THE INTRUDER

Deon Taylor bietet in seinem Thriller trotz guter Ansätze leider nur Durchschnitt

Scott Howard (Michael Ealy) ist ein IT-Experte, der spezielle Digitalaufträge und Kampagnen für eine große Werbeagentur in San Francisco verwirklicht. Als sein neuestes Projekt zu einem erfolgreichen Abschluß kommt, bietet sich für ihn und seine Frau Annie (Meagan Good) die Möglichkeit, einen Lebenstraum zu verwirklichen: Sie kaufen ein herrschaftliches Haus im Napa Valley, um endlich eine Familie gründen zu können.

Bei einer ersten Besichtigung sind sie wie verzaubert von der morgendlichen Natur, die sie umgibt, ein Reh blickt sie an. Da zerreißt ein Schuß die Stille und das Tier fällt tot um. Ein Mann tritt hervor. Es ist Charlie Peck (Dennis Quaid), der Besitzer des Hauses. Obwohl Scott sofort eine Abneigung gegen den jovial und überfreundlich auftretenden Mann hegt, kann Annie ihn schließlich überreden, das Haus zu kaufen. Erst recht, als Charlie bereit ist, mit dem Preis runterzugehen und dem Paar zudem das gesamte, offensichtlich hochwertige, Inventar des Hauses zusätzlich zu überlassen.

Bald ziehen Scott und Annie ein. Scotts bester Freund Mike (Joseph Sikora) und seine Freundin Rachael (Alvina August) helfen ihnen. So begegnen sich auch Charlie und Mike. Als Mike spät am Abend vorm Haus eine Zigarette raucht und diese achtlos in den Garten schnippt, glaubt er sich beobachtet. Am nächsten Tag findet er den Abdruck einer ausgebrannten Zigarette auf dem Fahrersitz seines Wagens.

In den ersten Tagen im neuen Haus begegnen Scott und Annie immer wieder Charlie. Er gibt ihnen allerhand Tipps hinsichtlich des Hauses, dann mäht er den Rasen, den er für zu lang hält. Scott und Annie wissen vom ersten Gespräch mit ihm, daß er eigentlich nach Florida zu seiner Tochter will. Die locke ihn schon seit einiger Zeit. Charlies Frau starb im Haus an Krebs, was es ihm leichter macht, den Besitz aufzugeben, den sein Urgroßvater zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut habe. Doch ist zu spüren, daß Charlie sehr an dem Haus hängt. Nun wirkt es so, daß Charlie nicht loslassen kann und seine Abreise nach Florida immer wieder verschiebt.

Scott bleibt skeptisch, was den Vorbesitzer seines neuen Heims angeht, Annie hingegen spürt die Einsamkeit des Mannes und hat Mitleid mit ihm. So lädt sie ihn zum Thanksgiving-Dinner ein, bei dem auch Mike und Rachael anwesend sind. Während des Essens kommt es zu einer Diskussion darüber, ob Häuser, Gebäude generell, eine Seele besitzen. Mike vor allem findet die Vorstellung nahezu lächerlich, wodurch er Charlies Widerwillen weckt.

Immer wieder taucht Charlie im und am Haus auf, was Scott zusehends in Rage bringt. Erst recht, als Charlie ein Gewehr mitbringt. Scott wurde Zeuge, wie sein Bruder auf offener Straße erschossen wurde, als er selbst 15 Jahre alt war. Deshalb hasst er Waffen. Charlie gibt vor, Scotts Einwände zu verstehen. Überhaupt gibt sich Charlie immer sehr einsichtig, wenn Scott ihn wieder einmal zur Rede stellt. Dennoch bewegt er sich auf dem Grundstück, als gehöre es weiterhin ihm.

An einem anderen Abend meinen Scott und Mike, der einmal mehr zu Besuch ist, jemanden hinter dem Haus zu sehen. Sie suchen im Wald und landen auf einer Feuerschneise, die durch den Wald gelegt wurde. Dort sehen sie einen Wagen, der sich von ihnen entfernt. Scott vermutet Charlie. Annie hält ihn für zusehends paranoid. Bei einem weiteren Besuch erklärt Charlie, es seien meist Teenager aus dem nahen Dorf, die im Wald feierten.

Scott und Annie haben nun häufiger Streitereien wegen Charlie. Eines Abends kommt Scott nicht nachhause und informiert Annie mit einer SMS. Er geht mit einigen Klienten in eine Bar. Annie ist außer sich, da ein früherer Seitensprung seinerseits ebenfalls so angefangen hat. Charlie steht plötzlich vor der Tür. Die beiden verbringen den Abend miteinander, erneut unterhalten sie sich sehr nett miteinander. Derweil merkt Scott, daß er einen Fehler gemacht hat und fährt heim. Charlie ist mittlerweile weg, doch bemerkt Scott die Gläser. Er und Annie haben erneut Streit, doch Scott gibt bei und die beiden lieben sich in der Küche. Sie bemerken nicht, daß Charlie in der Tür steht und sie beobachtet.

Ein Nachbar erzählt Scott bei einer zufälligen Gelegenheit, daß Charlies Frau nicht an Krebs im Haus gestorben sei, sondern Selbstmord begangen habe. Allerdings, so betont der Mann, habe es damals eine Untersuchung der Vorgänge gegeben, da die Polizei Zweifel an der Selbstmordthese gehabt habe.

Mike findet auf Scotts Bitte heraus, daß Charlie hohe Schulden hat und das Haus verkaufen musste. Scotts Abneigung gegen Charlie scheint sich immer weiter zu bestätigen.

Scott führt Annie abends zum Essen aus. Sie fahren in die nahe gelegene Stadt und genießen ein opulentes Mahl. Anschließend schlägt Scott vor, einen Absacker in der Bar des Hotels zu nehmen, wo Charlie angeblich abgestiegen ist. Und wirklich treffen sie den vormaligen Besitzer ihres Hauses hier. Zunächst wirkt das Zusammentreffen zufällig und freundlich, doch relativ schnell macht Scott klar, daß es ihm darum geht, Charlie ein für alle Male zu warnen, sich dem Haus zu nähern. Auch konfrontiert er Charlie mit den Erkenntnissen, die er gewonnen hat. Annie ist die Situation peinlich, sie drängt darauf zu gehen.

Am nächsten Morgen macht Scott seine Joggingrunde und wird dabei von einem Wagen angefahren. Er wird in das lokale Krankenhaus eingeliefert, wo man zwar keine schweren Verletzungen feststellen kann, ihn jedoch zur Beobachtung über Nacht dabehalten möchte. Annie kehrt allein ins Haus zurück.

Scott ruft Mike an und erklärt ihm, was es mit Charlie auf sich hat. Er bittet seinen Freund, zum Haus zu fahren und nach Annie zu schauen. Derweil ist Charlie zum Haus gekommen. Er bringt Annie Essen mit und erklärt, er habe von Scotts Unfall gehört und habe nachschauen wollen, wie es ihr ginge. Annie bittet ihn herein. Gemeinsam essen sie die Pizza, die Charlie mitgebracht hat und unterhalten sich über ihr Leben.

Mike beobachtet sie durch das Küchenfenster, was Charlie bemerkt. Er stellt Mike, erklärt ihm, daß er der Meinung sei, jeder habe im Leben eine zweite Chance verdient. Mike stimmt dem zu. Dann wird deutlich, was Charlie damit meint: Er will Scott ausschalten und mit Annie im Haus ein neues Leben beginnen. Dann erschlägt Charlie Mike mit einer Axt.

Charlie hat die Nacht im Haus verbracht und als Scott anderntags heimkehrt, sieht er die Spuren des Abends, den Annie und Charlie miteinander verbracht haben. Wieder kommt es zu Streit zwischen den beiden. Scott fährt in die Stadt. Annie streift durchs Haus und entdeckt hinter einem Wäscheschrank eine Geheimtür. Sie folgt dem Gang, der in den Keller führt und von dort in ein Tunnelsystem, das in einem Gartenschuppen mündet. Ihr wird klar, daß Charlie das Grundstück nie verlassen hat, sondern die ganze Zeit unter dem Haus lebte. Und immer Zugang zum Haus hatte.

Scott kontaktiert derweil Charlies Tochter. Dank Mikes Recherchen weiß er, daß die einen anderen Namen trägt, als von Charlie behauptet. Nun erfährt er, daß sie nichts mit ihrem Vater, den sie für einen Psychopathen hält und von dem sie behauptet, er habe die Mutter getötet, zu tun haben will. Vielmehr würde sie ihn töten, sollte er je bei ihr in Maine, wo sie tatsächlich lebt, auftauchen.

Scott kehrt ins Haus zurück, wo Annie mittlerweile die Leiche von Mike im Keller gefunden hat und in eine Auseinandersetzung mit Charlie geraten ist. Der will sie zu seinem Besitz machen, offenbart ihr seine Pläne, mit ihr ein neues Leben anzufangen und versucht, sie zu vergewaltigen.

Als Scott schließlich eintrifft, kommt es zwischen den Männern zu einer Auseinandersetzung, gemeinsam versuchen Annie und Scott, Charlie außer Gefecht zu setzen. Der hat sich mit einer Schrotflinte bewaffnet und feuert mehrfach auf Scott. Schließlich können sie Charlie überwältigen und ihm die Flinte entreißen. Scott zielt auf Charlie, während Annie die Polizei ruft. Sie erklärt am Telefon, man möge schnell kommen, ihr Mann habe einen Eindringling gestellt und erschossen. Scott zielt auf Charlie und sagt: „Fahr zur Hölle!“. Dann drückt er ab.

Es gibt diese Filme – Thriller, Romantic Comedies, Horrorfilme, Dramen – die einen angenehmen Abend vor dem Fernseher versprechen, die einen auch leidlich unterhalten, über die man aber in gewisser Weise auch grummelt und grantelt, weil man die ganze Zeit Möglichkeiten sieht, die ausgelassen werden, Handlungsstränge, die weitaus interessanter wirken als das, was einem wirklich geboten wird, und die vor allem ab eines frühen Zeitpunkts viel zu durchschaubar sind. Filme, bei denen man nach fünfzehn Minuten A, den Ausgangspunkt, und B, das Ziel kennt und sich eigentlich nur noch fragt, wie der Film die Strecke zwischen A und B zurücklegen wird.

THE INTRUDER (2019) ist genau solch ein Film. Voller guter Ansätze, möglicher Twists, mit einem guten Subtext und interessanten Figuren – aber nach 10 Minuten ist der Bad Guy identifiziert und erweist sich dann punktuell als lediglich noch verrückter, als man ihn sowieso schon eingeschätzt hatte. Ab diesem Punkt ist man auf einer Rutschbahn, bei der sich nur noch die Frage stellt, ob sie nun links- oder rechtsrum abbiegt.

Regisseur Deon Taylor wird gern jenem „New Black American Cinema“ zugerechnet, das Filme wie MOONLIGHT (2016) aber auch Genrefilme wie GET OUT (2017) hervorgebracht hat. Es ist ein Kino, das selbstbewusst „schwarze“ Themen aufgreift, diese teils in Dramen, teils in Thrillern oder eben Horrorfilmen verhandelt und damit nicht nur „problembewußt“ ist, sondern auch zu unterhalten versteht. Taylor ist eher jenem Zweig zuzurechnen, der sich im Genrekino tummelt. Er hat Horrorfilme und Serien für das Fernsehen gedreht, mit BLACK AND BLUE (2019), dem Nachfolger zu THE INTRUDER, hat er einen guten Polizei-Thriller gedreht, der Fragen nach Polizeigewalt, institutionellem Rassismus und Eigenverantwortung auch der schwarzen Community stellt.

THE INTRUDER – das ist die erste und durchaus angenehme Auffälligkeit – durchbricht dieses Muster, indem er eine fast utopische Normalität behauptet. Ein schwarzes Pärchen kauft im Napa Valley ein herrschaftliches Haus von einem älteren weißen Mann. Das Paar selbst ist höchst erfolgreich – er entwickelt IT-Kampagnen für eine Werbeagentur in San Francisco, sie ist freischaffende Journalisten – und der beste Freund von Scott Howard, dem IT-Spezialisten, ist ein Weißer, der wiederum mit einer Schwarzen liiert ist. All das, so suggeriert der Film, ist kein Problem in einer modernen Welt, in der Qualität zählt, nicht Herkunft, Hautfarbe oder Religion. In der Welt des Films stellt auch niemand in Frage, daß dieses urbane schwarze Paar in eine weiße Nachbarschaft zieht. Alles kein Problem. Und die Probleme, die Scott und seine Frau Annie schließlich bekommen, haben nichts mit ihrer Hautfarbe zu tun. Es könnte genauso eine weiße, asiatische oder indianische Familie treffen. Damit bietet THE INTRUDER eine zwar nicht der wirklichen Wirklichkeit entsprechende Realität, schafft aber in der Wirklichkeit des Films eine Welt, in der Probleme nicht mehr rassisch oder ethnisch oder religiös begründet sind und trägt damit zu einer Normalisierung bei.

Dennoch arbeitet Taylor mit einer Reihe von Doppelungen, Verdrehungen und Gegenüberstellungen. Da zieht ein extrem urbanes Paar in eine extrem ländliche Gegend – ein Setting das in den vergangenen Jahren in Film und Literatur nicht nur in Amerika immer wieder als Ausgangspunkt für Gegenpole und Reibungen genutzt wurde. Man denke nur an Dörte Hansens ALTES LAND (2015) oder Juli Zehs UNTERLEUTEN (2016). Daß es sich dabei um ein farbiges Paar handelt, spielt, wie gesagt, im Kontext des Films zwar keine weitere Rolle, aber natürlich bedeutet diese Konstellation eben auch die Modernität dieser Leute. In Charlie Peck stoßen sie auf einen enorm traditionsbewußten Mann, der ihnen sein Haus verkauft – ein Haus, an dem er sehr hängt, wie Scott und Annie eigentlich schon bei der ersten Begegnung feststellen könnten. Der Zuschauer jedenfalls begreift es sofort. So erstaunt es zunächst nicht, daß Charlie wieder und wieder am Haus auftaucht. Mal mäht er ungebeten den Rasen, mal gibt er Tipps, manchmal leistet er Annie, die meist allein ist, einfach nur Gesellschaft. Daß der Mann allerdings etwas unterschwellig Bedrohliches hat, wissen wir auch sofort, denn immer wieder verfällt er in fast grimassierendes Grinsen, es wirkt, als müsse er sein Gesicht nahezu mit Gewalt unter Kontrolle halten. Jack Nicholson à la SHINING (1980).

Taylor baut seinen Thriller um das momentan im Horror- und Thrillergenre so beliebte Motiv der Home Invasion. Fremde, die meist gutsituierte junge Menschen überfallen, die in vornehmen Vororten oder wunderschönen alten Villen leben, die sie eben erst erstanden haben. THE INTRUDER allerdings wendet auch dieses Motiv: Geht man vom Standpunkt Charlie Pecks aus, von dem wir bald erfahren, daß der Hausverkauf keineswegs so freiwillig erfolgte, wie er es darstellt, sondern vor allem, weil er Schulden hat, dann sind Scott und Annie, auch wenn sie juristisch gesehen natürlich im Recht sind, denn sie haben ja immerhin über 3 Millionen Dollar für das Anwesen gezahlt, die eigentlichen Invasoren. Sie zeigen dem Haus und vor allem seiner Geschichte – hier wurden Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, hier wurden Kinder aufgezogen und Charlies Frau starb hier an Krebs – nicht den Respekt, den ein Mann wie Charlie einfordert. Verstärkt wird dieses Gefühl, als Charlie eines Abends, von Annie zum Thanksgiving-Essen eingeladen, auf Scotts besten Freund Mike trifft, der der Idee, Häuser, Gebäude generell, ja sogar Brücken oder Einkaufszentren könnten so etwas wie eine Seele haben, äußerst skeptisch gegenüber steht, sie sogar ins Lächerliche zieht. Diese Leute – Scott und Annie, Mike und seine Freundin Rachael – stehen für eine Moderne, die das Alte nicht wertschätzt, keinen Sinn für das Historische, für Traditionen und Werte hat, eine Generation, die nur noch in eine – digital gesteuerte – Zukunft blickt und dieser bedingungslos vertraut. Zumindest schwingt diese These unterschwellig mit. Sie sind Neureiche, die die alte Ordnung (und an dieser Stelle spielt das gemischtrassige Pärchen Mike und Rachael dann doch eine Rolle, wenn auch nur als Markierung) zerstören, bestenfalls ignorieren, die mit schnellem Geld jene, die die alten Werte noch kennen, verdrängen. Die Generation, die in Städten wie San Francisco für jenes Phänomen verantwortlich sind, das man gemeinhin „Gentrifizierung“ nennt.

Wäre Charlie Peck, den Dennis Quaid ausgesprochen lebhaft, agil, aber eben auch komplett over the top spielt, nicht von allem Anfang an – er wird in die Handlung eingeführt als er ein unschuldig ins Morgenlicht blinzelnde Reh erschießt – so offensichtlich psychisch angeschlagen und eben auch bedrohlich, könnte der Zuschauer ihn mögen, sogar bis zu einem gewissen Grade seinen Argumenten folgen. Doch so, wie die Figur angelegt ist, ist der Typ einfach zu schräg, um ihm Kredit einzuräumen. Taylor gibt dann auch relativ schnell einige durchaus problematische Hintergründe zu Charlie preis. So wissen wir eigentlich immer, auf wessen Seite wir nun eigentlich zu stehen haben. Denn ob wir Scott und Annie nun mögen oder nicht – und Buch und Regie sind geschickt genug, den beiden ebenfalls ein paar Eigenschaften in ihre Charaktere einzuschreiben, um sie nicht einfach nur als strahlende Helden erscheinen zu lassen – wir zittern mit ihnen, erst recht, wenn der Film alle Zurückhaltung aufgibt und wir mit Charlies eigentlichem Wesen unverstellt konfrontiert werden.

Doch bis dahin baut Taylor lauter kleine Hinweise und Twists ein, die durchaus unterhalten und für Konfusion sorgen. Am deutlichsten wird dies in einer Szene, in der Mike, von Scott alarmiert, ums Haus schleicht, um herauszufinden, ob Charlie bei Annie ist. Die beiden unterhalten sich bei einer Flasche Wein und erzählen sich aus ihrem Leben, Mike beobachtet sie durchs Fenster – und mit einem Mal ist der gefühlte Erretter der Außenseiter, der Außenstehende, der heimliche Beobachter. Geschickt vertauscht Taylor die den Protagonisten zugeordneten Rollen. Es ist die vielleicht einzige Szene, in der die Regie uns wirklich einfängt und wir für einen Moment glauben, Charlie könnte ein anderer sein, als der, als den wir ihn identifiziert zu haben meinen. Wer ist nun der Eindringling (Intruder)?

Doch es ist auch diese Szene, deren Ende mit allen Zweifeln hinsichtlich Charlies Charakter aufräumt. Denn er entdeckt Mike, folgt ihm, stellt ihn, spielt sein Spielchen mit ihm und bringt ihn dann um. Ab diesem Moment wissen wir, daß Scott und Annie in höchster Gefahr sind. Und ab diesem Moment wird uns in immer schnelleren Intervallen entlarvt, wie es um diesen Mann wirklich bestellt ist, ja, wie weit er gehen wird, um zu bekommen, was er will. Ab diesem Moment wird aus einem leidlich spannenden Psychothriller ein Reißer, der nicht mit wilden Entwicklungen, mit nahezu hanebüchenen Entdeckungen und einem recht hohen Blutzoll geizt.

Nun gibt es die genreüblichen Verfolgungsjagden und körperlichen Auseinandersetzungen, man lauert und spürt sich gegenseitig auf und schlußendlich kommt es auch zum passenden Showdown. Der allerdings hat es in sich, bietet er doch einen letzten Twist, eine letzte Verdrehung, die dann schon ärgerlich ist. Scott nämlich, der Charlie mehrfach eindringlich gebeten hatte, keine Waffen aufs Grundstück zu bringen, da er nach dem gewaltsamen Tod seines Bruders traumatisiert und ein entschiedener Gegner aller Waffengewalt ist, hat seinem Widersacher dessen Schrotflinte entwunden und hält den verletzten Mann in Schach. Annie ruft die Polizei und meldet, ihr Mann habe einen Eindringling gestellt – und erschossen. Und Scott folgt ihrem Narrativ. Mit den Worten „Fahr zur Hölle!“ erschießt er Charlie Peck. Aus dem Pazifisten ist ein real american guy geworden, ein Mann, der sein Heim schützt, zur Not mit tödlicher Gewalt.

Was in Sam Peckinpahs hoch umstrittenen STRAW DOGS (1971) ein schon zynisch zu  nennender Kommentar auf ein Amerika war, das sich gern als Polizist aufführt und dann eine unfassbare, nicht mehr zu kontrollierende Gewalt entfesselt, gerinnt bei Deon Taylor schlicht zur letzten Pointe einer wilden Räuberpistole. Zudem einer Räuberpistole, die nicht hält, was sie verspricht. Zu durchschaubar, zu vorhersehbar, nicht hintersinnig genug und zudem mit zu offensichtlichen Zitaten (vor allem SHINING muß einige Male, bis in den Aufbau der Bilder, die Mise en Scene, als Referenz herhalten) ist das Ganze leider weniger als die Summe seiner Einzelteile. Denn – es wurde ausführlich dargelegt – eigentlich bietet der Film eine Menge Potential. Doch interessiert dieses weder Buch noch Regie nicht wirklich. Und das rächt sich letztlich. Denn was bleibt, ist unterhaltsamer Durchschnitt.

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