AUSLÖSCHUNG/ANNIHILATION

Alex Garland bietet einen vermeintlich hintersinnigen Sci-Fi-Thriller, der zu viele Möglichkeiten auslässt

Die Ex-Soldatin und Professorin für Biologie Lena (Natalie Portman) wird einem Verhör unterzogen. Sie soll von einem Einsatz berichten, von dem sie offenbar als einziges Expeditionsmitglied zurückgekehrt ist. So beginnt sie zu erzählen:

Eines Morgens wird sie mit ihrem Ehemann Kane (Oscar Isaac) konfrontiert, der plötzlich im gemeinsamen Zuhause auftaucht. Er war seit einem Jahr verschwunden, nachdem er – ebenfalls Soldat – mit seiner Einheit auf einen geheimen Einsatz geschickt worden war.

Kane erscheint Lena seltsam verändert. Nichts ist zu spüren von seiner einstigen Wärme und Zugewandtheit. Plötzlich beginnt er, Blut zu spucken. Lena ruft einen Notarzt. Doch auf der Fahrt in eine Klinik wird der Rettungswagen des Arztes von einer Spezialeinheit in entsprechenden Fahrzeugen von der Straße gedrängt und angehalten. Lena und Kane werden in eine geheime Einrichtung des Militärs verbracht.

Hier wird Lena von der Psychologin Dr. Ventress (Jennifer Jason Leigh) in Empfang genommen. Sie berichtet von einem drei Jahre zurückliegenden Vorfall, der sich an der Küste ereignet habe. Seitdem breite sich von dort etwas aus, das in Ermangelung einer genaueren Bezeichnung „Schimmer“ genannt wird. In den drei Jahren wurden etliche Expeditionen in die als Area X gekennzeichnete Zone entsendet, bis auf Kane ist nie jemand zurückgekehrt.

Nun soll eine neue, mittlerweile die zwölfte, Expedition in die Zone geschickt werden. Man will zu einem Leuchtturm vordringen, der als Zentrum des „Schimmers“ ausgemacht werden konnte. Dr. Ventress versucht Lena zu überreden, sich anzuschließen.

Lena macht die Bekanntschaft einer kleinen Gruppe junger Frauen. Cass Sheppard (Tuva Novotny), eine Geo-Morphologin, spricht sie an und führt sie in den Kreis ein. Da sind neben Cass die Physikerin Josie Radek (Tessa Thompson) und die Sanitäterin Anya Thorensen (Gina Rodriguez). Sie alle sind für die anstehende Expedition eingeteilt.

Da Lena hofft, in der Zone eine Möglichkeit zu entdecken, Kane zu retten, womöglich herauszufinden, was es war, das ihn derart angegriffen hat, schließt sie sich an.

Bald, nachdem die fünf Frauen in die Area X eingedrungen sind, machen sich erste Symptome bemerkbar. Allen geht das Zeitgefühl verloren, sie sind nicht in der Lage, reell abzuschätzen, wie lange sie sich bereits in der Zone befinden, lediglich anhand ihrer Vorräte können sie die Zeitdauer feststellen. Auch bricht die Kommunikation zusammen – sie haben keinen Funkkontakt mehr zu ihrer Basis.

Lena macht eine ganze Reihe eigenartiger Pflanzen aus, die in dieser Form niemals vor Ort vorkommen dürften, die aber auch alle individuell zu sein scheinen. Sie wirken wie Kreuzungen etlicher unterschiedlicher Arten. Cass sieht einige Rehe, denen statt Geweihe Pflanzen aus den Köpfen zu wachsen scheinen.

In einem Weiler, wo sie Rast machen, werden sie von einem Alligator angegriffen, der offenbar eine Mutation darstellt. Lena gelingt es, das Vieh in letzter Sekunde zu töten. Als sie es untersucht, stellt sie pflanzliche Spuren an dem Tier fest.

Die Frauen erreichen ein Camp, welches das Militär hier einst betrieben hat. Hier stoßen sie auf einen Film, der mit einer Notiz versehen ist. Diese Aufnahme, so heißt es da, sei für die nächsten, die hier einträfen.

Auf dem Film ist zu sehen, wie Kane einem seiner Kameraden den Bauch aufschneidet. Hinter der zurückgeklappten Bauchdecke ist ein sich windendes Wesen zu sehen, das einem Wurm oder einer Schlange entsprechen könnte – oder sich windenden Algen. Die Gruppe ist uneinig, wie sie mit diesen Informationen umgehen soll. Anya ist der Meinung, man solle umkehren, Josie und Cass stimmen ihr etwas unentschieden zu. Dr. Ventress ist vollkommen überzeugt davon, weiterzugehen.

Bei einem Streifzug durch das Camp, entdecken die Wissenschaftlerinnen den Mann, dem die Bauchdecke aufgeschnitten wurde: Er klebt wie in einem Spinnennetz gefangen an einer Wand, aus ihm scheint ein Flechtengewirr hervorgebrochen zu sein.

Lena zapft sich selbst Blut ab und untersucht es. Dabei stellt sie fest, daß sich auch ihre Zellen bereits teilen und dabei eine prismatische Farbe und Form annehmen. Offenbar ist das, was in der Zone vor sich geht, bereits in sie und ihre Begleiterinnen eingedrungen und wirkt sich auf ihre Organismen aus.

Als die Gruppe nachts vor dem Camp zusammenfindet, werden sie aus der Dunkelheit angegriffen und etwas Riesiges greift sich Cass und verschleppt sie in die Nacht. Dr. Ventress ist davon überzeugt, einen Bären gesehen, Lena ist ebenfalls der Überzeugung, ein großes Tier wahrgenommen zu haben.

Am folgenden Tag geht Lena alleine los, da sie Cass im Dschungel vermutet, den der „Schimmer“ nach und nach gebildet hat. Sie wird tatsächlich fündig: Cass wurde die Kehle zerfetzt, etwas hat sie getötet.

Erneut gibt es Diskussionen, ob man den Weg fortsetzen solle oder umkehren. Dr. Ventress erklärt, daß sie auch allein weiterginge. Lena kann Anya und Josie überzeugen, daß es besser sei, Richtung Küste weiterzugehen. Von dort sei der Weg raus aus der Zone kürzer, als nun einfach umzudrehen.

Die Gruppe erreicht ein evakuiertes Dorf, wo sie für die Nacht campieren will. Josie sieht nun einige Beobachtungen bestätigt, die sie seit Tagen zu machen glaubt: Scheinbar unterbricht der „Schimmer“ nicht einfach den Funkkontakt und auch das Licht hier verändert sich nicht willkürlich, sondern vielmehr werden sie verzerrt. Und genau das scheint der „Schimmer“ auch mit der DNS alles Lebenden anzustellen. Dadurch kommen die bizarren Formen und Farben zustande.

Als Lena, Josie und Dr. Ventress am nächsten Morgen erwachen, finden sie sich an Stühle gefesselt und geknebelt. Anya ist dafür verantwortlich. Sie verdächtigt ihre Gefährtinnen, sie in ein Selbstmordkommando hineinzwingen zu wollen. Sie hat herausgefunden, daß Lena mit Kane verbandelt ist – was diese mit Dr. Ventress´ Einwilligung vor den andern hatte verheimlichen wollen. Anya kombiniert sich einiges zusammen. So habe außer Dr. Ventress und Lena niemand den Bären gesehen. Nur Lena war unterwegs und behauptete, die tote Cass gefunden zu haben. Anya vermutet jedoch, daß Lena Cass getötet habe.

Während Anya ihre Gefangenen mit einer Waffe bedroht, vernehmen alle auf einmal Cass hilflosen Schrei, als sie verschleppt wurde. Es ist das Wesen, das sie angegriffen hatte. Tatsächlich wirkt es wie eine Kreuzung aus einem Bären und einem Elch oder auch einer gigantischen Ratte. Offenbar war es in der Lage, Cass Schreie zu imitieren.

Anya will es angreifen, wird aber von dem Tier getötet. Dann streift es durch den Raum und beschnüffelt die gefesselten Frauen. Da das Tier unschlüssig scheint, was es tun oder wen es zuerst töten soll, gelingt es Josie, sich aus den Fesseln zu befreien. Sie gelangt an eine Waffe und kann das Wesen töten.

Dr. Ventress bricht sofort auf zum Leuchtturm. Sie spürt – wie die anderen auch – daß eine Veränderung mit ihr vorgeht, geistig, aber auch körperlich. Josie erklärt Lena gegenüber, daß sie anders sei als Lena oder auch Dr. Ventress. Während letztere verstehen wolle, was vor sich geht, wolle Lena das, was dafür verantwortlich ist, töten. Sie aber, Josie, wolle weder das eine noch das andere – dann entfernt sie sich. Lena rennt ihr nach, findet aber nur ein Feld von Pflanzen in menschlichen Formen. Irgendwo dazwischen scheint Josie verloren gegangen zu sein.

Lena erreicht den Strand. Der in der Ferne schimmernde Leuchtturm ist von seltsamen, sich windenden Lichtbäumen umgeben. Lena dringt in den Leuchtturm ein und findet die Leiche eines Verbrannten sowie eine Kamera. In dem Raum befindet sich zudem ein rundes Loch, das von einem ähnlichen Geflecht umgeben ist, wie jenes, das aus dem Soldaten im Camp hervorgewachsen war.

Als Lena die Kamera anstellt und den Film betrachtet, sieht sie Kane, wie sie ihn kannte, der mit einer nicht sichtbaren Person spricht. Er könne nicht mehr, die einzige Möglichkeit, den Horror zu beenden, sei Feuer. Er bittet den oder die Unbekannte/n, Lena aufzusuchen. Dann zündet Kane eine Phosphorgranate, die er in den Händen hält. Als er verbrannt ist, tritt jemand hinter der Kamera hervor – es ist ein nahezu perfektes Duplikat von Kane, das in die Kamera blickt.

Lena steigt in das Loch hinab und landet in einer Höhle, wo Dr. Ventress auf einem natürlichen Sockel sitzt. Ihre Augen beginnen zu verwachsen und sie scheint nicht mehr sie selbst zu sein. Doch erkennt sie Lena. Sie erklärt ihr, daß die Auslöschung bevorstehe. Langsam verwandelt sie sich in ein Lichtwesen, bis sie in einer größeren Lichterscheinung aufgeht. Diese Erscheinung bildet direkt vor Lenas Augen immer neue Formen. Ein Blutstropfen von Lena fällt in die Mitte des Gebildes, woraus sich langsam eine Figur entwickelt.

Lena flieht durch das Loch zurück in den Leuchtturm, doch die Figur, das Wesen, empfängt sie hier bereits. Es stellt sich heraus, daß das Wesen Lena imitiert und damit spiegelt. Nach verschiedenen Versuchen, zu entkommen, nutzt Lena die Spiegelung und steckt dem Wesen eine weitere Phosphorgranate in die Hand und zieht dann den Spint.

Als Lena aus dem Leuchtturm flieht, explodiert die Granate und steckt das Wesen in Brand. Es setzt nun seinerseits die Leiche von Kane in Flammen, auch die Flechten, die aus dem Loch kommen, verbrennt es.

Lena betrachtet den brennenden Leuchtturm und nimmt zugleich wahr, daß nicht nur die seltsam wabernden Lichtgebilde am Strand in sich zusammenfallen, sondern all die seltsamen Gebilde und Formen, die sich in der Zone entwickelt haben, verwelken, stehen in Flammen, vergehen.

Nun, in der Verhörzelle, erklären ihr die Befrager, daß etwa zu der Zeit, da die Area X in Flammen aufgegangen sei, Kane sich stabilisiert habe, die Blutungen aufgehört hätten. Lena verlangt Kane sehen zu dürfen. Als sie an seinem Bett sitzt, stellt sie ihm die Frage, ob er wisse, daß er er selbst sei. Kane verneint dies. Lena hingegen antwortet auf seine Gegenfrage nicht. Als sie sich umarmen, blitzt in Lenas Augen eben jenes schimmernde Prisma auf, welches Lena unterwegs bei den Untersuchungen ihres eigenen Blutes und anderer Proben festgestellt hatte.

Science-Fiction, wie immer schon, teilt sich auch heutzutage in jenen Bereich, wo es kracht, raucht und rummst, und einen Bereich, wo der hintersinnigere Gedanke beheimatet ist. Die Vertreter der ersten Sektion sind schnell erkannt: Marvel-Superhelden-Filme, die neuesten Franchises aus dem STAR WARS-Universum, hier und da ein Kracher mit Tom Cruise et al. Die Vertreter der letzteren Sektion sind schwerer zu identifizieren. Das liegt vor allem daran, daß sich in diesem Bereich so mancher tummelt, der sich selbst für tiefsinnig halten mag und dem es gelingt, ein Gros der Kritiker und Zuschauer davon zu überzeugen, daß dem wirklich so ist, daß das, was da geboten wird, tatsächlich in besonderem Maße philosophisch oder intellektuell untermauert sei. Christopher Nolan ist solch ein Filmemacher. Und leider trifft dies auch auf einen weiteren Briten zu, Alex Garland.

Betrachtet man Garlands zweite Regiearbeit ANNIHILATION (2018) unvoreingenommen, dann hat man es mit einem scheinbar hintersinnigen Sci-Fi-Film zu tun, der anschlußfähig ist an die großen Meister des Genres – Stanley Kubrick, Saul Bass, Andrej Tarkowski – Filmemacher, denen es gelang, in ihren gelegentlich der Science-Fiction zuzuordnenden Werken ernsthafte intellektuelle Probleme oder gar philosophische Fragestellungen aufzugreifen und bildsprachlich so umzusetzen, daß der Zuschauer einen Mehrwert daraus ziehen konnte, jenseits reiner Unterhaltung. 2001 – A SPACE ODYSSEY (1968), PHASE IV (1974) oder STALKER (1979) waren solche Filme. Und gerade letzterer, STALKER, scheint für Garlands Film (und den zugrunde liegenden Roman von Jeff VanderMeer) ein direktes Vorbild gewesen zu sein.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern/Soldaten macht sich auf, eine verbotene Zone zu betreten, in der seltsame Dinge geschehen, die nicht einzuordnen sind. Vormalige Expeditionen sind nicht zurückgekehrt, bzw. wenn jemand zurückkehren konnte, scheint er oder sie nicht mehr das eigene Selbst zu sein. Nun also ein neuer Versuch und eine Heldin, die insofern von der Materie betroffen ist, als daß ihr Geliebter einer der wenigen war, die zurückkamen und der eben genau das Phänomen aufweist, nicht er selbst zu sein. Einmal in die „Zone“ eingedrungen, gewärtigt die Gruppe bald seltsame Dinge, bis die Wissenschaftlerinnen zumindest rudimentär feststellen können, womit sie es zu tun haben: Etwas hat die DNS von Tieren und Pflanzen derart verändert, daß diese sich kreuzen, speziesübergreifend. Da tauchen Alligatoren oder Rehe mit Pflanzenbewuchs auf, an anderer Stelle begegnen die Forschenden Pflanzen in Menschengestalt usw. Nach und nach beginnen auch die Teilnehmerinnen der Expedition sich zu verändern, physisch wie psychisch. Und schließlich tritt die Heldin – hier in Gestalt von Natalie Portman – der Lösung des Ganzen entgegen und muß feststellen, daß da eine offenbar außerirdische Lebensform die Lebewesen der Erde nicht nur imitiert, sondern nachhaltig verändert und schließlich ersetzt.

Im reinen Handlungsablauf ist dies sehr nah an Tarkowskis Meisterwerk. Natürlich weicht der Film in seinen Intentionen aber weit von denen des russischen Filmemachers und Bild-Philosophen ab. Denn hier – und damit ist Garlands Film dann eher bei anderen, eher banalen Vorläufern – trifft die Heldin Lena nicht auf ihre eigenen Wunschträume oder ein Ich, welches sich von sich selbst lösend Erlösung sucht und (vielleicht) findet, sondern sie trifft auf etwas, das sich vermehrt und wuchert. Und das erinnert dann doch vor allem an jene Filme, die von der „Invasion der Körperfresser“ erzählen. INVASION OF THE BODY SNATCHERS (1956), Don Siegels B-Movie-Meisterwerk aus düstersten Zeiten des Kalten Krieges, und seine diversen Nachfolger – Philip Kaufmans Neuverfilmung gleichen Namens von 1978 und Abel Ferraras Adaption BODY SNATCHERS (1993) – , wurde gern als eine doppeldeutige Spiegelung seiner Zeit gelesen. So könnte Siegels Film sowohl eine antikommunistische Warnung im Sinne McCarthys gewesen sein – die USA unterwandert von, die Menschen gleichschaltenden, bösen ausländischen, natürlich kommunistischen Kräften – wie auch eine Warnung vor einer Gesellschaft, die in Ablehnung des Kommunismus faschistoide Tendenzen genau derselben Gleichschaltung von Individuen entwickelt. Kaufmans Film war eine moderne Interpretation, bei der der kritische Zuschauer vielleicht den Verlust des Individualismus in einer konsumgesteuerten Warenwelt erkennen mochte. Ferrara seinerseits wich weit von der Vorlage ab und betonte den faschistischen Aspekt der Handlung. Alle drei Filme ließen sich jedenfalls herrlich interpretieren.

Garlands Version – und das ist vielleicht noch einer der interessanteren Aspekte des Films auf intellektueller Ebene – enthält sich aller politischer Deutung. Auch religiöse Interpretationen schließt der Film weitestgehend aus. Da er mehr oder weniger in der Rückschau erzählt wird – Lena/Portman berichtet von ihren Erlebnissen in der „Zone“ nachdem sie selbst als eine der wenigen zurückkehren konnte – kann der befragende Vorgesetzte an einer Stelle sogar explizit darauf verweisen, daß es vollkommen egal sei, was man in die Erscheinungen hineininterpretieren wolle, es gehe einzig darum, sie aufzuhalten. Lena ihrerseits interpretiert die Ereignisse schlichtweg als „bedeutungslos“ im Sinne von „unsinnig“. Da gebe es kein Movens, keinen Auftrag oder gar einen feindlichen, geplanten außerirdischen Angriff. Man habe es schlicht mit einer fremden Lebensform zu tun, die in der Berührung mit der irdischen Atmosphäre eine Art Prisma schaffe, welches nicht nur Funksignale und Licht breche, sondern eben auch die DNS aller Lebewesen in ihrer Einflusssphäre „auffächere“ und damit Kreuzungen möglich mache, die die irdische Biologie weder kenne, noch herstellen könne. So hat man es mit einer Anomalie der Natur zu tun, einer „Laune“ eben dieser Natur. Oder aber mit einem Phänomen, das innerweltlich schlicht (noch) nicht bekannt ist. So gesehen wäre das, was sich innerhalb der Zone abspielt, am ehesten noch als etwas Pandemisches zu beschreiben. Ein Virus, vielleicht.

Damit wäre die titelgebende Vernichtung (die im deutschen Titel des Films zur „Auslöschung“ wird, was weniger martialisch, jedoch keineswegs weniger bedrohlich klingt) letztlich ein sinnloses Geschehen, etwas, das einfach geschieht, weil es geschieht, aus sich selbst heraus. Eine Tautologie. Vielleicht auch die ehrlichste Haltung, die ein Kunstwerk in Zeiten globaler Umweltzerstörung, Seuchen und Pandemien und sozialer wie kultureller Umwälzungen noch einnehmen kann. So läge dem Film etwas zutiefst Resignatives zugrunde. Zugleich stellt sich natürlich die Frage, was solch ein Film dann eigentlich soll – außer ein äußerst negatives Weltbild zu verbreiten? Spannung erzeugen und damit den Zuschauer unterhalten? Sicherlich ist dies, gemessen an den raren Actionsequenzen, den häufigeren Spannungsszenen und den gelegentlichen Ausflügen ins Splatter-Fach, vornehmliches Ziel von Garlands Unternehmen. Um diese Vorgaben einzulösen, ist sein Werk allerdings einerseits nicht spannend genug, andererseits zu durchschaubar und zu offensichtlich an Vorgängern angelehnt bzw. sind die Vorbilder dem Genre-Kenner allzu deutlich. Neben STALKER und, mehr noch, INVASION OF THE BODY SNATCHERS kann man mindestens noch EVENT HORIZON (1997) und THE FEARLESS VAMPIRE KILLERS (1967) von Polanski als Vorbilder ausmachen. Letzteren zwar nur in der Schlusseinstellung, als ein Blick in Lenas Augen uns verrät, daß die Gefahr keineswegs gebannt, vielmehr dabei ist, sich ungehindert auszubreiten, aber immerhin. Seinerzeit war dies einer der elementaren Schocks in Polanskis Vampir-Sause. Darüber hinaus spielt der Film aber auch mit allerhand Versatzstücken jüngerer Science-Fiction-Filme.

Visuell ist das alles leidlich beeindruckend, wobei man auch hier, wie bei so vielen Filmen gleicher Machart der vergangenen Jahre, konstatieren muß, daß all die CGI-Effekte, die der Film zu bieten hat, letztlich weder die dünne Story noch die Tatsache übertünchen können, daß im Laufe der Handlung im Grunde nicht viel passiert. Zudem hat man Effekte solcher Art mittlerweile zu viele zu oft gesehen und fühlt sich schnell für dumm verkauft, sobald man merkt, daß diese eher um ihrer selbst willen eingesetzt werden, weniger aus dramaturgischen Gründen. Weshalb der Film dauernd mit Bildern und Dialogen befrachtet werden muß, die beim Zuschauer den Eindruck erwecken, er habe es hier mit Fragen existenzieller Wucht zu tun, als würden hier letzte Fragen der Menschheit verhandelt.

Spektakel-Kino, das nicht als solches erscheinen will. Überwältigungskino, das seine Strategien nicht gut genug kaschiert. Die fremden Gebilde, die sich in der „Zone“ entwickelt haben, die Farbexplosionen und seltsamen Blumen, die die fünf Frauen, die die „Zone“ betreten haben, entdecken – all das ist zwar überzeugend animiert, zugleich sitzt man aber davor und denkt darüber nach, daß es eben Animationen sind. Animationen, die man so und oftmals besser mittlerweile Hunderte Male gesehen hat. AVATAR (2009), INCEPTION (2010), zuvor natürlich die LORD OF THE RINGS-Filme (2001-03), aber auch etliche Sci-Fi-Produktionen der letzten Jahre bieten genau solche Spielereien; vor allem einige der jüngeren Marvel-Filme, wie bspw. DOCTOR STRANGE (2016), nutzten die psychedelischen Möglichkeiten des CGI, um das Publikum zu überwältigen. Und doch ist gerade DOCTOR STRANGE ein gutes Beispiel dafür, wie man Form und Inhalt zur Deckung bringen kann, wie der Einsatz dieser Mittel durch das, was die Story bietet, gerechtfertigt wird. Nicht umsonst ist ausgerechnet dieser Film aus dem Marvel-Universum für viele Beobachter einer der besten.

ANNIHILATION kommt also als nachdenklicher, gleichsam grüblerischer Film daher, der scheinbar Fragen nach dem Sinn menschlichen Daseins in Anbetracht der Vernichtung stellt und Thesen zu existenzialistischen Lebens-, Welt- und Menschenbildern – nichts geschieht mit Sinn, außer wir lesen ihn in die Geschehnisse hinein – behandelt, er gibt sich mit vielen langen, ruhigen Einstellungen den Anschein, das Publikum zum Nachdenken einzuladen und möglicherweise subtile Wissenschaftskritik zu üben. Denn immerhin wird die Wissenschaft, zumindest die Naturwissenschaft, hier in der Person der Heldin, die von Haus aus Biologin ist, und einer ebenfalls dem Team angehörenden Physikerin, grundlegend mit ihren Grenzen konfrontiert. Da draußen gibt es ja bekanntlich mehr, als wir mit unseren irdischen Mitteln zu messen, zu untersuchen, zu klassifizieren in der Lage sind. Und hier stehen die Biologin und die Physikerin letztendlich am Ende ihrer Möglichkeiten, auch wenn sie rudimentäre Erklärungen dafür liefern, was da eigentlich geschieht. Warum oder wieso es passiert, können sie nicht erklären. Und die Psychologin – sterbenskrank, wie wir im Laufe der Handlung erfahren – sucht Antworten auf Fragen, auf die es wahrscheinlich nur sehr unbefriedigende Erklärungen geben kann, weil keine übergeordnete Instanz gewogen ist, sie uns mitzuteilen. Wir sind und bleiben auf uns selbst zurückgeworfen. Eine bahnbrechende Erkenntnis. Je genauer man aber hinschaut, desto mehr entpuppt sich das alles als Mogelpackung. So bleibt ein, momentweise durchaus spannender, Film übrig, der mit einer gewissen Härte – hier lässt EVENT HORIZON grüßen – Anschluß an aktuelle Entwicklungen im Mainstream-Kino sucht und dabei dennoch immer als mehr, als größer, als relevanter erscheinen will, als es der Fall ist. ANNIHILATOR und sein Regisseur, der zugleich auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, behauptet diese Tiefsinnigkeit aber eben nur, belegen kann er sie nicht. Weder in Worten, noch in seinen Bildern.

Letztlich ist das Bemerkenswerte an diesem Film, daß er ausschließlich weibliche Heldinnen präsentiert und damit endlich einmal das Versprechen einlöst, auch Frauen in Abenteuer- oder Science-Fiction-Filmen mutig, intelligent und kampfbereit darzustellen, ohne dabei entweder ihre Weiblichkeit in Abrede zu stellen oder aber – in bester Tradition einer Lara Croft – eigentlich Pin-Up-Girls zu präsentieren. Hier sind fünf mehr oder weniger gleichberechtigte Frauen zu sehen, die sich einer tödlichen Mission stellen, jede mit eigenen Motiven für ihr Handeln, und dabei keinen Moment auf die Hilfe von Männern angewiesen sind. Im Gegenteil – die Männer in diesem Film wirken eher schwach. Doch auch dieser Aspekt bleibt letztlich ein loses Ende, wird nicht weiter verfolgt und dadurch wiederum marginalisiert. Um ein wirklich bemerkenswerter Film zu sein, ist all das einfach zu wenig.

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