine geschickte Konstruktion des erzählenden Kinos, das mit Rückblicken und abstrakten Szenen ebenso punktet, wie mit seinen Action- und Spannungssequenzen. Und er liefert eben auch eine Hommage, eine leise Liebeserklärung an das Genrekino generell und das der Science-Fiction im Speziellen. Und die ist – im Kontext dessen, was ein guter Sci-Fi/Horrorfilm will und kann – sehr gelungen.