Lieblingsregisseure und solche, die es nie wurden

Streifzüge durch mein DVD-Regal II

Ich mag keine Listen. Listen, die Fragen beantworten sollen, die sich auf Favoriten beziehen. Lieblingsfilme? Beste Filme? Lieblingsschauspieler und -schauspielerin? Bester Soundtrack? Bester Kameramann? Bestes Script? Die besten Regisseure, natürlich. Und immer so fort. Oscar-Preis-Fragen. Natürlich, ich habe diese Listen auch schon aufgestellt, immer wieder, mal im Kopf, gelegentlich auf Papier verewigt. Meine zehn Lieblingsfilme…eine Frage, die mir kürzlich erst wieder ein Bekannter stellte und dann, als ich zehn Filme runter ratterte, anmerkte, er wolle nicht die zehn besten Filme aller Zeiten genannt bekommen, sondern meine persönlichen zehn Lieblingsfilme. Und er hatte ja recht. Sicher, an einigen Stellen gibt es Überschneidungen. APOCALYPSE NOW (1976/79), SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD (C`ERA UNA VOLTA IL WEST; 1968) oder DER LEOPARD (IL GATTOPARDO; 1963) werden wahrscheinlich auf vielen Listen auftauchen, die die „besten Filme aller Zeiten“ benennen. Aber es sind eben auch Filme, die mich zu einem bestimmten Zeitpunkt in meinem Leben auf verschiedenen Ebenen gepackt haben. Es sind Filme, die Bedeutung in meinem Leben erlangten, in mir Bedeutung schufen, die mich geprägt haben in meinem Blick auf die Welt und in meiner Welterfahrung. Es sind Filme, die es mir ermöglichten, mich in anderen Welten zu tummeln, manchmal dorthin zu entfliehen, die sich jedoch nie zu weit von einer Wirklichkeit entfernten, wie ich sie rational, intellektuell, historisch, sozial, emotional oder psychologisch wahrnahm oder wahrzunehmen meinte. Natürlich besteht meine Welt nicht aus Krieg oder spielt sich im Monument Valley ab, doch eine Wahrnehmung der Welt vermitteln sie dennoch. Vermitteln vor allem eine emotionale, vielleicht oft auch  zu romantische Wahrnehmung der Welt und zugleich eine Vorstellung davon, daß hinter der bleiernen Realität einer deutschen Großstadt im Novemberregen immer auch noch eine andere, vielleicht wahrere, vielleicht tiefere Realität liegt, und sei sie auch nur in unseren Köpfen vorhanden. Einige dieser Filme sind im Laufe der Jahre verblasst, andere – wie die oben genannten, aber da gibt es eine Menge mehr – sind mir immer geblieben.

 

Einige Filmbeispiele, wahllos herausgegriffen

Sicher, ich schaue SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD nicht mehr so häufig, wie vielleicht vor zehn Jahren noch, aber es kommt in nicht allzu großen Intervallen der Moment, da ich den Film vermisse. Und dann ist es soweit und ich ergebe mich ihm erneut. Und wieder ist da vom ersten Moment an diese Aura. Ich kann mich wieder in ihn hineinfallen lassen, in ihm verloren gehen. Ich meine, immer noch Neues zu entdecken und komme wieder und wieder zu dem Schluß, daß dies die perfekte Symbiose aus Film-Kunst, Geschichte und Filmgeschichte, Genreliebe, tiefer Emotionalität, einer reflexiven und theoretischen Metaebene ist. Filme, bei denen es mir so geht, gibt es wie gesagt einige, und diese werden immer auf meiner persönlichen Liste erscheinen. Es sind Beispiele für Filme, die ich seit jeher verehre und sicher würden sie auch auf so mancher offiziellen Liste auftauchen. Es gibt nun mal Schnittmengen.

Aber ein Film wie SCHREI IN DER STILLE (REFLECTING SKIN; 1990)? Ein kleiner britisch-kanadischer Film, der mich mit seinem düsteren Symbolismus in der brennenden Sonne des Mittelwestens der USA überwältigte und ein paar Dialogzeilen hatte, die mich den Rest meines Lebens begleitet haben und die immer mal wieder aufploppen, wenn eine Situation sich entsprechend entwickelt und sie passen. Einer jener Filme, die zum genau richtigen Zeitpunkt mit den richtigen Bildern und der richtigen Geschichte, der richtigen Mischung ins eigene Leben treten. Oder vielmehr einbrechen. Denn manchmal sind diese Filmerlebnisse Erfahrungen gewesen, die wirklich Erweckungscharakter hatten. Ähnlich wie man das bei Büchern erlebt. Und wie man es im Umgang mit Literatur kennt, verblasst dann manches eben auch wieder. Ich habe SCHREI IN DER STILLE nicht annähernd so oft gesehen, wie die weiter oben genannten Filme. Und es gibt einen Haufen anderer Filme, die ich ebenfalls sehr viel häufiger gesehen habe. Dennoch stand er lange auf meiner persönlichen Lieblingsliste. Und verblasste dann doch, weil andere Filme in den Fokus gerieten, wichtiger wurden, ihr Recht einforderten.

Aber wenn ich ihn sehe, in größeren Abständen, versetzt er mich wieder in einen Zustand, der ansonsten lange hinter mir liegt. Er erinnert mich an mich selbst und leuchtet mir als Zeichen, als Symbol meines jüngeren Ichs, das er nun einmal ist, immer noch ein. Ich kann ihn nachvollziehen, den Film, seine Relevanz in meinem Leben, und ich kann somit auch mich nachvollziehen, kann mein Ich nachvollziehen und wieder fühlen, was ich damals gefühlt habe, weit über den Film hinaus. Das kann ich nicht von vielen Filmen oder Büchern behaupten, die irgendwann einmal eine Rolle in meinem Leben gespielt oder mir einfach sehr gut gefallen haben. Ein Film also, dessen Wirkmächtigkeit vielleicht im Laufe der Zeit abgenommen hat, dessen Relevanz für mich ganz sicher nachgelassen hat, ein Film, den ich heute mit anderen Augen betrachte, der aber immer noch einen hohen Stellenwert in meinem persönlichen Filmkosmos einnimmt. Ich brauche nur mittlerweile länger, um mich an ihn zu erinnern.

Cocteaus ES WAR EINMAL (LA BELLE ET LA BÊTE; 1946) ist ein gutes Gegenbeispiel dazu. Er brach nicht mit Gewalt in mein Leben ein, er kam auf schleichenden Sohlen. Für mich ist es ein enorm wichtiger Film, doch als ich ihn im Alter von zehn oder elf Jahren erstmals im Fernsehen sah, war er mir fremd. Er faszinierte mich allerdings schon damals, und die lebenden Kerzenhalterarme, die scheinbar aus dem Nichts kommend die Gänge des Schlosses erhellen, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Ebenso all die fremdartigen Figuren und düster-romantischen Momente, die er bietet. Die schwarzen Flächen in den Schatten, die seine schwarz-weiß-Ästhetik besonders eindringlich wirken ließ. Die Frage, was in dieser Dunkelheit hausen könnte, was da kreucht und fleucht, ohne daß wir es je zu sehen bekämen, all die ungenannten und nicht gezeigten Geheimnisse, die dieser Film in sich birgt, haben meine Phantasie auf Jahre hinaus beflügelt. Und dann sah ich ihn mit etwa 15 Jahren erneut, nun in einem Kino, und wieder hat er mich gefesselt, wieder konnte ich mich all der Romantik und der Düsternis dieses Films nicht entziehen. Aber daß er sich mir wirklich erschloß, das dauerte lange und erforderte etliche weitere Ansichten. Bis er bei mir schließlich in den oberen Abteilungen meines inneren Filmregals angelangt war. Und da steht er nun allerdings fest und unerschütterlich, bis heute.

Aber würden diese Filme in Listen der „Besten Filmen aller Zeiten“ auftauchen? Wahrscheinlich eher nicht. Cocteaus Film noch eher, natürlich wird er heute als Klassiker betrachtet. Aber nimmt er einen der vorderen Ränge bei den besseren und besten ihres Fachs ein? In meinen Augen natürlich schon. Gleiches gilt für Howard Hawks´ RED RIVER (1948). In meinen Augen der vielleicht beste Western aller Zeiten – und ich liebe Western sehr und könnte einige nennen, die diesen Titel wohl ebenso verdient hätten – aber sicherlich nicht in den Augen eingefleischter Western-Fans und erst recht nicht in jenen der „Besten-Filme“-Sucher.

 

Lieblingsregisseure

RED RIVER ist ein passendes Beispiel für die Frage, die sich mir stellte, als ich dieser Tage an meinem DVD-Regal entlang gestrichen bin. Ich betrachtete meine Ordnung, die europäisches, asiatisches, südamerikanisches und amerikanisches Kino trennt und das amerikanische noch einmal in verschiedene Genres. Allerdings gibt es einige Abteilungen, in denen ich einzelne Regisseure hervorhebe. Denn ich habe einige bevorzugte Regisseure, die ich besonders schätze. John Ford, Robert Aldrich, Sam Peckinpah, Martin Scorsese, Hal Ashby, Francesco Rosi, David Cronenberg, Wim Wenders, Jean-Luc Godard, Jacques Rivette, Pier Paolo Pasolini, den ich generell für einen der wesentlichen Künstler des 20. Jahrhunderts halte; aber auch Andrej Tarkowskij, an dem ich mich reibe und zu dem ich doch immer wieder zurückkehre; Peter Greenaway, Stanley Kubrick, Ingmar Bergman, Lars von Trier oder Michael Haneke – alles Regisseure, die bei mir Sonderstellungen einnehmen und ihre eigenen Fächer im Regal erhalten haben. Und im Kopf und im Herzen. Anscheinend könnte ich sehr viel einfacher eine Liste, meiner Lieblingsregisseure erstellen, als eine mit meinen Lieblingsfilmen. Wahrscheinlich wäre sie auch weniger divergent, viel statischer.

Wobei ich mich frage, nach welchen Kategorien sie eingeteilt werden? Weil sie mich intellektuell berühren? Oder eher emotional? Oder, bestenfalls, sich beides, das Emotionale und das Intellektuelle, die Waage halten? Manche dieser Regisseure stehen einfach für sich. Martin Scorsese, Hal Ahsby, Stanley Kubrick oder John Ford. Obwohl, wie noch zu beweisen sein wird, der durchaus auch den Blick auf ein weiteres Feld öffnet. Andere, wie David Cronenberg, stehen vielleicht als Stellvertreter für Gattungen, denen sie ihren Stempel aufgedrückt haben, über die sie zugleich hinausweisen und die somit in ihrem Oeuvre auch Werke anderer subsumieren. Cronenberg bspw. Steht für ein bestimmtes, hartes, manchmal abseitiges Kino, das weiter unten, eher unter „ferner liefen“, auch Namen wie Alejandro Jodorowsky, Mario Bava, George A. Romero, Dario Argento oder sogar Lucio Fulvi aufzählen würde. Und dann gibt es jene, die tief in mir etwas ansprechen und dann stilbildend für mein Leben wurden, wie Wim Wenders ganz sicher. PARIS, TEXAS (1984) war einer der wichtigsten Filme meiner Jugend und hat meinen Blick auf Amerika und meinen Wunsch nach Amerika bis heute wesentlich mitgeprägt. Ich könnte – und wer weiß, vielleicht werde ich das ja auch noch – zu jedem einzelnen dieser Namen einen eigenen Text verfassen. Und vielleicht sollte man auch über einige schreiben, denen man skeptischer gegenübersteht, obwohl einzelne Werke ihres Oeuvres maßgeblich für die Liebe zum Film verantwortlich sind, die man immer noch, immer wieder, immer weiter empfindet.

 

Regisseure und ihre Filme – und warum sie es dennoch nicht unbedingt auf „Lieblingslisten“ schaffen

Interessanterweise fiel mir bei meinem Streifzug nämlich auf, daß weder Sergio Leone – der Regisseur von SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD – noch Francis Ford Coppola – der APOCALYPSE NOW inszenierte – und auch Howard Hawks nicht zu meinen Favoriten gehören. Gleiches gilt für Alfred Hitchcock, dessen PSYCHO (1960) ebenfalls immer in einer „Meine Lieblingsfilme“-Liste landen würde, und auch für Steven Spielberg, der mit DER WEISSE HAI (JAWS; 1975) ebenfalls für einer meiner All-time-Faves verantwortlich zeichnet. Dafür gibt es eine Reihe von Regisseuren, die eigentlich nicht für eine eigene Handschrift berühmt sind, die mir dennoch immer ausgesprochen gut gefielen, sogar da, wo ihre Filme mir nicht unbedingt zugesagt haben.

Edward Zwick ist solch ein Beispiel. Ob GLORY (1989), AUSNAHMEZUSTAND (THE SIEGE; 1998) oder LAST SAMURAI (2003) – sie alle haben mir ausgesprochen gut gefallen und ich fand zumindest inhaltliche Zusammenhänge, die mich fasziniert haben. Ein Regisseur, der in jüngerer Zeit reüssierte, und mir sehr zuspricht, ist James Gray. LITTLE ODESSA (1994) sah ich einst im Kino und war begeistert. Allerdings nahm ich den Namen des Regisseurs damals nicht wirklich wahr. Später sah ich WE OWN THE NIGHT (HELDEN DER NACHT – WE OWN THE NIGHT; 2007) und war trotz gewisser Einwände gegen den Film doch sehr beeindruckt. Gleiches gilt für DIE VERSUNKENE STADT Z (THE LOST CITY OF Z; 2016). Nun hat er mit AD ASTRA– ZU DEN STERNEN (AD ASTRA; 2019) einen Science-Fiction-Film vorgelegt, der ebenfalls sehr beeindruckend ist und das Genre, das sich in den vergangenen Jahren irgendwo zwischen Krawall und Pseudo-Philosophie zu verlieren drohte, noch einmal revitalisiert und dahin geführt, wo es sich mit Filmen wie Andrej Tarkowskijs SOLARIS (SOLJARIS; 1972) und dessen STALKER (1979), mit Kubricks 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM (2001: A SPACE ODYSSEY; 1968) und einigen anderen Genrebeiträgen der 70er Jahre bereits schon einmal befand. Im Bereich der Gesellschaftskritik nämlich, im Bereich des Utopischen wie Dystopischen. Wo es, literarisch, eh immer schon beheimatet war.

Woran liegt es, daß man einzelne Filme ungemein schätzt, die Regisseure hingegen nicht wirklich auf der eigenen Liste führt? Und woran liegt es, daß man Regisseure, deren Filme man immer verfolgt hat und gut kennt – John Carpenter, Walter Hill, Dario Argento, auch Hitchcock wäre zu nennen – nicht für die „Lieblingslisten“ in Erwägung zieht? Wahrscheinlich gibt es darauf gar keine eindeutige, abschließende und zufriedenstellende Antwort. Man nehme bspw. John Carpenter, der seinerseits Howard Hawks als eines seiner ganz großen Vorbilder nennt. Carpenters Filme haben mich meine Jugend hindurch begleitet. Immer ein Horrorfan, waren Filme wie HALLOWEEN (1978), den ich mit etwas Verspätung sah, THE FOG – NEBEL DES GRAUENS (THE FOG; 1980) oder DAS DING AUS EINER ANDEREN WELT  (THE THING; 1982) wichtige Referenzen für mich. An den wirklich harten Stoff kam man mit 13, 14 oder 15 Jahren nur schwer heran. Damals, zu Beginn der 80er Jahre, waren das vor allem die Zombiestreifen aus Italien, die uns faszinierten. Man war auf die großen Brüder anderer angewiesen, die bereit waren, Filme wie SADO – STOSS DAS TOR ZUR HÖLLE AUF (BUIO OMEGA; 1979), der nun allerdings kein Zombiestreifen ist,  aus den einschlägigen Videotheken auszuleihen, zumindest wenn man selber ein großer Bruder war, wie in meinem Fall, ohne das richtige Alter bereits erreicht zu haben.

Carpenter brachte zuverlässig alle zwei, drei Jahre einen Horrorstreifen auf die Leinwände, der überzeugend hart und splattrig war, vor allem aber im Kino lief und den man somit problemlos schauen konnte – zumindest in einer westdeutschen Großstadt, die über Bahnhofskinos verfügte, wo beim EInlaß nicht allzu genau kontrolliert und auf das Alter der Zuschauer geachtet wurde. Aber Carpenter konnte auch enttäuschen. 1986 kam BIG TROUBLE IN LITTLE CHINA (1986) in die Kinos und man kam sich veräppelt vor. Sowas hatte man vom damaligen Großmeister des cineastischen Horrors nicht erwartet, obwohl auch STARMAN (1984) schon nicht wirklich überzeugt hatte. Aber das war ja auch ein Sci-Fi-Film im Nachklapp zu Spielbergs E.T. – DER AUSSERIRDISCHE (E.T. THE EXTRA-TERRESTRIAL; 1982). Mit DIE FÜRSTEN DER DUNKELHEIT (PRINCE OF DARKNESS; 1987) konnte Carpenter die Gemeinde dann wieder versöhnen, doch danach kam nicht mehr wirklich viel. Fingerübungen, Cross-Over-Filme, Variationen. Irgendwann begann ich, die alten Filme neu zu schauen. Mit mehr Hintergrundwissen, einem geschulteren Auge, kritischer und auch distanzierter. Und dann fiel mir gerade bei Carpenter auf, daß einige der alten Werke die Zeit nicht gut überdauert haben. DIE KLAPPERSCHLANGE (ESCAPE FROM NEW YORK; 1981) war zu seiner Zeit ein definitiver Film. Er war Punk, er war hart, er entsprach dem herrschenden düsteren Weltbild zu Beginn der 80er Jahre. Sieht man ihn heute, fallen einem all die dramaturgischen Schwachstellen auf, die er hat, und man kann auch die Düsternis nur noch nachvollziehen, wenn man sie damals gespürt hat. Weltuntergangsstimmung, die sich im Kino auch in einer Welle unendlich vieler, meist schlechter Barbarenfilme bemerkbar machte, die entweder, wie CONAN DER BARBAR (CONAN THE BARBARIAN; 1982) in irgendeiner nicht näher definierten Vorzeit spielten, oder aber in einer post-apokalyptischen Welt, die den damals in aller Munde geführten „großen Knall“, also die nukleare Apokalypse, bereits hinter sich hatte.

Was auffällt, ist die Tatsache, wie man – ich, um genau zu sein – Filme nach Jahren anders, manchmal neu bewertet. Ich sehe Carpenter-Filme immer noch gern, allein schon aus nostalgischen Gründen, doch zugleich ist mir klar, daß nur eine Handvoll seiner Werke wirklich Bestand haben wird. Ein, zwei davon allerdings sind Filme für die Ewigkeit. Das also könnte ein Zugang zur Antwort auf die Frage sein, welche Regisseure man besonders bevorzugt. Die einen haben mich begleitet und ich fühle mich ihnen verbunden, die andern mögen dies ebenso getan haben, doch ihr Werk hat eben auch vor dem erwachseneren Auge Bestand. Manchmal übrigens gegen die eigenen politischen oder ideologischen Präferenzen. Sie lösen etwas in einem aus, eine Erinnerung, evozieren Gefühle, lassen mich in eine Zeit zurückreisen, die vergangen, in mir aber natürlich noch präsent ist, weiterlebt. Und manche können mich immer noch fesseln, weil sie wirklich gut sind und noch lange Neues zu bieten haben. Nicht zuletzt, weil sich mit dem eigenen Älterwerden die Perspektiven verschieben. Und gelegentlich kann man gewisse Werke auch erst gänzlich zu schätzen wissen, weil ihre Grundthematik sich eher erschließt, wenn man älter ist und über ein breiteres Fundament an Bildung, Wissen von Theorie, aber auch Vergleichsmöglichkeiten, verfügt.

 

Ein Beispiel für Regisseure, die es auf die eigene Liste schaffen, wider aller Wahrscheinlichkeit: John Ford

So erging es mir bspw. mit John Ford. Ford war sicherlich nie ein Liberaler, geschweige denn ein Linker. Im Gegenteil, einem gut´ Teil seiner Filme, auch und gerade seiner Western, die ich fast durchweg großartig finde, werden gern und häufig reaktionäre Züge unterstellt. Das gilt ganz sicher hinsichtlich des Bilds, das er von den Indianern zeichnete. Auch ein Film wie DIE FRÜCHTE DES ZORNS (THE GRAPES OF WRATH; 1940), Fords Verfilmung des Steinbeck-Romans, welchem damals sogar kommunistische Tendenzen unterstellt wurden, macht ihn nicht zu einem Liberalen, viel mehr zeichnet es ihn als einen patriotisch denkenden Demokraten (nicht parteipolitisch gedacht, da stand er wohl meist den Republikanern nahe) aus, der die Zeichen der Zeit genau erkannte und ihnen die nötige Aufmerksamkeit zollte. Ohne nun eine große Ford-Analyse betreiben zu wollen (die wäre eher Gegenstand für einen eigenständigen Text), muß ich aber konstatieren, daß ich seinen Filmen durchaus unterstelle, nicht reaktionär zu sein.

Im Kontext der Frage, die hier jedoch aufgeworfen wird, finde ich aber vor allem interessant, daß seine Filme mich auch heute noch, teils nach dutzendfacher Betrachtung, fesseln und unterhalten. Sei es der schon erwähnte DIE FRÜCHTE DES ZORNS, sei es RINGO – HÖLLENFAHRT NACH SANTA FÉ (STAGECOACH; 1939), sei es SCHLAGENDE WETTER (HOW GREEN WAS MY VALLEY; 1941), FAUSTRECHT DER PRÄRIE (MY DARLING CLEMENTINE; 1946), DER TEUFELSHAUPTMANN (SHE WORE A YELLOW RIBBON; 1949), DER SCHWARZE FALKE (THE SEARCHERS; 1956) oder selbst ein Film wie MOGAMBO (1953) – nahezu jeder Film in  Fords Oeuvre packt mich immer noch – oder unterhält mich zumindest. Natürlich hat auch er schwächere Werke abgeliefert (MOGAMBO wird generell als einer seiner schlechtesten Filme bezeichnet), hat nicht immer gleichmäßig überzeugt, dennoch ist sein Gesamtwerk eines, dem ich seit Kindheitstagen immer gern folge und in dem ich immer wieder Neues entdecke. Vor allem aber habe ich erst über den Umweg einer tieferen Beschäftigung mit dem Mythos, mit Mythisierung und Legendenbildung, begriffen, was Fords eigentliches, filmübergreifendes Konzept war. Daß er ein, wie ich es gern nenne, Nation-Builder war, jemand, der sich einem tieferen Auftrag verpflichtet fühlte, jemand, der der Gesellschaft, der er sich zutiefst verbunden fühlte (trotz seiner gern und viel ausgestellten Irishness) etwas geben, zurückgeben wollte.

Ich begriff auf dem Umweg allgemeinerer Bildung und tieferer Beschäftigung mit seinem Leben und Werk also, daß dieser Mann sich in einer Reihe mit den großen Künstlern Amerikas sah, die alle daran arbeiteten, einer jungen Nation einen Überbau – Mythos und Legende, Geschichte und Ideologie – zu verpassen, der als gesellschaftlicher Kitt funktionierte. Und ebenso begriff ich später erst, daß er im Grunde eine Art Auteur im Sinne dessen war, wie die Vertreter der Nouvelle Vague diesen Begriff später definieren sollten. So wurde aus anfänglicher, kindlicher, Begeisterung für wilde Verfolgungsjagden, spannende Duelle, tragische Liebesgeschichten und den bei Ford immer vorhandenen Humor, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem Künstler, der ideologisch vielleicht nicht immer auf meiner Linie gelegen haben mag, dessen Ansatz ich aber immer noch und immer wieder faszinierend finde. Und dessen Filme mich selbstverständlich auch immer an regnerische Sonntagnachmittage erinnern, als man nachmittags vorm Fernsehen saß und atemlos verfolgte, wie die Clantons James Earp töteten und dafür die fürchterliche Rache von dessen Brüdern und Doc Holliday fürchten mussten oder wie der junge Mr. Lincoln am Flußufer mit seiner Verlobten romantisch im Gegenlicht spazieren ging.

 

Ein Beispiel für jene Regisseure, die man schätzt und doch nicht zu seinen Lieblingen zählt: Howard Hawks

Als Gegenbeispiel bietet sich in meinem Fall Howard Hawks an. Ich mag etliche seiner Filme. Und ich bewundere ihn dafür, wie er nahezu alle Genres zu bedienen wusste, ohne dabei sonderlich große Qualitätsunterschiede aufzuweisen. RED RIVER wurde bereits genannt und steht für mich außer Konkurrenz. RIO BRAVO (1959) wird gern und häufig als einer der besten Western aller Zeiten genannt und spielt exemplarisch Hawks´ Vorliebe für Gruppen und Gruppendynamik durch. Dennoch mochte ich den Film nie so, wie ich RED RIVER und andere Werke des Genres mochte. Zu wenig Tragik, zu ironisch, zu viel Altmännerwitz. Betrachtet man Hawks´ gesamtes Oeuvre, sind es aber gar nicht unbedingt Western, die das Gros ausmachen. Eher staunt man über die Anzahl an Komödien, die er gedreht hat, die Klassiker des ‚Film Noir‘, Abenteuerfilme und auch Kriegsfilme. Manches davon ist zeitlos. Es zeugte von wenig Ahnung, wenn man Filme wie LEOPARDEN KÜSST MAN NICHT (BRINGING UP BABY; 1938), TOTE SCHLAFEN FEST (THE BIG SLEEP; 1946) oder HATARI! (1962) ihren Status abspräche. Und dabei wurden jetzt lediglich jeweilige Titel aus den verschiedenen Genres gewählt und einige andere – gerade Komödien wie BLONDINEN BEVORZUGT (GENTLEMEN PREFER BLONDES; 1953) – die ebenfalls Klassiker-Status beanspruchen dürfen, noch gar nicht berücksichtigt.

Und dennoch. Hawks hat etwas, das mich dann eben auch nicht anspricht. Vielleicht sind seine Filme für meinen Geschmack oft zu perfekt, zu glatt, zu gekonnt. Dieses Urteil teilt er bei mir mit John Huston. Auch der ist ein Regisseur, bei dem man sich nur wundern kann, wie weit sein Spektrum reicht. Einige seiner Filme – allen voran DER SCHATZ DER SIERRA MADRE (THE TREASURE OF THE SIERRA MADRE; 1948) – sind zeitlose Klassiker, die sicherlich auch in hundert Jahren noch Bestand haben werden. Filme, die man auch in die eigenen Listen aufnimmt und immer wieder gerne sieht. Vor allem als Westernliebhaber – was ich für mich in etwa so in Anspruch nehme, wie meine Vorliebe für den Horrorfilm – kommt man um Filme wie DENEN MAN NICHT VERGIBT (THE UNFORGIVEN; 1960) oder DAS WAR ROY BEAN (THE LIFE AND TIMES OF JUDGE ROY BEAN; 1972) nicht herum. Daneben zeichnet er immerhin für Werke wie ASPHALT-DSCHUNGEL (THE ASPHALT JUNGLE; 1950), AFRICAN QUEEN (THE AFRICAN QUEEN; 1951) oder DIE TOTEN (THE DEAD; 1987) verantwortlich. Aber in meine Liste der Lieblings-Regisseure würde er es wohl dennoch nicht schaffen. Wohl aber in jene der „meistbewunderten Regisseure“, in der selbstredend auch Hawks auftauchen würde. Ein dritter in dieser Riege der Alleskönner und Großen des Fachs ist Robert Wise. Er hat ebenfalls in nahezu allen wesentlichen Genres reüssiert, dabei einige Meisterwerke gedreht, aber vielleicht ist genau dies der Grund, daß man nicht auf ihn kommt, wenn es um „Lieblingsregisseure“ geht. Zumindest ich nicht.

Gerade was das Hollywood-Kino angeht, ist es seltsam, welchen Regisseuren man seine Präferenzen erweist. Ich mochte immer die Filme von Raoul Walsh, William Wyler oder Michael Curtiz. Die Western von Anthony Mann oder Budd Boetticher gehören meines Erachtens zum Besten, was das Genre je hervorgebracht hat, was für ihr übriges Oeuvre dann eher nicht gilt, sieht man in Manns Fall von seinen Film-Noir-Beiträgen einmal ab. Ich mag Otto Preminger, ich mag Billy Wilder, ich mag Frank Capra oder George Cukor, ich mag Jack Arnold, Henry Hathaway und Jacques Tourneur. Und ich mag die Filme vieler anderer, aber ich würde immer eher einzelne Werke dieser Regisseure nennen, als die Regisseure selbst. Eine Sonderstellung nimmt dabei allerdings Wilder ein. Ich bewundere sein Werk zutiefst, dennoch tritt bei ihm oft eine Haltung zutage, die ich nie mochte. Seine besondere Form der Misogynie, sein besonderer Zynismus, stoßen mich oftmals auch ab.

Nun ist das amerikanische Genrekino eine Sache für sich. Das Studio-System ließ oft wenig zu, Filme wurden wie Fließband-Produkte in einer Fabrik hergestellt, einzelnen Regisseuren zugeteilt und von diesen abgedreht, ohne daß die Künstler Einfluß auf das Endprodukt, sprich: Schnitt und Montage, hatten. Es gelang nur wenigen Regisseuren, eine wirklich eigene Handschrift zu etablieren, bei anderen, gerade  jenen aus der B-Riege, wie Jacques Tourneur oder Jack Arnold, muß man ein wenig genauer hinschauen, um die spezielle Signatur zu erkennen, die ihren Filme eben doch eingeschrieben ist. Das änderte sich fundamental mit dem Aufkommen des ‚New Hollywood Cinema‘ der späten 60er und der 70er Jahre.

 

Das ‚New Hollywood Cinema‘ – eine Strömung, die mit generell so zusagt, daß ihre Vertreter nur wenig falsch machen können…in meinen Augen

Man hat seine Vorlieben und so werden Genres, die man präferiert, auch eher Regisseure aufweisen, die man besonders mag. Und das gilt auch für Strömungen. Das ‚New Hollywood Cinema‘ mochte ich immer besonders gern. Wahrscheinlich auch, weil seine Ausläufer noch in die Zeit fielen, in der ich begann, mich ernsthaft mit Film und Kino zu beschäftigen. Und so brachte es auch einige Regisseure hervor – allen voran Hal Ashby – die ich besonders schätze, auch wenn sie manchmal nur ein oder zwei Werke vorgelegt haben, die wirklich überzeugen. Bob Rafelson ist solch ein Beispiel, ebenso Arthur Penn, dessen BONNIE UND CLYDE (BONNIE AND CLYDE; 1967) ich immer noch für einen der besten, hintergründigsten und tragischsten Gangsterfilme aller Zeiten halte. Hingegen hat ein Mann wie Haskell Wexler mit MEDIUM COOL (1969) zwar einen der wesentlichen und besten Filme des ‚New Hollywood‘ gedreht, darüber hinaus ist er aber vor allem als Kameramann in Erscheinung getreten, weniger als Filmemacher. Das ‚New Hollywood Cinema‘ hat viele Regisseure hervorgebracht, die heute gar nicht mehr mit dieser Bewegung in Verbindung gebracht werden. Auch Steven Spielberg, Francis Ford Coppola und George Lucas, der mit seiner STAR WARS-Saga (ab 1977) das moderne Blockbuster-Kino begründete, haben ihre Wurzeln im ‚New Hollywood Cinema‘. Andere, wie die bereits erwähnten Hal Ashby und Bob Rafelson, aber auch Jerry Schatzberg, Mike Nichols oder William Friedkin, blieben ihrem Ansatz treu und suchten dennoch auch den Anschluß an das Mainstream-, wie auch ans Genrekino.

Unbedingt erwähnt werden müssen aber auch jene Regisseure, die den Übergang vom klassischen Studio-System zum ‚New Hollywood‘ markierten. Neben dem schon erwähnten Robert Wise, sind das in meinen Augen vor allem Richard Brooks und Robert Aldrich, den ich ebenfalls zu meinen Lieblingen zähle. Er drehte astreines Genre-Kino und erweiterte es dennoch. VERA CRUZ (1954) mutet bereits wie ein Italo-Western an, bietet aber mit Gary Cooper und Burt Lancaster klassische Hollywood-Stars. Aldrich ließ sie in einem knallharten Show-Down aufeinander losgehen, was sehr untypisch für die Zeit war. Spätestens mit WAS GESCHAH WIRKLICH MIT BABY JANE? (WHAT EVER HAPPENED TO BABY JANE?; 1962) schuf  er ein Werk, das zwar deutlich als Thriller, wenn nicht gar Horrorfilm, zu identifizieren ist, das aber in seiner Machart und vor allem seinen beiden Hauptdarstellerinnen – den alternden Diven Bette Davis und Joan Crawford – ein hohes Maß an Selbstreferenzialität hinsichtlich des Hollywood-Systems und dessen Umgang mit seinen Stars aufwies. Fast könnte man den Film der frühen Postmoderne zuordnen. Zwei Schauspielerinnen aufeinander los zu lassen, die sich im wahren Leben – in der Hochzeit ihrer Karrieren in den 30er und 40er Jahren – spinnefeind gewesen sind, diese per Drehbuch zu Schwestern zu machen, wobei die eine als Kind, die andere als erwachsene Frau ein Star gewesen ist, bevor beide auf tragische Weise in der Versenkung verschwanden, zeugt schon von einem klugen Umgang mit der Geschichte der Traumfabrik. Für mich war der Film, als ich ihn mit 13 erstmals sah, eine Offenbarung. Ich war äußerst beglückt, als WIEGENLIED FÜR EINE LEICHE (HUSH…HUSH, SWEET CHARLOTTE; 1964) im Fernsehen lief und ich endlich die Möglichkeit hatte – damals, Anfang/Mitte der 80er Jahre, war es nicht so einfach, an vor allem ältere Filme zu gelangen, wie es das heute im Zeitalter von Youtube und etlichen Neuveröffentlichungen auf DVD ist; da war das Fernsehen häufig wirklich die beste Quelle – diesen legendären Film zu begutachten. Ich nahm ihn auf Video auf und habe ihn allein in den 80er Jahren etliche Male gesehen. Andere Werke von Aldrich, vor allem DAS DOPPELLEBEN DER SISTER GEORGE (THE KILLING OF SISTER GEORGE; 1968), konnte ich erst Jahre später sehen und war doch immer noch von der Kraft, der Wucht, die Aldrich diesen Filmen gab, beeindruckt.

 

Die Europäer: Autoren und Künstler

Über ‚New Hollywood‘ und seine Vertreter, sowie deren Vorläufer, nachzudenken, bringt mich zu der Überlegung, wie ich es eigentlich mit den europäischen Regisseuren halte. Die wollten – anders als ihre Nachahmer und Epigonen im ‚New Hollywood Cinema‘, auf die sie enormen EInfluß hatten – gar nicht unbedingt kommerziell erfolgreiche Filme produzieren. Sie prägten den Begriff des „Autorenkinos“, das sich, trotz der Vorliebe seiner Vertreter für das amerikanische Genre-Kino, vor allem darüber definierte, Kunstwerke zu erschaffen. Zwingend war es dafür nötig, die Hoheit über das Endprodukt zu behalten. So wurde der Regisseur zum Herr über einen Film, bestenfalls schrieb er seine Drehbücher selbst, schnitt und montierte die Filme und wenn es besonders gut lief, produzierte er sie auch selbst. Oder fand Wesensverwandte, die ihm den Rücken freihielten. Das galt für Claude Chabrol,  Agnes Varda, für Francois Truffaut, für Jacques Rivette und Lucio Visconti, Michelangelo Antonioni, Louis Malle, Rainer Werner Fassbinder, für Wim Wenders, Volker Schlöndorff, Ulrike Oettinger, Francesco Rosi, Ettore Scola, Manoel de Oliveira, Margarethe von Trotta, für Godard und Pasolini sowieso, und für etliche andere, die dem sogenannten europäischen Autorenkino zugerechnet werden. Jede/r dieser Regisseure und Regisseurinnen hat mindestens einen Film gedreht, den ich liebe. Einige haben ein (oft noch nicht abgeschlossenes) Gesamtoeuvre vorgelegt, das ich wirklich verehre. Godard bspw. hat mir die Augen geöffnet für den Film als Medium, dafür, wie Film funktioniert und wie man die Metaebene dieses Mediums zu betrachten hat. Vor allem hat er mir beigebracht, die Differenz von Bild und Wirklichkeit und die Wirkmächtigkeit der Bilder auf die Realität einzuschätzen.

Es ist viel schwieriger, hier einzelne Regisseure zu „Lieblingen“ zu erklären, finde ich. Godard wurde bereits erklärt, Louis Malle hat etliche hervorragende Filme gedreht, die mir ausnehmend gut gefallen, bei Chabrol ist es ähnlich. Doch bei Chabrol kann man auch festhalten, was für einige der Europäer gilt:  Es gibt Wiederholungen und oft auch Variationen und Bestätigungen des bereits Gezeigten und Gesagten. Schaue ich mir Chabrols Gesamtwerk an, stimme ich mit denjenigen überein, die immer sagten,, daß er vor allem ein Thema hatte – die bürgerliche Fassade, hinter der sich Abgründe auftun – und dieses bot er in den unterschiedlichsten Spiel- und Abarten dar. Manchmal gelangen ihm dabei Meisterwerke – DAS BIEST MUSS STERBEN (QUE LA BÊTE MEURE; 1969), DIE FANTOME DES HUTMACHERS (LES FANTÔMES DU CHAPELIER; 1982), BIESTER (LA CÉRÉMONIE; 1995), um nur einige herauszugreifen – , manchmal lieferte er aber bestenfalls nur Durchschnitt, gerade weil er wiederholte, was er schon Dutzendfach bebildert hatte.

Gerade bei den Europäern ist es vielleicht noch mehr persönliche Vorliebe, die einen führt. Ich verehre Pasolini – für seine Härte, die oft gnaden- und kompromißlose Genauigkeit des Blicks, den Witz, den er oft zeigt, für seine Thematiken und dafür, daß er unbedingt linke, aufklärerische Kunst produzieren wollte, was gelegentlich auch Ergebnisse zeitigte, die nicht gut genießbar sind. Doch allein seine Faschismus-Analyse DIE 120 TAGE VON SODOM (SÀLO O LE 120 GIORNATE DI SODOMA; 1975), einer der wahrlich kompromißlosesten Filme, die die Filmgeschichte kennt, rechtfertigt es, ihn zu einem der führenden Filmemacher im Nachkriegseuropa zu erklären. Film für Film habe ich mir diesen Regisseur erschlossen und wurde immer überzeugter, es hier mit einem unglaublichen Werk zu tun zu haben. Bei Pasolini geht es um Wahrhaftigkeit, es geht darum, das Medium Film zu erweitern, potentiell ins Offene, ins Unendliche zu erweitern. Transfer und Transzendenz als filmische Maßnahmen, der Mythos als dem Medium innewohnend, als sein Kern – all diese Überlegungen wurden für mich bei Pasolini konkret und mir ersichtlich. Wenn der Film a priori, wie es der Filmwissenschaftler und Filmanalytiker Georg Seeßlen in seiner Reihe zur Einführung in die Mythologie, Geschichte und Theorie des amerikanischen Genrefilms konstatiert, eine Mythenmaschine ist, dann hat Pasolini nicht nur intellektuell, sondern auch ganz instinktiv den Zusammenhang zwischen dem Mythos und dem Film als modernes Medium, den Mythos zu begründen und zu durchdringen, begriffen. Er ergänzt sich dabei in meinen Augen perfekt mit Godard, der eine ähnliche Agenda weitaus theoretischer, gewollt weniger kunstvoll, filmbezogener, also selbstreferentieller, verfolgte. Und den Mythos auch wieder zu dekonstruieren wusste, was Pasolini auf seine Art allerdings ebenfalls immer tat.

Andere, wie beispielsweise Francesco Rosi, begriffen das Medium hingegen als Mittel politischer Agitation und nutzten es grundlegend zur Entmythifizierung und Aufklärung. Filme wie HÄNDE ÜBER DER STADT (LE MANI SULLA CITTÀ; 1963), ein unfassbar eindringlicher Film, gerade weil er spröde und unnahbar daherkommt, oder LUCKY LUCIANO (1973) griffen entweder direkt in das aktuelle politische Zeitgeschehen ein oder nutzten den Film, um Legenden zu stutzen. Rosis Kino ist ein durch und durch ehrliches Kino, ein Kino, das an Wahrheit(en) glaubt.

Eine Haltung, die Rosi mit vielen Regisseuren des ‚British Free Cinema‘ der 60er Jahre teilte. An denen kann man gut erkennen, weshalb manchmal Regisseure und ihre Filme interessant sind, aber nicht mehr das Potential haben, in „Lieblingslisten“ aufgenommen zu werden. Betrachte ich die Filme von Lindsay Anderson, Karel Reisz oder Tony Richardson, fällt mir immer auf, wie wesentlich sie in ihrer Zeit gewesen sein müssen, aber auch, wie wenig sie heute, außerhalb ihrer eigenen Historizität, noch zu sagen haben. Sicher, es mag Liebhaber dieses spezifisch britischen Kinos geben, aber mir kamen diese Filme immer unendlich weit weg vor. Das ist schon was ganz anderes bei einem Filmemacher wie Ken Russell, der mindestens mit DIE TEUFEL (THE DEVILS; 1970) einen jener Filme drehte, die mich tief beeindruckt haben und den ich mir von Zeit zu Zeit immer noch gern ansehe. Soweit man bei einem Werk wie diesem von „gern“ sprechen kann. Und GOTHIC (1986), Russells Erzählung jener Nacht, bevor Mary Shelley ihren FRANKENSTEIN (erschienen 1818) erstmals das Licht der Welt erblicken ließ, war für uns alle in den 80ern eine Art Offenbarung, ein ungeheuer wichtiger Film, dem es nicht nur gelang, unser Interesse an der europäischen Romantik zu wecken, sondern auch etwas für (spät) Pubertierende Wesentliches über die düsteren Seiten der menschlichen Natur zu erzählen hatte. Als ich ihn vor nicht allzu langer Zeit erneut sah, war ich überrascht, wie artifiziell, ja gekünstelt er mittlerweile wirkt, wie sehr seine Schocks auf reine Provokation ausgelegt sind, wie pubertär er eigentlich wirkt. Da er-schloß sich mir dann in Erinnerung an mein eigenes, jüngeres Ich ein Kreis. Manchmal sind diese Zirkelbewegungen auch einfach ernüchternd und man bekommt gnadenlos vor Augen geführt, wie unreif man einmal war.

 

Ein europäisches Beispiel: Peter Greenaway

Es gibt aber eine ganze Reihe britischer Regisseure, die ich mag. Viele sind jüngeren Datums, wie Mike Leigh, andere schon länger dabei, wie Ken Loach. Mein Liebling unter den Briten ist aber Peter Greenaway, dessen Kino ich zwar oft befremdlich finde, manchmal undurchdringlich, gelegentlich auch zu prätentiös, der aber mindestens drei Filme gemacht hat, die mich derart nachhaltig beeindruckt haben, daß ich immer wieder zu ihm zurückgekehrt bin und bereit war, ihm auch auf abwegigen Pfaden noch zu folgen. DER KONTRAKT DES ZEICHNERS (THE DRAUGHTSMAN´S CONTRACT; 1982), EIN Z & ZWEI NULLEN (A ZED AND TWO NOUGHTS; 1986) und VERSCHWÖRUNG DER FRAUEN (DROWNING BY NUMBERS; 1988) sind Filme, die das Potential des Films als Kunstform meiner Meinung nach erweitert haben. DER KONTRAKT DES ZEICHNERS sah ich, kurz nachdem er erschien, in einem kleinen Londoner Arthouse-Kino, und verstand nichts von dem, was da ablief. Erst viel später hat sich mir die ganze Genialität dieses Films erschlossen. Und bis heute steht er auf meiner Agenda der Filme, die ich (mindestens) einmal im Jahr sehen muß. So wie DER WEISSE HAI, DER SCHWARZE FALKE, TAXI DRIVER (1976) oder 2001: ODYSSEE IM WELTRAUM. Alles Filme, die mir immer wieder zur Selbstvergewisserung taugen.

Greenaway wird gern dem ‚New British Cinema‘ der 80er Jahre zugeordnet. Ich habe ihn aber immer als Solitär gesehen, ähnlich wie Derek Jarman oder David Lynch in den USA. Zumal andere Vertreter dieser Richtung deutlicher an das ‚Free Cinema‘ anschlossen und somit an einer Tradition. Stephen Frears bspw., der auch ein Fall ist, bei dem mir einzelne Filme immer sehr gut gefallen haben, dessen Gesamtoeuvre mir aber nie so wirklich zugesagt hat. Warum auch immer. Greenaway hingegen kann man durchaus als einen bildenden Künstler betrachten, zumal er sich, wie Pasolini, nie nur auf das Kino als einziges Medium gestützt hat, sondern als Theater- und Opernregisseur ebenso reüssierte, wie als Maler, Autor und Kurator diverser Ausstellungen. Und wie Godard in den 70/80er Jahren begann, mit neuen Möglichkeiten – in seinem Fall Video – zu experimentieren, war Greenaway maßgeblich daran beteiligt, dem Kino die Möglichkeiten des Digitalen zu eröffnen. So sehr heutige CGI-Gewitter, die vor allem in modernen Blockbustern zum Einsatz kommen, nerven – also mich nerven – , so aufregend waren seine Bildgewitter in PROSPERO`S BÜCHER (PROSPERO`S BOOKS; 1991).

 

Verblassende Liebe – einige Regisseure waren einmal sehr bedeutsam im eigenen Leben und entschwanden dann

Neben all denen, die man wirklich verehrt, denen, die man verehrt und dennoch mit Distanz betrachtet, gibt es natürlich auch jene, zu denen die Liebe irgendwann verblasst ist. Neil Jordan und Peter Weir sind in meinem Fall typische Beispiele dafür. Jordans zweiten und dritten Film sah ich bereits, als sie erschienen. DIE ZEIT DER WÖLFE (THE COMPANY OF WOLVES; 1984) und MONA LISA (1986) fand ich beide begeisternd, THE CRYING GAME (1992) dann wirklich atemberaubend. Das denke ich übrigens auch heute noch. Ein unglaublicher Film, dem es mit einer einzigen Einstellung gelingt, das ganze Geschlechterbild nicht nur seiner Hauptfigur, sondern auch das des Zuschauers durcheinander zu wirbeln, darüber hinaus aber ein sehr ernsthaftes Plädoyer für Humanismus ist, für die Liebe und die Zuneigung zueinander in einer Welt, die zusehends trüber und mitleidloser wird. Dann ließ Jordans Kreativität irgendwie nach. INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR (INTERVIEW WITH A VAMPIRE; 1994) war zwar ein guter Film und eine hübsche Variation des Vampir-Themas, aber es war eben auch eine große Produktion, mit damals angesagten (Tom Cruise) und kommenden (Brad Pitt) Superstars und deutlich an die kommerziellen Erwartungen der Studios angepasst, die ihn produzierten. Aber bereits MICHAEL COLLINS (1996) fand ich ärgerlich und erst recht DIE FREMDE IN DIR (THE BRAVE ONE; 2007). Ein gutes Beispiel für einen Film, der sicherlich gute Intentionen hatte, der aber als rüdes Selbstjustizdrama rüberkommt. Sozusagen EIN MANN SIEHT ROT (DEATH WISH; 1974) auf weiblich. Danach habe ich Jordan nicht mehr viel Aufmerksamkeit gewidmet. Er wurde für mich als Regisseur uninteressant. Allerdings hat er noch ein, zwei Filme gedreht, die ich zumindest irgendwann einmal sehen will.

Bei Peter Weir ist es ähnlich. Er hat einige Filme inszeniert, die ich bis heute für wegweisend und unerreicht halte. Ob PICKNICK AM VALENTISNTAG (PICNIC AT HANGING ROCK; 1975); DIE LETZTE FLUT (THE LAST WAVE; 1977), ob, mit Abstrichen, EIN JAHR IN DER HÖLLE (THE YEAR OF LIVING DANGEROUSLY; 1982) oder DER EINZIGE ZEUGE (WITNESS; 1985) – sie alle waren in meiner filmischen Sozialisation prägend. DER EINZIGE ZEUGE, den ich sah, als er erschien, war jahrelang in meinen Augen der beste Film, den es gibt. Und auch heute noch rollen die Gänsehäute nur so über meinen Rücken, wenn Maurice Jarres Musik ertönt, um die wunderbare Szene zu unterlegen, in der die Amish People an einem Tag eine Scheune bauen. Ein unfassbares Glück, dieser Moment auf der Leinwand; ein Symbol dafür, wie Film etwas feiern kann, das entsteht, wo es doch oft genug Destruktion und Untergang beschwört.

Danach ging es für Weir in meinen Augen allerdings bergab. MOSQUITO COAST (1986) wirkte auf mich wie ein unterschwellig faschistoider Streifen, was ich kaum glauben mochte. Dann kam DER CLUB DER TOTEN DICHTER (DEAD POETS SOCIETY; 1989) und ich fühlte mich bestätigt. Selten habe ich einen Film gesehen, bei dem Aussage und künstlerische Herangehensweise derart weit auseinanderdriften. Da wird ununterbrochen das Selber-Denken propagiert und der Zuschauer dabei – in zugegeben erlesenen Bildern – auf eine Art manipuliert, daß es wirklich seine Art hat. Eine Leni-Riefenstahl-Art. Weirs folgende Filme habe ich alle gesehen, aber überzeugt hat mich kein einziger mehr. MASTER & COMMANDER – BIS ANS ENDE DER WELT (MASTER AND COMMANDER: THE FAR SIDE OF THE WORLD; 2003) gelang es zumindest noch einmal,, mich zu fesseln, auch wenn ich mich bis heute frage, was Weir mit diesem Film eigentlich bezwecken wollte? Ein Film, praktisch ohne Handlung, der dann an einer Stelle abbricht, an der es spannend wird.

Jordan und Weir sind Beispiele für alte Heroen, die einen dann irgendwann verlassen. So wie einen bestimmte Filme, bestimmte Bücher und manchmal auch die Musik verlässt, die man einmal geliebt hat, die einem einmal die Welt bedeutete. Allerdings kommt dann oft eben Neues hinzu. Und gerade in der Rückschau kann man erkennen, wie man sich auch selbst entwickelt hat, wie das Neue auch dafür steht, wie man sich von etwas weg- und auf andere Themen zubewegte.

 

Das Postmoderne Kino der 90er Jahre und wie zwiespältig ich es aufgenommen habe

Ich kam Ende 1992 auf einen meiner damals häufigen Besuche nach London. Ein Freund, der meine Vorlieben kennt, empfahl mir, in einem kleinen Kino an der Baker Street einen Film zu schauen, der in aller Munde sei. Er selber sei nicht interessiert, da es hieße, es sei ein extrem gewalttätiger Film. Die Rede war von RESERVOIR DOGS (1992) von Quentin Tarantino. Ich war begeistert von dem Film. Und er provozierte Reaktionen im Publikum, wie ich sie lange nicht mehr erlebt hatte. Menschen weinten, als dem gefangenen Officer von einem sadistischen Michel Madsen ein Ohr abgeschnitten wird. Der Film hatte eine ungeheure Härte und Dringlichkeit, da musste einer raus, erzählen, das war zu spüren. Ich kam Anfang 1993 zurück nach Deutschland und erzählte jedem, der es hören wollte (oder auch nicht) von einem Regisseur namens Tarantino, das sei der kommende Mann! Es interessierte aber niemanden, da der Film in Deutschland nirgends gezeigt wurde, außer auf kleinen Festivals oder in einzelnen Programmkinos. Als sich 1994 andeutete, daß Tarantino nachlegen würde, saß ich in der allerersten Vorstellung von PULP FICTION (1994), die in unserer Stadt gegeben wurde. Ich war gespannt wie selten, was nun kommen sollte. Und wurde bitterlich enttäuscht. Wo war die Kompromißlosigkeit, wo war die Härte geblieben? Statt eines harten Gangsterfilms sah ich ein Werk, bei dem ich in einzelnen Szenen (vor  allem jener im Keller, wo Coolidge und Wallace einem miesen S/M-Spielchen zum Opfer zu fallen drohen) geradezu hören konnte, wie der Produzent Seiten aus dem Drehbuch riss, weil SOWAS nicht auf einer amerikanischen Leinwand gezeigt werden dürfe. Ich hatte eine große neue Liebe und wurde sofort von ihr enttäuscht. Seitdem ist mein Verhältnis zu Tarantino ein gespaltenes.

PULP FICTION wurde bekanntlich zu einem der prägenden Filme der 90er Jahre, seine Wirkung war immens. Nachdem ich ihn mittlerweile vier oder fünf Mal gesehen habe, habe ich auch weitestgehend meinen Frieden mit ihm geschlossen. Es ist schon ein imposanter Film, aber „imposant“ bedeutet in dem Fall eben auch angeberisch. Eine Attitüde, die Tarantino beibehalten hat. JACKIE BROWN (1997) gefiel mir sehr viel besser, mit den beiden KILL BILL-Teilen (2003/04) konnte ich dann nur wenig anfangen, zu pubertär kam mir das alles vor, wobei KILL BILL VOLUME 2 der weitaus bessere Film ist, wie ich finde. DEATH PROOF – TODSICHER (DEATH PROOF; 2007) konnte ich wiederum einiges abgewinnen, weil er so konsequent jenes Genrekino bediente und verteidigte, das auch ich mag, eben den Grindhouse-Film der 70er Jahre. Brachiales und brutales Kino, das sich keine Mühe gibt, seine Gier nach Spektakel und Exploitation, nach Eskapismus und Gewalt zu verbergen.

Danach wurde es schwierig. INGLOURIOUS BASTERDS (2009) gefiel mir, mit dem Ende allerdings konnte ich wenig anfangen. Vielleicht habe ich mich zu viel mit den Themen 3. Reich, Holocaust und 2. Weltkrieg beschäftigt, als daß mir solche Geschichtsklitterung, wie Tarantino sie betreibt, wenn er Hitler bei einem Attentat umkommen lässt, gefallen könnte. Andererseits ist seine Verteidigung der künstlerischen Freiheit, die Behauptung, daß Kunst größer ist als das Leben, die in dieser Szene anklingt, durchaus nachvollziehbar. Man sollte nur nicht zu den wirklichen Opfern der Hitler-Diktatur gehören, denn dann könnte eine solche Haltung durchaus schmerzhaft sein. Aber daß das Kino für ausgleichende Gerechtigkeit sorgen kann, zeigt Tarantino eindrucksvoll. Er hat dies in seinem letzten Film, ONCE UPON A TIME IN HOLLYWOOD (2019) erneut getan, wenn auch nicht auf solch großer weltgeschichtlicher Bühne wie beim GröFaZ. Erstaunlicherweise traf ich Bekannte, die hier von Geschmacklosigkeit gegenüber Sharon Tate, dem ungeborenen Kind und Roman Polanski sprachen, weil Tarantino Tate und ihr Kind im Film überleben lässt, es nicht einmal einen Angriff der Manson-Family auf sie und ihre Entourage gibt. Dieselben Leute fanden das Ende von INGLOURIOUS BASTERDS hingegen fantastisch. Versteh einer die Menschen.

Tarantinos Western – DJANGO UNCHAINED (2012) und THE HATEFUL EIGHT (2015) – kann ich nur wenig abgewinnen. Anders als ich, scheint er vor allem ein Liebhaber des Italo- und des Spätwestern zu sein, weniger des klassischen Hollywood-Western. Den Spät-Western eines Sam Peckinpah und einiger anderer liebe ich ebenfalls, beim Italowestern ist es eher so, daß ich einzelne Werke mag, selten wirklich das Oeuvre eines Regisseurs. Während mir DJANGO UNCHAINED nach einiger Zeit vor allem auf den Wecker fiel, konnte ich dem Kammerspiel THE HATEFUL EIGHT doch einiges abgewinnen. Ich halte beide Filme aber für prätentiös und überkandidelt. Quentin Tarantino bleibt aber ein gutes Beispiel, wie gewisse Regisseure einen begleiten, man sie durchaus verfolgt und doch nicht wirklich warm mit ihnen, ihrem Werk, ihrer Weltsicht wird. Bei ihm kommt hinzu, daß seine Filme vor allem Zitate sind, die nicht wirklich Originelles zu bieten haben. Das lässt sich natürlich gut kaschieren, wenn man weiß, daß das Gros des eigenen Publikums zu jung und zu desinteressiert an klassischem Genre-Kino ist, als daß es die Anspielungen in PULP FICTION wirklich samt und sonders einzuordnen wüsste.

Tarantino nahm bei den Publicity-Veranstaltungen zu DJANGO UNCHAINED für sich in Anspruch, den Western wieder auf die Agenda zu setzen. Das halte ich ebenfalls für Angeberei. Es hat, nachdem das Genre in den 80ern für tot erklärt wurde und außer Clint Eastwoods PALE RIDER – DER NAMENLOSE REITER (PALE RIDER; 1985) auch wirklich nichts Nennenswertes kam[1], durchaus eine Renaissance des Genres gegeben. Auch PALE RIDER konnte man eigentlich nur mit gemischten Gefühlen betrachten, zumal er einige Topoi aufgreift, die Eastwood Jahre zuvor in EIN FREMDER OHNE NAMEN (HIGH PLAINS DRIFTER; 1973) schon besser aufbereitet hatte. Doch war es ebenfalls Eastwood, zu dem ich ein fast ähnlich gespaltenes Verhältnis habe, wie zu Tarantino, der dem Genre mit dem dekonstruktiven Meta-Western ERBARMUNGSLOS (UNFORGIVEN; 1992) wirklich neues Leben einhauchte.

 

Ein Zirkelschlag am Beispiel von Sergio Leone: Wie ein Regisseur einen der sichtigsten Filme drehen kann und es dennoch nie in das eigene Pantheon schafft

Womit ich wieder am Anfang der ganzen Überlegung wäre. Western – Italowestern – Sergio Leone. Und SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD. Allerdings würde ich den Film nicht als Italowestern einordnen. Eher als Meta-Western, wenn nicht gar als Meta-Film. Aber auch das ist ein anderes Thema. Leones Arbeit hat mir ansonsten nie wirklich zugesagt. Die Dollar-Filme – FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR (PER UN PUGLO DI DOLLARI; 1964) und FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR (PER QUALCHE DOLLARO IN PIU; 1965) – sind natürlich aufregende Italo-Western und man sieht beiden immer noch an, wie neu das war, wie diese comicartige Umsetzung eines Western-Themas, vermischt mit damals außergewöhnlich expliziter Gewaltdarstellung und einem grimmigen, fast zynischen Humor, in eine etwas verstaubte Filmlandschaft eingeschlagen haben muß. Und zumindest der erste der beiden Filme ist heute noch packend. Doch schon in FÜR EIN PAAR DOLLAR MEHR kann man die strukturelle Schwäche in Leones Erzählungen sehen, die in ZWEI GLORREICHE HALUNKEN (IL BUONO, IL BRUTTO, IL CATTIVO; 1966) virulent wurde und auch in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD spürbar ist. Er kann keine Geschichten erzählen. Seine Plots sind ungeheuer umständlich, nehmen Umwege, um Zusammenhänge zu etablieren und zu erklären, die ein klassischer Western in zwei Einstellungen oder einer Dialogzeile etabliert und erledigt hätte, oft wirken die Filme eher wie Nummernrevuen, deren Einzelteile unterschiedliche Qualität aufweisen. Gerade in ZWEI GLORREICHE HALUNKEN, der atemberaubende und unglaublich witzige Momente hat, wird das deutlich. Der Film ist zerfasert und viel zu lang. TODESMELODIE (GIÙ LA TESTA; 1971) gilt gemeinhin als Leones schwächster Film, mir persönlich hat er aber immer besser gefallen als Teil zwei und Teil drei der Dollar-Trilogie.  Er ist zwar nicht besonders ernsthaft, aber mit seinem offenen Zynismus und seinen historischen Bezügen, die dem Film – wie in SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD – eine sehr ernsthafte Grundierung geben, fand ich ihn überzeugend, hintergründiger und in gewisser Weise auch entschlossener als seine Vorläufer, wenn man von SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD einmal absieht.

Daß Leone dann, nachdem er sich in den 70er Jahren nur als Produzent betätigt hatte, mit ES WAR EINMAL IN AMERIKA (ONCE UPON A TIME IN AMERICA; 1984) noch einmal ein Meisterwerk vorlegen würde, kaum einer hätte das erwartet. Aber je häufiger ich den Film sehe, auch mit dem gebührenden zeitlichen Abstand, fallen mir auch hier etliche Schwächen auf. Und gemessen an anderen Gangster-Filmen wie DER PATE (THE GODFATHER; 1972) und vor allem dessen Nachfolger DER PATE II (THE GODFAHTER PART II; 1974), aber auch einigen von Scorseses Gangsterfilmen, sei es HEXENKESSEL (MEAN STREETS; 1973), sei es GOODFELLAS – DREI JAHRZEHNTE IN DER MAFIA (GOODFELLAS; 1990)), fällt Leones Film in meinen Augen ab. Sicher, er hat eine vertrackte und durchaus packende Erzählstruktur, seine Anlehnung an Märchen, sein Wille zum Epischen, die alles beherrschende Melancholie und nostalgische Grundstimmung ergeben einen der besten Filme der 80er Jahre, der immer eine Sonderstellung im Kosmos der Gangsterfilme einnehmen wird, aber dennoch wirkt der Film auf mich oft auch gekünstelt, ebenfalls prätentiös, unfassbar selbstverliebt und auch mäandernd, worin sich einmal mehr Leones Schwäche im Storytelling entlarvt. Ich weiß, ein Frevel, so über diesen Film zu schreiben, aber so sehe ich ihn.

Ach, man könnte immer so weiter machen. Wieso verehre ich Martin Scorsese so sehr, obwohl mir seine letzten Filme kaum mehr gefallen haben? Wieso schaue ich mir jeden Film von Ridley Scott an, zähle ihn aber nicht zu meinen Lieblingsregisseuren (vielleicht, weil für ihn das gilt, was ich weiter oben über Robert Wise, Richard Brooks, über John Huston und Howard Hawks schrieb – er ist in zu vielen Genres zuhause und seine Filme sind oft zu perfekt)? Müsste man nicht viel klarer erklären, wieso man einen Giganten wie Hitchcock nicht viel mehr verehrt?

 

Am Ende sind es doch immer einzelne Filme, die man mag…

Wie dem auch sei, es bleibt am Ende festzuhalten, daß es eben doch immer einzelne Filme sind, die man mag. Es gibt nur wenige Regisseure, die keinen einzigen Film abgeliefert haben, der mir mißfällt. In meinem Fall zumindest fiele mir keiner ein, nicht einmal Stanley Kubrick. Obwohl – oder gerade weil – ich immer ein spezielles Verhältnis zum Horrorfilm hatte, kann ich Kubricks Stephen-King-Verfilmung THE SHINING (1980) bis heute nicht viel abgewinnen, egal ob in einer 116-, einer 126- oder eine 140-Minuten-Fassung. Ein Film, der Einzelbilder und -sequenzen aufweist, die für die Ewigkeit sind, aber als Ganzes schlicht nicht funktioniert. Es hat mich nie gewundert, daß King oftmals sein Mißfallen an dem Film kundgetan hat. John Fords ZWEI RITTEN ZUSAMMEN (TWO RODE TOGETHER; 1961) ist im Gesamtblick auf sein Oeuvre zwar interessant und irgendwie sehe ich den Film auch von Zeit zu Zeit ganz gern, aber natürlich fällt auch mir auf, wie uninspiriert er ist, wie müde seine Helden rüberkommen und daß das Ganze wie ein zweiter Aufguß von DER SCHWARZE FALKE wirkt. Godard hat Experimente durchgeführt, denen man vielleicht irgendetwas abgewinnen kann, die aber dennoch als mißglückt weil zu verrätselt anzusehen sind. Scorsese hat auf mich seit GANGS OF NEW YORK (2002) den Eindruck erweckt, in die Kategorie von Peter Weir abzurutschen, bis er mit THE WOLF OF WALL STREET (2013) ein Werk vorlegte, daß in meinen Augen noch einmal die alte Klasse zeigte. Pasolinis „Trilogie des Lebens“, deren Einzelwerke[2] an sich schon sehr unterschiedliche Qualität aufweisen, ist als Teil seiner Philosophie sicher wichtig, dennoch sind alle drei Filme nicht zu seinen stärkeren zu zählen. Und es kommt ja auch nicht von ungefähr, daß sie in jenen Jahren entstanden, in denen Pasolini nach eigener Aussage nicht  mehr wusste, ob er künstlerisch noch etwas zu sagen hatte, in der er privat an Depressionen litt und der Meinung war, jedweder linker Kampf sei verloren, in denen er sich mit seinen natürlichen Verbündeten – der Linken und Ultralinken in Italien – anlegte und in welcher er auch darüber nachdachte, andere Medien zu wählen. Er schrieb an einem neuen Roman, er begann, zu malen usw.

Vielleicht ist es schlicht unergründlich, weshalb ich die einen so hervorhebe und andere zwar lobe und ihre Filme gern schaue, ihnen aber nicht den Status von „Lieblingen“ zugestehe. Vielleicht müsste ich viel mehr in mir und meinen Befindlichkeiten wühlen, um wirklich zu verstehen, weshalb Ford, Kubrick, Pasolini, Wenders, Cronenberg, Scorsese, von Trier oder Greenaway, um nur einige zu nennen, für mich solch überragende Bedeutung haben, Hawks, Huston, Tarantino oder Spielberg aber nicht. Sei´s drum. Genug der Grübelei, es wird Zeit, einen Film zu schauen…

 

Nachtrag, Epilog, wie auch immer: Ein paar Überlegungen zu Regisseuren, die ich nicht mag

Bleibt eigentlich nur die Frage, welche Regisseure ich wirklich nicht mag? Natürlich gibt es eine unendliche Anzahl an Regisseuren, die für Filme verantwortlich zeichnen, die man bei nüchterner Betrachtungsweise nur noch schlecht finden kann, andere drehen meist reaktionäre, brutale und widerwärtige Sachen, die dann aber manchmal sogar noch Kultcharakter erhalten. Ted Kotcheff bspw. drehte den ersten RAMBO-Film (FIRST BLOOD; 1982), später das M.I.A.-Spektakel DIE VERWEGENEN SIEBEN (UNCOMMMON VALOR; 1983), in dem eine Gruppe von Veteranen den Krieg in Vietnam historisch begradigt. Natürlich im Sinne der amerikanischen Geschichtsschreibung. Ansonsten fiel Kotcheff bestenfalls noch durch den Western BEGRABT DIE WÖLFE IN DER SCHLUCHT (BILLY TWO HATS; 1973) auf, der in der Vita von Hauptdarsteller Gregory Peck sicher nicht an vorderster Stelle stehen dürfte. Aber was soll man sagen? Kotcheff versteht sein Handwerk, RAMBO ist und bleibt ein aufregender Action-Film mit eben fragwürdiger Ideologie.

In den 90ern gab es einen Trend, hauptsächlich verursacht durch Tim Burtons ED WOOD (1994), Regisseure in den Kultstatus zu erheben, die schlicht und einfach ihr Handwerk nicht verstanden. Der Burtons Film seinen Titel gebende Ed Wood drehte obskure Science-Fiction-Filme wie sein wohl bekanntestes Werk PLAN 9 AUS DEM WELTALL (PLAN 9 FROM OUTER SPACE; 1959) und ähnlich obskure Horrorfilme wie DIE RACHE DES WÜRGERS (BRIDE OF THE MONSTER; 1955). Nach Burtons Hommage, konnte man sein Oeuvre in Kunstkinos und Mitternachtsvorstellungen begutachten und etliche Kinogänger, die vor Burtons cinéastischer Liebeserklärung noch nie von Wood gehört hatten, waren auf einmal hin und weg. Die Welle ebbte erwartungsgemäß wieder ab und mittlerweile ist Wood wieder in der Mottenkiste des Genrekinos verschwunden. Aber kann man ihn „nicht mögen“? Der Hype um ihn konnte einem auf den Wecker fallen, das ja. Aber er selbst war ein nicht unbedingt vom Glück verfolgter Film-Liebhaber, der seinen Träumen nachjagte. Eher eine tragische Gestalt. So, wie ihn Burton auch zeichnete.

Ein ähnlicher Fall ist Russ Meyer. Der Mann drehte in den 50er, vor allem aber in den 60er Jahren eine ganze Reihe von Sexploitation-Filmen, die gern nackte Brüste und rasante Verfolgungsjagden zeigten. Anders als Wood, verstand Meyer sich allerdings nie als Filmkünstler. Viel mehr gab er offen zu, Filme auf die gleiche Art zu produzieren, wie er auch Zahnpasta oder Rasierklingen hätte produzieren können: Er wollte Geld verdienen, viel Geld. Er hatte also begriffen, daß man mit provokanten, abseitigen, bewußt auf Autokinos zugeschnittenen Filmen, die vor allem in der Provinz gezeigt wurden, eine Menge junge Leute anlocken konnte. Gelegentlich gelangen ihm sogar Filme, die einen wirklichen Wert hatten – DIE SATANSWEIBER VON TITTIFIELD (FASTER, PUSSYCAT! KILL! KILL!; 1965) ist das wohl bekannteste Beispiel.  Wichtig sind die Filme aus Meyers Produktion allerdings als soziologischer Maßstab. Sie bereiteten einen kulturellen Wandel mit vor, der dann ab der Mitte der 60er Jahre in verschiedenen Subkulturen stattfand und in den 70ern auch den Mainstream erreichte. Aber auch hier ist die Frage: Kann man Meyer „nicht mögen“? Sicher, seine Filme sind sexistisch, oft gewaltverherrlichend, aber zugleich künden sie von einem Freiheitsgeist und reagieren direkt auf die Enge und moralische Strenge der reaktionären 50er Jahre. Es sind Gebrauchsfilme, die nie dafür gedacht waren, bleibenden Wert zu haben.

Nein, will man über einen Regisseur reden, den man wirklich nicht schätzt, dann muß man mit diesem auch eine intellektuelle Auseinandersetzung führen können. Mir fällt auf Anhieb Bernardo Bertolucci ein, dessen 1900 (NOVECENTO; 1976) ich aber für einen der besten, wegweisendsten Filme der 70er Jahre halte. Einer der wenigen Filme neben Pasolinis DIE 120 TAGE VON SODOM, dem es gelang, Aufstieg und Wesen des Faschismus hinlänglich zu erklären. Und sowohl DIE STRATEGIE DER SPINNE (LA STRATEGIA DEL RAGNO; 1970)) als auch DER HIMMEL ÜBER DER WÜSTE (THE SHELTERING SKY; 1990) und DIE TRÄUMER (I SOGNATORI; 2003) sind Filme, die ich sehr schätze. Dennoch hat Bertolucci zu vieles gedreht, das mich wirklich geärgert hat. Filme, die mir in ihrem ideologischen Gehalt zu fremd, zu eindimensional waren und deren Ästhetizismus mir auf die Nerven fiel.

David Lynch hat eine Reihe von Filmen gedreht, die wesentlich für ihre Zeit sind – BLUE VELVET (1986), WILD AT HEART – DIE GESCHICHTE VON SAILOR UND LULA (WILD AT HEART; 1990) oder LOST HIGHWAY (1997) sind da alle zu nennen – er vertritt aber auch eine seltsame, manchmal zynische, oft reaktionäre Haltung gegenüber einer Wirklichkeit, die er grundlegend entfremdet und dekonstruiert. Lynch steht wie kaum ein anderer amerikanischer Regisseur für das, was man klassisch „Postmoderne“ nennt. Seine Filme sind packend, hinterlassen aber oft ein zwiespältiges Gefühl, weil man zunächst überwältigt wird, erst nach und nach wird einem deutlich, was genau man da eigentlich gesehen hat. Als er den vollkommen unironischen, schon sentimentalen EINE WAHRE GESCHICHTE – THE STRAIGHT STORY (THE STRAIGHT STORY; 1999) vorlegte und darin Werte wie Familie, Zusammenhalt und die Lebensweisheit alter Männer feierte, hatte ich den Eindruck, daß er näher bei sich selbst ist, als jemals zuvor. Nichts dagegen, sicher. Aber es ist ein Feel-Good-Movie, wie es nur eines gibt, und darin extrem reaktionär und rückwärtsgewandt.

Und unter den modernen Regisseuren wäre vielleicht David Fincher zu nennen. Fincher fiel mit ALIEN 3 (1992) auf, der der Serie neue Möglichkeiten eröffnete, sie aber auch nutzte, um ihr fremde Weisheiten unters Volk zu bringen. Dann kam SIEBEN (SE7EN; 1995), ein Film, der ikonographisch für die 90er werden sollte, wie nur wenige Filme neben PULP FICTION, und mit durchaus faszinierenden Mitteln ebenfalls von alten Werten und guten alten Zeiten berichtete, indem er einen von der Dekadenz der Postmoderne angeekelten Serienmörder und einen an Bildung und Rechtsstaat glaubenden, aber resignativen Polizisten einander gegenüberstellte, die faustisch um das Seelenheil eines jungen Polizisten stritten. Dann kam FIGHT CLUB (1999). Der Film ist eine Einzelbesprechung wert (und wird diese auf diesen Seiten auch noch erfahren), doch ist er vor allem ein Beispiel dafür, wie man sich von einem Regisseur, den man zumindest interessant fand, entfernen kann, wie man regelrecht in Opposition zu ihm gehen kann. Ein oberflächlich betrachtet kapitalismuskritischer Film aus Hollywood, hergestellt mit allen technischen Mätzchen, die dort zur Verfügung stehen – und damit ein absolutes Produkt kapitalistischer Auswüchse – ist FIGHT CLUB aber vor allem ein geschickt verpacktes ideologisches Vehikel eines neuen Barbarismus, wenn man so will, eines postmodernen Faschismus.

Da hat man also drei Beispiele für Regisseure, die ich nicht wirklich mag, obwohl auch sie immer wieder Werke vorgelegt haben, die ich bewundere und gern schaue, an denen ich mich reibe und die mich intellektuell und emotional durchaus herausfordern. Aber auch hier bleibt die oben bereits ausgegebene Devise: Am Ende sind es die Filme. Immer nur die Filme. Jeder einzelne ist es wert, betrachtet zu werden, analysiert und reflektiert zu werden und jeder einzelne kann uns unterhalten, packen, zermürben, anfassen, verängstigen oder in Ekstase versetzen. Das ist die Kunst. Und die, die diese Filme machen, ob man sie nun im Einzelnen mag, oder nicht, sind und bleiben Künstler. Künstler, deren Werk und Schaffen es nicht verdient, auf schnöden Listen eingeordnet zu werden.

Nein, ich bleibe dabei: Ich mag keine Listen…

 

[1] Ich sehe an diesem Punkt davon ab, etwas zu Michael Ciminos HEAVEN`S GATE – DAS TOR ZUM HIMMEL (HEAVEN`S GATE; 1980) zu sagen. Der Film steht bei mir ebenfalls auf der all-time-fave-Liste, ist aber vielleicht zu groß, zu gewaltig, als daß man ihn unter der Prämisse eines Western einordnen könnte.

[2] DECAMERON (I DECAMERON; 1971); PASOLINIS TOLLDREISTE GESCHICHTEN (I RACCONTI DI CANTERBURY; 1972); EROTISCHE GECHICHTEN AUS 1001 NACHT (IL FIORE DELLE MILLE E UNA NOTTE; 1974).

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